leere Wohnung zuruck.
Im ersten Jahr, das dem Angriff auf Pearl Harbor folgte, wurden zehn gro?e See- und Luftschlachten gegen die Japaner gefochten. Die Alliierten gewannen nur drei, aber zwei von ihnen waren entscheidend:
Midway und die Schlacht von Guadalcanal.
Catherine verfolgte Wort fur Wort die Zeitungsberichte uber jede Schlacht und bat dann William Fraser, ihr noch weitere Einzelheiten zu verschaffen. Sie schrieb taglich an Larry, aber es vergingen acht Wochen, bevor sie seinen ersten Brief erhielt. Er klang optimistisch und voll froher Erregung. Der Brief war scharf zensiert worden, und so hatte Catherine nicht die geringste Idee, wo er gewesen war oder was er gerade tat. Was immer es war, sie hatte das Gefuhl, dass es ihm zu gefallen schien, und in den endlosen, einsamen Nachtstunden lag Catherine im Bett, zerbrach sich den Kopf und versuchte zu begreifen, was es in Larry war, das ihn auf diese Weise auf Krieg und Tod reagieren lie?. Sicherlich hatte er keine Todessehnsucht, denn Catherine hatte nie jemanden so voll Kraft und Leben gesehen; aber vielleicht war das einfach die Kehrseite der Medaille: Was sein Lebensgefuhl so intensiv machte, war die standige Gegenwart des Todes.
Sie a? mit William Fraser zu Mittag. Catherine wusste, dass er sich freiwillig gemeldet hatte, aber man hatte ihm im Wei?en Haus gesagt, er konnte viel mehr nutzen, wenn er auf seinem Posten bliebe. Er war sehr enttauscht gewesen. Er hatte es jedoch Catherine gegenuber nie erwahnt. Als Fraser ihr jetzt am Mittagstisch gegenubersa?, fragte er:
»Hast du von Larry gehort?«
»Ich bekam letzte Woche einen Brief.«
»Was stand darin?«
»Na ja, nach dem Brief zu schlie?en, ist der Krieg eine Art Fu?ballspiel. Wir haben die erste Runde verloren, aber jetzt hat man die erste Mannschaft vorgeschickt, und wir gewinnen an Boden.«
Er nickte. »Typisch Larry.«
»Aber nicht typisch Krieg«, sagte Catherine ruhig. »Es ist kein Fu?ballspiel, Bill. Millionen Menschen werden umkommen, bevor er vorbei ist.«
»Wenn man drinsteckt, Catherine«, sagte er sanft, »ist es wohl leichter zu denken, es sei ein Fu?ballspiel.«
Catherine hatte sich entschlossen zu arbeiten. Die Armee hatte eine Abteilung fur Frauen geschaffen, Women's Army Corps genannt, und Catherine hatte daran gedacht, sich zu melden; andererseits glaubte sie, nutzlicher sein zu konnen, wenn sie etwas mehr tate als Auto fahren und Telefondienst machen. Obwohl nach dem, was sie gehort hatte, der WAC-Dienst ziemlich unterhaltsam war. Es kamen so viele Schwangerschaften vor, dass das Gerucht ging, die Arzte wurden den Freiwilligen bei der Untersuchung einen winzigen Gummistempel auf den Bauch drucken. Die Madchen versuchten, die Worte zu entziffern, es gelang aber nicht. Endlich kam eine auf die Idee, ein Vergro?erungsglas zu holen. Die Worte lauteten: »Wenn Sie das mit blo?em Auge lesen konnen, melden Sie sich bei mir.«
Als sie jetzt beim Mittagessen mit Bill Fraser sa?, sagte sie: »Ich will arbeiten. Ich mochte etwas tun, ich will helfen.«
Er sah sie einen Moment prufend an, dann nickte er. »Vielleicht wei? ich gerade die richtige Sache fur dich, Catherine. Die Regierung versucht, Kriegsanleihen zu verkaufen. Ich glaube, du konntest beim Koordinieren helfen.«
Zwei Wochen spater machte sich Catherine an die Arbeit; sie sollte den Verkauf von Kriegsanleihen durch Prominente organisieren. Theoretisch horte es sich anfangs recht leicht an, aber in der Praxis war es etwas anderes. Sie fand, dass die Stars wie Kinder waren, aufgeregt und eifrig, bei den Kriegsanstrengungen zu helfen, aber sie waren sehr schwer auf bestimmte Daten festzunageln. Ihre Termine mussten dauernd umjongliert werden. Oft war es nicht ihre Schuld, weil die Dreharbeiten verschoben wurden oder die Termine sich uberschnitten. Catherine fand sich zwischen Washington, Hollywood und New York hin- und herpendelnd. Sie gewohnte sich daran, auf stundlichen Abruf abzureisen und gerade genug Kleider fur den jeweiligen Aufenthalt einzupacken. Sie traf Dutzende von Prominenten.
»Haben Sie wirklich Cary Grant kennen gelernt?« fragte ihre Sekretarin, als sie von einer Reise nach Hollywood zuruckkehrte.
»Wir haben zusammen gegessen.«
»Ist er so charmant, wie man sagt?«
»Wenn man seinen Charme in Dosen packen konnte, ware er der reichste Mann der Welt.«
Es geschah so allmahlich, dass Catherine es fast nicht bemerkte. Sechs Monate vorher hatte Bill Fraser ihr von einem Problem erzahlt, das Wallace Turner mit einem der Werbekonten hatte, die Catherine fruher leitete. Catherine hatte eine neue Werbe-Kampagne entworfen, die die Sache humorvoll behandelte, und der Klient war sehr zufrieden gewesen. Einige Wochen spater hatte Bill Catherine gebeten, ihm bei einem anderen Klienten zu helfen, und bevor sie sich dessen bewusst war, verbrachte sie ihre halbe Zeit bei der Werbeagentur. Sie leitete ein halbes Dutzend Konten, die alle gut liefen. Fraser hatte ihr ein gro?es Gehalt und Prozente gegeben. Am Tag vor Weihnachten kam Fraser zur Mittagszeit in ihr Buro. Die anderen Angestellten waren bereits heimgegangen, und Catherine war dabei, eine dringende Arbeit zu beenden.
»Macht es dir Spa??« fragte er.
»Man kann davon leben«, lachelte sie herzlich, »und nicht einmal schlecht. Danke, Bill.«
»Du sollst mir nicht danken. Du hast dir jeden Cent verdient und noch viel mehr. Es ist das >noch viel mehr<, woruber ich mit dir reden will. Ich biete dir eine Partnerschaft an.«
Sie sah ihn erstaunt an. »Eine Partnerschaft?«
»Die Halfte der neuen Klienten, die wir in den letzten sechs Monaten bekommen haben, verdanken wir dir.« Er sa? da und blickte sie gedankenvoll an, sagte aber nichts mehr. Und sie begriff, wie viel es fur ihn bedeutete.
»Du hast deinen Partner«, sagte sie.
Sein Gesicht leuchtete auf. »Ich kann dir nicht sagen, wie sehr ich mich daruber freue.« Linkisch streckte er seine Hand aus. Sie schuttelte den Kopf, ging an seinem ausgestreckten Arm vorbei, umarmte ihn und gab ihm einen Kuss auf die
Wange.
»Jetzt, da wir Partner sind«, zog sie ihn auf, »kann ich dich kussen.« Sie fuhlte, wie er sie plotzlich fester hielt.
»Cathy«, sagte er, »ich ...«
Catherine legte ihren Finger auf seine Lippen. »Sag nichts, Bill. Lass alles, wie es ist.«
»Du wei?t, dass ich in dich verliebt bin.«
»Und ich liebe dich«, sagte sie warmherzig. Semantik, dachte sie. Der Unterschied zwischen »ich liebe dich« und »ich bin in dich verliebt« war eine unuberbruckbare Kluft.
Fraser lachelte. »Ich werde dich nicht belastigen, das verspreche ich dir. Ich respektiere deine Gefuhle fur Larry.«
»Danke, Bill.« Sie zogerte. »Ich wei? nicht, ob das irgendwie hilft, aber wenn es je einen anderen gabe, warst du es.«
»Das ist eine gro?e Hilfe«, lachelte er. »Es wird mich die ganze Nacht wach halten.«
Noelle
Paris 1944
Seit einem Jahr hatte Armand Gautier das Heiratsthema nicht mehr angeschnitten. Anfangs hatte er sich Noelle gegenuber in einer uberlegenen Position gefuhlt. Jetzt aber war die Lage fast umgekehrt. Wenn sie Zeitungsinterviews gaben, war es Noelle, an die man die Fragen richtete, und wohin immer sie gingen, war Noelle die Attraktion, er kam an zweiter Stelle.
Noelle war die perfekte Geliebte. Sie sorgte weiterhin fur Gautiers Bequemlichkeit, fungierte als Gastgeberin und machte ihn in der Tat zu einem der am meisten beneideten Manner Frankreichs; aber in Wirklichkeit hatte er keinen Augenblick Frieden, denn er wusste, dass er Noelle nicht besa?, noch jemals besitzen wurde, und eines