und zu genie?en wie noch bei keiner anderen Frau in seinem Leben. Sie war ein Phanomen, das dauernd neue Seiten enthullte, um ihm Freude zu bereiten. Noelle konnte so gut kochen wie irgendeiner der Koche, die er furstlich entlohnte, und verstand genauso viel von Kunst wie die Experten, denen er Jahreshonorare aussetzte, damit sie Gemalde und Skulpturen fur ihn heranschafften. Es machte ihm gro?en Spa?, ihren Diskussionen uber bildende Kunst mit Noelle zuzuhoren und das Erstaunen der Experten uber ihre profunden Kenntnisse zu beobachten.
Demiris hatte kurzlich einen Rembrandt erstanden, und Noelle war zufallig auf seiner Sommerinsel, als das Gemalde ankam. Der junge Kunstexperte, der es fur ihn ausfindig gemacht hatte, war mitgekommen.
»Es ist eines der besten Bilder des Meisters«, sagte der Experte, als er es enthullte.
Es war ein herrliches Gemalde, das eine Mutter mit ihrer Tochter darstellte. Noelle sa? in einem Stuhl, nippte an einem Ouzo und sah ruhig zu.
»Es ist unglaublich schon«, stimmte Demiris zu. Er wandte sich an Noelle. »Wie gefallt es dir?«
»Es ist gro?artig«, sagte sie. Sie wandte sich an den Experten. »Wo haben Sie es gefunden?«
»Ich habe es bei einem privaten Handler in Brussel aufgespurt«, erwiderte er stolz, »und ihn dazu uberredet, es mir zu verkaufen.«
»Wie viel haben Sie dafur bezahlt?« fragte Noelle.
»Zweihundertundfunfzigtausend Pfund.«
»Ein gutes Geschaft«, erklarte Demiris.
Noelle nahm eine Zigarette in die Hand, und der junge Mann beeilte sich, ihr Feuer zu geben. »Danke«, sagte sie. Sie blickte Demiris an. »Es ware ein noch besseres Geschaft, Costa, wenn er es direkt von dem Mann gekauft hatte, dem es gehorte.«
»Ich begreife nicht«, sagte Demiris.
Der Experte blickte sie irritiert an.
»Wenn das hier echt ist«, erklarte Noelle, »dann musste es aus dem Besitz des Herzogs von Toledo stammen.« Sie wandte sich an den Experten. »Stimmt das?« fragte sie.
Sein Gesicht war ganz blass geworden. »Ich – ich habe nicht die geringste Ahnung«, stammelte er. »Der Handler hat mir nichts davon gesagt.«
»Kommen Sie, kommen Sie«, schalt Noelle ihn. »Sie wollen behaupten, Sie erstanden ein so teures Gemalde, ohne seine Herkunft festzustellen? Das ist schwer zu glauben. Im Nachlass wurde der Preis mit einhundertundfunfundsiebzigtausend Pfund angesetzt. Jemand wurde um funfundsiebzigtausend Pfund betrogen.«
Und es hatte sich als wahr erwiesen. Der Experte und der Kunsthandler wurden des Betruges fur schuldig befunden und zu Gefangnis verurteilt. Demiris gab das Gemalde zuruck. Als er spater uber den Vorfall nachdachte, stellte er fest, dass er weniger von Noelles Wissen als von ihrer Ehrlichkeit beeindruckt war. Wenn sie gewollt hatte, hatte sie einfach den Experten beiseite nehmen, ihn erpressen und das Geld mit ihm teilen konnen. Statt dessen, hatte sie ihn offen vor Demiris blo?gestellt. Dankbar schenkte er ihr ein sehr teures Smaragdkollier, und sie nahm es mit demselben Gleichmut entgegen, mit dem sie ein Feuerzeug angenommen hatte. Demiris bestand darauf, Noelle uberallhin mitzunehmen. Er vertraute niemandem geschaftlich und war daher gezwungen, alle seine Entscheidungen allein zu treffen. Er fand es nutzlich, seine geschaftlichen Transaktionen mit Noelle zu besprechen. Sie wusste erstaunlich viel vom Geschaft, und die blo?e Tatsache, mit jemandem manchmal daruber sprechen zu konnen, machte es fur Demiris leichter, einen Entschluss zu fassen. Mit der Zeit wusste Noelle mehr uber seine Geschafte als irgend jemand, ausgenommen vielleicht seine Anwalte und Buchhalter. Fruher hatte Demiris stets mehrere Geliebte gleichzeitig gehabt, aber jetzt gab ihm Noelle alles, was er brauchte, und so lie? er eine nach der anderen fallen. Sie akzeptierten ihre Entlassung ohne Bitterkeit, denn Demiris war ein gro?zugiger Mann.
Er besa? eine von vier GM-Motoren angetriebene funfundvierzig Meter lange Jacht. Sie hatte ein Wasserflugzeug, 24 Mann Besatzung, zwei Rennboote und einen Su?wasserSwimmingpool. Es gab zwolf wunderbar eingerichtete Gastsuiten und ein gro?es Appartement fur ihn selbst, das mit Gemalden und Antiquitaten voll gestopft war.
Wenn Demiris auf seiner Jacht Gaste hatte, war Noelle die
Gastgeberin. Wenn Demiris auf seine private Insel flog oder segelte, nahm er Noelle mit, wahrend Melina zu Hause blieb. Er achtete darauf, dass seine Frau und Noelle nie zusammenkamen, aber es war ihm naturlich klar, dass seine Frau von ihr wusste.
Noelle wurde wie die Angehorige eines Konigshauses behandelt, wohin immer sie ging. Aber das stand ihr eigentlich zu. Das kleine Madchen, das durch das schmutzige Mansardenfenster in Marseille auf ihre Schiffe hinausgeschaut hatte, war jetzt zu der gro?ten Flotte der Welt fortgeschritten. Noelle war nicht von Demiris' Reichtum oder von seinem Namen beeindruckt, sondern von seiner Intelligenz und seiner Kraft. Er hatte den Verstand und den Willen eines Giganten und lie? andere Manner im Vergleich mit ihm kummerlich erscheinen. Sie spurte die unerbittliche Grausamkeit in ihm, aber irgendwie machte ihn das sogar noch aufregender, denn auch sie besa? diese Eigenschaft.
Noelle erhielt dauernd Angebote, in Stucken und Filmen Hauptrollen zu ubernehmen; aber sie zeigte kein Interesse. Sie spielte die Hauptrolle in ihrer Lebensgeschichte; die war faszinierender als alles, was ein Drehbuchautor sich ausdenken konnte. Sie dinierte mit Konigen und Premiers und Botschaftern, und sie alle scharwenzelten um sie herum, denn sie wussten, dass sie das Ohr von Demiris besa?. Sie lie?en leise Andeutungen fallen uber das, was sie haben wollten, und versprachen ihr die ganze Welt, wenn sie ihnen helfen wurde.
Aber Noelle besa? bereits die ganze Welt. Sie lag mit Demi-ris im Bett und erzahlte ihm, was jeder von ihr gewollt hatte, und dank dieser Informationen konnte Demiris deren Bedurfnisse, Starken und Schwachen abschatzen. Dann pflegte er den entsprechenden Druck auszuuben, und dadurch floss immer noch mehr Geld in die schon ubervollen Kassen.
Demiris' Privatinsel war eine seiner gro?en Wonnen. Er hatte eine Insel gekauft, die aus rauem, unwirtlichem Land bestand, und hatte sie in ein Paradies verwandelt. Er wohnte in einer Villa, die eindrucksvoll auf dem Gipfel eines Hugels lag; dann gab es ein Dutzend bezaubernder Cottages fur seine Gaste, eine Jagd, einen kunstlichen Su?wassersee, einen Zoo, einen Hafen, wo seine Jacht anlegen konnte, und einen Landeplatz fur seine Flugzeuge. Die Insel hatte einen Stab von achtzig Bediensteten, und bewaffnete Wachter hielten unerwunschte Eindringlinge fern. Noelle liebte die Einsamkeit der Insel, und sie liebte sie am meisten, wenn keine anderen Gaste da waren. Constantin Demiris fuhlte sich geschmeichelt, weil er annahm, dass Noelle am liebsten mit ihm allein war. Er ware uberrascht gewesen, wenn er gewusst hatte, wie sehr ihre Gedanken mit einem Mann beschaftigt waren, von dessen Existenz er keine Ahnung hatte.
Larry Douglas war eine halbe Welt von Noelle entfernt, geheime Schlachten auf geheimen Inseln schlagend, und doch wusste sie mehr uber ihn als seine Frau, mit der er in ziemlich regelma?igem Briefverkehr stand. Noelle flog mindestens einmal im Monat nach Paris, um Christian Barbet zu besuchen, und der kahlkopfige, kurzsichtige kleine Detektiv hatte stets einen Bericht mit den allerletzten Nachrichten fur sie bereit.
Als Noelle das erste Mal nach Frankreich zuruckkehrte, um Barbet zu sehen, gab es Probleme mit dem Ausreisevisum. Man lie? sie funf Stunden lang auf dem Zollamt warten, bevor man ihr endlich erlaubte, Constantin Demiris anzurufen. Zehn Minuten nachdem sie mit Demiris gesprochen hatte, eilte ein deutscher Offizier herein und brachte uberschwangliche Entschuldigungen vor. Man hatte Noelle ein spezielles Visum erteilt, und sie wurde nie mehr aufgehalten.
Der kleine Detektiv freute sich auf Noelles Besuche. Er verlangte von ihr ein Vermogen, aber seine geubte Nase roch noch mehr Geld. Er war sehr erfreut uber ihre neue Liaison mit Constantin Demiris. Er hatte das Gefuhl, es wurde von gro?em finanziellen Vorteil fur ihn sein. Zuerst musste er sich verge-
wissern, dass Demiris nichts von Noelles Interesse fur Larry Douglas wusste, dann musste er herausfinden, wie viel diese Information Demiris wert ware. Oder Noelle Page, damit er schweige. Ein genialer Coup stand bevor, aber er musste seine Karten sorgfaltig ausspielen. Die Informationen, die Barbet uber Larry sammeln konnte, waren erstaunlich reichhaltig, denn Barbet konnte es sich leisten, seine Quellen gut zu bezahlen.
Wahrend Larrys Frau einen Brief las, der von irgendeinem anonymen Feldpostamt abgestempelt war, berichtete Christian Barbet Noelle: »Er fliegt mit der Vierzehnten Kampfgruppe. Achtundvierzigstes Kampfgeschwader.«
Im Brief an Catherine hie? es: »... ich kann dir nur sagen, dass ich irgendwo im Pazifik bin, Liebling ...«