Sie zogerte, wollte nicht lugen. »Er will nicht irgend etwas tun«, sagte sie vorsichtig. »Er musste das Richtige finden.«

Fraser blickte sie prufend an, versuchte herauszuhoren, was hinter ihren Worten steckte.

»Wurde es ihm liegen, Pilot zu sein?«

»Er will nicht in den Militardienst zuruck.«

»Ich dachte an eine der Fluglinien. Ich habe einen Freund, der Direktor bei der PAN AM ist. Die wurden sich glucklich schatzen, jemanden mit Larrys Erfahrung zu bekommen.«

Catherine sa? da und dachte daruber nach; sie versuchte, sich an Larrys Stelle zu versetzen. Er liebte das Fliegen mehr als irgend etwas auf der Welt. Es ware ein guter Job, er wurde genau zu ihm passen. »Es – es klingt wunderbar«, sagte sie behutsam. »Glaubst du wirklich, du konntest ihm diesen Job verschaffen, Bill?«

»Ich werde es versuchen«, sagte er. »Warum horchst du Larry nicht zuerst aus, was er davon halt?«

»Das werde ich tun.« Catherine nahm dankbar seine Hand in die ihre. »Tausend Dank.«

»Wofur?« fragte Fraser leichthin.

»Dafur, dass du immer da bist, wenn ich dich brauche.«

Er legte seine Hand auf die ihre. »Das gehort eben dazu.«

Als Catherine an jenem Abend Larry von Bill Frasers Vorschlag berichtete, sagte er: »Das ist die beste Idee, die ich seit meiner Heimkehr gehort habe«, und zwei Tage spater hatte er eine Verabredung mit Carl Eastman in der Zentrale der PAN AM in Manhattan. Catherine bugelte ihm seinen Anzug aus, wahlte Hemd und Krawatte und putzte seine Schuhe so glanzend, dass sie sich darin spiegeln konnte. »Ich werde dich so bald wie moglich anrufen und dich wissen lassen, wie es gegangen ist.« Er kusste sie, lachelte sein jungenhaftes Lacheln und ging.

In vielerlei Hinsicht war Larry wirklich wie ein kleiner Junge, dachte Catherine. Er konnte reizbar, jahzornig, murrisch sein, aber er war auch liebevoll und gro?zugig.

»Pech«, seufzte Catherine. »Ausgerechnet ich muss der einzige perfekte Mensch auf der ganzen Welt sein.«

Sie hatte sehr viel Arbeit vor sich, aber sie war au?erstande, an etwas anderes zu denken als an Larry und seine Verabredung. Sie hatte das Gefuhl, dass ihre ganze Ehe von dem abhing, was jetzt geschehen wurde.

Es sollte der langste Tag in ihrem Leben werden.

Die Zentrale der PAN AM befand sich in einem modernen

Gebaude zwischen der Fifth Avenue und der 53. Stra?e. Carl Eastmans Buro war geraumig und bequem ausgestattet, er hatte offensichtlich eine wichtige Stellung inne.

»Kommen Sie herein und setzen Sie sich«, begru?te er Larry, als dieser das Buro betrat.

Eastman war ungefahr funfunddrei?ig Jahre alt, ein sportlicher Typ mit hervorstehenden Backenknochen und durchdringenden nussbraunen Augen, denen nichts entging. Er wies Larry einen Platz auf der Couch an und setzte sich ihm gegenuber.

»Kaffee?«

»Nein, danke«, sagte Larry.

»Ich habe gehort, Sie wollen bei uns arbeiten.«

»Wenn eine Stelle frei ist.«

»Es ist eine frei«, sagte Eastman, »nur haben sich etwa tausend Knuppeljockeis darum beworben.« Er schuttelte bekummert den Kopf. »Es ist unglaublich. Die Luftwaffe bringt Tausenden von intelligenten jungen Mannern bei, wie man die kompliziertesten Maschinen fliegt, die je erfunden worden sind. Und wenn sie dann ihren Job getan haben und ihn verdammt gut getan haben, dann schickt sie die Luftwaffe zum Teufel. Man hat nichts fur sie.« Er seufzte. »Sie wurden es nicht glauben, wie viel Leute hier den ganzen Tag hereinkommen. Spitzenpiloten, Asse wie Sie selbst. Es gibt nur eine freie Stelle pro tausend Bewerber – und die anderen Fluglinien sind in genau der gleichen Lage.«

Ein Gefuhl von Enttauschung uberkam Larry. »Warum haben Sie mich dann empfangen?« fragte er steif.

»Aus zwei Grunden. Nummer eins, weil der Mann uber mir mich angewiesen hat.«

Larry fuhlte, wie der Zorn in ihm aufstieg.

»Ich brauche keine«

Eastman beugte sich vor. »Nummer zwei, weil Sie verdammt gute Flugleistungen aufzuweisen haben.«

»Danke«, sagte Larry knapp.

Eastman blickte ihn prufend an. »Sie mussten einen Trainingskurs mitmachen, verstehen Sie. Es ware, als ob Sie wieder zur Schule gingen.«

Larry zogerte, unsicher, wohin das Gesprach fuhrte.

»Das hort sich ganz gut an«, sagte er vorsichtig.

»Sie werden dieses Training in New York au?erhalb von La-Guardia absolvieren mussen.«

Larry nickte, wartete.

»Es gibt vier Wochen Grundschulung und dann einen Monat Flugtraining.«

»Sie fliegen DC-4?« fragte Larry.

»Richtig. Nach Beendigung Ihres Trainings werden wir Sie als Navigator einsetzen. Ihr Gehalt wahrend des Kurses betragt 350 Dollar im Monat.«

Er hatte den Job bekommen! Dieser Hundesohn hatte ihn an der Nase herumgefuhrt mit den tausend Piloten, die hinter ihm her waren. Aber er hatte den Job. Woruber hatte er sich Sorgen gemacht? Niemand in der ganzen verdammten Luftwaffe hatte eine bessere Personalakte als er.

Larry grinste. »Es macht mir nichts aus, als Navigator anzufangen, aber ich bin Pilot. Wann kommt das an die Reihe?«

Eastman seufzte. »Die Fluglinien sind gewerkschaftlich organisiert. Der einzige Weg, wie jemand avancieren kann, fuhrt uber das hohere Dienstalter. Wollen Sie es versuchen?«

Larry nickte. »Was habe ich schon zu verlieren!«

»Gut«, sagte Eastman. »Ich werde die Formalitaten in Ordnung bringen. Sie werden sich naturlich einer arztlichen Untersuchung unterziehen mussen. Gibt es da irgendwelche Probleme?«

Larry grinste. »Die Japaner haben an mir alles in Ordnung gefunden.«

»Wann konnen Sie mit der Arbeit anfangen?«

»Ist heute Nachmittag zu fruh?«

»Sagen wir Montag.« Eastman kritzelte einen Namen auf eine Karte und gab sie Larry. »Da. Man wird Sie um 9 Uhr Montag morgen erwarten.«

Als Larry Catherine anrief, um ihr die Neuigkeit zu uberbringen, lag eine Erregung in seiner Stimme, wie Catherine sie seit langem nicht gehort hatte. Sie wusste, alles wurde wieder in Ordnung kommen.

Noelle

Athen 1946

Constantin Demiris besa? eine Flotte von Flugzeugen fur seinen personlichen Gebrauch, aber sein Stolz war eine umgebaute Hawker Siddeley, die sechzehn Passagiere mit luxuriosem Komfort transportierte, eine Geschwindigkeit von dreihundert Meilen pro Stunde erreichte und eine vierkopfige Besatzung hatte. Es war ein fliegender Palast. Das Innere war von Frederick Sawrin ausgestattet worden, und Chagall hatte die Wande mit Fresken ausgemalt. Statt Flugsitzen waren Lehnsessel und komfortable Sofas in der Kabine angebracht. Die Achter-Kabine war in ein luxurioses Schlafzimmer verwandelt worden. Vorne hinter dem Cockpit gab es eine moderne Kuche. Jedes Mal, wenn Demiris oder Noelle flogen, war ein Koch an Bord.

Demiris hatte einen griechischen Flieger namens Paul Meta-xas und einen englischen Ex-RAF-Kampfflieger namens Ian Whitestone zu seinen personlichen Piloten gewahlt. Metaxas war ein untersetzter, liebenswurdiger Mann mit freundlichem Ausdruck und herzlichem, ansteckendem Lachen. Er war Mechaniker gewesen, hatte sich selbst das Fliegen beigebracht und hatte mit der RAF in der Schlacht um England gekampft, wo er Ian Whitestone kennen gelernt hatte. Whitestone war hoch gewachsen, rothaarig und sehr dunn und hatte das unsichere Benehmen eines Schulmeisters am ersten Schultag in einer zweitklassigen Anstalt fur Sonderschuler. In der Luft

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