»Wie fuhlen Sie sich?« fragte sie.

»Gro?artig«, sagte er. »Fragen Sie bei Mr. Eastman an, ob ich ihn sprechen kann.«

Zehn Minuten spater hatte Sakowitz Eastman den Vorfall genau berichtet.

»Was ist nun eigentlich Ihrer Meinung nach los mit Douglas?« fragte Eastman.

»Ehrlich gesagt, ich glaube, er ist ein Psychopath.«

Eastman sah ihn mit seinen durchdringenden nussbraunen Augen an. »Ich finde das reichlich stark ausgedruckt, Sak. Er war beim Flug nicht betrunken. Man kann ihm nicht einmal nachweisen, dass er auf dem Boden einen Drink genommen hatte. Und jeder kann sich ab und zu einmal verspaten.«

»Wenn das alles ware, hatte ich ihn nicht entlassen, Carl. Douglas ist viel zu leicht erregbar. Um die Wahrheit zu sagen,

ich hatte heute versucht, ihn zu provozieren, und es war nicht schwer. Wenn er dem Druck standgehalten hatte, hatte ich's vielleicht riskiert, ihn zu behalten. Wissen Sie, was mir Sorgen macht?«

»Was?«

Sakowitz sagte: »Vor ein paar Tagen traf ich einen alten Freund, der mit Douglas in der RAF gedient hat. Er erzahlte mir eine verruckte Geschichte. Anscheinend verliebte sich Douglas, als er in der Adler-Staffel diente, in ein kleines englisches Madchen, das mit einem Jungen aus Douglas' Staffel namens Clark verlobt war. Douglas tat alles, um sie fur sich zu gewinnen, aber das Madchen wollte nichts von ihm wissen. Eine Woche bevor sie und Clark heiraten sollten, stieg die Staffel auf, um einige Bomber beim Angriff auf Dieppe abzuschirmen. Douglas flog hinten. Die Bomber warfen ihre Bomben ab, und alle flogen heimwarts. Als sie uber dem Kanal waren, wurden sie von Messerschmitts angegriffen, und Clark wurde abgeschossen.« Er hielt inne und grubelte vor sich hin. Eastman wartete, dass er fortfahre, und endlich blickte Sakowitz auf. »Nach Aussage meines Freundes waren uberhaupt keine Messerschmitts in der Nahe, als es Clark erwischte.«

Eastman starrte ihn unglaubig an. »Mein Gott! Wollen Sie damit sagen, dass Larry Douglas ... ?«

»Ich sage gar nichts. Ich erzahle Ihnen nur eine interessante Geschichte, die ich gehort habe.« Er hielt sich wieder das Taschentuch an die Lippen. Sie bluteten nicht mehr. »Es ist schwer zu sagen, was in einem Nahkampf vor sich geht. Vielleicht ging Clark nur der Treibstoff aus.«

»Was geschah mit seinem Madchen?«

»Douglas lebte mit ihr, bis er in die Staaten zuruckkehrte, dann lie? er sie sitzen.« Er blickte Eastman gedankenvoll an. »Ich kann Ihnen nur eines sagen: Douglas' Frau tut mir leid.«

Catherine war im Konferenzzimmer und hatte gerade eine

Sitzung mit den Mitarbeitern, als die Tur aufging und Larry hereinkam.

Sein Auge war blau und geschwollen, er hatte einen Schnitt auf der Wange. Sie eilte auf ihn zu. »Larry, was ist passiert?«

»Ich habe meinen Job aufgegeben«, murmelte er.

Catherine zog ihn in ihr Buro, weg von den neugierigen Blicken der anderen, und legte ein nasses Tuch auf sein Auge und seine Wange. »Erzahl mir alles«, sagte sie und versuchte, ihren Zorn uber das, was man ihm angetan hatte, zu unterdrucken.

»Sie haben mich schon lange schikaniert, Cathy. Ich glaube, sie sind eifersuchtig, weil ich im Krieg war und sie nicht. Trotzdem, heute hat mir's gereicht. Sakowitz lie? mich kommen und sagte mir, sie hatten mich nur angestellt, weil du Bill Frasers Freundin seiest.«

Catherine blickte ihn sprachlos an.

»Ich habe ihn geschlagen«, sagte Larry. »Ich konnte nicht anders.«

»Oh, Liebling!« sagte Catherine. »Es tut mir so leid.«

»Sakowitz tut's noch mehr leid«, erwiderte Larry. »Ich habe ihn wirklich fertig gemacht. Job oder nicht, ich konnte es nicht zulassen, dass jemand so von dir redet.«

Sie hielt ihn fest umarmt und beruhigte ihn. »Mach dir keine Sorgen. Du kannst bei jeder Fluglinie im Land arbeiten.«

Catherine stellte sich als schlechte Prophetin heraus. Larry bewarb sich bei allen Fluglinien, und mehrere von ihnen empfingen ihn auch, aber es kam nichts dabei heraus. Bill Fraser lunchte mit Catherine zusammen, und sie erzahlte ihm, was geschehen war. Fraser sagte nichts, aber er war wahrend des ganzen Essens sehr nachdenklich. Mehrere Male fuhlte sie, dass er ihr beinahe etwas gesagt hatte, aber immer wieder hielt er sich zuruck. Endlich sagte er: »Ich kenne eine Menge Leute, Cathy. Soll ich versuchen, anderswo etwas fur Larry zu finden?«

»Ich danke dir wirklich vielmals«, sagte Catherine. »Aber ich glaube nicht. Wir werden schon selber etwas finden.«

Fraser blickte sie einen Augenblick an, dann nickte er. »Lass es mich bitte wissen, wenn du es dir anders uberlegst.«

»Sicher«, sagte sie dankbar. »Anscheinend komme ich immer wieder mit meinen Problemen zu dir.«

ACME SICHERHEITSAGENTUR

1402 »D« Street Washington, D. C.

Betrifft: Nr. 2-179-210 1. April 1946

Sehr geehrter Monsieur Barbet,

wir haben Ihren Brief vom 15. Marz 1946 und Ihre Bankuberweisung dankend erhalten.

Seit meinem letzten Bericht hat die fragliche Person eine Anstellung als Pilot bei der Flying Wheels Transport Company gefunden, einer kleinen unabhangigen Frachtlinie, die von Long Island aus tatig ist. Eine Uberprufung durch die Firma Dun und Bradstreet ergab, dass sie einen Kapitalwert von unter 750 000 Dollar hat. Ihre Ausrustung besteht aus einer umgebauten B-26 und einer umgebauten DC-3. Sie hat Bankschulden von uber 400 000 Dollar. Der Vizeprasident der Banque de Paris in New York, bei der sie ihr gro?tes Konto hat, versichert mir, dass die Gesellschaft eine ausgezeichnete Wachstumschance hatte. Die Bank zieht in Erwagung, ihnen genugend Kapital fur den Erwerb weiterer Flugzeuge zur Verfugung zu stellen, auf der Grundlage eines laufenden Gewinns von 80 000 Dollar pro Jahr mit einer jahrlichen geplanten Zuwachsrate von 30 Prozent fur die nachsten funf Jahre.

Falls Sie weitere Einzelheiten uber die finanziellen Aspekte der Gesellschaft wunschen, lassen Sie mich es bitte wissen. Die fragliche Person trat ihre Stellung bei der Gesellschaft am

19. Marz 1946 an. Der Personalchef (der auch einer der Teilhaber ist) informierte unseren Mitarbeiter, dass er sich sehr glucklich schatze, die fragliche Person als Piloten bekommen zu haben. Weitere Einzelheiten folgen.

Hochachtungsvoll R. Ruttenberg Direktor

Banque de Paris New York City, New York

Philippe Chardon Direktor

Liebe Noelle,

Du bist wirklich schlimm! Ich wei? nicht, was Dir dieser Mann

getan hat, aber was immer es sei, er hat dafur bezahlt. Die

Flying Wheels Company hat ihn vor die Tur gesetzt, und mein

Freund sagt mir, dass er einen Wutanfall daruber bekommen

hat.

Ich gedenke, bald in Athen zu sein und Dich zu sehen.

Richte Costa freundliche Gru?e aus und sei beruhigt, der

kleine Gefallen, den ich Dir erwiesen habe, bleibt unter uns.

Dein Philippe

ACME SICHERHEITSAGENTUR

1402 »D« Street Washington, D. C.

Betrifft: Nr. 2-179-210 22. Mai 1946

Sehr geehrter Monsieur Barbet,

dies ist eine Erganzung zu meinem Bericht vom 1. Mai 1946. Am 14. Mai 1946 wurde die fragliche Person von der Flying Wheels Transport Company entlassen. Ich habe versucht,

durch diskrete Nachforschungen den Grund zu erfahren, bin

aber jedes Mal gegen Mauern gesto?en. Niemand will daruber

sprechen, ich kann also nur annehmen, dass die fragliche

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