fliegen. Die zweite Maschine war eine sechssitzige Piper in erstklassigem Zustand. Er schatzte, dass sie leicht dreihundert Meilen in der Stunde machte. Die dritte war eine als Zweisitzer gebaute L-5 mit einem Lyco-ming- Motor, ein wunderbares Flugzeug fur kurzere Strecken. Das war eine imposante Privatflotte. Als Larry seine Inspektion beendet hatte, schloss er sich wieder dem ihn beobachtenden Chauffeur an.

»Damit kann man etwas machen«, sagte Larry. »Gehen wir.« Der Chauffeur hatte ihn zu einer Villa in Varkisa, dem funfundzwanzig Kilometer von Athen entfernten exklusiven Vorort, hinausgefahren.

»Du kannst dir Demiris' Besitz nicht vorstellen«, sagte Larry zu Catherine.

»Wie sieht er aus?« fragte Catherine begierig.

»Man kann es unmoglich beschreiben. Es sind ungefahr zehn Morgen Land, mit elektrischen Toren, Wachtern und Wachhunden und allem, was dazugehort. Von au?en wirkt die Villa wie ein Palast, innen ist sie ein Museum. Sie hat ein Hallenbad, eine komplette Buhne und einen Kinoraum. Du wirst es eines Tages sehen.«

»War er nett?« fragte Catherine.

»Und wie!« Larry lachelte. »Ich wurde mit gro?em Bahnhof empfangen. Ich nehme an, dass mir mein Ruf vorausgegangen ist.«

In Wirklichkeit hatte Larry drei Stunden lang in einem kleinen Vorzimmer gesessen, ehe er zu Demiris vorgelassen wurde. Unter gewohnlichen Umstanden ware Larry uber diese Geringschatzung wutend gewesen, aber er wusste, wie viel von der Begegnung abhing, und er war zu nervos, um sich zu argern. Er hatte Catherine erklart, wie wichtig diese Stellung

fur ihn ware, hatte ihr aber nicht gesagt, wie verzweifelt er sie benotigte. Er war ein uberragender Flieger, und ohne Fliegen kam er sich verloren vor. Es war, als ob sein Leben in eine unerforschte Gefuhlstiefe abgesunken ware, und der Druck auf ihn war ubermachtig und unertraglich. Alles hing von dieser Stellung ab.

Nach Ablauf der drei Stunden war ein Butler gekommen und hatte verkundet, Herr Demiris sei nun bereit, ihn zu sehen. Er hatte Larry durch eine riesige Empfangshalle gefuhrt, die aussah, als ob sie nach Versailles gehorte. Die Wande waren in zarten Gold-, Grun- und Blautonen gehalten und mit Beauvais-Gobelins behangt, die eine Tafelung aus Rosenholz einrahmte. Ein prachtvoller ovaler Savonnerie-Teppich lag auf dem Boden, und daruber hing ein riesiger Luster aus Kristall und Goldbronze.

Den Eingang zur Bibliothek rahmten ein paar Saulen aus grunem Onyx mit Kapitellen aus Goldbronze. Die Bibliothek selbst war exquisit, entworfen von Meisterhand, und die Wande bedeckte eine Tafelung aus geschnitzten Obstholzern. In der Mitte der einen Wand ein wei?er Marmorkamin mit vergoldeten Ornamenten. Auf der Kaminplatte standen zwei schone Bronzen von Philippe Caffieri.

Uber dem Kamin hing in einem Prunkrahmen ein bis zur Decke reichendes Gemalde von Fragonard. Durch eine offen stehende Fenstertur erhaschte Larry einen fluchtigen Blick in einen gro?en Patio und den mit vielen Statuen und Fontanen geschmuckten Park.

In der Tiefe der Bibliothek befand sich ein gro?er Schreibtisch, dahinter ein kostbarer hochlehniger mit einem Aubusson-Gobelin bespannter Sessel. Vor dem Schreibtisch standen zwei Gobelin-Bergeres.

Demiris stand neben dem Schreibtisch und betrachtete eine gro?e Landkarte in Merkatorprojektion an der Wand, die mit Dutzenden farbiger Kartennadeln ubersat war. Als Larry

eintrat, drehte er sich um und streckte ihm die Hand entgegen.

»Constantin Demiris«, sagte er mit einem leisen Anflug eines Akzents. In den Nachrichtenmagazinen hatte Larry im Lauf der Jahre viele Bilder von diesem Mann gesehen, doch nichts hatte ihn auf dessen vitale Kraft vorbereitet.

»Ich wei?«, sagte Larry und schuttelte ihm die Hand. »Ich bin Larry Douglas.«

Demiris beobachtete, wie Larrys Blick zu der Karte an der Wand wanderte. »Mein Reich«, sagte er. »Setzen Sie sich.«

Larry nahm in einem Sessel vor dem Schreibtisch Platz.

»Soviel ich wei?, haben Sie zusammen mit Ian Whitestone in der RAF gedient?«

»Ja.«

Demiris lehnte sich in seinem Sessel zuruck und studierte Larry. »Ian hat eine sehr hohe Meinung von Ihnen.«

Larry lachelte. »Ich habe auch eine hohe Meinung von ihm. Er ist ein hervorragender Pilot.«

»Das gleiche sagte er von Ihnen. Nur gebrauchte er das Wort >gro?<.«

Wieder empfand Larry die Uberraschung, die er verspurt hatte, als Whitestone ihm zum ersten Mal das Angebot unterbreitete. Offenbar hatte er Demiris eine ubertriebene Schilderung von ihm gegeben, die in keinem Verhaltnis zu ihrer einstigen Beziehung stand. »Ich bin gut«, sagte Larry. »Es ist mein Beruf.«

Demiris nickte. »Ich schatze Leute, die in ihrem Beruf gut sind. Wissen Sie, dass die meisten Menschen das nicht sind?«

»Daruber habe ich weder so noch so viel nachgedacht«, gestand Larry.

»Aber ich.« Er bedachte Larry mit einem frostigen Lacheln. »Das ist mein Beruf – Menschen. Die Mehrheit der Menschen hasst das, was sie tut, Mr. Douglas. Statt auf Wege zu sinnen, etwas anzufangen, was sie gern tun, bleiben sie ihr Leben lang gefangen wie hirnlose Insekten. Man findet selten einen Mann, der seine Arbeit liebt. Und wenn man einen findet, ist er fast unausweichlich ein Erfolg.«

»Ich nehme an, dass das wahr ist«, sagte Larry bescheiden.

»Sie sind kein Erfolg.«

Larry sah Demiris plotzlich wachsam an. »Das hangt davon ab, was Sie mit Erfolg meinen, Mr. Demiris«, sagte er vorsichtig.

»Ich meine damit«, sagte Demiris unverblumt, »dass Sie sich im Krieg hervorragend bewahrt, dass Sie jedoch im Frieden nicht sehr gut abgeschnitten haben.«

Larry spurte, wie sich seine Kiefermuskeln spannten. Er fuhlte sich herausgefordert und versuchte, seinen Arger zu unterdrucken. Sein Verstand arbeitete wie rasend und suchte nach einer Antwort, welche ihm diese Stellung rettete, die er so dringend brauchte. Demiris beobachtete ihn, seine dunkelgrunen Augen, denen nichts entging, musterten ihn.

»Was wurde aus Ihrer Stellung bei der Pan American, Mr. Douglas?«

Larry gelang ein Grinsen, das er nicht empfand. »Mir gefiel der Gedanke nicht, funfzehn Jahre herumzusitzen und darauf zu warten, dass ich Kopilot werden wurde.«

»Deshalb haben Sie Ihren Vorgesetzten geschlagen.«

Larry verriet seine Uberraschung. »Wer hat Ihnen das gesagt?«

»Ach, kommen Sie, Mr. Douglas«, entgegnete Demiris ungeduldig, »wenn Sie fur mich arbeiten sollten, wurde ich mein Leben jedes Mal, wenn ich mit Ihnen fliege, in Ihre Hande legen. Zufallig ist mir mein Leben sehr viel wert. Haben Sie wirklich geglaubt, dass ich Sie engagieren wurde, ohne alles uber Sie zu wissen?«

»Vermutlich nicht.«

»Sie wurden aus zwei Stellungen als Pilot entlassen, nachdem die PanAm Sie entlassen hatte«, fuhr Demiris fort. »Das ist eine schlechte Empfehlung.«

»Es hatte nichts mit meinem Konnen zu tun«, entgegnete Larry schroff. Wieder stieg Arger in ihm auf. »Bei der einen Gesellschaft gingen die Geschafte schlecht, und die andere konnte keinen Bankkredit bekommen und machte Bankrott. Ich bin ein verdammt guter Pilot.«

Demiris studierte ihn fur einen Augenblick, dann lachelte er. »Das wei? ich«, sagte er. »Sie halten wohl nicht viel von Disziplin, wie?«

»Ich lasse mir nicht gern von Idioten befehlen, die weniger verstehen als ich.«

»Ich rechne damit, dass ich nicht in diese Kategorie falle«, sagte Demiris trocken.

»Solange Sie nicht beabsichtigen mir vorzuschreiben, wie ich Ihre Maschinen fliegen soll, Mr. Demiris.«

»Nein, das ware Ihre Aufgabe. Es ware auch Ihre Aufgabe, dafur zu sorgen, dass ich zuverlassig, bequem und sicher dorthin gelange, wo ich hin will.«

Larry nickte. »Ich wurde mein Bestes tun, Mr. Demiris.«

»Ich glaube es«, sagte Demiris. »Sie haben sich meine Flugzeuge angesehen?«

Larry versuchte, die Uberraschung auf seinem Gesicht zu verbergen. »Ja, Sir.«

»Wie haben sie Ihnen gefallen?«

Larry konnte seine Begeisterung nicht unterdrucken. »Sie sind gro?artig.«

Demiris schien zufrieden zu sein. »Haben Sie schon eine Hawker Siddeley geflogen ?«

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