der Stange zu bleiben.

»Es – es geht um sie und Larry Douglas.« Er beobachtete das Gesicht von Demiris, versuchte, in dessen Ausdruck zu lesen. Es verriet nicht das geringste Anzeichen von Interesse. Mein Gott! Metaxas zwang sich weiterzustammeln. »Sie – sie leben zusammen in einem Haus am Strand in Rafina.«

Demiris schnippte die Asche von seiner Zigarette in eine tiefe, bauchige Goldschale. Metaxas hatte das Gefuhl, gleich verabschiedet zu werden und einen schrecklichen Fehler begangen zu haben, der ihn seine Stellung kosten wurde. Seine Worte begannen sich zu ubersturzen.

»Meine – meine Schwester ist Haushalterin in einer der Villen dort. Sie sieht die beiden standig am Strand zusammen. Sie erkannte Mademoiselle Page nach den Bildern in den Zeitschriften, aber sie dachte nicht weiter daruber nach, bis sie vor einigen Tagen zum Flughafen kam, um mit mir zu Abend zu essen. Ich stellte sie Larry Douglas vor und – also da sagte sie mir, dass er der Mann ist, mit dem Mademoiselle Page zusammenlebt.«

Demiris' olivdunkle Augen starrten ihn ohne jeden Ausdruck an.

»Ich – ich dachte mir, dass Sie das wissen sollten«, endete Metaxas lahm.

Als Demiris sprach, klang seine Stimme vollig tonlos. »Wie Mademoiselle Page ihr Privatleben verbringt, ist ihre eigene Angelegenheit. Ich bin uberzeugt, sie wird es wenig schatzen, dass man ihr nachspioniert.«

Metaxas' Stirn war schwei?bedeckt. Mein Gott, er hatte die Situation falsch beurteilt. Und er hatte doch nur loyal sein wollen. »Glauben Sie mir, Herr Demiris, ich habe nur versucht...«

»Ich bin uberzeugt, dass Sie nur meinen Interessen dienen wollten. Sie haben sich geirrt. Sonst noch etwas?«

»Nein – nein, Herr Demiris.« Metaxas drehte sich um und floh.

Constantin Demiris lehnte sich in seinem Sessel zuruck. Seine dunklen Augen starrten blicklos ins Leere.

Um neun Uhr am folgenden Morgen erhielt Metaxas einen Anruf, der ihn anwies, sich bei Demiris' Minenunternehmen im Kongo zu melden. Dort sollte Metaxas zehn Tage damit verbringen, Ausrustung von Brazzaville zur Mine zu fliegen.

An einem Mittwochmorgen, bei seinem dritten Flug, zerschellte die Maschine im dichten grunen Urwald. Niemals wurden Spuren von Metaxas' Leiche oder dem Wrack gefunden.

Zwei Wochen nachdem Catherine aus dem Krankenhaus entlassen worden war, kam Larry sie besuchen. Es war ein Samstagabend, und Catherine stand in der Kuche und bereitete sich ein Omelett zu. Die Gerausche beim Kochen verhinderten, dass sie horte, wie die Vordertur geoffnet wurde, und sie nahm Larrys Anwesenheit erst wahr, als sie sich umdrehte und ihn in der Tur stehen sah. Sie zuckte unwillkurlich zusammen, und er sagte: »Entschuldige, dass ich dich erschreckt habe. Ich bin nur vorbeigekommen, um zu sehen, wie es dir geht.«

Catherine spurte, wie ihr Herz schneller schlug, und verachtete sich selbst dafur, dass er immer noch diese Wirkung auf sie haben konnte.

»Mir geht es ganz gut«, antwortete sie. Sie drehte sich wieder um und nahm das Omelett aus der Pfanne.

»Riecht gut«, sagte Larry. »Ich hatte keine Zeit, zu Abend zu essen. Wurdest du mir auch so eins zubereiten, wenn es dir nicht zuviel Muhe macht?«

Sie sah ihn fur einen langen Augenblick an und zuckte die Schultern.

Sie machte Abendessen fur ihn, war durch seine Anwesenheit aber so entnervt, dass sie selbst keinen Bissen essen konnte. Er sprach mit ihr, erzahlte ihr von einem Flug, von dem er gerade zuruckgekommen war, und eine amusante Anekdote uber einen der Freunde von Demiris. Er war der alte Larry, herzlich und charmant und unwiderstehlich, als ob zwischen ihnen nichts vorgefallen ware, als ob er nicht ihr Zusammenleben zerstort hatte.

Nach dem Essen half Larry Catherine das Geschirr spulen und abtrocknen. Er stand neben ihr am Abwaschbecken, und seine Nahe bereitete ihr korperlichen Schmerz. Wie lange lag es schon zuruck? Sie ertrug es nicht, daran zu denken.

»Es hat mir wirklich gut geschmeckt«, sagte Larry mit seinem raschen, jungenhaften Grinsen. »Danke, Cathy.«

Und damit, dachte Catherine, war es voruber.

Drei Tage spater klingelte das Telefon, und es war Larry, der von Madrid aus anrief, um ihr zu sagen, dass er auf dem Weg nach Hause sei, und um sie zu fragen, ob sie am Abend mit ihm zum Essen ausgehen wolle. Catherine umklammerte den Horer, lauschte auf seine freundliche, gelassene Stimme und war entschlossen, nicht zu gehen. »Ich bin heute zum Abendessen frei«, sagte sie.

Sie dinierten bei Tourkolimano am Hafen von Piraus. Catherine war kaum fahig, ihr Essen anzuruhren. Das Zusammensein mit Larry war eine viel zu schmerzliche Erinnerung an andere Restaurants, in denen sie gegessen hatten, an zu viele gemeinsam verbrachte, angeregte Abende in der seit langem toten Vergangenheit, an die Liebe, die fur sie beide ihr Leben lang andauern sollte.

»Du isst ja nicht, Cathy. Soll ich etwas anderes fur dich bestellen?« fragte er besorgt.

»Ich habe erst spat Mittag gegessen«, log sie. Wahrscheinlich wird er mich nie wieder einladen, dachte Catherine, aber wenn er es tut, werde ich nein sagen.

Wenige Tage spater rief Larry an, und sie a?en zusammen Mittag in einem bezaubernden Restaurant in einer versteckt gelegenen Gasse beim Syntagma Platz. Es nannte sich Gerofi-nikas, »Die alte Palme«, und man erreichte es durch eine lange, kuhle Passage, vor der eine Palme stand. Sie bekamen eine ausgezeichnete Mahlzeit, dazu Hymettos, den leichten, trockenen griechischen Wein. Larry war in seiner besten Form.

Am folgenden Sonntag bat er Catherine, mit ihm nach Wien zu fliegen. Sie a?en zusammen im Hotel Sacher und flogen noch am gleichen Abend zuruck. Es war ein wunderbarer Abend mit Wein und Musik und Kerzenlicht, aber Catherine hatte das gespenstische Gefuhl, dass der Abend irgendwie nicht

ihr gehorte. Er gehorte jener anderen Catherine Douglas, die seit langem tot und begraben war. Als sie in die Wohnung zuruckkamen, sagte sie: »Danke, Larry, es war ein schoner Tag.«

Er trat auf sie zu, nahm sie in die Arme und begann sie zu kussen. Catherine erstarrte und machte sich, von einer plotzlichen, unerwarteten Panik erfullt, frei.

»Nein«, sagte sie.

»Cathy ...«

»Nein!«

Er nickte. »Nun gut. Ich verstehe.«

Sie zitterte am ganzen Korper. »Wirklich?«

»Ich wei?, wie schlecht ich mich benommen habe«, sagte Larry leise. »Wenn du mir die Chance gibst, will ich es wiedergutmachen, Cathy.«

Mein Gott, dachte sie. Sie presste die Lippen zusammen, zwang sich, nicht zu weinen, und schuttelte den Kopf. Ihre Augen schimmerten von unvergessenen Tranen. »Es ist zu spat«, flusterte sie.

Und sie stand da und sah ihm stumm nach, wie er durch die Tur ging.

Innerhalb einer Woche bekam Catherine wieder Nachricht von Larry. Er schickte ihr Blumen mit einigen Zeilen und danach kleine Vogel aus den verschiedenen Landern, in die er flog. Offensichtlich hatte er sich sehr darum bemuht, denn sie waren von einer erstaunlichen Vielfalt: einer aus Porzellan, einer aus Jade, einer aus Teakholz, und sie war geruhrt, dass er daran dachte.

Als eines Tages das Telefon lautete und sie Larrys Stimme sagen horte: »Hor mal, ich habe ein wunderbares griechisches Restaurant entdeckt, in dem man die beste chinesische Kuche au?erhalb von Peking bekommt«, lachte sie und sagte: »Ich kann es gar nicht erwarten.«

Und das war der Zeitpunkt, an dem es wirklich wieder

begann. Langsam, tastend, zogernd, aber es war ein Anfang. Larry versuchte nicht wieder, sie zu kussen, sie hatte es auch nicht zugelassen, denn Catherine wusste, wenn sie ihren Gefuhlen nachgab, wenn sie sich aus ganzem Herzen diesem Mann hingab, den sie liebte, und er sie wieder betrog, wurde er sie zerstoren. Endgultig und fur immer. Und so ging sie mit ihm essen und lachte mit ihm, doch standig war sie tief innerlich auf der Hut, blieb wachsam abwehrend, unberuhrt und unberuhrbar.

Sie waren fast jeden Abend zusammen. An manchen Abenden bereitete Catherine selbst das Essen zu Hause zu, an anderen fuhrte Larry sie aus. Einmal erwahnte sie die Frau, von der Larry gesagt hatte, dass er sie liebe, und er hatte knapp geantwortet: »Das ist vorbei«, und Catherine brachte nie wieder die Sprache darauf. Sie achtete genau auf Anzeichen dafur, dass Larry sich mit anderen Frauen traf, aber es gab keine. Er war sehr

Вы читаете Jenseits von Mitternacht
Добавить отзыв
ВСЕ ОТЗЫВЫ О КНИГЕ В ИЗБРАННОЕ

0

Вы можете отметить интересные вам фрагменты текста, которые будут доступны по уникальной ссылке в адресной строке браузера.

Отметить Добавить цитату