«Aha. Dann arbeite ich fur Sie.«

Sie lachelte ihn an.»Das ist richtig.«

«Also — wenn Sie fur Ihr Geld was geboten kriegen wollen, dann lassen sie mich mal weitermachen«, sagte Jeff und fuhr fort, das Deck zu schrubben.

Die Tage vergingen ereignislos. Jeffbekam dann und wann die Schiffseignerin zu Gesicht, ignorierte sie aber regelma?ig. Einen Abend vor der Ankunft in Tahiti wurde er in Louise Hollanders Kabine gerufen.

Sie trug ein Kleid aus hauchdunner Seide.

«Sie wollten mich sehen, Ma'am?«

«Sagen Sie, Jeff… sind Sie eigentlich schwul?«

«Ich glaube zwar nicht, da? Sie das etwas angeht, Mi? Hollander, aber — nein, ichbin nicht schwul. Nur wahlerisch.«

Louise Hollander schurzte die Lippen.»Und was fur Frauen mogen Sie? Huren, nehme ich an.«

«Manchmal«, erwiderte Jeff verbindlich.»War sonst noch was, Mi? Hollander?«

«Ja. Ich gebe morgen abend eine Party. Wollen Sie auch kommen?«

Jeffbetrachtete die junge Frau eine ganze Weile, bevor er antwortete.»Warum nicht?«

Und so fing es an.

Louise Hollander war vor ihrem einundzwanzigsten Geburtstagbereits zweimal verheiratet gewesen, und als sie Jeff kennenlernte, hatte ihr Anwalt gerade eine Ubereinkunft mit ihrem dritten Mann ausgehandelt. Am zweiten Abend im Hafen von Tahiti gingen die Crew und die Passagiere an Land, und Jeff wurde erneut in Louise Hollanders Kabine gerufen. Sie trug wieder ein Kleid aus Seide, diesmal mit einem Schlitzbis zum Oberschenkel.

«Ich versuche, dieses Ding vom Leibzu kriegen«, erklarte sie.»Ich habe ein Problem mit dem Rei?verschlu?.«

Jeff trat zu ihr undbegutachtete das Kleid.»Das hat doch gar keinen Rei?verschlu?.«

Sie drehte sich um, blickte ihn an und lachelte.»Ich wei?. Das ist ja das Problem.«

Sie liebten sich an Deck, und die warme Tropenluft streichelte ihre Korper. Danach lagen sie auf der Seite, einander zugewandt, und schauten sich an. Jeff stutzte sich auf den Ellenbogen undblickte auf Louise nieder.»Dein Daddy ist nicht der Sheriff, oder?«

Sie setzte sich verblufft auf.»Wiebitte?«

«Du warst niebei einem Vergnugungspark. Dubist ein Madchen von drau?en. Und Onkel Willie hat gesagt, der Daddy der Madchen von drau?en ist immer der Sheriff.«

Von da an waren sie jeden Abend zusammen. LouisesBekannte fanden es zunachst nur komisch. Ein neues Spielzeug von Louise, dachten sie. Doch als Louise ihnen mitteilte, da? sie Jeff heiraten wolle, waren sie au?er sich.

«Um Gottes willen, Louise, der ist doch nichts fur dich. Er hatbei einem Vergnugungspark gearbeitet. Da konntest du ja gleich einen Stallknecht heiraten. Sicher, er sieht gut aus. Und er hat eine phantastische Figur. Aber au?er Sex habt ihr nichts gemeinsam.«

«Der pa?t einfach nicht zu uns, Schatzchen. Oder siehst du das anders?«

Doch nichts von dem, was ihreBekannten sagten, konnte Louisebeirren. Jeff war der faszinierendste Mann, den sie je kennengelernt hatte. Sie hatte die Erfahrung gemacht, da? ungewohnlich gutaussehende Manner entweder gigantisch dumm oder unertraglich langweilig waren. Jeff dagegen war gutaussehend, gescheit und amusant, und diese Kombination fand sie unwiderstehlich.

Als Louise zu Jeff von Heirat sprach, war er ebenso uberrascht wie ihreBekannten.

«Warum das? Meinen Korper hast du schon. Und sonst kann ich dir nichtsbieten, was du nichtbereits hattest.«

«Es ist ganz einfach, Jeff. Ich liebe dich. Ich mochte mein Leben mit dir teilen.«

Heiraten — das war einebefremdliche Vorstellung gewesen. Doch dann dachte Jeff mit einem Schlag anders. Unter Louise Hollanders weltlaufiger und etwasblasierter Maske verbarg sich ein verletzliches und einsames kleines Madchen. Siebraucht mich, sagte sich Jeff. Die Idee, ein geordnetes hausliches Leben zu fuhren und Kinder zu haben, war plotzlich

ungeheuer verlockend. Jeff schien, da? er immer nur durch die Welt gerannt war. Es wurde Zeit zu verweilen. Drei Tage spater heirateten sie in Tahiti.

Als sie nach New York zuruckgekehrt waren, wurde Jeff in die Kanzlei von Scott Fogarty gebeten. Fogarty war Louises Anwalt, ein kleiner, sehr formlicher Mann mit verkniffenem Mund und, wie Jeff vermutete, wohl ebenso verkniffener Weltanschauung.

«Ich habe hier eine Urkunde, die Sie unterschreiben sollen«, sagte der Anwalt.

«Was fur eine Urkunde?«

«Eine Verzichturkunde. Es hei?t darin, da? Sie im Falle der Auflosung Ihrer Ehe mit Louise Hollander…«

«Louise Stevens.«

«Also gut, Louise Stevens… keine finanziellen Anspruche gegen sie…«

Jeff spurte, wie sich seine Gesichtsmuskeln verkrampften.»Wo unterschreibe ich den Wisch?«

«Soll ich nicht erst einmal zu Ende lesen?«

«Nein. Ich glaube, Sie haben den entscheidenden Punkt nicht erfa?t. Ich habe Louise nicht wegen ihrem Schei?geld geheiratet — pardon, ihres Schei?geldes wegen.«

«Mr. Stevens! Ich…«

«Also, soll ich den Wisch nun unterschreiben oder nicht?«

Der Anwalt legte Jeff die Urkunde vor. Jeff unterschriebund sturmte aus der Kanzlei. Louises Wagen wartete samt Chauffeur auf ihn. Als Jeff einstieg, mu?te er uber sich selbst lachen. Herrgott, warumbin ich denn so sauer? Ich habe mein Leben lang gemogelt, und jetzt, wo ich zum ersten Mal ehrlichbin und jemand auch nur auf die Idee kommt, ich konnte es nicht sein, fuhre ich mich auf wie 'ne Pastorentochter.

Louisebrachte Jeff zumbesten Schneider von Manhattan.

«Du wirst phantastisch aussehen in einem Smoking. «So lockte sie ihn. Und er sah phantastisch aus. Er war noch keine zwei Monate verheiratet, da hattenbereits funf von Louisesbesten Freundinnen versucht, ihn zu verfuhren. Aber Jeff ignorierte sie. Er war fest entschlossen, treu zu sein und eine gute Ehe zu fuhren.

Donald Hollander, LouisesBruder, der auf den SpitznamenBudge horte, ebnete Jeff den Weg in den exklusiven New York Pilgrim Club, und Jeff wurde aufgenommen. Budge war einbulliger Mann in mittleren Jahren, ehemals Footballspieler im Harvard?Team. Erbesa? eine Reederei, eineBananenplantage, diverse Rinderfarmen, eine

Fleischwarenfabrik und weitere Unternehmen — mehr, als Jeff zahlen konnte. Budge Hollander machte kein Hehl aus seiner Verachtung fur Jeff Stevens.

«Eigentlich gehorst du ja nicht zu uns, wie, alter Junge? Aber solang du Louise imBett amusierst, ist es okay. Ich mag meine Schwester sehr gern.«

Es kostete Jeff seine ganze Willenskraft, nicht zu explodieren. Ichbin nicht mit diesem Sack verheiratet. Sondern mit Louise.

Die anderen Mitglieder des Clubs waren ahnlich unangenehm. Sie fanden Jeff furchtbar lustig. Mittags a?en sie immer im Clubund forderten ihn auf, er solle Geschichten aus seiner Zeitbeim Vergnugungspark erzahlen. Jeff kam ihrerBitte nach undband ihnen immer gro?ereBaren auf.

Jeff und Louise wohnten in einer Zwanzigzimmervilla an der East Side von Manhattan, in der es nur so wimmelte von Dienstboten. Louise hatte weitere Anwesen auf Long Island und denBahamas, ein Landhaus in Sardinien und eine gro?e Wohnung in Paris. Au?er der Yachtbesa? sie einen Maserati, einen Rolls Corniche, einen Lamborghini und einen Mercedes.

Es ist phantastisch, dachte Jeff.

Es ist einfach gro?artig, dachte Jeff.

Es ist stinklangweilig, dachte Jeff. Und demutigend.

Eines Morgens erhober sich aus seinem RokokoHimmelbett, hullte sich in einen seidenen Morgenmantel und machte sich auf die Suche nach Louise. Er fand sie im E?zimmer.

«Ich mu? einen Jobhaben«, sagte er.

«Aber Liebling, warum denn? Wirbrauchen das Geld doch nicht.«

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