den Papieren gesessen und die einfallsreiche Mischung aus Schwindeleien und Einbruchdiebstahlen analysiert. Einige der Tricks kannte Cooperbereits, andere waren ihm neu. Wie Inspektor Trignant erwahnt hatte, genossen alle Opfer einen zweifelhaften Ruf. DieseBande halt sich offenbar fur eine Nachfolgeorganisation von Robin Hood und seinen Leuten, dachte Cooper.

Er war fast fertig. Er hatte nur noch dreiBerichte zu lesen. Auf dem obersten Aktendeckel standBRUSSEL. Cooper klappte ihn auf und uberflog denBericht. Schmuck im Wert von zwei Millionen Dollar war aus dem Wandsafe eines Mr. van Ruysen gestohlen worden, einesbelgischenBorsenmaklers.

Die van Ruysens waren im Urlaubgewesen, das Haus stand leer, und… Plotzlich schlug Coopers Herz schneller. Er las denBericht noch einmal, Wort fur Wort. Der Fall unterschied sich von den anderen in einem sehr wichtigen Punkt: Die Einbrecherin hatte die Alarmanlage ausgelost, und als die Polizei eintraf, wurde sie an der Tur von einer Frau empfangen, die ein hauchdunnes Nachthemd trug. Sie hatte eine Frisierhaube auf dem Kopf und eine dicke Schicht Cold Cream im Gesicht. Siebehauptete, ein Hausgast der van Ruysens zu sein. Die Polizei kaufte ihr die Geschichte ab, und als die van Ruysens aus dem Urlaubzuruckkehrten und wegen ihres Hausgastsbefragt wurden, war die Frau mitsamt den Juwelen langst uber alleBerge.

Cooper legte denBericht aus der Hand. Er warf einenBlick auf seine Armbanduhr. In New York war es 10 Uhr vormittags. Cooper rief J. J. Reynolds an.

«Sie mussen etwas fur mich feststellen«, sagte Cooper.»Fragen Sie die Polizisten auf Long Island, die damalsbei dem Einbruch im HauseBellamy mit der Taterin gesprochen haben, obsie sicher sind, da? die Frau Amerikanerin war.«

Reynolds rief eine Stunde spater zuruck.»Ja, sie sind

sicher«, sagte er.»Warum wollen Sie das…«Aber Cooper hattebereits aufgelegt.

Inspektor Trignant verlor allmahlich die Geduld:»Und ich sage Ihnen, es ist unmoglich, da? eine Frau all diese Straftaten verubt hat.«

«Das la?t sich ohne weiteres herausfinden«, entgegnete Daniel Cooper.

«Wie?«

«Ichbrauche einen Computer?Ausdruck uber Datum und Ort der letzten Einbruche und Informationen uber die fur diese ›Bande‹ typischen Schwindeleien.«

«Das kann ich naturlich einrichten, aber…«

«Au?erdembrauche ich Einblick in die Register der Grenzpolizei. Sie soll alle amerikanischen Touristinnen auflisten, die sich in der Zeit, zu der die Straftaten verubt wurden, in den jeweiligen Stadten aufgehalten haben. Es ist moglich, da? die Frau mit falschen Passen arbeitet, aber es kann auch sein, da? sie hin und wieder unter ihrem wahren Namen reist.«

Inspektor Trignant dachte nach.»Ich verstehe, worauf Sie hinauswollen, Monsieur. «Erbetrachtete den kleinwuchsigen Mann vor sich und mu?te entdecken, da? er fast hoffte, Cooper moge sich irren. Der Amerikaner war viel zu eingebildet.»Nun denn. Ich werde alle Rader inBewegung setzen.«

Der erste Einbruch der Serie hatte sich in Stockholm ereignet. In demBericht des schwedischen Zweigs von Interpol wurden alle amerikanischen Touristinnen aufgefuhrt, die in der Tatwoche in Stockholm gewesen waren. Ihre Namen wurden in den Computer der Zentrale von Interpol in Paris eingegeben. Die nachste Stadt war Mailand. Die Namenliste der amerikanischen Touristinnen, die sich zur Zeit des Einbruchs in Mailand aufgehalten hatten, wurde mit der Liste

aus Stockholm verglichen. Es ergabsich eine neue Liste mit vierundfunfzig Namen. Dann wurde uberpruft, welche amerikanischen Touristinnen in der Woche einesbesonders unverschamten Schwindels in Irland gewesen waren, und die Liste verkurzte sich auf funfzehn Nahmen. Inspektor Trignant uberreichte Cooper den Computer?Ausdruck.

«Ich werde nun noch kontrollieren, wer von diesen Frauen mit der Gaunerei inBerlin in Zusammenhang gebracht werden konnte«, sagte Inspektor Trignant,»und dann…«Daniel Cooperblickte auf.»Das ist nicht mehr notig. «Der erste Name auf der Liste war Tracy Whitney.

Nun hatte Interpol endlich etwas Handfestes. Rundschreiben mit der Empfehlung, ein Auge auf Tracy Whitney zu haben, gingen an alle Mitgliederstaaten. In welches Land sie auch einreiste, sie wurde von nun an unterBeobachtung stehen.

Tags darauf trafenBilder von Tracy Whitney aus dem Southern Louisiana Penitentiary for Womenbei Interpol in Paris ein.

Daniel Cooper rief J. J. Reynolds unter dessen Privatnummer an. Es klingelte zwolf mal, bevor jemand abnahm.

«Hallo…«

«Ichbrauche ein paar Informationen.«

«Sind Sie das, Cooper? Himmel, Arsch und Zwirn, hier ist es vier Uhr morgens. Ich habe tief…«

«Schicken Sie mir alles, was Sie uber Tracy Whitney auftreiben konnen. Zeitungsausschnitte, Videobander — alles.«

«Was tut sich dennbei Ihnen in…«

Cooper hatte eingehangt.

Eines Tagesbringe ich den Kerl um, dachte Reynolds.

Zuvor war Daniel Cooper nurbeilaufig an Tracy Whitney interessiert gewesen. Aber nun war sie Gegenstand seines

Auftrags. Er heftete ihre Fotos mit Klebstreifen an die Wande seines kleinen Pariser Hotelzimmers und las alle Zeitungsartikel uber sie. Er mietete ein Videogerat und fuhrte sich wieder und wieder die Kassette mit den Ausschnitten aus den Fernsehnachrichten vor, die Tracy nach ihrer Verurteilung und nach ihrer Entlassung aus dem Gefangnis zeigten. Cooper sa? Stunde um Stunde in seinem abgedunkelten Zimmer undbetrachtete den Film. Sein erster leiser Verdacht verdichtete sich allmahlich zur Gewi?heit.»Sie sind diese Frauenbande, Mi? Whitney«, sagte Daniel Cooper in den Raum hinein. Dann druckte er noch einmal die Rucklauftaste des Videogerats.

25

Jedes Jahr am ersten Samstag im Juni veranstaltete der Graf de Matigny einen gro?en Wohltatigkeitsball fur ein Kinderkrankenhaus in Paris. Der Eintritt kostete tausend Dollar pro Person, und die High?Society flog aus der ganzen Welt ein, um an dem Ereignis teilzunehmen.

Das Chateau de Matigny, am Cap d'Antibes gelegen, gehorte zu den Sehenswurdigkeiten Frankreichs. Der Schlo?garten war gepflegt und wunderschon, und das Chateau stammte aus dem 15. Jahrhundert. Am Abend des Festes waren der gro?e und der kleineBallsaal voll von elegant gewandeten Gasten und livrierten Dienern, die unablassig Champagner anboten. Fur die Hungrigen, die sich nichtbis zum Souper gedulden konnten, gabes ein denkwurdiges kaltesBuffet.

Tracy, die hinrei?end aussah in ihrem wei?en Spitzenkleid und in ihrem hochgesteckten Haar ein Diamantdiadem trug, tanzte mit ihrem Gastgeber, dem Grafen de Matigny — verwitwet, Endsechziger, klein und mager, mitblassen, zarten Gesichtszugen. Der Wohltatigkeitsball, den der Graf alljahrlich fur das Kinderkrankenhaus veranstaltet, ist ein abgefeimter Schwindel, hatte Gunther Hartog zu Tracy gesagt. Zehn Prozent vom Erlos kriegt das Kinderkrankenhaus, der Rest flie?t in die Privatschatulle des noblen Herrn.

«Sie tanzen hervorragend, Herzogin«, sagte der Graf. Tracy lachelte.»Das liegt an meinem Tanzpartner.«»Wie kommt es, da? wir uns nie zuvorbegegnet sind?«»Ich habe die meiste Zeit in Sudamerika gelebt«, erklarte Tracy.»Am Ende der Welt — leider.«

«Warum denn das, um Himmels willen?«

«Mein Mannbesitzt einige Minen inBrasilien.«

«Aha. Und ist Ihr Mann heute abend hier?«

«Nein. Er mu?te inBrasilienbleiben und sich um die Geschafte kummern.«

«Pech fur ihn, Gluck fur mich. «Der Graf schlo? den Arm fester um Tracys Taille.»Wir werden, hoffe ich, gute Freunde werden. Ich freue mich schon darauf.«

«Ich mich auch«, hauchte Tracy.

Uber die Schulter des Grafen hinweg erblickte sie plotzlich Jeff Stevens. Er war sobraun, als sei er einer

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