ist.«
«Um so schlimmer fur sie. Wenn sie hier auf Mallorca eines verubt, wird sie entdecken mussen, wie schnell wir zuschlagen.«
Inspektor Trignant sagte:»Monsieur, auf eines sollte ich Sie vielleicht noch hinweisen.«
«Ja?«
«Sie werdenBesuchbekommen. Einen Amerikaner. Sein Name ist Daniel Cooper.«
Es schien den Kriminalbeamten, die Tracys Spuren folgten, da? sie lediglich Sehenswurdigkeiten abhakte, Strande und Stierkampfebesuchte und sich in diversen Restaurants das Essen schmecken lie?. Und sie war immer allein.
«Nichts, Commandante«, meldeten die Kriminalbeamten Ernesto Marze.»Sie istblo? als Touristin hier.«
Die Sekretarin des Polizeichefs kam insBuro.»Ein Amerikaner will Sie sprechen, Commandante. Senor Daniel Cooper.«
Marze hatte viele amerikanische Freunde. Er mochte die Amerikaner, und er hatte das Gefuhl, da? er auch diesen Daniel Cooper mogen wurde.
Aber da irrte er sich grundlich.
«Ihr seid Schwachkopfe. Alle miteinander«, fauchte Daniel Cooper.»Naturlich ist sie nichtblo? als Touristin hier. Sie fuhrt irgend etwas im Schild.«
Marze mu?te sich sehrbeherrschen, um nicht ausfallig zu werden.»Senor, Sie haben selbst gesagt, da? Senorita Whitneys Ziele immer spektakular sind und da? sie gern das Unmogliche versucht. Ich habe alles genau uberpruft, Senor Cooper. Es gibt nichts auf Mallorca, das fur Senorita Whitneys kriminelle Energie einenbesonderen Anreiz darstellen konnte.«
«Ist sie hier mit jemand zusammengetroffen? Hat sie mit jemand geredet?«
Oh, der uberhebliche Ton dieses Fieslings!» Nein.«
«Dann wird sie's noch tun«, knurrte Daniel Cooper.
Und Marze dachte: Jetzt wei? ich endlich, was das ist, der ha?liche Amerikaner.
Auf Mallorca gibt es etwa zweihundert Hohlen. Die
aufregendste ist die Cuevas del Drach, die» Drachenhohle«, in der Nahe von Porto Christo, eine Stunde von Palma entfernt. Sie reicht tief in den Fels hinab, bildet ungeheure Gewolbe mit Stalaktiten und Stalagmiten, in denen es totenstill istbis auf das Rauschen von unterirdischen Flussen mit grunem, blauem oder wei?em Wasser. Die Hohle ist ein Zauberland mit einer Architektur wie aus Elfenbein, eine scheinbar endlose Reihe von Labyrinthen, an einzelnen Punkten von Fackeln erhellt.
Niemand darf die Hohle ohne Fuhrerbetreten. Sie wird am Morgen fur das Publikum geoffnet und ist von diesem Moment an voll von Touristen.
Tracy wahlte einen Samstag fur ihrenBesuch in der Hohle. Da war der Andrang am gro?ten. Hunderte von Touristen aus aller Herren Lander stromten in die unterirdische Welt. Tracy kaufte eine Eintrittskarte und mischte sich unter die Menge. Daniel Cooper und zwei von Ernesto Marzes Leuten gingen ihr nach. Ein Fuhrer geleitete die Touristen schmale Steinpfade entlang, die schlupfrig waren vom Tropfwasser der Stalaktiten.
Es gabNischen am Weg, in die die Hohlenbesucher treten konnten, um die Kalziumgebilde zubetrachten, die an gro?e Vogel und seltsame Tiere undBaume erinnerten. Teiche von Dunkelheit saumten die schwach erleuchteten Pfade, und in einem von ihnen tauchte Tracy unter.
Daniel Cooper eilte voran, doch sie war nirgendwo zu sehen. Menschenmassen wimmelten die Stufen hinunter, und siebliebunauffindbar. Daniel Cooper hatte keine Ahnung, obsie vor ihm oder hinter ihm war. Irgendwas plant die hier, dachte er. Aber wie? Wo? Und was?
In einer Grotte am tiefsten Punkt der Hohle, dem Gro?en See gegenuber, befindet sich die Nachbildung eines Amphitheaters. Ein Halbrund von steinernenBanken steht fur das Publikumbereit, das kommt, um die Vorstellung zu sehen, die jede Stunde stattfindet. Die Hohlenbesucher nehmen ihre
Platze in der Dunkelheit ein und warten auf denBeginn der Darbietung.
Tracy stieg zur zehnten Reihe hinauf und gingbis zum zwanzigsten Sitz. Der Mann auf dem einundzwanzigsten Sitz wandte sich ihr zu.»Probleme?«
«Nein, keine, Gunther. «Tracy ku?te ihn auf die Wange.
Er sagte etwas, und sie mu?te sich zu ihmbeugen, damit sie ihn verstand in dem Stimmengewirr, das um sie war.
«Ich habe es fur dasBeste gehalten, da? wir nicht zusammen gesehen werden — konnte ja sein, da? Ihnen jemand folgt.«
Tracy schaute sich in der gro?en, vollen, dammrigen Hohle um.»Hier sind wir sicher wie in Abrahams Scho?. «Sieblickte Gunther neugierig an.»Es ist etwas Wichtiges, nehme ich an?«
«Durchaus. «Er tuschelte ihr ins Ohr.»Ein reicher Kunde von mir mochte ein ganzbestimmtes Gemalde haben. Es handelt sich um einen Goya mit dem Titel Puerto. Wer es fur ihnbesorgen kann, dem zahlt er eine halbe Million Dollar inbar.«
Tracy dachte nach.»Wer es fur ihnbesorgen kann… Hei?t das, da? es auch noch andere versuchen?«
«Offen gestanden: ja. Meiner Meinung nach sind die Erfolgschancen au?erstbegrenzt.«
«Wo ist dasBild?«
«Im Prado in Madrid.«
«Im Prado?«Tracy dachte nur eins, und das war: Unmoglich.
Gunther tuschelte ihr wieder ins Ohr.»Es wird viel Einfallsreichtum erfordern. Und darum habe ich an Sie gedacht, meine liebe Tracy.«
«Das schmeichelt mir sehr«, sagte Tracy.»Eine halbe Million Dollar?«
«Genau.«
Die Vorstellung begann. Die Zuschauer verstummten
plotzlich. Lichter fingen an zu gluhen, Musik erfullte die riesige Grotte. Die» Buhne «war der Gro?e See, und dort tauchte nun hinter Stalagmiten eine Gondel auf, die von verborgenen Scheinwerfern angestrahlt wurde. ImBoot sa? ein Organist. Er spielte eine Serenade, die ubers Wasser hallte. Das Publikumbeobachtete fasziniert, wie diebunten Lichter das Dunkel in einen Regenbogen verwandelten, und dasBoot fuhr langsam uber den See und verschwand, wahrend die Musik allmahlich verklang.
«Phantastisch«, sagte Gunther.»Das allein war die Reise wert.«
«Ich reise sehr, sehr gern«, sagte Tracy.»Und wissen Sie, welche Stadt ich immer schon kennenlernen wollte, Gunther? Madrid.«
Daniel Cooper stand am Eingang zur Hohle und sah, wie Tracy Whitney herauskam. Sie war allein.
28
Das Ritz an der Plaza de la Lealtad in Madrid gilt als dasbeste Hotel von Spanien. Es hat gekronte Haupter aus einem Dutzend europaischer Landerbeherbergt; Prasidenten, Diktatoren und Milliardare haben hier genachtigt. Tracy hatte schon soviel von diesem Hotel gehort, da? die Wirklichkeit eine Enttauschung war. Die Halle zumBeispiel sah richtig schabig aus.
Der Geschaftsfuhrer geleitete Tracy zu der Suite, die sie sich hatte reservieren lassen, eine Suite im Sudflugel des Hotels, der an der Calle Felipe V. lag.
«Ichbin sicher, da? Sie zufrieden sein werden, Mi? Whitney«, sagte der Geschaftsfuhrer.
Tracy trat ans Fenster undblickte nach drau?en. Unter ihr, auf der anderen Stra?enseite, befand sich der Prado.»Ja, ichbin zufrieden. Danke.«
Die Suite war laut, der ganze Krach der verkehrsreichen Stra?e drang herein, aber siebot das, was Tracy wollte: den Prado in der Vogelschau.
Tracybestellte ein leichtes Abendessen aufs Zimmer und legte sich fruh zuBett. Als sie in das alte Mobel stieg, kam sie zu dem Schlu?, da? es eine Tortur sein wurde, darin zu schlafen.
Um Mitternacht wurde der Kriminalbeamte in der Hotelhalle von einem Kollegen abgelost.»Sie hat ihr Zimmer nicht verlassen. Ich glaube, sie ist zuBett gegangen.«