hatte, gelinde gesagt, einen kleinen Dachschaden. Er glaubte im Ernst, da? die Whitney unter den Augen der spanischen Polizei etwas au?erst Wertvolles stehlen werde. Einfach lacherlich!
Jeff und Tracy speisten in denberuhmten Lokalen von Madrid, aber Jeff kannte auch Restaurants, die noch nicht von Touristen entdeckt waren.
Und da wie dort sa? Daniel Cooper in sicherem Abstand und war verwirrt. Jeff Stevens gabihm Ratsel auf. Wer war das? Tracys nachstes Opfer? Oder heckten diebeiden zusammen etwas aus?
Cooper wandte sich an Polizeichef Ramiro.»Was wissen Sie von Jeff Stevens?«fragte er.
«Nicht viel. Er hat keine Vorstrafen und ist hier nur als Tourist registriert. Ich nehme an, es handelt sich um eine Zufallsbekanntschaft der Dame.«
Coopers Gespur sagte ihm etwas anderes. Doch er hatte es nicht auf Jeff Stevens abgesehen. Tracy, dachte er. Dich will ich, Tracy.
Tracy und Jeff kehrten am Ende eines langen Abends ins Ritz zuruck. Jeffbegleitete Tracy zu ihrer Tur.»Genehmigen wir uns noch einen Schlummertrunkbei Ihnen«, schlug er vor.
Tracy war fast in Versuchung. Aber dann uberlegte sie es sich anders. Sie ku?te Jeff fluchtig auf die Wange und sagte:»Betrachten Sie mich als Ihre Schwester.«
«Wie stehen Sie zum Inzest?«
Doch Tracy hatte ihre Tur schon zugemacht.
Ein paar Minuten spater rief er sie von seinem Zimmer aus an.»Wollen Sie morgen mit mir nach Segovia fahren? Das ist eine wunderhubsche alte Stadt in der Nahe von Madrid.«
«Hort sich gut an. Vielen Dank fur den schonen Abend«, sagte Tracy.»Und gute Nacht, Jeff.«
Sie lag noch lange wach. Gedanken sturmten auf sie ein, die sie nicht denken wollte. Es war so lange her, da? sie sich fur einen Mann interessiert hatte. Charles hatte sie tief verletzt, und sie wollte nicht wieder verletzt werden. Jeff Stevens war ein amusanterBegleiter, aber weiter durfte sie es nicht kommen lassen. Es ware ein leichtes gewesen, sich in ihn zu verlieben. Und unsagbar toricht.
Eine Katastrophe.
Ein Riesenspa?.
Tracy hatte Schwierigkeiten einzuschlafen.
Der Ausflug nach Segovia war rundum gelungen. Jeff hatte ein kleines Auto gemietet, und sie fuhren aus der Stadt hinaus in die herrliche spanische Landschaft, gefolgt von Daniel Cooper und denbeiden Kriminalbeamten in einem Dienstwagen.
Tracy und Jeff trafen kurz vor zwolf in Segovia ein und a?en in einembezaubernden Restaurant an der gro?en Plaza, im Schatten des zweitausendjahrigen Aquadukts, den die Romer gebaut hatten. Danach wanderten sie durch die mittelalterliche Stadt, besuchten die Kathedrale und das Rathaus, und schlie?lich fuhren sie zum Alcazar hinauf. Die Aussicht war atemberaubend.
«Wenn wir hier lange genugblieben, wurden wir sicher Don Quixote und Sancho Pansa durch die Ebene reiten sehen«, sagte Jeff.
Tracyblickte ihn an.»Sie kampfen gern gegen Windmuhlen, nicht?«
«Kommt ganz darauf an, wie die Windmuhlen aussehen«, entgegnete er sanft und naherte sich Tracy ein wenig.
Sie trat vom Rand des Abhangs zuruck.»Erzahlen Sie mir mehr von Segovia.«
Und der Zauber war gebrochen.
Jeff spielte mitBegeisterung den Fremdenfuhrer, und er kannte sich auf vielen Gebieten aus, sei es Geschichte, Archaologie oder Architektur. Tracy mu?te sich immer wieder daran erinnern, da? er ein Gauner war. Trotzdem hatte sie seit Jahren keinen so angenehmen Tag mehr erlebt.
Einer der spanischen Kriminalbeamten, Jose Pereira, sagte ubellaunig zu Cooper:»Das einzige, was die stehlen, ist unsere Zeit. Sie sind verliebt, und damit hat sich's. Sehen Sie das denn nicht? Sind Sie wirklich sicher, da? die Frau ein Verbrechen plant?«
«Allerdings«, knurrte Cooper. Seine Reaktionen verblufften ihn selbst. Er wollte nur eins: Tracy Whitney fangen und strafen, wie sie es verdiente. Sie war nichts weiter als eine Kriminelle und Gegenstand eines Auftrags. Doch jedesmal, wenn ihrBegleiter siebeim Arm nahm, mu?te Cooper feststellen, da? er in Wut geriet.
Als Tracy und Jeff wieder in Madrid waren, sagte Jeff:»Wenn Sie nicht zu mude sind, konnten wir gemeinsam zu Abend essen — und danach wu?te ich noch etwas ganz Spezielles.«
«Wunderbar. «Tracy wollte nicht, da? der Tag endete. Ich werde ihn auskostenbis zuletzt. Heute mochte ich auch einmal wie all die anderen Frauen sein.
Sie a?en spat zu Abend, wie es ublich ist in Madrid.
Das» ganz Spezielle «erwies sich als wenig einnehmende, verraucherteBodega, voll von spanischen Arbeitern in Lederjacken, die an derBar und einem Dutzend Tischen dem Alkohol zusprachen. Am Ende des Raumesbefand sich eine kleineBuhne, wo zwei Manner auf Gitarren herumklimperten. Tracy und Jeff nahmen an einem kleinen Tisch in der Nahe derBuhne Platz.
«Na und?«fragte Tracy einbi?chen enttauscht.
«Warten Sie noch ein paar Minuten«, sagte Jeff.
Und nun entspann sich ein lebhaftes Gesprach.
An einem Tisch in der Nahe der Kuche sa? Daniel Cooper und uberlegte sich, woruber diebeiden so eifrig redeten.
Sie redeten uber Flamenco. Denn den gabes hier zu sehen.
DieBuhnenbeleuchtung ging an. Tanzer und Tanzerinnen stiegen aufs Podium, und eine von ihnen trat in die Mitte undbegann zu tanzen. Es fing langsam an, aber dann steigerten sich der Rhythmus der Gitarren und das Stampfen der Fu?e, und aus dem Tanz wurde eine sinnliche Urgewalt. Schneller, immer schneller, und das Publikum schrie Anfeuerungsrufe, ein letztes, machtiges Crescendo, und der Tanz endete ebenso abrupt wie die Musik. Einen Moment lang stand plotzlich Stille im Raum. Und dannbrach derBeifall los.
«Phantastisch!«rief Tracy.
«Es geht noch weiter«, sagte Jeff.
Eine zweite Frau trat in die Mitte derBuhne, eine dunkle kastilische Schonheit, die uber den Dingen zu stehen und das Publikum gar nicht wahrzunehmen schien. Die Gitarren spielten einenBolero. Ein Tanzer kam dazu. Die Kastagnettenbegannen zu klappern, Klatschen von Handen und Klacken von Schuhen, und die Korper der Tanzerin und des Tanzers entfernten sich voneinander und naherten sich wieder in einem Taumel der Sehnsucht, bis sie, ohne sich auch nur ein einziges mal zuberuhren, einen wilden Liebesakt tanzten, der in einem leidenschaftlichen Hohepunkt gipfelte. Das Publikum
schrie, und Tracy schrie mit. Betreten stellte sie fest, da? sie sexuell erregt war. Sie hatte Angst, Jeff in die Augen zu sehen. Die Luft zwischen ihnen knisterte vor Spannung. Tracyblickte auf den Tisch nieder, auf Jeffs kraftigebraune Hande, und sie fuhlte, wie diese Hande ihren Korper liebkosten, und sie legte rasch ihre eigenen Hande in den Scho?, um zu verbergen, da? sie zitterten.
Auf der Fahrt zum Hotel sprachen Tracy und Jeff kaum ein Wort miteinander. An der Tur zu ihrer Suite drehte sich Tracy um und sagte:»Es war ein wunderschoner…«
Jeffs Lippen waren auf ihren, und sie legte die Arme um ihn und zog ihn an sich.
«Tracy?«
Sie hatte das Ja schon auf der Zunge, und es kostete sie ihre letzte Willenskraft, stattdessen zu sagen:»Es war ein langer Tag, Jeff. Ichbin hundemude.«
«Oh.«
«Ich glaube, morgenbleibe ich den ganzen Tag auf meinem Zimmer und ruhe mich aus.«
Er antwortete gelassen:»Gute Idee. Wahrscheinlich mache ich das auch.«
Sie nahmen es sichbeide nicht ab.
29
Am nachsten Morgen um zehn stand Tracy in der Schlange vor dem Haupteingang des Prado. Als die Turen geoffnet wurden, kaufte sie eine Eintrittskarte und lie? sich mit der Menge treiben, die in die gro?e Rotunde