VON: Daniel Cooper
BETRIFFT: Tracy Whitney
Meiner Meinung nach halt sich dieBetreffende in Madrid auf,
um ein Kapitalverbrechen zubegehen. Ihr Ziel ist hochstwahrscheinlich der Prado. Die spanische Polizei ist unkooperativ, aber ich werde dieBetreffende personlich observieren und zu gegebener Zeit ihre Verhaftung in die Wege leiten.
Zwei Tage spater sa? Tracy um 9 Uhr morgens im Retiro, dem schonen Park in der Stadtmitte von Madrid, und futterte die Tauben.
Cesar Porretta, ein alterer, grauhaariger, etwasbuckliger Mann kam des Weges, und als erbei derBank war, nahm er neben Tracy Platz, offnete eine Tute und warf den VogelnBrosamen zu.»Buenos dias, Senorita.«
«Buenos dias. Sehen Sie irgendwelche Probleme?«»Nein, Senorita. Ichbrauche nur die Zeit und das Datum.«»Habe ich noch nicht«, sagte Tracy.»Bald. «Er lachelte.»Die Polizei wird durchdrehen. So etwas hat noch nie jemand versucht.«
«Darum wird es auch klappen«, erwiderte Tracy.»Sie horen von mir. «Sie schnippte den Tauben einen letzten Krumel zu, stand auf und ging davon. Ihr Seidenkleidbauschte sich aufreizend um ihre Knie.
Wahrend sich Tracy mit Cesar Porretta traf, durchsuchte Daniel Cooper ihre Suite. Er hatte von der Hotelhalle ausbeobachtet, wie sie das Ritz verlie? und auf den Park zusteuerte. Sie hatte nichtsbeim Zimmerservicebestellt, und Cooper war zu dem Schlu? gelangt, da? sie auswarts fruhstucken wollte. Er hatte sich drei?ig Minuten Zeit gegeben. In ihre Suite zu kommen, war einfach genug gewesen: Er mu?te lediglich dem Hotelpersonal ausweichen und ihre Tur mit einem Nachschlussel aufsperren. Er wu?te auch, was er suchte: die Kopie eines Gemaldes. Es war ihm schleierhaft, wie Tracy die Kopie gegen das Original austauschen wollte, aber er war sicher, da? sie eben dies vorhatte.
Er durchsuchte die Suite schnell, leise und grundlich. Er lie? nichts aus. Das Schlafzimmer hober sich fur zuletzt auf. Er schaute in den Kleiderschrank und dann in die Kommode. Er zog eine Schublade auf. Sie war voll von Hoschen undBHs und Strumpfhosen. Er griff sich ein rosa Hoschen, riebes an seiner Wange und stellte sich ihr su?es Fleisch vor. Ihr Duft war plotzlich uberall. Er legte das Hoschen wieder zuruck und durchstoberte hastig die anderen Schubladen. Keine Spur von einem Gemalde.
Cooper ging insBad. Die Wanne war mit Tropfenbeperlt. Sie hatte also gebadet. Wasser, warm wie ein Mutterleib. Cooper konnte es sich gut vorstellen. Tracy lag nackt in der Wanne, und das Wasser umspielte ihreBruste… Erbekam eine Erektion. Er nahm den feuchten Waschlappen vom Wannenrand und fuhrte ihn an seine Lippen. Er streichelte sich und starrte dabei in den Spiegel, in seine flammenden Augen.
Ein paar Minuten spater ging er so verstohlen, wie er gekommen war, undbegabsich auf dem kurzesten Weg zur nachsten Kirche.
Als Tracy am Morgen darauf das Ritz verlie?, folgte Daniel Cooper ihr nach. Esbestand nun eine Intimitat zwischen ihnen, die es vorher noch nicht gegeben hatte. Er wu?te, wie sie roch, er hatte sie imBad gesehen, er harte ihren nackten Korper im warmen Wasserbeobachtet. Jetzt gehorte sie ihm ganz; sie war ihm zur Vernichtung anheimgegeben. Er schaute zu, wie sie die Gran Via entlangschritt und das Angebot in den Auslagen der Geschafte prufte, und er folgte ihr in ein gro?es Kaufhaus, wobei er sorgfaltig darauf achtete, da? er au?er Sichtblieb. Sie redete mit einer Verkauferin und ging anschlie?end auf die Damentoilette. Cooper stand frustriert in der Nahe der Tur. Das war der einzige Ort, an den er ihr nicht folgen konnte.
Wenn er's gekonnt hatte, hatte er gesehen, wie Tracy mit einer ubergewichtigen Frau um die Funfzig sprach.
«Morgen vormittag«, sagte Tracy, als sie vor dem Spiegel frischen Lippenstift auflegte.»Morgen vormittag um elf.«
Die Frau schuttelte den Kopf.»Nein, Senorita. Das wird ihm gar nicht passen. Einen schlechteren Tag konnten Sie sich kaum aussuchen. Morgen kommt der Gro?herzog von Luxemburg zu einem Staatsbesuch, und es steht in der Zeitung, da? er den Pradobesichtigt. Es wird im Museum von Sicherheitsbeamten und Polizisten wimmeln.«
«Je mehr, destobesser. Also morgen vormittag.«
Tracy ging aus der Tur, und die Fraublickte ihr kopfschuttelnd nach.
Der Gro?herzog sollte um Punkt elf im Prado eintreffen, und die Stra?en in der Umgebung des Museums waren von der Guardia Civil abgesperrt worden. Weil sich dieBegru?ungszeremonie im Prasidentenpalast langer hinzog als geplant, traf der Konvoi jedoch erst kurz vor Mittag ein. Sirenen jaulten, Polizeimotorrader kamen in Sicht und eskortierten ein halbes Dutzend schwarzer Limousinen zur Freitreppe des Prado.
Am Haupteingang wartete der Direktor des Museums, Miguel Machada, nervos auf die Ankunft des Gro?herzogs.
Machada hatte am fruhen Morgen eine grundliche Inspektion vorgenommen, um sicherzugehen, da? alles in Ordnung war, und die Warter hatten Weisung erhalten, nochbesser aufzupassen als sonst. Der Direktor war stolz auf sein Museum, und er wollte einen guten Eindruck auf den Gro?herzog machen.
Es kann nie schaden, wenn man hochgestellte Freunde hat, dachte Machada. Wer wei?, vielleicht werde ich sogar zum Festbankett fur den Gro?herzog im Prasidentenpalast eingeladen.
Miguel Machadas einziger Kummer war, da? er die Touristenhorden nicht aussperren konnte, die sich durch das Museum walzten. Aber die Leibwachter des Gro?herzogs und die Sicherheitskrafte des Prado wurden schon dafur sorgen, da? das Staatsoberhaupt von Luxemburg vor allen Fahrnissen geschutzt war.
DieBesichtigungbegann im Obergescho?. Der Direktorbegru?te den Gro?herzog uberschwenglich und fuhrte ihn, gefolgt vonbewaffneten Wartern, durch die Rotunde in die Sale mit den spanischen Meistern des 16. Jahrhunderts.
Der Gro?herzog schritt langsam dahin und geno? das Augenfest, das sich vor ihm auftat. Er war ein Forderer der schonen Kunste und liebte die unsterblichen Maler. Er selbst hatte kein Talent in dieser Richtung, und sobewunderte er denn selbst die Kopisten, die vor ihren Staffeleien standen und versuchten, eine Spur vom Genie der Meister auf ihre Leinwande zubannen.
Als die Gesellschaft die oberen Sale durchwandert hatte, sagte Miguel Machada stolz:»Und nun, wenn Eure Hoheit gestatten, werde ich Sie ins Untergescho? zu unserer GoyaSammlung fuhren.«
Tracy hatte einen nervenzerfetzenden Vormittag verbracht. Als der Gro?herzog nicht, wie geplant, um Punkt elf im Prado eingetroffen war, war sie fast in Panik geraten. Sie hatte alle Vorkehrungen in die Wege geleitet und mit Sekundengenauigkeit aufeinander abgestimmt, doch damit es auch funktionierte, brauchte sie den Gro?herzog.
Sie ging von Saal zu Saal, mischte sich unter die Menge, bemuhte sich, keine Aufmerksamkeit zu erregen. Er kommt nicht, dachte sie schlie?lich. Ich mu? das Ganze abblasen. Und in diesem Moment hatte sie drau?en das Jaulen herannahender Sirenen gehort.
Daniel Cooper, der Tracy von einem Nebenraum ausbeobachtete, horte die Sirenen ebenfalls. Seine Vernunft sagte
ihm, da? es unmoglich war, einBild aus dem Prado zu stehlen, aber sein Gespur sagte ihm, da? Tracy es trotzdem versuchen wurde, und Cooper vertraute auf sein Gespur. Erbewegte sich naher an Tracy heran, achtete jedoch darauf, da? er inmitten derBesucher verborgenblieb. Er hatte die Absicht, Tracy nicht eine Sekunde aus den Augen zu lassen.
Sie hielt sich in dem Raum auf, der an den angrenzte, in dem der Puerto hing. Durch die offene Tur konnte sie denBuckligen, Cesar Porretta, vor seiner Staffelei sitzen sehen. Er kopierte dieBekleidete Maja, die sich direkt neben dem Puertobefand. Einen guten Meter davon entfernt war ein Warter postiert. Im selben Raum wie Tracy stand eine Malerin vor ihrer Staffelei und kopierte mit gluhendem Eifer einen anderen Goya.
Eine gro?e Gruppe von japanischen Touristen stromte in den Raum und zwitscherte wie ein Schwarm exotischer Vogel. Jetzt! dachte Tracy. Das war der Moment, auf den sie gewartet hatte, und ihr Herz klopfte so laut, da? sie furchtete, der Warter konnte es horen. Sie ging der Touristengruppe aus derBahn undbewegte sich ruckwarts auf die Malerin zu. Als ein Japaner sie streifte, stolperte Tracy nach hinten, als habe der Mann sie angerempelt, stie? mit der Kunstlerin zusammen und schickte sie samt Leinwand, Staffelei, Palette und Farben zuBoden.
«Oh, das tut mir furchtbar leid!«rief Tracy.»Warten Sie, ich helfe Ihnen.«
Wahrend sie der verwirrten Kunstlerin zur Hand ging, trat Tracy mit den spitzen Absatzen ihrer Schuhe kraftig auf die Farbtuben, die auch prompt aufplatzten. Daniel Cooper, der alles gesehen hatte, eilte naher. Er war