Jennifer sagte: »Adam wird ein wunderbarer Senator sein.« Mary Beth hob den Kopf und lachelte. »Meine Liebe, eines Tages wird er ein wunderbarer Prasident sein.«

Das Telefon klingelte, als Jennifer wieder in ihrem Appartement war. »Wie hast du dich mit Mary Beth verstanden?« fragte Adam.

»Adam, sie war phantastisch.« »Sie hat dasselbe uber dich gesagt.«

»Man liest dauernd uber den alten Sudstaatencharme, aber man begegnet ihm nicht oft. Mary Beth hat ihn. Sie ist eine richtige Dame.«

»Du auch, Liebling. Wo mochtest du gern heiraten?« Jennifer sagte: »Auf dem Times Square, was mich betrifft. Aber ich glaube, wir sollten noch warten, Adam.«

»Worauf warten?«

»Bis nach den Wahlen. Deine Karriere ist wichtig. Eine Scheidung konnte dir jetzt schaden.«

»Mein Privatleben ist...«

»...in Zukunft auch dein offentliches Leben. Wir durfen nichts tun, was deine Chancen verderben wurde. Wir konnen sechs Monate warten.«

»Ich will nicht warten.«

»Ich auch nicht, Liebling.« Jennifer lachelte. »Wir werden auch nur so tun, als ob wir warteten, nicht wahr?«

21

Jennifer und Adam a?en fast jeden Tag zusammen zu Mittag, und ein- oder zweimal verbrachte Adam die Nacht in ihrer Wohnung. Sie mu?ten vorsichtiger sein denn je, denn Adams Wahlkampagne hatte begonnen, und er war jetzt im ganzen Land bekannt. Er hielt Reden auf politischen Versammlungen, und seine Meinungen zu Fragen von nationalem Interesse wurden immer ofter in der Presse zitiert.

Adam und Stewart Needham nahmen ihren rituellen Morgentee zu sich. »Ich habe dich heute morgen im Fernsehen gesehen«, sagte Needham. »Gute Arbeit, Adam. Du hast in jedem Punkt uberzeugt. Ich verstehe, da? sie dich noch einmal eingeladen haben.«

»Stewart, ich hasse diese Shows. Ich fuhle mich da oben wie ein gottverdammter Schauspieler in einem Film.« Stewart nickte unbeeindruckt. »Das sind Politiker nun einmal, Adam -Schauspieler. Sie spielen eine Rolle und sind so, wie die Offentlichkeit sie haben will. Zum Teufel, wenn Politiker sich in der Offentlichkeit benahmen, wie sie wollten, dann ware dieses Land nichts weiter als eine verdammte Monarchie.«

»Ich mag die Tatsache nicht, da? die Kandidatur fur ein offentliches Amt zu einer Probeaufnahme degradiert worden ist.«

Stewart Needham lachelte. »Du solltest dankbar sein, da? du so gut wirkst, mein Junge. Deine Werte in den Umfragen steigen von Woche zu Woche.« Er hielt inne, um sich Tee nachzuschenken. »Glaub mir, das ist jetzt erst der Anfang. Erst der Senat, dann die Zielscheibe Nummer eins. Nichts kann dich aufhalten.« Er nahm einen Schluck Tee. »Es sei denn, du begehst eine Dummheit.« Adam sah auf. »Was meinst du?«

Stewart Needham tupfte sich die Lippen mit einem Damasttaschentuch ab. »Dein Gegenkandidat teilt mit Vorliebe Tiefschlage aus. Ich wette, da? er in diesem Augenblick dein Leben mit einer Lupe betrachtet. Er wird doch hoffentlich keine Munition finden, oder?«

»Nein.« Das Wort glitt Adam automatisch uber die Lippen. »Gut«, sagte Stewart Needham. »Wie geht es Mary Beth?«

Jennifer und Adam verbrachten ein geruhsames Wochenende in einem Landhaus in Vermont, das einer von Adams Freunden ihnen zur Verfugung gestellt hatte. Die Luft war trocken und frisch, sie lie? schon Vorahnungen auf den Winter aufkommen. Es war ein vollkommenes Wochenende, das sie am Tag mit langen Wanderungen, am Abend mit Spielen und Gesprachen vor dem Kaminfeuer verbrachten. Sie hatten alle Sonntagszeitungen sorgfaltig durchgelesen. Adam lag in allen Umfragen vorn. Mit wenigen Ausnahmen standen die Medien auf seiner Seite. Sie mochten seine Art, seinen Anstand, seine Intelligenz und seine Offenheit. Immer wieder verglichen sie ihn mit John F. Kennedy. Adam rekelte sich vor dem Kamin und beobachtete den Widerschein der Flammen auf Jennifers Gesicht. »Was wurdest du davon halten, die Frau des Prasidenten zu sein?«

»Tut mir leid. Ich bin schon in einen Senator verliebt.« »Warst du enttauscht, wenn ich nicht gewinne, Jennifer?« »Nein. Der einzige Grund, warum ich will, da? du gewinnst,

besteht darin, da? du gewinnen willst, Liebling.« »Wenn ich es schaffe, bedeutet das, da? wir in Washington

leben mussen.«

»Wenn wir zusammen sind, spielt nichts anderes eine Rolle.«

»Was ist mit deiner Kanzlei?«

Jennifer lachelte. »Soweit ich wei?, gibt es in Washington auch Anwalte.«

»Und wenn ich dich bitten wu rde, es aufzugeben?«

»Dann wurde ich es aufgeben.«

»Das will ich nicht. Dazu bist du zu gut in deinem Beruf.«

»Mir ist nur das Zusammensein mit dir wichtig. Ich liebe dich so sehr, Adam.«

Er streichelte ihr weiches, dunkelbraunes Haar und sagte:

»Ich liebe dich auch sehr.«

Sie gingen ins Bett und spater schliefen sie ein.

Sonntagnacht fuhren sie nach New York zuruck. Sie holten Jennifers Wagen in der Garage, wo sie ihn untergestellt hatte, und Adam fuhr nach Hause. Jennifer ging wieder in ihre Wohnung.

Jennifers Tage waren unglaublich ausgefullt. Wenn sie sich vorher schon fur beschaftigt gehalten hatte, so wurde sie jetzt regelrecht belagert. Sie vertrat internationale Konzerne, die dabei erwischt worden waren, als sie sich ein paar Gesetze zurechtbogen, Senatoren, die ihre Finger in die Parteikasse gesteckt hatten, Filmschauspieler, die in Schwierigkeiten geraten waren. Sie vertrat Bankprasidenten und Bankrauber, Politiker und Gewerkschaftsfuhrer.

Das Geld stromte nur so herein, aber das war Jennifer nicht wichtig. Sie verteilte gro?zugige Pramien an ihre Mitarbeiter und machte verschwenderische Geschenke.

Die Firmen, die gegen Jennifer antraten, waren langst davon abgekommen, die zweite Garde ihrer Anwalte ins Gefecht zu schicken, so da? Jennifer sich oft mi t den gro?ten juristischen Talenten der Welt zu messen hatte.

Sie wurde in das Kollegium amerikanischer Proze?anwalte aufgenommen, und sogar Ken Bailey war beeindruckt. »Herrgott«, sagte er, »wei?t du, da? es nur ein Prozent der Anwalte dieses Landes jemals bei denen zur Mitgliedschaft bringt?«

»Ich bin ihre Renommierfrau«, lachte Jennifer.

Wenn sie einen Angeklagten in Manhattan verteidigte, konnte sie sicher sein, da? Robert Di Silva entweder selber die Anklage vertrat oder zumindest die Strategie seiner Assistenten uberwachte. Sein Ha? auf sie war mit jedem ihrer Siege gewachsen.

Wahrend eines Prozesses, in dem Jennifer dem Staatsanwalt gegenuberstand, hatte Di Silva ein Dutzend der besten Experten als Zeugen der Anklage aufgefahren. Jennifer hatte auf Sachverstandige verzichtet. Sie sagte zu den Geschworenen: »Wenn wir ein Raumschiff bauen oder die Entfernung zu einem Stern berechnen wollen, dann brauchen wir Experten. Aber wenn wir etwas wirklich Wichtiges erledigen mussen, dann rufen wir zwolf normale Menschen zusammen. Wenn ich mich richtig erinnere, hat der Begrunder des Christentums nichts anderes getan.« Jennifer gewann den Fall.

Eine von Jennifers erfolgreichsten Techniken bestand darin, den Geschworenen zu sagen: »Ich wei?, da? die Worte Gesetz und Gerichtssaal etwas einschuchternd und weit entfernt von Ihrem taglichen Leben klingen, aber wenn Sie aufhoren, daruber nachzudenken, stellen Sie fest, da? wir hier nichts anderes tun, als uns mit dem Recht und Unrecht zu beschaftigen, das menschlichen Wesen wie uns allen angetan wurde. Vergessen wir, da? wir in einem Gerichtssaal sind, meine Freunde. Stellen wir uns vor, wir sa?en in meinem Wohnzimmer und sprachen daruber, was diesem Angeklagten, unserem Mitmenschen, passiert ist.«

Und in ihrer Einbildung sa?en die Geschworenen in Jennifers Wohnzimmer wie verzaubert von ihrer

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