verfeinerten Lebensgenu? oder fur Vergnugungen zu gonnen, kurz, sie lebten dann gewi? ganz wie fruher, nur ihrer Liebe fur Dollarstucke hingegeben, verzehrt von der
Wahrlich, wenn das Schicksal dieses widerwartige Ehepaar begunstigte, mu?te es ganz besondere Grunde dazu haben – welche, das ware wohl schwer zu errathen gewesen. Und dann geschah das zum Nachtheile der andern Partner, die – selbst ohne Tom Crabbe oder den Commodore Urrican auszuschlie?en – jedenfalls der Schatze William I. Hypperbone’s wurdiger waren und davon gewi? einen besseren Gebrauch machen wurden.
Jetzt befinden sich die beiden, unter dem Namen Field verborgen, also am nordostlichen Ende des Bundesgebiets in der kleinen Stadt Calais. Sie langweilen sich in ihrer Ungeduld und sehen nur theilnahmslos zu, wie die Fischerfahrzeuge mit jeder Ebbe hinausziehen und, mit ihrer Beute an Makreelen, Haringen und Salmen beladen, mit der Fluth zuruckkehren. Dann schlie?en sie sich wieder in ihrem Zimmer der Sandy Bar ein und zittern bei dem Gedanken, da? ihr Geheimni? durchschaut, ihr wahrer Name bekannt werden konnte.
Calais liegt ja nicht so tief im Innern von Maine verloren, da? die Geruchte von dem beruhmten Match seinen Bewohnern nicht hatten zu Ohren kommen konnen. Sie wu?ten recht gut, da? ihr Neuenglandstaat dabei als das zweite Feld des Spieles galt, und der Telegraph hatte ihnen mitgetheilt, da? der zweite Ausfall des Wurfelns – eins und eins – den Partner Hermann Titbury zwang, sich in ihrer Stadt aufzuhalten.
So verstrichen der 9., 10., 11. und 12. Mai unter schlimmster Langeweile in der wenig Zerstreuung bietenden Stadt. Auch Max Real wurde es hier nicht besser ergangen sein. Wenn man nur langs der mit Holzbauten besetzten Stra?en hingehen oder auf den verkehrsarmen Quais umherspazieren konnte, verging die Zeit unendlich langsam. Da nun die Depesche, die die nachste Reise vorschreiben sollte, erst am 19. zu erwarten war, mu?te sich einer mit unendlicher Geduld rusten, um die noch ubrigen sieben langen Tage auszuhalten.
Und doch bot sich dem Titbury’schen Ehepaar hier die verlockendste Gelegenheit zu einem Abstecher ins Ausland, da sie dazu nur den Saint-Croixstrom, dessen linkes Ufer zur Dominion of Canada gehorte, zu uberschreiten brauchten.
Hermann Titbury war auch ein solcher Gedanke gekommen und am Morgen des 13. machte er sogar einen dahin zielenden Vorschlag.
»Nein, zum Kuckuck mit diesem Hypperbone! rief er argerlich, warum mu?te er auch grade die unangenehmste Stadt von Maine wahlen, um dahin die Partner zu verbannen, die das Ungluck haben, zu Anfang der Partie die Nummer zwei zu bekommen!
– Vorsichtig, Hermann! ermahnte ihn Kate Titbury mit leiser Stimme. Wenn Dich nun jemand horte… Da das Geschick uns einmal nach Calais verschlagen hat, werden wir wohl oder ubel in Calais so lange wie nothig aushalten…
– Ist es uns denn nicht einmal erlaubt, die Stadt zeitweise zu verlassen?
– Gewi?… doch mit der Einschrankung, nie uber das Bundesgebiet hinauszugehen.
– So ist es uns also schon verboten, das andre Flu?ufer zu besuchen?
– Unbedingt verboten, Hermann. Das Testament schreibt ausdrucklich vor, da? die Partner innerhalb der Grenzen der Vereinigten Staaten zu bleiben haben.
– Und wenn’s geschahe, wer wu?te es wohl? warf Mr. Titbury ein.
– Ich begreife Dich nicht, Hermann! erwiderte die Matrone mit schon lauterer Stimme. Bist Du es wirklich, den ich sprechen hore?… Ich erkenne Dich gar nicht mehr!… Und wenn man nun spater erfuhre, da? wir die Grenze uberschritten hatten?… Oder wenn irgend ein Unfall uns jenseits derselben zuruckhielte?.. Wenn wir zur entscheidenden Zeit – am 19. – nicht wieder hier waren?… Doch gleichgiltig… ich will es nicht!«
»Wissen Sie denn, mit wem Sie es zu thun haben?…« (S. 133.)
Die herrschsuchtige Mrs. Titbury hatte offenbar recht, es nicht zu wollen. Wei? einer denn vorher, was sich in der nachsten Zeit ereignen mag?…
Nehme man einmal an, es erfolge ein Erdbeben… Neubraunschweig loste sich vom Festlande… dieser Theil Amerikas erlitte eine Lagenveranderung… zwischen den beiden Landern entstande ein gahnender Abgrund… wie hatte einer dann am bestimmten Tage im Telegraphenamte nachfragen konnen, und liefe er nicht Gefahr, von dem Match ausgeschlossen zu werden?…
»Nein, den Strom konnen und durfen wir nicht uberschreiten, erklarte Mrs. Titbury mit gro?ter Bestimmtheit.
– Ja, Du hast recht, das konnen wir nicht, lenkte Herr Titbury ein, und ich wei? jetzt gar nicht, wie ich auf einen solchen Gedanken gekommen bin. Wahrhaftig. seit der Abreise von Chicago bin ich gar nicht mehr ich selbst!… Diese verwunschte Fahrt hat mich zu stark angegriffen. Wir, die wir bis jetzt aus unserem Hause in der Robey Street kaum um eine Nasenlange herausgeguckt haben… wir unternehmen plotzlich – und in unseren Jahren! – so weite Reisen! Nein, war’ es nicht vielleicht vernunftiger gewesen, zu Hause zu bleiben und die ganze Geschichte abzuschlagen?
– O, sechzig Millionen Dollars sind es schon werth, einmal die gewohnte Bequemlichkeit zu opfern! erklarte Frau Titbury. Du wiederholst Dich etwas zu oft, Hermann!«
Jedenfalls wurde Saint-Stephen, der Stadt der Dominion, die am entgegengesetzten Ufer des Saint-Croix liegt, die Ehre, das Titbury’sche Ehepaar zu empfangen, vorlaufig nicht zu theil.
Man sollte nun meinen, da? so vorsichtige, so uberaus kluge Leute, die weit mehr Garantien boten, als die anderen Partner, gegen jeden unangenehmen Zwischenfall geschutzt waren, da? sie sich nie bei einem Fehltritt ertappen lie?en und da? ihnen nichts widerfahren konnte, was ihre Aussichten auf Erfolg trubte. Der Zufall liebt es freilich, grade mit den Vorsichtigsten zu scherzen, ihnen Fallen zu stellen, denen sie mit all ihrer Weisheit nicht entgehen, und es ist deshalb nur vernunftig, immer mit ihm zu rechnen.
Am Morgen des 14. fiel es nun Herrn und Frau Titbury ein, noch einen kleinen Ausflug zu unternehmen. Naturlich sollte sich dieser nicht weit, hochstens bis zwei oder drei Meilen von Calais ausdehnen. Nebenbei bemerkt, hat diese Stadt ihren franzosischen Namen bekommen, weil sie in den Vereinigten Staaten am au?ersten Ende ganz ebenso liegt wie ihre Namensschwester in Frankreich; der Staat Maine aber wurde so von den ersten Ansiedlern benannt, die sich daselbst unter der Regierung Karls I. von England niederlie?en.
Das Wetter war gewitterhaft; vom Horizonte stiegen schwere Wolken herauf und die Warme drohte druckend zu werden. Ein schlecht gewahlter Tag fur einen Ausflug, der zu Fu?, langs des rechten Saint-Croixufers hin, unternommen werden sollte.
Gegen neun Uhr verlie?en Herr und Frau Titbury ihren Gasthof, wandten sich dem Strome zu und spazierten dann au?erhalb der Stadt im Schatten von Baumen hin, zwischen deren Aesten Tausende von Eichhornchen hin und her sprangen.
Schon vorher hatten sie sich bei dem Gastwirth daruber unterrichtet, da? in der Umgebung keine wilden Thiere umherschweiften. Hier gab es weder Wolfe noch Baren – hochstens einige Fuchse. Man konnte sich also sorglos in diese Walder wagen, die fruher fast den ganzen Staat Maine als ein grunes Nadelmeer bedeckten.
Selbstverstandlich beschaftigten sich Herr und Frau Titbury nicht im mindesten mit den wechselnden Landschaftsbildern, die sich vor ihnen aufrollten. Sie sprachen nur von ihren Mitbewerbern, von denen, die schon vor ihnen unterwegs waren, wie von denen, die erst nach ihnen aufbrechen sollten; sie fragten sich, wo Max Real und Tom Crabbe heute sein mochten und wie es mit dem X. K. Z. stande, der ihnen am meisten Unruhe einflo?te.
Als nach zweiundeinhalbstundigem Marsche die Mittagszeit herankam, dachten sie nach dem Gasthof der Sandy Bar zuruckzukehren, um ein zweites Fruhstuck zu genie?en. Da sie bei der druckenden Hitze aber recht durstig geworden waren, kehrten sie in einer Gastwirthschaft ein, die sich am Stromufer kaum eine halbe Meile von der Stadt entfernt erhob.
Im Zimmer der Schanke fanden sie mehrere Tische mit Leuten besetzt, die schaumende Bierkruge vor sich stehen hatten.
Herr und Frau Titbury nahmen seitwarts von jenen Platz und uberlegten zunachst, was sie sich bringen lassen sollten. Porter oder Ale schien ihnen nicht zu passen.
»Ich furchte, diese Getranke konnten zu kalt sein, meinte Frau Titbury Wir sind in Schwei? gebadet, und da lauft man Gefahr…