Eine Zeitlang schwieg der Baron und zog sich widerspenstig am Bart.
»Also wie?« sagte er schlie?lich. »Seltsame Fragen stellen Sie. Na, wir sitzen einfach da, plaudern ein wenig …«
»In der
»Mein Pferd!« sagte Rumata und ging ins Herrenzimmer, um seinen Sender zu holen.
Einige Minuten spater ritten sie Seite an Seite in einem engen Ga?chen dahin, eingehullt von undurchdringlicher Dunkelheit. Der Baron hatte seine gute Laune wiedergefunden und erzahlte mit lauter Stimme davon, was sie vorgestern fur einen Rieseneber erlegt hatten, dann uber die erstaunlichen Eigenschaften des jungen Barons und von dem Wunder im Kloster des heiligen Tukky, wo der Abt einen sechsfingrigen Knaben aus seiner Hufte gebar … Dabei verga? er auch seine Spa?e nicht. Von Zeit zu Zeit heulte er wie ein Wolf, sang Wiegenlieder und klopfte mit dem Peitschenstiel gegen geschlossene Fensterladen.
Als sie bei der
»Allein …! Es ist schrecklich, daran zu denken, die ganze Nacht vor mir, und allein! Und auch sie ist dort allein …!«
»Seien Sie nicht so traurig, mein Freund«, sagte Rumata. »Bei ihr ist doch der junge Baron, und bei Ihnen bin ich.«
»Das ist ganz was anderes«, sagte der Baron. »Sie haben ja keine Ahnung, mein Freund. Sie sind viel zu jung und leichtsinnig … Ihnen macht es, mir scheint, sogar Vergnugen, diese Schlampen da anzuschauen …«
»Und warum nicht«, entgegnete Rumata und betrachtete den Baron neugierig. »Fur mich sind das recht passable Madchen.« Der Baron wackelte mit dem Kopf und lachte sarkastisch. »Da, die dort druben steht«, sagte er laut, »die hat einen Hangehintern. Und die, die sich jetzt kratzt, die hat uberhaupt keinen … Kuhe sind das, mein Freund, im besten Fall sind das Kuhe … Denken Sie doch an die Baronin! Was fur Hande, welche Grazie …! Was fur ein Korper, mein Lieber …!«
»Ja«, sagte Rumata zustimmend. »Die Baronin ist schon. – Gehen wir weg von hier.«
»Wohin?« fragte der Baron gedruckt. »Und wozu?« In sein Gesicht kam plotzlich Entschlossenheit. »Nein, mein Freund, ich gehe nicht weg von hier. Nirgendwohin, aber Sie konnen tun, was Ihnen beliebt.« Er stieg vom Pferd. »Obwohl es fur mich eine Beleidigung ware, wenn Sie mich hier allein lie?en.«
»Aber ich bleibe naturlich bei Ihnen«, sagte Rumata. »Aber …«
»Kein aber«, sagte der Baron.
Sie warfen die Zugel einem herbeieilenden Diener zu und stolzierten an den Madchen vorbei in das Gastzimmer. Die Luft war zum Schneiden dick. Das schwache Licht der Olfunzeln durchdrang kaum den dichten Nebel von verschiedenen Ausdunstungen, es war wie in einem gro?en und sehr schmutzigen Schwitzbad. Schwei?uberstromte Soldaten in aufgeknopften Uniformen, umherziehendes Seemannsvolk in bunten Kaftanen uber den nackten Leibern, Frauen mit kaum bedeckter Brust, graue Sturmowiki mit den Kampfbeilen zwischen den Knien und einige heruntergekommene Handwerker a?en und tranken an langen Tischen aus rohem Holz, fluchten, lachten, weinten, ku?ten und brullten unanstandige Lieder. Auf der linken Seite konnte man im Nebel den Schanktisch erahnen, wo der Wirt auf einem Podest inmitten gigantischer Fasser thronte und von wo er einen Schwarm geschickter und betrugerische Diener dirigierte. Rechts leuchtete grell ein gro?es Rechteck durch den Nebel, der Eingang in das »gute Zimmer« – den Raum fur edle Dons, ehrbare Kaufleute und die Grauen Offiziere.
»Warum sollten wir schlie?lich nicht einen hinter die Binde gie?en?« fragte Baron Pampa gereizt, fa?te Rumata am Armel und strebte in einem engen Durchgang zwischen den Tischen der Theke zu, wobei er den sitzenden Gasten mit seinem leicht abstehenden Gurtelpanzer den Rucken zerkratzte. An der Theke nahm er dem Wirt einen riesigen Krug aus der Hand, lie? ihn bis oben fullen, leerte ihn schweigend auf einen Zug bis zur Neige und erklarte dann, da? jetzt alles hin sei und nur mehr eines uberbleibe – sich gehorig zu amusieren. Dann wandte er sich an den Wirt und erkundigte sich lautstark, ob es in diesem Unternehmen einen Platz gabe, wo edle Leute wohlanstandig und bescheiden ihre Zeit verbringen konnten, ohne von jeglichem Geschmei?, Gesindel und Auswurf behelligt zu werden. Der Wirt versicherte ihm, da? in ebendiesem Unternehmen ein solcher Platz existiere. »Ausgezeichnet!« sagte der Baron majestatisch und warf dem Wirt einige Goldstucke hin. »Bring Er mir und diesem Don hier das Beste, was Er nur hat. Soll uns aber nicht irgendein abgeschlecktes Kokottchen, sondern eine ehrenhafte altere Frau bedienen!« Der Wirt selbst begleitete die edlen Dons in das Extrazimmer. Hier waren wenig Leute. In der Ecke unterhielt sich eine Gruppe dusterer Grauer Offiziere, vier Leutnants in engen Uniformen und zwei Hauptmanner in kurzen Soldatenmanteln mit den Epauletten des Sicherheitsministeriums auf der Schulter. Am Fenster dosten bei einem dunnhalsigen Weinkrug zwei Aristokraten dahin: Ihre Gesichter waren ganz sauer von der allgemeinen Niedergeschlagenheit. Am Nebentisch sa? ein Hauflein verarmter Dons in zerknautschten Jacken und gestopften Uberwurfen. Sie tranken in kleinen
