solche Streiche ware jeder andere Minister im Turm der Frohlichkeit an den Fu?en aufgehangt worden, Don Reba aber gelang es immer, irgendwie an der Macht zu bleiben. Er verfugte, die Ministerien fur Bildung und Moral aufzulassen, grundete das Sicherheitsministerium – »zum Schutze der Krone«, wie es hie? –, entfernte die einheimische Aristokratie und einige Gelehrte aus den Schlusselstellen, stie? schlie?lich die gesamte Volkswirtschaft vollig um, schrieb einen Traktat uber das Rindviehhafte Wesen der Landwirtschaft und organisierte vor einem Jahr eine »Leibgarde«, die Grauen Rotten. Hinter Hitler hat das Kapital gestanden, dachte Rumata, hinter Don Reba aber steht niemand, und es ist klar, da? ihn die Sturmowiki eines Tages totschlagen werden wie eine Fliege. – Aber er drehte und wendete sich weiter, beging eine Dummheit nach der andern, befreite sich wieder aus dem Netz, das ihn zu erdrucken drohte, betrog sich taglich selbst und war nur von dem einen wahnwitzigen Wunsch beherrscht: Alle Kultur zu vernichten. Wie Waga Koleso hatte er keine Vergangenheit. Vor zwei Jahren noch hatte jeder aristokratische Hofparasit mit Verachtung von ihm als einem »nichtswurdigen Gauner, der den Konig betrugt«, gesprochen. Dafur aber konnte man jetzt jeden beliebigen Edlen befragen, und jeder wurde sich als Verwandter des Sicherheitsministers mutterlicherseits bezeichnen.

Jetzt scheint er gerade Budach zu benotigen. Und schon wieder eine Ungeschicklichkeit. Wieder eine grobe Finte. Budach ist ein Bucherwurm. Ins Loch mit Budach. Mit Geschrei und Aufwand, damit es alle wissen. Aber es gibt kein Geschrei und kein Aufsehen. Also braucht er Budach lebend? Wozu? Reba wird doch nicht so dumm und einfaltig sein zu hoffen, da? er Budach zwingen konnte, fur ihn zu arbeiten? Vielleicht ist er aber doch so dumm? Vielleicht ist Don Reba blo? ein dummer und erfolgreicher Intrigant, der selber nicht wei?, was er will, und der vor aller Augen mit pfiffigem Gesicht den Dummen mimt? Es ist zum Lachen, drei Jahre lang beobachte ich ihn schon und bin noch immer nicht klug aus ihm geworden. Ubrigens, wenn er mich beobachtete, wurde es ihm genauso gehen. Aber es ist ja alles moglich, das ist das Lustige daran. Die Basistheorie konkretisiert ja nur die grundsatzlichen Aspekte der psychologischen Zielgerichtetheit; in Wirklichkeit aber gibt es von diesen Aspekten so viele, wie Menschen auf der Erde leben, und an die Macht kommen kann ein x-beliebiger! Zum Beispiel ein Kerl, der sein ganzes Leben damit zubrachte, seinen Nachbarn eins auszuwischen: Er spuckte in fremde Suppentopfe und warf zersto?enes Glas in fremdes Heu. Man fegt ihn naturlich vom Thron, aber er findet inzwischen Zeit genug, seine Verachtung fur die ganze Menschheit deutlich zum Ausdruck zu bringen, Schaden anzurichten, wo es nur moglich ist, und hat seine Freude daran. Und es kummert ihn auch kein bi?chen, da? in der Geschichte kein Hahn nach ihm krahen wird, und es beruhrt ihn ebensowenig, da? seine fernen Nachkommen sich den Kopf daruber zerbrechen werden, wie sein Gehaben in der weiterentwickelten Theorie der historischen Gesetzma?igkeiten unterzubringen sei. Da fiel Rumata plotzlich Dona Okana ein. Also entschlie? dich, dachte er. Fang gleich damit an. Wenn sich ein Gott entschlie?t, reinen Tisch zu machen, so soll er einmal nicht darauf achten, da? er saubere Finger habe … Bei dem Gedanken, was ihm bevorstand, fuhlte er Ubelkeit aufsteigen. Aber das war besser als toten. Lieber Dreck als Blut. Auf Zehenspitzen, um Kyra nicht zu wecken, ging er ins Herrenzimmer und kleidete sich um. Er wendete eine Zeitlang den Reif mit dem Sender in den Handen hin und her, legte ihn dann aber entschieden in die Tischlade. Dann steckte er sich eine wei?e Feder hinters rechte Ohr, das Symbol leidenschaftlicher Liebe, gurtete die beiden Schwerter um und warf sich seinen besten Mantel uber. Als er unten war und das Tor entriegelte, dachte er: Wenn Don Reba davon erfahrt, ist es das Ende von Dona Okana. Aber zum Umkehren war es schon zu spat.

4

Die Gaste waren versammelt, Dona Okana aber war noch nicht erschienen. Um ein goldenes Imbi?tischchen scharten sich wie auf einem Wandgobelin die Haupter der koniglichen Garde, die wegen ihrer Duelle und Liebesabenteuer beruhmt waren. Beim Trinken beugten sie sich grazios vor und streckten ihre dicken Hintern von sich. Neben dem Kamin kicherten dunnblutige Damen, die sich durch uberhaupt nichts auszeichneten und die daher Dona Okana als Vertraute beigegeben waren. Sie sa?en in einer Reihe auf kleinen, niedrigen Chaiselongues, und vor ihnen bewegten sich drei betagte Herren auf dunnen, unaufhorlich tanzelnden Beinen, beruchtigte Salonlowen aus der Regierungszeit des vorigen Konigs, die letzten Kenner langst vergessener Hofanekdoten. Alle wu?ten, da? ohne diese alten Herrn ein Salon kein Salon war. In der Mitte des Saales stand, die Stiefel breit gespreizt, Don Ripat, Leutnant der Grauen Galanterierotte – und ein kluger und verla?licher Agent Rumatas. Er hatte einen prachtigen Schnurrbart und war vollig ohne Moral. Seine gro?en roten Hande in den Ledergurtel gesteckt, horte er Don Tameo zu, der vollig konfus und umstandlich ein Projekt zur Belebung des Handels auf Kosten der Bauern vorzutragen versuchte, und von Zeit zu Zeit richtete er seinen Schnurrbart auf Don Sera, der von Wand zu Wand tappte und offenbar eine Tur suchte. In einer Ecke sa?en, wachsame Blicke werfend, zwei beruhmte Portratmaler und verschlangen einen Braten von der Gro?e eines mittleren Krokodils, und neben ihnen in der Fensternische sa? eine altere Frau in Schwarz – die Anstandsdame, die Don Reba Dona Okana beigegeben hatte. Mit unbeweglicher Miene blickte sie streng vor sich hin, nur manchmal fuhr sie unerwartet mit dem ganzen Korper nach vorn. Ein wenig abseits von den ubrigen unterhielten sich eine Person koniglichen Blutes und der soanische Botschaftssekretar beim Kartenspiel. Die konigliche Person mogelte, und der Sekretar lachelte geduldig dazu. Im Salon war er der einzige Mensch, der sich mit etwas Ernsthaftem beschaftigte: Er sammelte Material fur die laufende Bespitzelung durch die Diplomaten.

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