bekommen?« Uno hielt ein.

»Aber Sie haben doch einen Gast«, sagte er endlich mit fest entschlossener Stimme. »Siehst du, wie er ist!« sagte Rumata.

»Er ist ein guter Kerl«, sagte Kyra ernst. »Er hat dich gern. Nehmen wir ihn doch mit.«

»Wir werden sehen«, sagte Rumata.

Der Knabe runzelte argwohnisch die Stirn und sagte: »Wohin soll das gehen? Ich fahr nicht weg von hier.«

»Wir gehen dorthin, wo alle Menschen so sind wie Rumata.« Der Knabe uberlegte kurz und sagte dann verachtlich: »Ins Paradies, wie, fur die Edlen …?«

Dann prustete er wie ein nasses Pferd und machte sich schlurfend auf seinen zerschlissenen Pantoffeln aus dem Herrenzimmer davon. Kyra schaute ihm nach.

»Ein prachtiger Junge«, sagte sie. »Murrisch wie ein kleiner Bar. Aber ein guter Freund fur dich.«

»Alle meine Freunde sind gute Menschen.«

»Und Baron Pampa?«

»Woher kennst du ihn?« wunderte sich Rumata. »Du erzahlst doch von niemand anderem. Ich hore von dir immer nur: Baron Pampa, Baron Pampa.«

»Baron Pampa ist ein wertvoller Genosse.«

»Was soll denn das: Der Baron – ein Genosse

»Ich wollte sagen, ein guter Mensch. Sehr gutmutig und frohlich. Und er liebt seine Frau uber alles.«

»Ich mochte ihn kennenlernen … Oder hast du Bedenken wegen mir?«

»N-n-ein. Ich hab keine Bedenken. Aber wenn er auch ein guter Mensch ist, so bleibt er doch ein Baron.«

»Aber …«, sagte sie. Rumata schob den Teller von sich.

»Jetzt sag mir, warum du geweint hast. Und warum du allein hergelaufen bist. Oder lauft man in solchen Zeiten allein auf der Stra?e herum?«

»Ich konnte es nicht mehr ertragen zu Hause. Ich gehe auch nicht mehr zuruck. Wenn du willst, werde ich bei dir als Dienstmadchen arbeiten. Umsonst.«

Rumata fuhlte beim Lacheln deutlich einen Klumpen in der Kehle. »Der Vater schreibt jeden Tag Denunziationen um«, fuhr sie mit leiser Verzweiflung in der Stimme fort, »und die Papiere, von denen er abschreibt, sind voll Blut. Man gibt sie ihm im Turm der Frohlichkeit. Ach, warum hast du mich blo? lesen gelehrt?! Jeden Abend, jeden Abend … Er schreibt die Aufzeichnungen von den Verhoren um – und trinkt … So schrecklich, so schrecklich …! Schau her, sagt er, Kyra. Unser Nachbar, der Kalligraph, lehrte die Leute lesen und schreiben. Was glaubst du, wer er in Wirklichkeit ist? In der Folterkammer gestand er: ein Zauberer und irukanischer Spion. – Und wem, sagt er, wem soll man jetzt glauben? Ich, sagt er, ich hab doch selber bei ihm schreiben gelernt. Und der Bruder kommt von der Patrouille – mit einem Bierrausch, an seinen Handen eingetrocknetes Blut … Alle, sagt er, alle rotten wir aus, bis in die zwolfte Generation … Den Vater belastigt er in einem fort und fragt ihn, warum er lesen und schreiben kann … Zusammen mit Freunden, wie er sagt, zerrte er heute einen Mann ins Haus … Geschlagen haben sie ihn, da? sie alle mit Blut bespritzt waren. Er hat dann zu schreien aufgehort. – Ich kann so nicht mehr weiter, ich gehe nicht mehr zuruck, lieber schlag mich tot …« Rumata stand neben ihr, und seine Hand glitt leicht uber ihr Haar. Ihre glanzenden trockenen Augen waren auf einen Punkt gerichtet. Was konnte er ihr sagen? Er nahm sie in die Arme, trug sie auf den Diwan, setzte sich neben sie und begann zu erzahlen. Er erzahlte von kristallenen Tempeln, von heiteren Garten, die sich uber viele Meilen dahinzogen – dort gab es keinen Unrat, Muckenschwarme oder Schmutz. Er erzahlte vom Tisch, der sich selber deckt, und vom fliegenden Teppich, von der bezaubernden Stadt Leningrad, von seinen Freunden – stolzen, frohen und guten Menschen, und von einem wundervollen Land hinter den Meeren, hinter den sieben Bergen, das man »Erde« nennt … Sie horte ruhig und aufmerksam zu und druckte sich nur enger an ihn, als unter den Fenstern auf der Stra?e – grrrumm, grrrumm, grrrumm – der harte Klang von beschlagenen Stiefeln erschallte. Kyra besa? einen ganz wundervollen Charakterzug. Sie glaubte bedingungslos an das Gute. Erzahlte er dieselbe Geschichte einem leibeigenen Bauern, wurde der ein unglaubiges, dummes Gesicht schneiden, sich mit dem Armel den Rotz von der Nase wischen und ihn, ohne ein Wort zu sagen, wie ein seltenes Fabeltier anstarren. Ihn, den guten, gescheiten, edlen Don, den blo? – welch ein Ungluck! – der Verstand ein wenig im Stich gelassen hatte. Erzahle einer so etwas Don Tameo oder Don Sera – sie wurden gar nicht bis zu Ende zuhoren: Der eine schliefe unfehlbar ein, und der andere sagte rulpsend: »Das ist ja alles sehr ehrenwert … Aber wie ist es dort mit den Weibern?« Don Reba aber wurde bis zum Schlu? aufmerksam lauschen und dann seinen Bluthunden, den Sturmowiki, einen leisen Wink geben, sie sollten dem edlen Don die Ellbogen bis zu den Schulterblattern verdrehen und ganz genau herausbekommen, woher der edle Don solche Marchen erfahren und wem er sie schon weitererzahlt habe …

Als Kyra eingeschlafen war und sich ein wenig beruhigt hatte, ku?te er sie sacht auf das friedlich schlummernde

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