eine Flucht von Hinterhofen, er versteckte sich in zum Trocknen aufgehangte Lumpen, kroch durch Locher in Zaunen, hinterlie? an hervorstehenden rostigen Nageln seine reichen Bander und Fetzen edelster soanischer Spitze und kroch auf allen vieren zwischen Bergen von Kartoffeln hindurch. Und trotzdem gelang es ihm nicht, dem wachsamen Auge der Schwarzen Soldateska zu entkommen. Als er in die enge, gewundene Gasse einbog, die zur gro?en Mullgrube fuhrte, stie? er mit zwei dusteren betrunkenen Monchen zusammen.

Rumata wollte ihnen ausweichen, die Monche aber zogen ihre Schwerter und versperrten ihm den Weg. Rumata griff ebenfalls zu seinen beiden Schwertern, da pfiffen die Monche auf drei Fingern und riefen Verstarkung herbei. Rumata wollte schon zu dem Loch im Zaun zuruckweichen, durch das er eben herausgekrochen war, als ihm ein flinker kleiner Mann mit einem unauffalligen Gesicht entgegensprang. Er streifte Rumata an der Schulter, eilte zu den Monchen und sagte ihnen etwas, worauf die Monche ihre Kutten uber ihre langen, mit lila Bandern umwickelten Beine hochrafften, sich im Trab davonmachten und hinter den Hausern verschwanden. Der kleine Mann trippelte ihnen nach, ohne sich umzusehen. Alles klar, dachte Rumata. Ein Spion und Leibwachter. Und nicht einmal sehr unauffallig; er denkt doch an alles, der neue Bischof von Arkanar. Interessant ware, wovor er mehr Angst hat – vor mir oder um mich? Den Spion mit den Augen verfolgend, ging er auf die Mullgrube zu. Die Mullgrube fuhrte bis zum Hintertrakt des ehemaligen Sicherheitsministeriums, und es war zu hoffen, da? dort keine Patrouille postiert war.

Die Gasse war menschenleer. Aber schon horte man das leise Knarren von Fensterladen, Turen gingen auf und zu, ein Saugling weinte, und uber alle dem hing ein angstliches Gefluster. Hinter einem halbverfaulten Lattenzaun reckte sich vorsichtig ein mageres, abgezehrtes Gesicht hervor, das ganz schwarz war vor eingefressenem Ru?. Zwei verangstigte eingefallene Augen starrten Rumata an. »Ich bitte um Vergebung, edler Don, und noch einmal um Vergebung. Kann mir der edle Don nicht sagen, was in der Stadt los ist? Ich bin der Schmied Kickus, den man auch den Lahmen nennt, ich will zu meiner Schmiede, aber ich habe Angst …«

»Geh nicht hin«, riet ihm Rumata. »Die Monche kennen keinen Spa?. Es gibt keinen Konig mehr. Die Macht hat Don Reba, der Bischof des Heiligen Ordens. Also bleib schon zu Hause!«

Nach jedem Wort Rumatas nickte der Schmied eilig, seine Augen fullten sich mit Wehmut und Verzweiflung.

»Der Orden, also wie …«, murmelte er schwerfallig. »Ach, da? dich doch die Cholera … Ich bitte um Vergebung, edler Don. Der Orden, also dann … Das sind die Grauen, oder wie?«

»Aber nein«, sagte Rumata und betrachtete ihn mit einer gewissen Neugier. »Die Grauen, verstehst du, die hat man geschlagen. Die da sind die Monche.«

»Och, jeje!« sagte der Schmied. »Und die Grauen sind also auch … Na, und der Orden …! Die Grauen sind geschlagen? Das ist ja gar nicht schlecht. Ganz gut so, nicht? Aber was ist jetzt mit uns, edler Don, was meint Ihr? Wir werden uns halt anpassen, wie? Unter dem Orden, was?«

»Warum nicht«, sagte Rumata. »Der Orden mu? auch essen und trinken. Richtet euch halt ein!«

In den Schmied kam plotzlich Leben.

»Ich glaub auch, da? wir uns anpassen und fugen werden. Ich glaub, die Hauptsache ist: Ruhr die andern nicht an, und man wird auch dich in Ruhe lassen, wie?«

Rumata schuttelte den Kopf.

»Aber nein«, sagte er. »Wer sich nicht selber ruhrt, den wird man als ersten abschlachten.«

»Das ist auch wieder wahr«, stohnte der Schmied. »Aber was soll man denn machen …? Ein einzelner ist doch so schwach wie ein kleiner Finger, und dem kleben noch siebzehn Rotznasen an der Kutte. Ach, Ehrwurdige Mutter, wenn sie nur meinem Meister die Gurgel durchschneiden wurden! Er war doch bei den Grauen als Offizier. Was glaubt Ihr, edler Don, ob sie ihn abgeschlachtet haben? Ich bin ihm namlich funf Golddukaten schuldig.«

»Ich wei? nicht«, sagte Rumata, »vielleicht haben sie ihn wirklich umgebracht. Aber du uberlege dir lieber folgendes, Schmied. Du als einzelner bist so schwach wie ein Finger, das stimmt. Aber solche Finger gibt es bei euch in der Stadt an die zehntausend.«

»Ja, und?« sagte der Schmied.

»So denk halt einmal nach!« sagte Rumata verargert und lie? ihn stehen.

Was wird dir schon einfallen? Ein gro?er Dreck! Es ist noch zu fruh fur dich, zu denken. Dabei ist es doch so einfach: Zehntausend solcher Hammerfauste – wenn sie nur in Wut geraten – schlagen jeden beliebigen Gegner kurz und klein. Aber die Wut kennen sie eben noch nicht. Nur die Angst. Jeder fur sich, ein Gott fur alle. Die Holunderbusche am Rand des Weges kamen plotzlich in Bewegung, und in das Ga?chen kroch – Don Tameo. Als er Rumata erblickte, brullte er vor Freude, sprang trotz starker Schlagseite auf die Beine, bewegte sich taumelnd auf ihn zu und streckte ihm seine erdverschmierten Hande entgegen.

»Mein edler Freund!« brullte er. »Welche Freude! Ich sehe, Sie gehen auch zur Kanzlei?«

»Ja, ja, naturlich, mein edler Don«, antwortete Rumata und befreite sich geschickt aus seiner Umarmung. »Erlauben Sie mir, mich Ihnen anzuschlie?en, edler Don?«

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