fur ihre Minen.«
»Dann sind die Maschinen fur Sie so viel wert wie pures Gold, Herr Schelp«, meinte Jacob.
Der Rothaarige lachte trocken.
»Das haben Sie wohl recht, Herr Adler. Hier kann ich zehnmal soviel dafur verlangen wie druben in Deutschland. -Im Augenblick sind wir in Eile. Wollen wir uns nicht heute abend zum Essen im Hotel treffen?«
»Ja«, sagte Jacob verwirrt.
Er hatte sich das Wiedersehen mit Piet Hansen etwas anders vorgestellt.
»Gut, dann so gegen sieben Uhr«, meinte Schelp und ging mit Hansen weiter.
Jacob stand in der offenen Tur und starrte ihnen lange nach.
Dies schien ein Tag der Uberraschungen zu sein.
*
Jamie war in guten Handen, als Jacob und Irene abends ins Hotelrestaurant gingen, um sich mit Piet Hansen und dem seltsamen Herrn Schelp zu treffen. Lorna Kinley, die vierzehnjahrige Nichte des Hoteliers, die als Zimmermadchen im Grand Hotel arbeitete, hatte einen Narren an dem kleinen Jungen gefressen; sie war geradezu versessen darauf, auf ihn aufzupassen.
Als die beiden Auswanderer den schmalen Gang von der Empfangshalle zum Restaurant durchquerten, bemerkte die Frau:
»Ich bin schon sehr gespannt auf das Wiedersehen mit dem alten Piet. Er hat uns damals sehr geholfen. Ohne ihn hatten wir nicht einmal englisch gesprochen.«
»Seemannsenglisch«, grinste Jacob bei dem Gedanken an die vielen nautischen Fluche, die in Hansens Sprachunterricht eingeflossen waren.
Schnell wurde er wieder ernst und sagte:
»Piet hat sich sehr verandert, Irene, du wirst schon sehen. Erst hatte ich den Eindruck, er freut sich ebenso wie ich uber unser Zusammentreffen. Aber ich habe mich wohl getauscht. Erwirkte sehr distanziert.«
»Vielleicht war er einfach nur zu uberrascht, um seine Freude richtig zeigen zu konnen.«
»Mag sein«, brummte Jacob ohne Uberzeugung.
Hansen und Schelp sa?en bereits an einem von Kerzen erleuchteten Tisch. Schelp winkte die beiden heran, wahrend der Seemann ihnen eher kuhl entgegenblickte.
Doch dann eroffnete Hansen ihnen, sie konnten selbstverstandlich auf der ALBANY nach San Francisco mitfahren, sogar als Kajutenpassagiere.
»Ich wei? nicht, ob wir uns das leisten konnen«, meinte Jacob zweifelnd. »Ich habe zwar heute unseren Wagen und die Pferde verkauft, aber Kalifornien ist bestimmt nicht billig, wo jeder dort Gold zu finden scheint.«
»Naturlich ist die Reise fur euch kostenlos«, sagte Hansen. »Ihr habt so viel fur mich getan, da? ich mich freue, mich bei euch revanchieren zu konnen.«
»Das ist sehr lieb von Ihnen, Piet«, lachelte Irene. »Aber wir konnen auch auf dem Zwischendeck reisen. Schlie?lich sind wir daran gewohnt. Und von Fogerty nach San Francisco ist es gewi? nicht so anstrengend wie von Hamburg nach New York.«
»Als Zwischendeckpassagiere kann ich euch gar nicht mitnehmen«, erwiderte der Kapitan zu Jacobs und Irenes Uberraschung.
»Warum nicht?« fragte Irene.
»Weil die Platze heute abend ausgelost werden. Wenn ich jemanden ins Zwischendeck lasse, der nicht am Losverfahren teilgenommen hat, riskiere ich Mord und Totschlag. Die Zuruckbleibenden wurden die ALBANY sturmen, sobald sie davon erfahren. Und so voll, wie Fogerty derzeit ist, wurden sie bestimmt davon erfahren.«
»Ich verstehe es trotzdem nicht«, schuttelte Irene ihren blonden Lockenkopf. »Als Kajutenpassagiere machen wir Ihnen keinen Arger?«
»Nein«, bestatigte Hansen. »Die Kajutenplatze sind nicht fur das Losverfahren ausgeschrieben. Ich werde sagen, ihr seid gut zahlende Passagiere.«
»Uns soll es recht sein«, nickte Jacob.
Aber dann verdusterte sich seine Miene. Er dachte an das Zusammentreffen mit der Witwe O'Faolain.
»Allerdings ist da ein Problem«, sagte er zogernd und berichtete von dem Versprechen, das er der Irin gegeben hatte.
»Eine Frau, zwei Manner und ein kleines Kind?« meinte Hansen zweifelnd. »Nicht gerade aus dem besten Stall? Ich wei? nicht, ob ich die auch noch als gut zahlende Kajutenpassagiere ausgeben kann.« Er schuttelte den ergrauten Kopf. »Nein, wirklich nicht.«
»Schade«, sagte Jacob mit ehrlicher Trauer. »Ich hatte mich sehr gefreut, wenn es geklappt hatte. Ich habe noch nicht viele Iren getroffen, die so nett waren wie die Witwe O'Faolain.«
»Naturlich kommen Ihre Freunde mit, Mr. Adler«, sagte Arnold Schelp in einem Ton, als gehore ihm das Schiff. »Das ware ja noch schoner, wenn Sie die hier zurucklassen mu?ten. Sie und Mi? Sommer mussen halt ein wenig in der Kajute zusammenrucken.«
»Das tun wir gern«, atmete Jacob erleichtert auf.
»Au?erdem sind wir an Enge gewohnt«, fugte Irene hinzu.
Sie dachte an das uberfullte Zwischendeck der ALBANY auf der Fahrt nach New York und an die vielen Nachte, die sie und Jamie im Planwagen verbracht hatten, eingeklemmt zwischen Hausrat, Werkzeug und Proviant.
»Das hei?t, falls Sie einverstanden sind, Piet«, sagte Jacob und warf dem Kapitan einen fragenden Blick zu.
Gerade noch rechtzeitig war ihm aufgegangen, da? er, Irene und Schelp dabei waren, die Entscheidung uber Hansens Kopf hinweg zu treffen. Uber ein Schiff zu bestimmen, ohne den Kapitan vorher zu fragen, war nicht nur eine Art Sakrileg, sondern auch blanker Unsinn. Der Kapitan hatte stets das letzte Wort.
Wahrend Jacob den alten Seebaren gespannt beobachtete, fiel ihm auf, da? dieser wiederum einen fragenden Blick zu Schelp warf, bevor er sich mit der Regelung einverstanden erklarte. Ganz so, als habe der auffallig gut gekleidete Geschaftsmann auf der ALBANY mehr zu sagen als der Kapitan.
Nachdem Hansen und Schelp sich verabschiedet hatten, sprach Jacob mit Irene uber das ihm merkwurdig erscheinende Verhaltnis zwischen den beiden Mannern.
»Ja, irgendwie hat sich der alte Piet seltsam benommen«, gab Irene zu. »Er wirkte so zerrissen.«
»Zerrissen?«
Irene nickte.
»Fast so, als sagte er nicht, was er eigentlich dachte. Als hatte er es lieber gesehen, uns nicht mit nach San Francisco zu nehmen.«
»Vielleicht klart sich alles auf, wenn wir an Bord sind«, meinte Jacob.
Er sollte recht behalten.
Aber er ahnte nicht, auf welch dramatische Weise die Aufklarung erfolgen sollte.
*
»Mu?te das sein, Schelp?« brummte Hansen unwillig, als er mit seinem Begleiter zuruck zum Hafen ging.
Sie durchquerten den dunklen, unbelebten Bereich der Lagerhauser, die zwischen den Kais und der eigentlichen Stadt lagen. Es roch stark nach Fisch und Teer.
Der Seemann hatte seine alte klobige Pfeife entzundet. Zum Teil waren die Gassen zwischen den hohen Lagerhauswanden so eng, da? sie das Licht der nachtlichen Gestirne fast ganz aussperrten. Das Glimmen von Hansens Pfeife war dann die einzige Lichtquelle.
»Was meinen Sie, Kapten?« spielte Arnold Schelp den Unwissenden.
»Ich meine, da? ich es fur keine gute Idee halte, uns jede Menge Kajutenpassagiere aufzuhalsen. Die Leute, die wir durch das Losverfahren aufs Zwischendeck bekommen, sind schon zuviel. Warum sollen wir uns mehr Schwierigkeiten machen als notig?«
Das war nicht die ganze Wahrheit. Hansen machte sich Sorgen um Jacob und Irene. Das Spiel, auf das