Olige war aus seiner Stimme verschwunden. Der Akzent verstarkte noch die Scharfe seiner Worte. »Schnell!«

Schelp gab den Revolver an McCord zuruck.

Daraufhin lie? der Mexikaner Hansen los, behielt den LeMat aber weiterhin in der Hand.

Achzend und leise fluchend, stand der Sudstaatler auf. Unschlussig hielt er die Waffe in der Rechten und warf Schelp todliche Blicke zu.

»Was hindert mich eigentlich, Sie niederzuschie?en, Mister?« fragte McCord grimmig.

»Vielleicht die Tatsache, da? die Ladung an Bord der ALBANY fur Sie dann unerreichbar ware«, grinste der Mann mit dem Stock selbstbewu?t. »Sie wird namlich von ein paar Mannern bewacht, die nur von mir Befehle entgegennehmen.«

»Sie haben an alles gedacht, wie?« knurrte der Sudstaatler unwillig.

»Ich hoffe doch.«

McCord brummte etwas Unverstandliches, steckte den Leach & Rigdon zuruck ins Holster und buckte sich nach seinem Hut. Er setzte ihn auf und blickte dann den Mexikaner finster an.

»Sie waren doch die ganze Zeit in der Nahe. Warum haben Sie nicht eher eingegriffen, Don Emiliano?«

Der Mexikaner lachelte mit aller falschen Liebenswurdigkeit, zu der er fahig war.

»Es war ein sehr interessanter Kampf, Senor Capitan McCord. Ich wollte sehen, wie er sich entwickelt.«

Unter was fur Menschen bin ich geraten? fragte sich Piet Hansen insgeheim.

Ein kalter Schauer lief uber seinen Rucken.

*

»Sie haben die beiden gehen lassen, einfach so?« fragte die Frau in Schwarz.

»Si, Senora«, nickte der Mexikaner beflissen. »Was Senor Schelp erzahlte, erschien uns glaubwurdig.«

Schweigen erfullte das luxuriose gro?e Zimmer im Fogerty Grand Hotel. Wie zwei Schuljungen, die von ihrem Lehrer auf Herz und Nieren abgeklopft wurden, standen Don Emiliano und Captain McCord vor der Frau im schwarzen Kleid.

Schwach fiel das Licht der Main Street durch die zugezogenen Vorhange, verbla?te aber gegen das Leuchten des kristallenen Lusters, das die Gesichter der Menschen erhellte. Zumindest zwei Gesichter. Das Gesicht der Frau war immer noch - oder schon wieder - durch den dunklen Schleier verborgen.

Keine zwanzig Minuten waren seit der Begegnung bei den Lagerhausern vergangen. Fast unverzuglich waren die beiden Manner zu ihrer Begleiterin gegangen, um Bericht zu erstatten.

Der Sudstaatler hatte nur zwei, drei Minuten benotigt, um sein ramponiertes Au?eres einigerma?en wiederherzurichten.

Ganz war es ihm nicht gelungen. Schmutzflecke an seiner Kleidung und eine blauliche Hautverfarbung unter dem Kinn bewiesen es.

Und er spurte noch die Schmerzen. In seinem Kopf, in seiner Kehle und in seinem Magen.

Am schlimmsten aber war die Demutigung, die der stolze Captain der Konfoderierten Armee erlitten hatte, als er vor dem deutschen Geschaftemacher im Dreck lag. Am liebsten hatte der diesem Kriegsgewinnler eine Kugel durch den Kopf gejagt, als er seinen Revolver wiederhatte.

Aber er hatte sich bezwungen, weil er Schelp brauchte. Er und der ganze Suden waren auf Manner wie ihn angewiesen -leider. Manner, die am Kampf des Sudens um seine Unabhangigkeit verdienten. Die dem Suden aber auch das lieferten, was er benotigte, um seinen Kampf fortzusetzen.

McCord hielt sich zuruck, aber er verga? und verzieh nicht. Er wurde an die Demutigung durch Schelp denken, wenn er diesen Dutch nicht mehr benotigte.

»Und wenn es doch eine Falle ist?« fragte die Frau.

Sie sa? fast reglos in einem Sessel. Wie eine gro?e, mit dunklen Tuchern verhullte Puppe.

Wieder verriet ihre kuhle Stimme keinerlei Gefuhl und schon gar nicht das Ausma? ihres Zweifels.

»Das glaube ich nicht«, antwortete McCord. »Wir sind schlie?lich mit an Bord und haben dann alles unter Kontrolle.«

»Oder Schelp hat uns unter Kontrolle«, blieb die Frau skeptisch. »Vielleicht will er nur herausfinden, wo genau an der mexikanischen Kuste unser Anlaufpunkt ist.«

»Und dann kommt die Yankee-Marine und la?t die Falle zuschnappen?« fragte McCord mit aufgerissenen Augen.

»Ja, Abel«, seufzte die Frau und lie? damit zum erstenmal so etwas wie ein Gefuhl erkennen. »Es ware eine Moglichkeit. Ich habe selbst schon zu spuren bekommen, wie abgefeimt Pinkertons Agenten sind.«

Der Mexikaner kratzte nervos an seinem dunklen Kinnbart und fragte:

»Wenn das stimmt, Senora, was sollen wir dann tun?«

»Genau das, was Sie und der Captain getan haben, Don Emiliano. Die Dinge laufen lassen und unter Beobachtung behalten. Schlie?lich brauchen die Verteidiger von Texas Schelps Ladung.«

»Falls die ALBANY wirklich das geladen hat, was Schelp uns versprochen hat«, knurrte McCord, der plotzlich uberall Verrat witterte.

»Davon werden wir uns uberzeugen, wenn wir an Bord sind«, sagte die Frau.

»Wenn diese beiden angeblichen Auswanderer Pinkerton-Leute sind, dann gnade ihnen Gott«, schuttelte McCord drohend seine geballte Faust. Seit der Demutigung durch Schelp hatte er wenig uber fur Leute, die aus Deutschland kamen. »Dann nehme ich mir diesen Adler und seine Freundin personlich vor!«

Die Frau in Schwarz machte eine ruckartige Bewegung nach vorn, so da? sich der Sessel ein Stuck verschob. Ihre behandschuhten Hande krallten sich um die Lehnen.

Und als sie sprach, wirkte ihre Stimme nicht mehr so kuhl wie bisher, sondern im hochsten Ma?e erregt:

»Wie hei?t der Deutsche? Adler?«

»Yeah«, nickte McCord.

»Jacob Adler etwa?«

»Right. Aber ich verstehe nicht.«

»Und seine Begleiterin?« unterbrach die Frau in Schwarz den Captain. »Wie hei?t sie? Irene Sommer?«

Wieder nickte McCord, mit einem ziemlich verblufften Gesichtsausdruck.

»Kennen Sie die beiden?« schnappte er. »Also sind es doch Pinkertons!«

»Nein, keine Pinkertons«, stie? die Frau den angehaltenen Atem aus und lie? sich wieder ins Polster zurucksinken. »Es sind tatsachlich Auswanderer.«

»Aber woher kennen Sie ihre Namen, Senora?« wollte der Mexikaner wissen.

»Von fruher«, lautete die vieldeutige Antwort. »Zwischen uns steht noch eine alte Rechnung offen.«

Sie wandte ihr verschleiertes Gesicht den beiden Mannern zu und sagte:

»Ich denke, wir sollten jetzt zu Bett gehen. Vor uns liegt ein anstrengender und interessanter Tag.«

Don Emiliano nickte und wunschte der Senora eine gute Nacht, bevor er die Tur zum Gang aufzog. Die Zimmer von ihm und McCord lagen direkt neben dem der Frau.

Der Captain aber traf keine Anstalten, ihm zu folgen, sondern sagte mit Blick auf die Frau:

»Wir haben noch etwas zu besprechen.«

Der Mexikaner nickte verstehend und gab sich keine Muhe, das belustigte Zucken zu unterdrucken, das um seine Mundwinkel spielte. Er ging hinaus und schlo? hinter sich die Tur.

McCord trat auf den Sessel zu und streifte seinen hellen, jetzt schmutzigen Rock ab.

»Nicht heute, Abel«, sagte die Frau, deren Stimme wieder die ubliche Kalte ausstrahlte. »Ich mu? uber einiges nachdenken.«

»Jeder hat seine Bedurfnisse«, erwiderte der Sudstaatler zweideutig.

Er stand jetzt hinter dem Sessel und lie? seine kraftigen Hande uber die Schultern der Frau wandern, bis zu ihren Brusten, wo sie besitzergreifend verharrten.

»Stehen Sie auf, Ma'am!« knurrte er in einer Mischung aus mannlicher Begierde und militarischem Befehl.

Zogernd gehorchte die Frau und lie? es zu, da? McCord sie umdrehte und bauchlings uber den Sessel warf.

Seine Hande wanderte nach unten und hoben den Saum ihres Kleides hoch.

Als sie dasselbe mit den Unterrocken tun wollten, wirbelte die Frau herum und stie? ihn von sich.

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