auch unser Holz zu schmecken bekommen.«
Der Kapitan sah die Manner mit den Knuppeln an und befahl: »Nehmt die Revolver der Burschen an euch! Sie kriegen die Waffen nur zuruck, wenn sie die richtige Wahl treffen. Gro?er, du sorgst dafur, da? die schlafenden Schonheiten von der Wachablosung hierher geschafft werden.«
»Aye, aye«, grinste der angesprochene Seemann und eilte die Treppe hinauf.
Irene trat auf Hansen zu und sagte erleichtert: »Das ist der alte Piet, den ich kenne. Am liebsten wurde ich Ihnen um den Hals fallen und auf jede Wange einen dicken Ku? geben, Kapten!«
»Ich bin unbewaffnet, Madchen«, lachelte der Kapitan und hob zum Beweis die leeren Hande. »Niemand hindert dich.«
Er hatte kaum ausgesprochen, da machte die junge Frau ihre Ankundigung auch schon wahr. Als sie ihn wieder losgelassen hatte, fragte er, wie es Jacob ging.
»Ein Arzt wurde sagen, den Umstanden entsprechend.«
»Leider haben wir keinen Arzt an Bord«, seufzte Hansen. »Ich hatte nicht mit einer solchen Springflut an Arger gerechnet, als ich in Hamburg ablegte.«
Aber nun sah es so aus, als sollte sich das Blatt fur ihn wenden. Von allen Seiten erhielt er Hilfsangebote.
Die von Schelp bezahlten Manner, aus ihrem gewaltsam herbeigefuhrten Schlaf geweckt, wechselten ebenso das Lager wie Georg Moller, als sie ihre Felle davonschwimmen sahen.
Immer mehr Passagiere stromten aus den Tiefen des Zwischendecks herbei und boten Hansen ihre Hilfe an, als er sie uber die wahren Hintergrunde der heutigen Auseinandersetzungen aufklarte. Allen voran zwei grobgesichtige irische Kleiderschranke, die Zwillingsbruder Bartly und Gypo Connor. Sie hatten die Kajute, die sie und ihre Schwagerin Katie O'Faolain samt deren Sohn Timmy sich mit Jacob, Irene und Jamie teilten, verlassen mussen, als Schelp die Passagiere ins Zwischendeck sperren lie?. Das fanden sie mehr als unfreundlich. Und da die Connors, wie auch die O'Faolains, nichts so sehr ha?ten wie Unfreundlichkeit, erklarten sich die Zwillinge, wie stets vertreten durch Bartly, als erste unter den Passagieren bereit, dem Kapitan zur Seite zu stehen.
»Nicht zu viele«, grinste Hansen. »Schlie?lich will ich nicht den Burgerkrieg gewinnen. Wir mussen nur drei Manner und eine Frau uberwaltigen.«
»Eine Frau zahlt doch wohl kaum!« rief einer aus der Meute der kampfeslustigen Passagiere.
»Diese hier schon«, erwiderte Piet Hansen grimmig und dachte mit einem Gefuhl der Beklemmung an die unheimliche Frau in Schwarz.
*
Der Schiffszimmermann der ALBANY hatte die Kajute, in der Arnold Schelp, Captain Abel McCord, Don Emiliano Maria Hidalgo de Tardonza und die geheimnisvolle Frau untergebracht waren, durch eigens gezogene Zwischenwande in vier kleine Kabinen aufgeteilt.
In zwei dieser Kabinen lagen die Passagiere wach in ihren Kojen. Begrundet war ihre Schlaflosigkeit in den Gerauschen, die aus einer der beiden anderen Kabinen kamen: heftiges, schnelles Stohnen und Keuchen.
Arnold Schelp grinste zufrieden vor sich hin, wahrend er dem nachtlichen Konzert lauschte, das sogar das gleichma?ige Schlagen der Wellen ubertonte. Er wu?te, wer das war. Er horte das Quietschen der Koje, in der sich der Mexikaner in demonstrativer Unruhe hin und her walzte. Also konnte es sich bei den Veranstaltern des Konzerts nur um Captain McCord und die Frau handeln.
Gut zu wissen, da? sie etwas miteinander hatten, fand der Deutsche. Vielleicht konnte er dieses Wissen noch einmal vorteilbringend einsetzen.
Don Emiliano quittierte die storenden Gerausche mit gerunzelter Stirn und mi?billigend nach unten gezogenen Mundwinkeln. Bei Hof und in Diplomatenkreisen hatte das manch einen zur Rason gebracht. Aber hier blieben die deutlichen Signale des Sonderbeauftragten der mexikanischen Exilregierung vollkommen wirkungslos. Nachtliche Finsternis und die vom Schiffszimmermann gezogenen Trennwande sorgten dafur.
Die Verursacher der Storung waren auch viel zu sehr mit sich selbst beschaftigt. Wie immer in volliger Dunkelheit. Die Frau bestand darauf.
Abel McCord fand es einerseits frustrierend, niemals die Frau zu sehen, mit der er schlief, und nicht ihr Gesicht zu kennen. Ja, er wu?te nicht einmal ihren Namen.
Sie hatte sich in einem kleinen Grenzort in der Nahe der Ecke, in der die Staaten Oregon, Kalifornien und Nevada zusammentrafen, unter dem Kennwort bei ihm gemeldet, das er von seinem Oberkommando erfahren hatte. Er wu?te nicht einmal genau, welche Aufgabe sie erfullen sollte.
Nun ja, zumindest hatte das Zusammensein mit ihr seine angenehmen Seiten.
Da? sie sich sogar vor ihm so bedeckt hielt, fand McCord auf der anderen Seite in einem gewissen Sinn anregend. Seine Phantasie malte ihm wundervolle Bilder uber das vermeintliche Gesicht, das zu dem uppigen roten Lockenhaar gehorte, wahrend er immer tiefer und schneller in sie eindrang.
Diesmal schien es nicht nur den Mann zu erregen, der zwischen den Beinen der rucklings auf dem Boden liegenden Frau kniete. Die Kabine bot wenig Platz, und die Koje noch weniger.
Ja, auch die Frau keuchte, leise erst, dann immer heftiger. McCord glaubte nicht, da? sie ihm etwas vorspielte. Sie war nicht der Typ fur so etwas, und sie hatte auch keinen Grund dazu.
Er steigerte seine Bemuhungen. Sie sollte es genie?en, vielleicht wurde sie sich ihm dann offenbaren. Es war wie ein Spiel, fast wie ein Wettkampf.
McCord fuhlte sich schon als Sieger, als sich ihre behandschuhten Hande auf seinem Rucken im Hemd verkrallten, um ihn starker gegen ihren Scho? zu drucken. Mit leise flehenden Seufzern bat sie ihn, blo? nicht aufzuhoren.
In seiner Euphorie bemerkte er die Manner zu spat, die in die Kabine eindrangen.
In alle Kabinen!
Gewaltsam aufgebrochene Turen.
Schnelle, harte Schritte.
Das aufblitzende Licht von Blendlaternen.
Revolverlaufe, die sich auf die Menschen in den Kabinen richteten.
Arnold Schelp und Don Emiliano wurden in den Kojen uberrascht. Piet Hansens bewaffnete Schar lie? ihnen keine Chance zur Gegenwehr.
Der Kapitan selbst drang mit ein paar Begleitern in die Kabine ein, in der sich McCord und die Frau der Lust hingaben.
Der Sudstaatler registrierte den Larm erst, als ihn bereits grelles Licht traf.
Es blendete seine an die Dunkelheit gewohnten Augen so stark, als wurden sie von tausend spitzen kleinen Nadeln traktiert. Fur Sekunden sah der Captain uberhaupt nichts au?er der unwahrscheinlichen Helligkeit, die ihn schmerzhaft umfing.
Kraftige Arme rissen ihn zuruck und hielten ihn mit festem Griff gepackt.
Selbst wenn er seine Gegner, die sich ihm nur als phantomhafte Schatten jenseits der glei?enden Mauer aus Helligkeit darstellten, hatte sehen konnen, ware er kaum zur Gegenwehr fahig gewesen.
Dies hier war die Kabine der schwarzen Frau. Sein Waffengurt mit dem schwarzen Armeeholster, in dem der langlaufige Leach & Rigdon steckte, hing an der Koje in seiner Kabine.
Hose und Unterhose, die um seine Unterschenkel baumelten, behinderten ihn zusatzlich. Er schamte sich fast zu Tode, dem unbekannten Feind auf diese wenig ruhmreiche Art in die Hande gefallen zu sein.
Er horte ein wildes, abartiges Kreischen. Laut und schrill. Wie von einem gefangenen Tier in Todespanik.
Als der Schmerz in seinen sich an die Helligkeit gewohnenden Augen nachlie?, erkannte er, da? kein Tier schrie, sondern die Frau, die eben noch vor Lust gestohnt hatte. Sie schlug und trat um sich wie ein gefangenes Wildpferd, das zum erstenmal einen Reiter auf seinem Rucken spurte. Mehrere kraftige Manner hatten damit zu tun, sie einigerma?en im Zaum zu halten.
Was Abel McCord dann sah, lie? seinen Atem fur Sekunden stocken. Die nackten Beine der Frau. Der Anblick war so grauenhaft, da? ihn ein Wurgen uberfiel.
Hansens Manner hatten die Frau endlich im festen Griff. Ihr Auskeilen wurde zu einem Zucken und Winden