»Sie werden also wie ein großer Pandabär vor sich hin schnarchen, während diese Männer Wache schieben und ich die halbe Nacht lang unterwegs bin, um sie zu kontrollieren.«
»Wenn Sie in der Lage wären, die Kopfarbeit zu erledigen, dann würde ich sie Ihnen überlassen«, spottete McClellan. »Dann wären Sie derjenige, der sich hinlegt. Aber da das nicht der Fall ist, muß ich meinen Kopf frisch halten, damit die ganze Organisation nicht ein einziges Desaster wird.«
»Ha! Das war ein guter Witz!« rief George. »Wenn ich nicht da wäre, um die Drecksarbeit zu erledigen, dann würden diese Männer Karten spielen oder die Murmeln rollen lassen -«
»Ich will, daß alle um vier Uhr dreißig aus den Schlafsäcken steigen«, unterbrach McClellan ihn mit ernster Stimme.
»Was?«
»Vier Uhr dreißig. Dann werden wir die Zelte abbauen und uns in Marsch setzen, sobald wir genug sehen können, um uns zu orientieren. Jede Minute, die wir verschwenden, kann für jemanden den Tod bedeuten.«
»Was wollen Sie denn morgen alles ansteuern?«
»Ich habe da zehn Bauernhäuser, die ich vor Mittag sichern will. Sie können einen Blick auf die Karte werfen, dann sehen Sie, welche ich meine. Wenn wir das erledigt haben, dann machen wir eine Mittagspause. Dann können wir über Funk melden, wo wir sind, damit die anderen es wissen.«
George beugte sich über die Karte und warf einen Blick darauf. Die Bauernhäuser, die der Sheriff sichern wollte, waren rot eingezeichnet. Sie lagen am Rande einer Straße, die auf der Karte als zweispurig und asphaltiert gekennzeichnet war. Das Feld, auf dem die Truppe im Augenblick ihr Lager aufgeschlagen hatte, lag zwei oder drei Meilen südlich der Asphaltstraße, und den ganzen vorhergehenden Tag waren sie auf diese Straße zumarschiert. Hin und wieder waren einige kleinere Gruppen abgeschweift, hatten sich von den anderen getrennt und vereinzelte Wohnhäuser gesichert, bevor sie sich wieder dem Rest der Truppe angeschlossen hatten.
McClellan zündete eine Zigarette an und inhalierte den Rauch, während George die zurückgelegte Strecke musterte und sich dann der Route widmete, die vor ihnen lag.
Das letzte Haus auf ihrer morgigen Marschroute war die alte Miller-Farm, wo Mrs. Miller - falls sie noch am Leben war -mit ihrem Enkel Jimmy, einem elf Jahre alten Jungen, lebte.
»Wir sollten eine einzelne Patrouille zu diesem Haus schicken«, sagte George und zeigte auf das rote Kreuz, das auf McClellans Karte die Miller-Farm markierte. »Ich kenne Mrs. Miller. Sie ist ziemlich hilflos. Sie und ihr Enkel sind dort draußen allein.«
»Wir sollten vor Mittag dort sein«, sagte McClellan. »Wenn sie nicht sowieso schon tot sind, dann müßte es ihnen eigentlich ganz gutgehen.«
»Ich werde mir etwas Kaffee holen«, sagte George. »Und dann treibe ich alle die aus ihren Schlafsäcken, die für die zweite Wache eingeteilt sind.«
Überraschenderweise hatte der Transporter trotz der schweren Explosion schnell zu brennen aufgehört. Außer dem Rest Benzin im Tank, den das Feuer sofort aufgefressen hatte, war nicht mehr viel an dem Transporter, das brennbar war. Nur die Sitze und die Polsterung. Und die Menschen in dem Wagen.
Das Metall, dessen Lackierung aufgesprungen und abgeplatzt war, kühlte in der Nachtluft schnell ab.
Die gräßlichen Kreaturen kamen sofort wieder näher, zuerst allerdings langsam, und versammelten sich um den Wagen. Der Geruch von brennendem Fleisch zog sie an. Aber das heiße Metall hielt sie anfänglich noch davon ab, an das zu gelangen, was sie anzog und jetzt in ihrer Reichweite war.
Als das Metall so kalt war wie der Tod und die Rauchschwaden nicht länger aus dem Wrack des Transporters aufstiegen, kamen die Fleischfresser wie Geier näher.
Tom und Judy spürten nicht, wie ihre Gliedmaßen von ihren toten Leibern gerissen wurden. Sie konnten nicht hören, wie die Knochen und Knorpel verdreht, gebrochen und aus den Gelenken gezerrt wurden. Sie konnten nicht aufschreien, als die heißhungrigen Zombies ihre Herzen, Lungen und Nieren herausrissen.
Die abscheulichen Kreaturen bekämpften sich untereinander, schlugen sich und stritten sich um den Besitz der Organe, die vor Minuten noch den Lebenden gehört hatten. Dann, als alles verteilt worden war, liefen sie weg, um das Organ oder Körperteil zu verschlingen, das sie hatten an sich reißen können. Die, die etwas erwischt hatten, wollten allein sein, während die anderen immer noch suchend umher streunten. Sie waren wie Hunde, die einen Knochen in eine Ecke schleppen und abnagen, während die anderen gierig zuschauen.
Ein paar Zombies, die einen ruhigen Ort suchten, wo sie ihre Mahlzeit nicht gegen die anderen verteidigen mußten, zogen sich auf dem dunklen Rasen vor dem alten Bauernhaus unter einen großen, stillen Baum zurück.
Dort warteten sie geduldig, beobachteten das Haus und fraßen, während ihr lautes Beißen und Schmatzen, das Zerren an Menschenfleisch und Knochen, durch die Nachtluft drang. Unablässig war neben dem Zirpen der Grillen das Rasseln der toten Lungen, die schwer atmeten, zu hören. Es vermischte sich mit den anderen Geräuschen der Nacht.
Im Haus hatte sich Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung breitgemacht. Barbara saß wieder auf dem Sofa, und ihre leblosen Augen starrten ins Leere. Harry saß trübsinnig in einer Ecke. Sein Kopf lag auf der Lehne eines Schaukelstuhls, der jedesmal quietschte, wenn er ihn bewegte, doch das geschah nicht allzu oft. Sein Gesicht war geschwollen. Auf das eine Auge drückte er einen Eispack. Das andere Auge folgte Ben wie eine umherwandernde Wache. Der große Mann lief im Zimmer auf und ab. Wann immer Ben in einen Winkel trat, wohin Harry ihm nicht mit Blicken folgen konnte, ruhte sich das gesunde, aber nervöse Auge ein wenig aus. Bens Bewegungen waren neben dem gelegentlichen Quietschen von Harrys Schaukelstuhl das einzige, was in dem Raum zu hören war.
Ben überprüfte ihre Barrikaden, aber mehr aus Gewohnheit, als daß er noch Hoffnung hatte. Das Gewehr hing immer noch über seiner Schulter. Nachdem ihr Fluchtversuch gescheitert war, hatte er sich fast ganz von seiner Niedergeschlagenheit überwältigen lassen. Er fühlte sich ebenso kraftlos wie die anderen, die mit ihm in diesem Haus festsaßen. Ihm fiel nichts ein, was er noch versuchen könnte, um zu fliehen. Gleichzeitig wußte er, daß sie schon bald verloren waren, wenn sie blieben, wo sie waren. Harry beobachtete ihn immer noch mit seinem gesunden Auge, während Ben von der Tür zur Küche und dann zum Fenster schlenderte. Dann ging er nach oben, blieb stehen, kehrte um und lief zur Tür zurück.
Plötzlich hörten sie ein Geräusch, und Helen betrat den Wohnraum. »Es ist zehn vor drei«, sagte sie, ohne sich an jemanden zu richten. »In zehn Minuten wird es wieder eine Nachrichtensendung geben.«
Keiner sagte etwas.
»Vielleicht hat sich die Situation ja irgendwie verbessert«, meinte Helen, ohne an das zu glauben, was sie da sagte.
»Sie oder Harry gehen besser nach unten und passen auf Ihr Kind auf«, sagte Ben.
»Ja, in ein paar Minuten«, sagte Helen nach einer längeren Pause. »Ich will zuerst die Fernsehsendung sehen.«
Ben blickte sie an, als wolle er gleich etwas gegen ihre Entscheidung einwenden, hielt sich dann aber zurück. Er war viel zu müde und deprimiert, als daß er noch mit jemandem streiten konnte. Er hoffte nur, daß das Mädchen nicht starb, während sie vor dem Fernseher saßen.
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