Dann kehrte er den anderen Menschen im Zimmer wieder den Rücken zu, schob den Vorhang zur Seite und spähte durch das Guckloch in der verbarrikadierten Tür. Auf einmal wurden seine Augen ganz groß vor Angst und Ekel, aber er schaute trotzdem eine ganze Weile lang hinaus. Viele dieser Zombies lauerten im Schatten der Baume. Einige dieser Kreaturen standen auch im Freien. Sie waren dem Haus jetzt viel näher gekommen, als sie sich bis dahin vorgewagt hatten. Die Überreste der verkohlten Leichen mehrerer Zombies, die während ihres Fluchtversuches endgültig den Tod gefunden hatten, lagen überall auf dem Rasen verstreut. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund war den Fleischfressern nicht in den Sinn gekommen, ihre eigenen Leute aufzufressen. Sie gaben frischem Menschenfleisch den Vorzug.

Und ein paar von diesen abscheulichen Wesen hatten auch bekommen, was sie wollten. Ben beobachtete gebannt eine wahrlich gräßliche Szene, die sich dort draußen auf dem Rasen im Mondschein abspielte: mehrere Zombies verschlangen etwas, was vorher Tom... und Judy gewesen waren. Mit ihren Zombiezähnen bissen und rissen sie... an den Menschenleichenteilen... hackten ihre Zähne in menschliche Arme, Hände und Finger... kauten schmatzend an menschlichen Herzen und Lungen herum. Ben betrachtete die gräßliche

Szene... fasziniert... und angewidert...

Dann ließ er blitzschnell den Vorhangzipfel fallen, wirbelte total erschüttert herum und drehte sich den anderen im Zimmer zu. Auf seiner Stirn hatten sich Schweißperlen gebildet.

»Nein... nein... daß keiner von Ihnen dort hinausschaut«, keuchte er. Er hatte die Hand auf den Bauch gelegt und war kurz davor, sich zu übergeben. »Sie bekommen einen Horror, was Sie da zu sehen kriegen.«

Harrys gesundes Auge fixierte und beobachtete Ben. Mit Befriedigung und voller Geringschätzung registrierte er, daß der große Mann schwach und klein geworden war. Ben ging zum Fernsehapparat und schaltete ihn ein.

Plötzlich drang ein Schrei von Barbara durch den Raum. Ben sprang vom Fernsehgerät auf. Das Mädchen war aufgesprungen und schrie unkontrolliert.

»Nie im Leben werden wir hier rauskommen... Keiner von uns! Wir werden hier niemals lebend herauskommen! Johnny! Johnny!... Oh! Oh... Gott... Keiner von uns... Keiner von uns... Hilfe... O Gott... Gott...!«

Bevor auch nur einer zu ihr gelangen konnte, brach ihre Stimme genauso plötzlich ab, wie sie eingesetzt hatte. Das Mädchen sackte auf der Couch zusammen und schluchzte heftig, die Hände hatte es vors Gesicht geschlagen. Helen versuchte, Barbara zu trösten, aber die quälenden Schluchzer stiegen ganz tief aus ihr herauf. Nur allmählich beruhigte sie sich. Das Schluchzen wurde leiser und brach dann ganz ab, aber sie lag immer noch völlig gebrochen auf dem Sofa und hielt das Gesicht mit Händen bedeckt. Helen deckte sie mit dem Mantel zu, aber diese Geste schien absolut unnütz zu sein - Barbara reagierte überhaupt nicht.

Ben ließ sich langsam in einen Sessel vor dein Fernsehapparat fallen. Harrys gesundes Auge wanderte von Barbara zu Ben und blieb dann an dem Gewehr hängen, das Ben mit dem Kolben nach unten auf den Boden gestellt und an sein Bein gelehnt hatte. Den Arm hatte er durch die Kordel geschoben, und mit der Hand hielt er den Lauf fest. Harry beobachtete ihn aufmerksam.

Helen beugte sich über das Mädchen und legte ihre Hand ganz sanft auf Barbara. »Kommen Sie, meine Liebe... los, sprechen Sie mit mir. Dann wird es Ihnen ein bißchen bessergehen.«

Aber Barbara gab ihr keine Antwort. Helen setzte sich am anderen Ende auf das Sofa.

Ben saß verloren vor dem Fernseher. Er war in Gedanken versunken. Sein Gehirn suchte nach einem Ausweg: Der Benzinkanister im Haus war leer, und es gab auch kein Fahrzeug, mit dem sie fliehen konnten. Die Munition für das Gewehr ging langsam zur Neige. Auf dem Bildschirm war nichts zu sehen, nur ein schwacher Lichtschein war zu hören - er hatte den Apparat viel zu früh eingeschaltet.

Harrys gesundes Auge hing immer noch an der Waffe, an der Schlinge, die um Bens Arm gewickelt war.

»Wo ist eigentlich Ihr Wagen?« fragte Ben. Der Klang seiner Stimme schreckte die anderen auf. Das Schweigen war gebrochen.

Harry schaute weg und versuchte den Eindruck zu erwecken, als ob er nicht in Bens Richtung geschaut hätte.

»Wir haben versucht, ein Motel zu finden, bevor es dunkel wurde«, antwortete Helen. »Wir sind von der Straße runtergefahren, um einen Blick auf die Karte zu werfen, und diese... Dinger... haben uns angegriffen. Wir rannten... und rannten...«

»Er muß mindestens eineinhalb Meilen weit weg sein«, sagte Harry verbittert, als könnte er sich darüber freuen, daß sich Bens Idee in Luft auflöste, selbst wenn es zu Lasten seines eigenen Überlebens ging.

»Wir konnten nichts anderes tun, da wir Karen retten wollten«, fügte Helen hinzu.

»Meinen Sie, daß wir es bis zu dem Wagen schaffen könnten?« fragte Ben. »Besteht die Möglichkeit, aus allem herauszukommen, wenn es uns nur gelingt, aus diesem Haus zu fliehen?«

»Keine Chance«, antwortete Harry klipp und klar.

Ben rief wütend: »Sie geben viel zu leicht auf, Mann! Wollen Sie denn in dem Haus hier verrecken?«

»Ich habe Ihnen doch erzählt, daß diese Kreaturen unseren Wagen auf den Kopf gestellt haben!« fauchte Harry.

»Er liegt in einer Schlucht, mit den Rädern in der Luft«, sagte Helen.

»Tja... wenn wir es bis dorthin schaffen könnten, könnten wir ja vielleicht etwas tun...«, warf Ben ein.

»Wollen Sie ihn ganz allein umdrehen?« erkundigte Harry sich.

»Johnny hat die Schlüssel... Schlüssel...«, murmelte Barbara keuchend.

Aber niemand hörte sie - denn plötzlich knarzte der Fernseher laut, und ein Bild erschien auf dem Bildschirm.

»GUTEN MORGEN, MEINE DAMEN UND HERREN. HIER IST IHR NACHRICHTENSENDER DER ZIVILEN VERTEIDIGUNG. ES IST JETZT DREI UHR MORGENS AN DER OSTKÜSTE. IN DEN MEISTEN GEBIETEN, DIE VON... DIESEM TRAGISCHEN PHÄNOMEN HEIMGESUCHT WERDEN... SEHEN WIR DIE ERSTEN ANZEICHEN, DASS ES MÖGLICH IST, DIE SITUATION UNTER KONTROLLE ZU BRINGEN. DIE ZIVILEN BEHÖRDEN, DIE HAND IN HAND MIT DER NATIONALGARDE ARBEITEN, HABEN IN DEN MEISTEN REGIONEN, DIE BETROFFEN SIND, DIE ORDNUNG

WIEDERHERGESTELLT. WÄHREND DIE

AUSGANGSSPERREN WEITER IN KRAFT BLEIBEN, SCHEINT DIE INTENSITÄT DER ÜBERGRIFFE NACHZULASSEN. DIE BEHÖRDEN SPRECHEN DAVON, DASS DIE NORMALITÄT IN KÜRZE WIEDERHERGESTELLT SEIN DÜRFTE. VIELLEICHT SCHON IN DER NÄCHSTEN WOCHE. TROTZ DIESER ERMUTIGENDEN WORTE WARNEN DIE BEHÖRDEN JEDOCH DAVOR, IN DER WACHSAMKEIT NACHZULASSEN. NIEMAND KANN SAGEN, WIE LANGE DIE TOTEN NOCH AUFERSTEHEN WERDEN ODER WAS DIE EIGENTLICHE URSACHE FÜR DIESES PHÄNOMEN IST. JEDER, DER VON DIESEN AGGRESSOREN GETÖTET ODER VERLETZT WORDEN IST... IST EIN POTENTIELLER FEIND ALLER LEBENDEN MENSCHLICHEN WESEN. WIR MÜSSEN AUCH WEITERHIN ALLE LEICHEN VERBRENNEN ODER ENTHAUPTEN. SO ERSCHRECKEND DIESER RATSCHLAG AUCH KLINGEN MAG, ES IST ABSOLUT NOTWENDIG, IHN STRIKT ZU BEFOLGEN. DOKTOR LEWIS STANFORD VOM BEZIRKSGESUNDHEITSAMT BETONTE DIES NOCH EINMAL

Вы читаете Die Nacht der lebenden Toten
Добавить отзыв
ВСЕ ОТЗЫВЫ О КНИГЕ В ИЗБРАННОЕ

0

Вы можете отметить интересные вам фрагменты текста, которые будут доступны по уникальной ссылке в адресной строке браузера.

Отметить Добавить цитату
×