verlieren würde. Das Mädchen war kurz davor, seinem Wunsch nachzugeben, einfach wegzulaufen, aber es wollte dennoch seinen Bruder retten, obwohl es nicht wußte, wie es das anstellen sollte.

Schließlich fing Barbara an, wie verrückt um Hilfe zu rufen. Ihre Furcht verstärkte sich jedoch durch ihr Rufen nur noch mehr, denn ganz tief drinnen war ihr bewußt, daß niemand in der Nähe war und niemand ihre Schreie hören konnte.

Die beiden Männer rollten auf dem Boden herum, schlugen aufeinander ein und stießen tierische Laute aus - einer errang einen Vorteil, und Barbara beobachtete, während seine Silhouette sich gegen den schwarzen Nachthimmel abzeichnete, wie er mit den Fäusten auf den Kopf des anderen einhämmerte.

Sie fand einen Ast, hob ihn auf und machte einen oder zwei Schritte auf die kämpfenden Männer zu.

Wieder sausten die Fäuste nach unten und landeten mit einem schweren, dumpfen Schlag auf dem Kopf des anderen. Man konnte hören, wie Knochen zerbarsten. Die Gestalt, die jetzt auf der anderen saß, hielt einen großen Stein in der Hand und schlug damit auf den Kopf des Feindes ein.

Mondlicht fiel auf das Gesicht des Siegers, und Barbara mußte feststellen, daß es nicht Johnny war.

Wieder landete der schwere Stein auf Johnnys Kopf. Barbara stand einfach nur da. Der Schock und die Angst hatten sie gelähmt. Und dann fiel der Stein zu Boden und rollte weg, und Barbara wappnete sich. Sie hielt immer noch den Ast, der ihr im Notfall als Prügel dienen konnte, aber der Angreifer erhob sich nicht, sondern kniete immer noch über dem Körper seines geschlagenen Gegners.

Und dann hörte Barbara seltsame Geräusche. Es war wie ein Reißen. Zwar konnte sie nicht deutlich sehen, was der Angreifer trieb, aber die Reißgeräusche drangen weithin durch die Nacht... immer... und... immer... wieder, als ob etwas aus Johnnys Leichnam herausgerissen würde.

Der Angreifer schien sich nicht für Barbara zu interessieren.

Ihr Herz schlug heftig, und die Angst lahmte sie immer noch. Doch diese seltsamen Geräusche hüllten sie ein und schalteten ihre Zurechnungsfähigkeit und ihren Verstand aus. Der Schock war so übermächtig, daß sie dem Tod nah war, und sie hörte nur das Reißen... Reißen, als sich der Angreifer an der Leiche ihres Bruders verging und an ihr herumriß, und - ja! - als ein Hauch Mondlicht durch die vorbeiziehenden Wolken brach, sah sie, daß der Angreifer seine Zähne in Johnnys totes Gesicht grub.

Langsam und mit weit aufgerissenen Augen - wie eine Frau, die in einem Alptraum festsitzt - ging Barbara ganz langsam auf den Mörder ihres Bruders zu. Ihr Mund öffnete sich, und sie stieß unfreiwillig einen lauten Seufzer aus.

Der Angreifer schaute zu ihr herüber. Seine Atemgeräusche -ein Rasseln, das nicht von dieser Welt war - erschreckte Barbara zutiefst. Er lief über Johnnys Leichnam und kam tief geduckt auf sie zugelaufen, wie ein Tier, das jeden Augenblick zum Sprung ansetzen will.

Barbara stieß einen schrillen Schrei aus, der ihre ganze Panik widerspiegelte, ließ ihren Prügel fallen und rannte davon. Der Mann folgte ihr langsam. Augenscheinlich hatte er Probleme, sich zu bewegen, fast so, als ob er verkrüppelt oder behindert wäre.

Er verfolgte Barbara zwischen den Grabsteinen hindurch, während sie stolpernd und keuchend vor ihm floh.

Dann hastete und rutschte sie die matschige, grasbewachsene Terrasse hinunter und landete vor ihrem Wagen, dessen Tür sie hektisch aufriß. Sie konnte die langsamen, gedämpften Schritte ihres Verfolgers hören, der immer näher kam, während sie auf den Fahrersitz rutschte und die Tür zuknallte.

Keine Schlüssel! Die Schlüssel waren in Johnnys Tasche!

Der Angreifer holte auf. Er wurde schneller und war offensichtlich verzweifelt angestrengt, das Mädchen noch zu erwischen.

Barbara umklammerte das Lenkrad, als ob das allein reichte, den Wagen in Gang zu setzen. Sie schluchzte. Und bemerkte fast zu spät, daß die Fenster noch heruntergekurbelt waren - wie eine Verrückte drehte sie sie hoch und verschloß die Türen.

Der Angreifer riß an den Türgriffen und schlug mit Wucht auf den Wagen ein.

Barbara schrie wieder los, aber den Angreifer berührte ihr Geschrei anscheinend überhaupt nicht. Er schien keine Angst zu haben, entdeckt oder überrascht zu werden.

Auf einmal hob er einen großen Stein auf, der auf der Straße lag, und schlug damit auf das Fenster der Beifahrertür ein, so daß es in tausend Scherben zerbarst. Ein weiterer Schlag, und der Stein krachte durch das Fenster. Die Hände des Mannes griffen nach Barbara. Er versuchte sie an den Haaren zu packen, ihr Gesicht, ihre Arme oder einen anderen Körperteil zu erwischen.

Jetzt erst konnte sie einen Blick auf sein Gesicht werfen. Er war leichenblaß, die Züge gräßlich verzerrt - als spiegele es Verrücktheit oder unermeßlichen Schmerz wider.

Ohne zu zögern, schlug sie ihm mit der Faust ins Gesicht. Und im selben Augenblick legte sie ihre Hand auf die Handbremse und löste sie. Der Wagen rollte langsam bergab, aber der Angreifer rannte nebenher, schlug auf den Wagen ein, riß an den Türgriffen und war sichtlich entschlossen, sich nicht abschütteln zu lassen.

Je steiler der Abhang wurde, desto schneller bewegte der Wagen sich vorwärts, und der Mann war abgeschüttelt. Ihm blieb nichts anderes übrig, als nebenherzutrotten. Der Wagen beschleunigte noch mehr, und der Mann konnte nicht länger Schritt halten. Er versuchte, sich am Kotflügel und dann an der Stoßstange festzuhalten, stolperte aber und landete mit einem dumpfen Schlag auf der Straße. Jetzt, wo der Verfolger sich nicht mehr festklammerte, wurde der Wagen immer schneller.

Aber der Mann stand wieder auf und setzte erneut zur Verfolgung an, unbeirrbar und stur, wie er war. Mit schwerfälligen Schritten stolperte er die Straße hinunter.

Der Wagen holperte nun einen steilen, kurvenreichen Hügel hinab. Barbara saß regungslos auf dem Fahrersitz und umklammerte das Lenkrad. Die Dunkelheit und Geschwindigkeit erschreckten sie, doch sie war viel zu verängstigt, um abzubremsen.

Die Scheinwerfer! Sie schaltete sie ein, und ihre Lichtstrahlen tanzten zwischen den Bäumen herum. Das Mädchen riß das Steuer hart herum, um einem Schlagloch auszuweichen. Der Wagen machte einen Satz und sprang darüber hinweg, und sie sah, daß die Straße auf einmal wesentlich schmaler wurde, einspurig, und daß knapp siebzig Meter weiter vorn die abschüssige Strecke zu Ende war und die Straße wieder anstieg.

Hügelaufwärts wurde der Wagen langsamer... und langsamer... denn der Schwung ließ immer mehr nach. Barbara warf einen Blick nach hinten, konnte aber nichts sehen - doch dann zeichnete sich die Gestalt ihres Verfolgers auf einmal gegen den hellen Straßenbelag ab. Der Angreifer kam gerade um eine Kurve gelaufen, und sie wußte, daß er sie über kurz oder lang einholen würde.

Dann, ein paar Meter weiter, blieb der Wagen auf der Steigung stehen. Und kurz darauf mußte Barbara sogar feststellen, daß er langsam zurückrollte und sie ihrem Angreifer näher brachte, der beharrlich aufholte. Der Wagen wurde immer schneller, während sie vor Angst erstarrte.

Schließlich umklammerte sie die Handbremse und riß sie so unvermittelt hoch, daß sie dabei in den Sitz geschleudert wurde. Sie zerrte an dem Türgriff herum, aber die

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