etwas gab, das so wertvoll war, dass man es in einen Safe legte.
Barnaby schlupfte hinein, ohne die Tur anzufassen. Der Safe war leer, wenn man von dem am Boden verstreuten Abfall und einigen Landkartenfutteralen aus Holz absah.
Barnaby zog sein Taschentuch hervor und verwendete es, um eine Schublade zu offnen. Das Schubladeninnere war mit Samt ausgeschlagen, der Vertiefungen aufwies; was wiederum besagte, dass dort einst Gegenstande gelegen hatten. Barnaby schob die Schublade wieder zu, drehte sich zur Tur um und untersuchte kurz das Schloss. Es wies keinerlei Anzeichen eines gewaltsamen Eindringens auf. Auch war keiner der verschlossenen Behalter aufgebrochen worden, die er in den einzelnen Raumen gesehen hatte.
»Die mussen jeden Kode und alle Schlussel gehabt haben«, konstatierte Fenton.
Barnaby nickte. Dies hier war kein Raub.
Er ging hinaus und drehte eine rasche Runde durch den Garten. Das Grundstuck wirkte vernachlassigt. Uberall wucherte Unkraut. Niemand hatte es gerupft. Das Gras war seit ein paar Wochen nicht mehr gemaht worden. Die gesamte Umgebung wirkte irgendwie heruntergekommen.
Barnaby hatte den Eindruck, dass die Vernachlassigung schon vor dem vermeintlichen, vor zwei Wochen stattge-fundenen Raub angefangen hatte. Es sah so aus, als habe der Niedergang des Grundstucks schon vor ein, zwei Monaten begonnen.
Falls dies ein Versicherungsfall war, hingen die Sohne auch mit drin. Vermutlich.
3
Als Barnaby sie fand, standen sie schweigend und bedruckt, mit vor der Brust verschrankten Armen, im Schatten einer Pappel. Wahrend der Lieutenant herankam, fragte der Anzugtyp: »Haben Sie was gefunden?«
»Zum Beispiel?«
Der Mann setzte eine finstere Miene auf. »Haben Sie eine Vorstellung von dem, was gestohlen wurde? Es geht um mehrere hundert Millionen. Herrgott, wer kann da glauben, dass er bei dieser Sache straflos davonkommt? Einige der Kunstwerke sind
Wahrscheinlich ist das Zeug schon in den Mittleren Osten oder nach Japan unterwegs. Sie mussen das FBI und Interpol benachrichtigen und die Flughafen sperren lassen ...«
Er hielt inne, um Luft zu holen.
»Lieutenant Barnaby hat ein paar Fragen«, sagte Fenton.
Er ubernahm die Rolle, die er stets so gut spielte. Seine Stimme klang zwar eigenartig hoch und sanft, doch sie hatte einen bedrohlichen Unterton. »Nennen Sie uns bitte Ihre Namen.«
Der mit den Cowboy-Stiefeln trat vor. »Ich bin Tom Broadbent, und das sind meine Bruder Vernon und Philip.«
»Horen Sie, Officer«, sagte der namens Philip. »Die Kunstwerke sind offensichtlich ins Schlafzimmer irgendeines Scheichs unterwegs. Kein Mensch konnte den Krempel auf dem freien Markt verkaufen - dazu sind die Werke zu bekannt. Nehmen Sie's nicht personlich, aber ich glaube
Barnaby zuckte sein Notizbuch und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Sie hatten noch fast eine halbe Stunde, bevor der Wagen der Spurensicherung aus Albuquerque eintraf.
»Darf ich Ihnen ein paar Fragen stellen, Philip? Hat jemand was dagegen, dass ich ihn mit dem Vornamen an-spreche ?«
»Nein, nein, machen Sie nur.«
»Wie alt sind Sie?«
»Ich bin einunddrei?ig«, antwortete Tom.
»Funfunddrei?ig«, sagte Vernon.
»Siebenunddrei?ig«, gab Philip an.
»Dann sagen Sie mir mal, wieso Sie alle gleichzeitig hier sind?« Barnabys Blick fiel auf den New-Age-Typen - Vernon, der so aussah, als sei er als Lugner absolut inkompetent.
»Unser Vater hat uns einen Brief geschickt.«
»Um was ging's darin?«
»Tja ...« Vernon schaute seine Bruder nervos an. »Das hat er nicht geschrieben.«
»Haben Sie irgendeine Vermutung?«
»Eigentlich nicht.«
Barnabys Blick wanderte weiter. »Philip?«
»Ich hab keinen Schimmer.«
Barnaby nahm Tom ins Visier. Irgendwie gefiel ihm sein Gesicht. Er gehorte offenbar nicht zu denen, die lange her-umlaberten. »Konnen Sie mir vielleicht helfen, Tom?«
»Ich glaube, er wollte mit uns uber unser Erbe reden.«
»Erbe? Wie alt war Ihr Vater?«
»Sechzig.«
Fenton beugte sich vor und wandte mit heiserer Stimme ein: »War er
»Ja.«
»Er hatte Krebs«, erwiderte Tom kuhl.
»Tut mir Leid«, sagte Barnaby. Er legte die Hand auf Fentons Arm, als wolle er ihn daran hindern, weitere taktlose Fragen zu stellen. »Hat jemand den bewussten Brief dabei?«
Die Bruder zuckten das gleiche Schreiben. Es war mit der Hand auf Chamois-Papier geschrieben.
»Bestand irgendeine Chance, ihn vom Krebs zu heilen, oder sa? er dem Tod schon auf der Schaufel?«, fragte Fenton.
Philip schaute ihn an, dann wandte er sich Barnaby zu.
»Wer ist dieser Mann?«
Barnaby warf Fenton, der gelegentlich ubers Ziel hinaus-schoss, einen warnenden Blick zu. »Wir sind alle auf der gleichen Seite und versuchen ein Verbrechen aufzuklaren.«
»Soweit ich wei?«, sagte Philip grollend, »bestand keine Chance auf Heilung. Unser Vater hatte Bestrahlungen und Chemotherapien, aber der Krebs hat Metastasen gebildet, die man nicht entfernen kann. Er hat jede weitere Behandlung abgelehnt.«
»Tut mir Leid«, sagte Barnaby. Er versuchte erfolglos, ein wenig Mitleid vorzutauschen. »Kommen wir noch mal auf den Brief zuruck. Hier steht was uber Reisespesen. Wie viel Geld war den Briefen beigelegt?«
»Zwolfhundert Dollar in bar«, sagte Tom.
»In
»Zwolf Hundert-Dollar-Scheine. Es war typisch fur unseren Vater, Bargeld zu verschicken.«
Fenton mischte sich erneut ein. »Wie
Er hatte dicke Augenwulste, tief liegende Augen, eine gro?e Nase, in der schwarze Haare wucherten, schiefe braune Zahne und ein fliehendes Kinn. Seine Haut war olivfarben, denn er war trotz seines