Hause!
Ihr aber seid hier hereingeworfen wie Wassertropfen auf heißes Eisen. Und wenn jemals wir Odins-Söhne dieses Südland beherrschen, dann werden das doch nur solche von uns, die einen breiten Rückhalt haben an andern Odins-Söhnen.
Ihr aber -: ihr seid ja selbst schon ganz anders geworden als wir. Welsche Frauen haben eure Großväter, eure Väter, ihr selbst gefreit: in wenigen Geschlechtern, wenn das so fortgeht, seid ihr verwelscht: schon seid ihr kleiner, dunkler an Haut und Augen und Haar geworden als wir, wenigstens viele von euch.
Ich sehne mich aus dieser schwülen, weichen Luft nach dem Nordwind, der über unsre Wälder und Wogen braust.
Ja, und auch nach der rauchgeschwärzten Holzhalle, wo die
Götterrunen eingebrannt sind in die Firstbalken und die Harfen der Skalden an den Holzpfeilern hangen und das heilige Herdfeuer immer gastlich lodert. Ich sehne mich nach unsrem Nord zurück: - denn er ist unsre Heimat.»
«So vergönne, daß auch wir unsre Heimat lieben, dies Land Italia!»
«Nie wird's eure Heimat, nur vielleicht euer Grab. Fremd seid ihr, und fremd bleibt ihr. Oder ihr verwelscht. Aber eures Bleibens, als Odins-Söhnen, ist nicht in diesem Land.»
«Mein Bruder Harald, laß es uns doch versuchen», lächelte Totila. «Ja, wir sind verändert seit den zwei Menschenaltern, die unser Volk nun unter Lorbeern lebt. Aber sind wir verschlechtert? Muß man notwendig ein Bärenfell tragen, um ein Held zu sein? Muß man Goldbilder rauben, Marmorbilder zerschlagen, um sich an ihnen zu erfreuen? Kann man nur Barbar sein oder Welscher? Können wir nicht der Germanen Vorzüge behalten, ihre Fehler ablegen, der Welschen Vorzüge uns aneignen, ohne ihre Fehler?»
Aber Harald schüttelte das mähnenumwallte Haupt.
«Mich soll's freuen, wenn's euch gelingt. Aber ich glaub's nicht. Die Pflanze nimmt die Art des Bodens und des Himmels an, darauf und darunter sie wächst. Und ich möcht' es gar nicht, selbst wenn's mir und den Meinen gelänge. Mir sind unsre Fehler lieber als der Welschen Vorzüge: wenn sie welche haben.»
Totila mußte der Worte gedenken, die er einst selber Julius entgegnet. - -
«Vom Nordland geht alle Kraft aus - dem Nordvolk gehört die Welt.»
«Sag's ihnen doch», fiel seine Schwester ein, «in deines Lieblingsliedes Worten.» Und sie reichte ihm die Harfe hin: Harald aber spielte und sang eine Stabreim-Weise, die Adalgoth, in Schlußreime übertragen, Valeria folgendermaßen
verdolmetschte:
«Thor stand am Mitternachts-Ende der Welt: Die Streitaxt warf er, die schwere: <So weit der sausende Hammer fällt, Sind mein das Land und die Meere!> Und es flog der Hammer aus seiner Hand, Flog über die ganze Erde, Fiel nieder an fernsten Südens Rand, Daß alles sein eigen werde. Seitdem ist's freudig Germanenrecht, Mit dem Hammer Land zu erwerben: Wir sind von des Hammer-Gottes Geschlecht Und wollen sein Weltreich erben!»
Lauter Beifall der gotischen Hörer dankte dem königlichen Sänger, der ganz danach aussah, das stolze Lied verwirklichen zu wollen und zu können.
Harald leerte nochmals den tiefen Goldbecher. Dann rief er: «Nun wohlauf, klein Schwesterlein Haralda, auf, ihr meine Segelbrüder da drüben. Nun brechen wir auf.
Auf Deck der Midgardschlange müssen wir sein, bevor der Mond drauf scheint. Wie lautet der Wikingabalk?
<Schlecht schlummert das Schiff, Liegt der Lenker an Land.>
Lange Freundschaft - kurzer Abschied, so ist's NordlandBrauch.»
Totila legte die Hand auf seines Gastes Arm. «Eilt's dir so sehr?
Du fürchtest wohl, mit zu verwelschen? Bleibe nur noch: so rasch geht's nicht: und bei dir hat's damit gute Wege.»
«Ja, da hast du recht, Romkönig», lachte der Riese, «und beim Hammer Thors: ich rühme mich dessen. Aber wir müssen fort.
Drei Dinge hatten wir hier zu tun nach König Frodes Gebot: Euch zu helfen im Kampf. Ihr braucht uns nicht. Oder braucht ihr uns noch? Sollen wir bleiben, bis neuer Kampf entbrannt?»
«Nein», lächelte Totila, «Friede, nicht neuer Kampf steht bevor. Und käm' es wirklich abermals zum Krieg - soll ich dir dann recht geben, Bruder Harald, daß wir Goten zu schwach, uns allein in Italia zu halten? Haben wir nicht die Feinde geschlagen ohne eure Hilfe? Können wir sie nicht wieder schlagen, wir Goten allein?»
«Ich dachte mir's wohl», entgegnete der Wiking. - «Zum zweiten kamen wir, euch zurückzuholen ins Nordland: Ihr wollt es nicht. Und zum dritten: zu heeren auf des Kaisers von Grekaland Inseln. Das ist ein lustig Geschäft und noch lange nicht genug geübt. Kommt mit: helft dabei, rächt euch.» -«Nein, ein Königswort ist heilig. Wir haben Waffenstillstand noch auf Monde. Und höre, Freund Harald. Verwechsle mir ja nicht aus Versehen unsre Inseln mit denen des Kaisers. Unlieb wäre mir, wenn -»
«Nein, nein», lächelte Harald, «sorge nicht. Wir haben's schon gemerkt. Vortrefflich gehütet sind eure Häfen und Küsten. Und hier und da hast du ja hohe Galgen aufrichten lassen und Tafeln daran in römischen Runenzeichen - dein Seegraf zu Panormus hat sie uns gedolmetscht:
<Landräuber gehängt, Seeräuber ertränkt; Das ist das Raubrecht In Totilas Reich.>
Da haben meine Segelbrüder einen heftigen Abscheu bekommen vor deinen Stangen und Tafeln und Runen. Leb' wohl nun, Romkönig der Goten: möge dein Glück dauern: leb' wohl, schöne Schwarzkönigin. Lebt wohl, all ihr Helden: wenn nicht früher - in Walhall treffen wir uns wieder.»
Und rasch sich verabschiedend schritten die Nordleute hinweg.
Haralda warf ihren Falken in die Luft. «Flieg voraus, Snotr, auf Deck!» und pfeilschnell schoß der kluge Vogel hinweg, gerade über den Fluß hinabfliegend.
Der König und Valeria geleiteten die Gäste bis auf die vorletzte Stufe der Treppe: dort tauschten sie den letzten Händedruck.
Noch einen raschen Blick warf die Jungfrau auf Totila. Harald bemerkte es, und er flüsterte ihr zu, als sie allein die letzte Stufe herabstiegen: «Klein Schwesterlein, deinetwegen scheid' ich so rasch. Gräme dich nicht um diesen schönen König.
Du weißt, ich habe vom Vater die Gabe geerbt, todverfallne Männer zu erkennen. Ich sage dir: auf dieses Königs sonnigen Brauen sitzt der Speertod.
Er wird den Mond nicht mehr wechseln sehn.»
Da zerdrückte die Kriegerin eine Träne in den stolzen Augen.
Graf Teja, Herzog Guntharis und Herzog Adalgoth geleiteten die Gäste bis an ihre Boote im Tiber und verweilten, bis sie abgestoßen.
Mit ernstem Blick sah ihnen Teja nach. «Ja, König Frode ist weise», sagte er. «Aber oft ist die Torheit süßer als die Wahrheit. Und großartiger. - Geh nur voran zum Zelt zurück, Herzog Guntharis. Ich sehe da den Fluß herauf das Botenschiff des Königs eilen. Ich will sehen, welche Nachricht es bringt.»
«Ich bleibe bei dir, mein Meister», sprach Adalgoth besorgt, «du siehst so furchtbar ernst. Was hast du?»
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