und wie entfernter Trommelwirbel folgten die Schritte der Manner, die auf die Kampfposten eilten. Wieder sah Horpach zu dem Bildschirm hin. Keiner sagte etwas, aber jetzt hatten alle verstanden, da? das Unmogliche geschehen war: Der Astrogator rustete zum Kampf gegen den eigenen Zyklopen.

Zitternd richteten sich die Zeiger an den Geraten aus wie Soldaten. In den Leuchtrahmen des Leistungsanzeigers erschienen funfstellige, dann sechsstellige Zahlen. Irgendwo spruhten Funken aus der Leitung. Ozongeruch breitete sich aus. Im hinteren Teil der Steuerzentrale verstandigten sich die Techniker durch Handzeichen, welches Kontrollsystem einzuschalten sei. Die nachste Sonde zeigte vor ihrer Vernichtung den langlichen Schadel des Zyklopen, und man sah, wie er sich zwischen den Felswanden hindurchzwangte.

Dann war das Bild wieder leer und stach mit seinem silbrigen Wei? in die Augen. Jeden Moment mu?te die Maschine bereits in Direktubertragung auftauchen. Der Bootsmann am Radarschirm war bereit, eine Au?enbugfernsehkamera uber die Spitze des Raumschiffes auszufahren, durch die das Blickfeld vergro?ert wurde. Der Nachrichtentechniker scho? die nachste Sonde ab. Der Zyklop schien sich nicht geradenwegs auf den „Unbesiegbaren“ zuzubewegen, der ihn in voller Kampfbereitschaft unter der Wolbung des Kraftfeldes erwartete. In gleichma?igen Abstanden stoben Fernsehsonden aus seinem Bug.

Rohan wu?te, da? der „Unbesiegbare“ eine Ladung Antimaterie aufhalten konnte, aber die Sto?energie abzufangen, mu?te Verluste der Energiereserven verursachen.

In dieser Situation hielt er es fur das vernunftigste umzukehren, das hei?t, sich auf eine stationare Umlaufbahn zu begeben. Jede Minute rechnete er mit dem Befehl, aber Horpach schwieg unbegreiflich, als glaubte er, das Elektro— nengehirn der Maschine wurde zur Besinnung kommen.

Tatsachlich fragte er, mit schwerem Blick den Bewegungen der dunklen Gestalt folgend, die lautlos zwischen den Dunen dahinglitt: „Sie rufen ihn doch?“

„Jawohl. Keine Verbindung.“

„Sendet: Sofort stop!“

Die Techniker machten sich an den Pulten zu schaffen.

Zwei-, drei-, viermal zuckten Lichtstreifen unter ihren Handen auf.

„Keine Antwort, Astrogator.“

Warum startet er nicht? Rohan konnte es nicht fassen.

Will er sich die Niederlage nicht eingestehen? Was fur ein Blodsinn! Horpach! Er hat sich bewegt… jetzt… jetzt. befiehlt er… Aber der Astrogator trat nur einen Schritt zuruck.

„Kronotos?“

Der Kybernetiker naherte sich ihm. „Hier.“

„Was konnen sie mit ihm gemacht haben?“

Rohan war betroffen. Horpach hatte „sie“ gesagt, als hatte er es wirklich mit denkenden Gegnern zu tun.

„Die autonomen Stromkreise sind auf Kriotronen“, begann Kronotos, und es war zu spuren, da? er nur Vermutungen aussprechen wurde. „Die Temperatur ist angestiegen, sie haben die Supraleitfahigkeit verloren…“

„Wissen Sie das, Doktor, oder ratseln Sie herum?“

fragte der Astrogator.

Es war ein sonderbares Gesprach. Alle starrten den Bildschirm an, auf dem der Zyklop jetzt ohne Ubertragung durch die Sonde zu sehen war und mit flussigen und doch etwas unsicheren Bewegungen vorwartskroch — er wich mitunter vom Kurs ab, als ware er noch im Zweifel, welchem Ziel er eigentlich zustrebte. Er scho? ein paarmal auf die nun uberflussige Telesonde, ehe er sie traf. Sie sahen sie wie eine grelle Leuchtkugel fallen.

„Das einzige, was ich mir vorstellen kann, ist eine Resonanz“, sagte der Kybernetiker nach kurzem Zogern. „Wenn sich ihr Feld mit der Selbstwecktendenz des Hirns gedeckt hat…“

„Und das Kraftfeld?“

„Ein Kraftfeld schirmt ein magnetisches Feld nicht ab.“

„Schade“, bemerkte der Astrogator trocken.

Allmahlich lie? die Spannung nach, weil der Zyklop nun offensichtlich nicht mehr auf das Mutterschiff zusteuerte.

Die Entfernung zwischen ihnen, die eine Minute zuvor sehr klein gewesen war, wurde wieder gro?er. Das Fahrzeug, das der menschlichen Kontrolle entzogen war, wandte sich hinaus in die Weiten der nordlichen Wuste.

„Der Chefingenieur wird mich vertreten“, sagte Horpach. „Die anderen Herren bitte ich nach unten.“

Die lange Nacht

Rohan wurde vor Kalte wach. Verschlafen kuschelte er sich unter seiner Decke zusammen und pre?te das Gesicht ins Kissen. Er versuchte, das Gesicht mit den Handen zuzudecken, aber immer heftigere Kalte umfing ihn. Er wu?te, da? er zu sich kommen mu?te, aber er zogerte den Augenblick hinaus, ohne zu wissen warum. Mit einemmal richtete er sich im Dunkeln in seiner Koje auf. Ein eisiger Lufthauch traf ihn mitten ins Gesicht. Er sprang aus der Koje und tastete sich leise fluchend zur Klimaanlage. Als er sich hingelegt hatte, war ihm so hei? gewesen, da? er den Knopf auf kalt gedreht hatte.

Allmahlich erwarmte sich die Luft in der kleinen Kajute, trotzdem konnte er, unter der Decke zusammengekauert, nicht wieder einschlafen. Er blickte auf das Leuchtzifferblatt seiner Armbanduhr — drei Uhr Bordzeit. Wieder nur drei Stunden Schlaf, dachte er wutend. Er fror noch immer.

Die Beratung hatte lange gedauert, erst um Mitternacht waren sie auseinandergegangen. Soviel Gerede um nichts und wieder nichts, dachte er. Jetzt, in dieser Dunkelheit, hatte er wer wei? was darum gegeben, in der Raumstation zu sein. Nichts mehr horen und sehen von der verfluchten Regis iii, von ihrem toten und wie der Tod erfinderischen Alptraum! Die meisten Strategen hatten geraten, auf Umlaufbahn zu gehen, nur der Chefingenieur und der Chefphysiker hatten von Anfang an Horpachs Meinung vertreten: bleiben, solange wie moglich. Die Chance, die vier Vermi?ten aus Regnars Gruppe zu finden, stand vielleicht eins zu hunderttausend, oder nicht einmal soviel. Wenn sie nicht schon vorher umgekommen waren, dann konnte nur gro?e Entfernung vom Kampfplatz sie vor der Atomholle gerettet haben. Rohan hatte sehr gern erfahren, ob der Astrogator nur wegen der vier Leute nicht gestartet war oder ob dabei andere Uberlegungen eine Rolle gespielt hatten.

Wie sich die Sache hier ansah, das war eine Seite; ganz anders wurde sie in den durren Worten eines Berichts und im ruhigen Licht der Raumstation wirken. Dort wurde man sagen, da? sie die Halfte der Gelandefahrzeuge und die Hauptwaffe, den Zyklopen mit dem Antimateriewerfer, eingebu?t hatten, der kunftig eine zusatzliche Gefahr fur jedes Raumschiff darstellen wurde, das auf dem Planeten landete, da? sie sechs Menschenleben zu beklagen hatten und da? daruber hinaus die halbe Besatzung krankenhausreif und fur Jahre, vielleicht fur immer, fluguntauglich war. Und wegen dieser Verluste an Menschen, Maschinen und der besten Gerate waren sie vor mikroskopisch winzigen Kristallen, den Geschopfen eines kleinen Wustenplaneten, dem toten Uberbleibsel der auf der Erde langst uberholten Leierzivilisation, davongelaufen — denn was ware jetzt eine Umkehr anderes als eine ganz gewohnliche Flucht.

Aber war Horpach ein Mensch, der solche Beweggrunde berucksichtigte?

Vielleicht wu?te er selbst nicht genau, warum er nicht startete? Vielleicht wartete er auf irgend etwas?

Aber auf was? Freilich, die Biologen hatten von der Moglichkeit gesprochen, jene toten Insekten mit ihrer eigenen Waffe zu schlagen. Wenn diese Art eine Evolution durchgemacht hatte, schlu?folgerten sie, so konnte man ihre weitere Entwicklung steuern. Zunachst musse man bei einer erheblichen Menge eingefangener Exemplare Mutationen, bestimmte Erbveranderungen, hervorrufen, die im Laufe der Vermehrung bei den nachfolgenden Generationen wieder auftreten und die ganze kristalline Rasse unschadlich machen wurden.

Es musse eine sehr spezifische Veranderung sein, eine Veranderung, die sofort einen Nutzeffekt verspreche und zugleich bewirke, da? der neue Typ eine Achillesferse, einen wunden Punkt aufweise, den man angreifen konne. Aber das war eben das ubliche, spekulative Geschwatz von Theoretikern: Sie hatten keine Ahnung, was fur eine Mutation, was fur eine Veranderung das sein sollte, wie sie zu erreichen war, wie viele dieser verfluchten Kristalle zu fangen waren, ohne abermals einen Kampf wagen zu mussen, in dem eine Niederlage noch gro?er

Вы читаете Der Unbesiegbare
Добавить отзыв
ВСЕ ОТЗЫВЫ О КНИГЕ В ИЗБРАННОЕ

0

Вы можете отметить интересные вам фрагменты текста, которые будут доступны по уникальной ссылке в адресной строке браузера.

Отметить Добавить цитату