zum Teil verkohlte Gestalt zu erkennen — der Leichnam des Mannes, den Rohan mit dem Werfer getroffen hatte.

Genau vor der Wegkehre, hinter der die Saulen des Felsentores aufragten, hielt der Zyklop an und naherte sich einer fast bis auf die Talsohle hinunterreichenden Matte aus Metallgestrupp. Gespannt beobachteten sie seine Bewegungen.

Er offnete vorn das Kraftfeld, um durch die Lucke den Inhaustor ausfahren zu konnen, der sich wie ein verlangerter Geschutzlauf mit einer Greifhand aus der Hulse schob, ein paar Strauchbuschel packte und sie anscheinend muhelos aus dem felsigen Untergrund ri?; danach setzte das Fahrzeug ein Stuck zuruck und kroch ruckwarts in die Schlucht hinunter.

Die Operation war glatt verlaufen. Mit Hilfe der Telesonde, die uber der Schlucht schwebte, wurde der Funkkontakt mit dem Gehirn des Zyklopen aufgenommen. Er meldete, da? eine von schwarzen „Insekten“ wimmelnde Probe im Container untergebracht sei.

Der Zyklop hatte sich der Unglucksstelle bis auf hundert Meter genahert. Dort stand, mit dem gepanzerten Heck gegen den Fels gelehnt, Rohans zweiter Energoboter, mitten in dem Felsgang staken die beiden ineinander verklemmten Transporter, und ein Stuck weiter entfernt war der vordere Energoboter. Ein feines Zittern der Luft bewies, da? er noch immer ein Kraftfeld erzeugte, so wie er es getan hatte, als Rohan ihn nach der Katastrophe seiner Gruppe zuruckgelassen hatte. Der Zyklop schaltete erst uber Fernsteuerung die Diracs des Energoboters aus, schwebte dann, nachdem er den Schub verstarkt und sich in die Luft erhoben hatte, geschickt uber die schrag aufragenden Rucken der Transporter hinweg und setzte, nun bereits oberhalb des Engpasses, wieder auf den Felsbrocken auf. Da stie? einer der Beobachter in der Steuerzentrale des „Unbesiegbaren“, der 6o Kilometer von der Schlucht entfernt war, einen Warnruf aus. Das geschah in dem Augenblick, in dem der schwarze Pelz an den Hangen zu rauchen begann, in gro?en Wellen heftig uber das irdische Fahrzeug herfiel und es im ersten Moment vollig unter sich begrub, als ware ein Mantel aus pechahnlichem Rauch darubergeworfen worden.

Doch gleich durchfuhr ein weitverastelter Blitz die ganze Breite der angreifenden Wolke. Der Zyklop hatte seine Teufelswaffe nicht benutzt, es waren nur die von der Wolke erzeugten Energiefelder, die auf sein Kraftfeld gesto?en waren. jetzt schien diese Hulle, die mit einer dicken Schicht wallender Schwarze behaftet war, lebendig geworden zu sein; bald schwoll sie an wie eine riesige Lavablase, bald zog sie sich zusammen, und dieses seltsame Spiel dauerte eine ganze Zeit. Die Manner hatten den Eindruck, als versuchte das ihren Blicken verborgene Fahrzeug die Myriaden von Angreifern zu teilen, die immer zahlreicher wurden, denn immer neue Wolkenlawinen walzten sich in die Schlucht hinab. Der Lichtschein der Schutzsphare war nicht mehr zu sehen, und nur der unheimliche Kampf zweier lebloser, aber gewaltiger Krafte dauerte an in der dumpfen Stille. Schlie?lich seufzte einer der Manner vor dem Bildschirm auf: Die zuckende, schwarze Blase war in einem dunklen Trichter verschwunden, die Wolke hatte sich in eine Art riesigen, uber die hochsten Felsgipfel hinausreichenden Strudel verwandelt; mit dem unteren Ende war sie an den unsichtbaren Gegner gekrallt, und ihre Spitze rotierte in blaulich schillernden, irrsinnigen Umdrehungen als kilometerlanger Mahlstrom. Keiner sagte ein Wort, aber alle hatten begriffen, da? die Wolke auf diese Weise versuchte, die Energieblase, in der das Fahrzeug stak wie der Kern in der Schale, zu zerquetschen.

Rohan sah undeutlich, da? der Astrogator schon den Mund offnete, um den Chefingenieur neben sich zu fragen, ob das Feld standhalten werde. Doch er sagte nichts, er kam nicht dazu.

Der schwarze Strudel, die Wande der Schlucht, das Gestrupp — all das war im Bruchteil einer Sekunde verschwunden.

Es war ein Anblick, als hatte sich in der Tiefe der Klamm ein feuerspeiender Vulkan aufgetan: eine Fontane aus Rauch, kochender Lava, Felsbrocken, und schlie?lich eine gro?e Wolke, die eine Schleppe aus Dampfschleiern hinter sich herzog und immer hoher hinaufjagte, bis der Dampf, der sicherlich vom siedenden Wasser des Baches stammte, die anderthalb Kilometer Hohe erreichte, wo die Telesonde flog. Der Zyklop hatte den Antimateriewerfer eingesetzt.

Keiner in der Steuerzentrale ruhrte sich, keiner gab einen Laut von sich, aber alle empfanden eine schadenfrohe Genugtuung; da? dieses Gefuhl nicht verstandesbedingt war, tat seiner Intensitat keinen Abbruch. Man hatte meinen konnen, die Wolke habe endlich einen ebenburtigen Gegner gefunden. Im Augenblick des Angriffs war jede Verbindung mit dem Zyklopen unterbrochen, und seitdem sahen die Manner nur, was die Ultrakurzwellenstrahlen der Flugsonde uber siebzig Kilometer vibrierender Atmosphare hinweg sendeten. Von dem Kampf, der im Kessel der Schlucht entbrannt war, hatten auch die Leute au?erhalb der Steuerzentrale erfahren. Der Teil der Besatzung, der damit beschaftigt gewesen war, die Aluminiumbaracke aufzubauen, lie? die Arbeit liegen. Am Horizont im Nordosten wurde es hell, als wollte dort eine zweite Sonne aufgehen, gewaltiger als jene, die jetzt im Zenit stand. Dann legte sich uber diesen Lichtschein eine Rauchsaule und ballte sich zu einem massigen Pilz.

Die Techniker, die die Arbeit der Telesonde zu uberwachen hatten, mu?ten sie aus dem Kampfgetummel abziehen und auf vier Kilometer Hohe bringen. So war sie der Zone heftiger, durch die dauernden Explosionen erzeugter Luftstromungen entronnen. Weder die Felsen, die die Schlucht saumten, noch die zottigen Hange, ja nicht einmal die aus ihnen hervorgekrochene schwarze Wolke waren zu sehen. Brodelnde Feuerzipfel und Rauchfetzen, von den parabelformigen Bahnen gluhender Trummer durchkreuzt, fullten die Bildschirme. Die Phonometer der Sonde ubertrugen anhaltendes, mal schwacheres, mal starkeres Donnergrollen, als wurde ein betrachtlicher Teil des Kontinents von einem Erdbeben geschuttelt.

Da? der unheimliche Kampf nicht zu Ende ging, war erstaunlich. In einigen Sekunden wurde der Grund der Schlucht und die ganze Umgebung des Zyklopen den Schmelzpunkt erreicht haben, die Felsen wurden sich senken, zusammensturzen und sich in Lava verwandeln, und da war tatsachlich schon der glutrot glanzende Strom zu sehen, der sich einen Weg zu dem einige Kilometer entfernten Ausgang der Schlucht bahnte.

Hornach uberlegte einen Augenblick, ob sich die Elektronenschalter des Werfers vielleicht verklemmt hatten, weil es schier unmoglich schien, da? die Wolke ihren Angriff auf einen Gegner fortsetzte, der solche vernichtenden Schlage gegen sie fuhrte; aber als die Sonde auf einen neuen Befehl noch hoher gestiegen war und die Grenzen der Troposphare erreicht hatte, bewies ihm der Bildschirm, da? er sich irrte.

Jetzt umfa?te das Blickfeld bereits rund vierzig Quadratkilometer.

Das zerkluftete Gelande war erstaunlich in Bewegung geraten. Langsam, wie in Zeitlupe — allerdings rief nur die Entfernung, aus der sie die Vorgange beobachteten, diesen Eindruck hervor —, quollen von dunkelgefleckten Felshangen, aus Spalten und Hohlen im Gestein immer neue schwarze Knauel hervor, stiegen auf, verbanden und verdichteten sich im Fluge und strebten dem Kampfplatz zu. Minutenlang sah es aus, als wurden die unaufhorlich in den Kampf geworfenen dunklen Lawinen das Atomfeuer erdrucken, allein durch ihre Masse ersticken und ausloschen, aber Hornach kannte die Energiereserven des von Menschenhand geschaffenen Ungetums.

Ein ohrenbetaubendes Donnern, das nun nicht mehr verstummte, drang aus den Lautsprechern und fullte die Steuerzentrale; zugleich bohrten sich drei Kilometer hohe Flammen in die unformige Masse der angreifenden Wolke, rotierten langsam und bildeten eine Art Feuermuhle. Die Luft vibrierte in ganzen Schichten und bog sich von der Glut, deren Zentrum sich gleichzeitig verschob.

Der Zyklop fuhr aus unerklarlichen Grunden ruckwarts und wich, ohne auch nur eine Sekunde den Kampf einzustellen, allmahlich zum Ausgang der Schlucht zuruck. Vielleicht rechnete sein Elektronengehirn damit, da? die Felshange infolge der Atomexplosionen barsten und auf ihn sturzten. Obwohl er auch das unversehrt uberstanden hatte, konnte es doch seine Manovrierfahigkeit beeintrachtigen.

Genug, der kampfende Zyklop bemuhte sich, in offenes Gelande zu gelangen, und in dem brodelnden Durcheinander war nicht mehr zu erkennen, was Feuer aus seinen Werfern, was Qualm, was Wolkenfetzen und was Trummer herabsturzender Felsnadeln waren.

Die Naturkatastrophe schien ihren Hohepunkt erreicht zu haben. Im nachsten Augenblick aber geschah etwas Unglaubliches.

Das Bild flammte auf, erhellte sich zu einem furchtbar grellen, die Augen blendenden Wei? und bedeckte sich mit einem Gewimmel unzahliger Explosionen. In einem neuerlichen Zustrom von Antimaterie wurde alles, was unter dem Zyklopen lag, vernichtet. Luft, Trummer, Dampf, Rauch und Gase — all das spaltete, in harteste Strahlung verwandelt, die Schlucht in zwei Teile, schlo? die Wolke im Umkreis von einem Kilometer in den Bereich der Annihilation ein und flog hoch, wie durch eine Katastrophe im Planeteninnern emporgeschleudert.

Der „Unbesiegbare“, der siebzig Kilometer vom Epizentrum des entsetzlichen Schlages entfernt war, schwankte, seismische Wellen pflanzten sich uber die Wuste fort, die Transporter und die Energoboter unter der

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