eilig ausgerichteten Scheinwerfer lief er mit den anderen dem Ankommling entgegen. Noch ehe der Wagen richtig hielt, sprang ein Mann in zerfetztem Skaphander heraus. Sein Gesicht war von Dreck und Blut so verkrustet, da? Gaarb ihn erst erkannte, als er zu sprechen anfing.
„Gaarb“, stohnte der Mann und fa?te den Wissenschaftler an den Schultern, und die Beine sackten unter ihm zusammen.
Die anderen Manner sprangen herbei, stutzten ihn und fragten aufgeregt: „Was ist geschehen? Wo sind die anderen?“
„Sie… sind.. nicht mehr… Keiner…“, hauchte Rohan und sank ihnen ohnmachtig in die Arme.
Gegen Mitternacht gelang es den Arzten, ihn zu Bewu?tsein zu bringen. Er lag unter dem Aluminiumschutz der Baracke im Sauerstoffzelt und erzahlte, was Gaarb eine halbe Stunde spater dem „Unbesiegbaren“ telegrafierte.
Rohans Gruppe
Die Kolonne, die Rohan geleitet hatte, bestand aus zwei gro?en Energobotern, vier Raupenfahrzeugen und einem kleinen Schwimmwagen. In ihm sa?en Rohan selbst, der Fahrer Jarg und Bootsmann Terner. Sie hielten die Reihenfolge ein, die das Reglement der dritten Gefahrenstufe vorschrieb.
Allen voran rollte ein unbemannter Energoboter, Rohans Aufklarungsamphibie folgte ihm, dann kamen die vier Gelandefahrzeuge, mit je zwei Leuten besetzt, und der zweite Energoboter bildete den Schlu? der Kolonne. Beide Energoboter schutzten die ganze Gruppe durch die Kraftfeldhulle.
Rohan hatte sich zu diesem Abstecher entschlossen, weil es ihnen gelungen war, mit Hilfe von „Elektrohunden“ — Olfaktometern — in dem Krater Spuren der vier verschollenen Manner aus Regnars Gruppe zu entdecken. Ohne Zweifel wurden sie, wenn sie nicht gefunden wurden, hilfloser als Kinder in dem Felsenlabyrinth umherirren und verhungern oder verdursten.
Sie legten die ersten Kilometer nach den Angaben ihrer Me?gerate zuruck. Am Eingang einer der vielen breiten, in dieser Gegend flachen Schluchten, an denen ihr Weg sie vorbeifuhrte, entdeckten sie im Schlamm eines versiegenden Baches deutliche Fu?spuren. Drei Fu?abdrucke erkannten sie, da sie sich in dem weichen Grund, der im Laufe des Tages nur wenig eingetrocknet war, ausgezeichnet erhalten hatten. Ein vierter Abdruck war da, aber er war sehr undeutlich: Das Wasser, das sacht zwischen den Steinen dahinrieselte, hatte ihn bereits verwischt. Diese Spuren waren charakteristisch und lie?en darauf schlie?en, da? sie von dem schweren Schuhwerk der Manner aus Regnars Gruppe stammten und ins Innere der Schlucht fuhrten. Etwas weiter entfernt verloren sie sich auf den Felsen, doch das beein— Rohans Gruppe flu?te Rohan nicht, denn er sah, da? die Hange abschussiger wurden, je tiefer sie in die Schlucht eindrangen. Es war also sehr unwahrscheinlich, da? die amnesiegelahmten Fluchtlinge sie zu erklimmen vermocht hatten. Rohan rechnete damit, da? er sie bald in der Schlucht, die wegen der zahlreichen, scharfen Biegungen nicht zu uberblicken war, finden wurde. Nach kurzer Beratung setzte die Kolonne ihren Weg fort, bis sie an eine Stelle gelangte, an der zu beiden Seiten hangaufwarts merkwurdige, dichte Metallstraudler wuchsen, gedrungene, pinselformige, ein bis anderthalb Meter hohe Gebilde. Sie sprossen aus den mit schwarzlichem Tonschlamm gefullten Spalten im nackten Gestein. Anfanglich traten sie vereinzelt auf, spater als dichtes Gestrupp, das wie eine rostige, burstenahnliche Matte beide Abhange der Schlucht fast bis auf die Talsohle bedeckte. In der Tiefe sickerte zwischen gro?en Felsbrocken unsichtbar eine Wasserader.
Hier und da starrten zwischen den „Strauchern“ Hohlen.
Aus manchen rieselten dunne Rinnsale, andere waren anscheinend trocken oder ausgetrocknet. Rohans Leute versuchten, einen Blick in einige der Hohlen zu werfen, deren Ausgange nicht hoch lagen, und leuchteten mit Scheinwerfern hinein. In einer Grotte fanden sie eine betrachtliche Menge winziger dreieckiger Kristalle, zum Teil von dem Wasser uberschwemmt, das vom Felsgewolbe herabtropfte.
Rohan steckte sich eine Handvoll in die Tasche. Sie fuhren etwa einen halben Kilometer schluchteinwarts; das Gelande stieg zusehends an. Bisher hatten sich die Raupenketten der Fahrzeuge bei der Steigung vorzuglich bewahrt, und als die Manner an zwei Stellen wieder Fu?spuren im eingetrockneten Schlamm am Bachufer entdeckten, waren sie uberzeugt, auf der richtigen Fahrte zu sein. Hinter einer Biegung verschlechterte sich die Funkverbindung, die bislang mit dem Superkopter aufrechterhalten worden war, be— trachtlich, und Rohan schrieb das der abschirmenden Wirkung des Metallgestrupps zu. Beiderseits der oben zwanzig Meter und an der Sohle ungefahr zwolf Meter breiten Schlucht ragten manchmal fast vertikale Felswande auf, wie mit einem steifen, schwarzen Pelz von der drahtigen Strauchermasse bedeckt. Die Straucher waren so zahlreich, da? sie ein einziges, bis zu den Gipfeln des Berggurtels hinaufreichendes Dickicht bildeten.
Die Fahrzeugkavalkade durchquerte zwei breite Felsentore.
Das beanspruchte ziemlich viel Zeit, denn die Techniker mu?ten sehr genau den Radius des Feldes verringern, um nicht an die Felsen zu sto?en, die verwittert und brokkelig waren. Jedes Ansto?en des Energiefeldes an einen Felsenpfeiler konnte also eine ganze Steinlawine auslosen.
Sie bangten naturlich nicht um sich, sondern um die Vermi?ten, die der Steinschlag, wenn sie in der Nahe waren, verletzen oder toten konnte.
Etwa eine Stunde war seit der Unterbrechung der Funkverbindung vergangen, als auf dem Bildschirm der Magnetometer dicht an dicht Blitze aufflammten. Anscheinend funktionierten die Peilgerate nicht, denn als sie die Richtung ablesen wollten, aus der die Impulse kamen, zeigten sie alle Himmelsrichtungen auf einmal an. Erst mit Hilfe der Amperemeter und der Polarisatoren konnte festgestellt werden, da? das Gestrauch an den Wanden der Schlucht die Schwankungen des Magnetfeldes verursachte. Nun erst wurden die Manner gewahr, da? dieses Gestrupp anders aussah als in dem Teil der Schlucht, den sie bereits hinter sich hatten: Es schimmerte nicht rostrot wie dort, und die Straucher, aus denen es bestand, waren hoher, gro?er und gewisserma?en schwarzer, weil an ihren Drahten oder Zweigen sonderbare Verdickungen klebten. Rohan lie? sie nicht naher untersuchen, weil er nicht riskieren wollte, das Schutzfeld zu offnen.
Sie fuhren nun etwas schneller weiter, und die Impulsmesser und die Magnetometer meldeten eine immer andere Aktivitat. Blickte man in die Hohe, so sah man hier und da uber der Flache des schwarzlichen Dickichts die Luft zittern, als ware sie hoch erhitzt, und hinter dem zweiten Felsentor bemerkten sie, da? uber dem Strauchwerk leichte Wolkchen aufstiegen, die an abziehenden Rauch erinnerten. Doch das war so hoch oben auf dem Hang, da? selbst mit dem Fernglas nicht auszumachen war, was sie wirklich darstellten. Jarg allerdings, der Augen hatte wie ein Luchs, behauptete, diese Rauchwolkchen sahen aus wie ein Schwarm kleiner Insekten.
Rohan wurde allmahlich unruhig, die Fahrt dauerte bereits langer, als er sich vorgenommen hatte, und noch immer war das Ende des Schluchtenlabyrinths nicht abzusehen.
Dafur kamen sie jetzt zugiger voran, weil die Steinanhaufungen auf dem Bachgrund aufhorten. Der Bach selbst war tief unter dem Geroll versteckt und fast ganz verschwunden, und nur wenn die Maschinen stoppten, war das leise Glucksen des unsichtbaren Wassers zu horen.
Hinter der nachsten Biegung tauchte ein Felsentor auf, das enger als die vorigen war. Bei den Messungen stellten die Techniker fest, da? man es nicht mit eingeschaltetem Kraftfeld passieren konnte. Bekanntlich kann ein solches Feld nicht beliebige Ausma?e annehmen, sondern es ist stets die Variante eines Umdrehungskorpers, also einer Kugel, eines Ellipsoids oder eines Hyperboloids. Bisher war es ihnen gegluckt, sich durch die Verengungen der Schlucht hindurchzuzwangen, indem sie das Kraftfeld zur Form eines abgeplatteten, selbstverstandlich unsichtbaren Stratospharenballons zusammenpre?ten.
Jetzt aber wurde kein Manover helfen. Rohan beriet sich mit dem Physiker Tomman und den beiden Feldtechnikern.
Sie beschlossen, eine kurze, uberdies nur teilweise Abschaltung des Kraftfeldes zu wagen. Als erster sollte der unbe— mannte Energoboter mit ausgeschaltetem Feldemitor die Enge durchfahren und gleich hinter dem Felsentor den Emitor wieder einschalten, um vorn einen einwandfreien Schutz in Form eines gewolbten Schildes zu bieten. Die Leute in den vier gro?en Maschinen und in Rohans kleinem Aufklarungsfahrzeug wurden bei der Durchquerung des Felsentores nur oben ohne Deckung sein. Der Energoboter am Ende der Kolonne sollte seinen Schild mit dem des ersten gleich hinter dem Pa? verbinden und so das zusammenhangende Kraftfeld wiederherstellen.
Alles verlief genau nach Plan, und das letzte Raupenfahrzeug fuhr gerade zwischen Felssaulen hindurch, als eine sonderbare Erschutterung die Luft zerri? — kein Laut, sondern eine Erschutterung, als ware irgendwo in der