Gegen die lebenden Bewohner der Regis und gegen die toten, das hei?t gegen andere Automaten. Diese Automaten haben notgedrungen die unterschiedlichsten Arten von Energie fur Verteidigung und Angriff eingesetzt.“
„Aber wenn es unter ihnen keine Flugautomaten gegeben hat…“
„Ich kann mir denken, worum es Dr. Lauda geht“, bemerkte der stellvertretende Chefkybernetiker Saurahan.
„Diese riesigen Automaten, diese Makroautomaten, hatten miteinander Verbindung, um gemeinsam zu operieren, und waren am leichtesten durch Isolierung zu vernichten, durch Zersplitterung. Am besten war ihnen dadurch beizukommen, da? man die Nachrichtenubermittlung blockierte…“
„Es handelt sich gar nicht darum, ob sich die einzelnen Verhaltensweisen der ›Wolke‹ ohne Intellekthypothese erklaren lassen oder nicht“, entgegnete Kronotos, „denn wir brauchen die scharfe Occamsche Trennung nicht zu beachten.
Zumindest jetzt ist es nicht unsere Aufgabe, eine Hypothese zu suchen, die mit sparsamsten Mitteln uber alles Aufschlu? gibt, sondern eine, die uns ein Maximum an Sicherheit bei unseren weiteren Aktionen gewahrleistet.
Deshalb sollten wir lieber annehmen, da? die ›Wolke‹ durchaus uber einen bestimmten Grad von Intelligenz verfugt, das ist kluger. Wir wurden dann bedachtsamer zu Werke gehen. Wenn wir hingegen mit Lauda meinten, die ›Wolke‹ habe keinen Intellekt, und sie hatte ihn in Wirklichkeit doch, dann konnten wir fur diesen Irrtum leicht einen erschreckend hohen Preis zahlen mussen… Ich spreche jetzt nicht als Theoretiker, sondern vor allem als Stratege.“
„Ich wei? nicht, wen Sie bezwingen wollen, mich oder die ›Wolke“‹, entgegnete Lauda ruhig. „Ich bin nicht gegen Vorsicht, aber die ›Wolke (hat nur soviel Intellekt wie ein Insekt, ja eigentlich nicht mal wie ein einzelnes Insekt, sondern, sagen wir, wie ein Ameisenhaufen. Ware es anders, so lebten wir doch langst nicht mehr.“
„Beweise!“
„Wir waren fur sie nicht der erste Gegner der Gattung Mensch. Sie hatte schon mit ihr zu tun. Ich mache darauf aufmerksam, da? vor uns der ›Kondor‹ hier war. Na, und um ins Kraftfeld einzudringen, brauchten sich die mikroskopisch kleinen ›Fliegen‹ lediglich durch den Sand zu graben.
Das Feld reicht nur bis an seine Oberflache. Sie kannten die Kraftfelder des ›Kondors‹, also hatten sie sich auch die Angriffsmethode aneignen konnen. Das haben sie aber nicht getan. Die ›Wolke‹ ist also ohne Intellekt, oder sie handelt rein instinktiv.“
Kronotos wollte nicht aufgeben, aber da schritt Horpach ein und schlug vor, die Diskussion aufzuschieben. Er bat um konkrete Vorschlage auf Grund der Zusammenhange, die nun als sehr wahrscheinlich anzusehen seien.
Nygren fragte, ob man die Leute nicht mit Metallhelmen ausrusten konne, die die Wirkung eines Magnetfeldes aufhoben.
Die Physiker meinten jedoch, das sei zwecklos, denn ein kraftiges Feld erzeuge in dem Metall Wirbelstrome, die den Helm stark erhitzten. Und wenn er dann zu hei? sei, bleibe nichts ubrig, als ihn vom Kopf zu rei?en. Die Wirkung konne man sich ausmalen.
Unterdessen war es Nacht geworden. In einer Ecke des Raumes unterhielt sich Horpach mit Lauda und den Arzten.
Die Kybernetiker bildeten eine andere Gruppe.
„Es ist immerhin ungewohnlich, da? die Wesen mit der hoheren Intelligenz, die Makroautomaten, nicht gesiegt haben“, sagte einer. „Das ware die Ausnahme, die die Regel bestatigt, da? namlich die Evolution in Richtung der Komplizierung, der Vervollkommnung der Homoostase verlauft, der Information und ihrer Nutzung.“
„Diese Automaten hatten keine Chance, eben weil sie von Anfang an so hochentwickelt und so kompliziert waren“, widersprach Saurahan. „Begreifen Sie doch, sie waren hochspezialisiert und fur die Zusammenarbeit mit ihren Konstrukteuren, den Leierbewohnern, bestimmt. Als es die nicht mehr gab, waren sie gewisserma?en verstummelt, ihres Kopfes beraubt. Die Formen hingegen, aus denen die heutigen ›Fliegen‹ entstanden sind — ich behaupte keineswegs, da? sie schon damals existierten; ich halte das sogar fur ausgeschlossen, sie mussen bedeutend spater entstanden sein —, diese Formen waren verhaltnisma?ig primitiv, deshalb standen ihnen viele Entwicklungsmoglichkeiten offen.“
„Vielleicht hat ein noch wesentlicherer Faktor eine Rolle dabei gespielt“, warf Dr. Sax ein, der zu ihnen getreten war. „Wir haben es mit Mechanismen zu tun, und Mechanismen weisen niemals Regenerationstendenzen auf wie ein lebendes Wesen, ja uberhaupt lebendes Gewebe, das sich nach einer Verletzung selbstandig erneuert. Selbst wenn ein Makroautomat imstande ware, einen anderen zu reparieren, brauchte er dazu Werkzeuge, einen ganzen Maschinenpark. Folglich genugte es, sie von ihren Werkzeugen zu trennen, um sie au?er Gefecht zu setzen. So sind sie fast wehrlos den fliegenden Geschopfen zum Opfer gefallen, denen es weit weniger ausmachte, beschadigt zu werden.“
„Sehr interessant“, sagte Saurahan plotzlich. „Daraus folgt, da? man Automaten, damit sie wirklich universell sind, ganz anders bauen mu?, als wir es tun: Man mu? von kleinen Elementarbausteinen ausgehen, von Pseudozellen, die einander ersetzen konnen.“
„Das ist gar nicht so neu“, entgegnete Sax lachelnd, „denn lebende Formen entwickeln sich eben auf diese Weise, und nicht von ungefahr. Deswegen besteht auch die ›Wolke‹ gewi? nicht rein zufallig aus solchen austauschbaren Elementen.
Es ist eine Frage des Materials. Ein beschadigter Makroautomat benotigt Teile, die nur eine hockentwickelte Industrie zu erzeugen vermag. Ein System hingegen, das sich aus ein paar Kristallen, Thermistoren oder anderen einfachen Elementen zusammensetzt, kann ohne weitere Folgen zerstort werden, weil es sofort durch eins von den Milliarden ahnlicher Systeme ersetzt wird.“
Horpach sah, da? von ihnen nicht viel zu erwarten war, und verlie? die Versammelten; sie bemerkten es kaum, so sehr waren sie in die Diskussion vertieft. Er ging in die Steuerzentrale, um Rohans Truppe von der Hypothese der „toten Evolution“ zu unterrichten. Es war bereits dunkel, als der „Unbesiegbare“ Verbindung mit dem Superkopter im Krater bekam. Am Mikrofon meldete sich Gaarb.
„Ich habe hier nur sieben Leute“, sagte er, „unter ihnen zwei Arzte bei den Verungluckten. Die anderen schlafen, au?er dem Funker, der neben mir sitzt. Ja, wir haben vollstandigen Feldschutz. Aber Rohan ist noch nicht zuruck.“
„Noch nicht zuruck? Und wann ist er aufgebrochen?“
„Gegen 18 Uhr. Er hat sechs Maschinen mitgenommen und die ganze ubrige Mannschaft. Wir haben vereinbart, da? er nach Sonnenuntergang zuruckkommt. Die Sonne ist vor zehn Minuten untergegangen.“
„Haben Sie Funkverbindung mit ihm?“
„Die ist seit einer Stunde unterbrochen.“
„Gaarb! Warum haben Sie mich nicht sofort verstandigt?“
„Weil Rohan angekundigt hat, da? die Verbindung eine Zeitlang abrei?en wurde. Sie wollten in eine der tiefen Schluchten vordringen, wissen Sie. Die Hange sind dort mit diesem Sauzeug aus Metall bewachsen. Das reflektiert so stark, da? nicht die Spur von einem Signal zu kriegen ist.“
„Bitte, verstandigen Sie mich unverzuglich, wenn Rohan wieder da ist. Er wird sich dafur zu verantworten haben.
So konnen wir im Handumdrehen alle unsere Leute verlieren.“
Der Astrogator hatte noch nicht ausgeredet, als Gaarbs Aufschrei ihn unterbrach: „Sie sind da, Astrogator! Ich sehe Lichter, sie kommen den Hang herauf, das ist Rohan.
Eins, zwei, nein, nur eine Maschine… Gleich werden wir mehr wissen.“
„Ich warte.“
Als Gaarb das Scheinwerferlicht erblickte, das flach uber den Boden wischte, bald Lichtgarben uber das Lager schleuderte, bald hinter Bodenwellen verschwand, ergriff er eine Leuchtpistole und scho? zweimal. Der Erfolg war gro?artig — alle wurden aus dem Schlaf gerissen und sprangen auf die Beine. Unterdessen beschrieb die Maschine einen Bogen, der wachhabende Funker der Zentrale offnete einen Durchla? in der Wand des Kraftfeldes, und uber den mit blauen Blinkfeuern abgesteckten Gelandestreifen rollte ein staubbedecktes Raupenfahrzeug herein und bremste vor der Dune, auf der der Superkopter stand. Zu seinem Entsetzen erkannte Gaarb in der kleinen Maschine die Drei-Mann— Aufklarungsamphibie, den Funkwagen der Gruppe. Im Licht der