Gonzales niederscho?. Ich sah auch die dicke, helle Flussigkeit, die langsam von Svadins Armstumpf tropfte, sah das dicke Ding mit den funf Fingern, das im Kies zu seinen Fu?en lag.

Und uber uns stand der Christus vom Corcovado, erhellt vom verloschenden gelben Feuer, und starrte herab auf den Mann, der von den Toten auferstanden war, um die Welt zu regieren.

Vier Manner hatten die Welt beherrscht, als Svadin in Budapest von seinem Totenbett aufgestanden war. Nasuki, Rasmussen, Gonzales, Moorehead. Gonzales war tot.

Zwei Manner hatten an Svadins Seite gestanden, als er das Ding aus der Erde und das schleimige Ding aus dem Meer vernichtet hatte. Donegan und Heinrich Sturm.

Sturm allein blieb ubrig. Im Wei?en Haus in Washington zeigte ich Richard Moorehead die Fotos, die ich auf dem Corcovado geknipst hatte. Ich zeigte sie Nasuki in Tokio und Nils Rasmussen in London. Ich erzahlte ihnen von anderen Dingen, die ich gehort und gesehen hatte, nannte ihnen die Namen von Mannern, die geredet hatten und wieder reden wurden.

Ich trug einen kleinen goldenen Beutel unter meinem Rockaufschlag – einen Beutel in der Form der Crux Ansata, des verschlungenen agyptischen Kreuzes – ein Symbol des naturlichen, heiligen Lebens.

Ich suchte Jim Donegan auf, bevor es zu spat sein wurde. Es war zu spat. Seit dem Morgen, als Nicholas Svadins Silberflugzeug auf dem Rollfeld des Budapester Flughafens gelandet war, seit Svadin, Donegan und Heinrich Sturm in die schwarze Limousine gestiegen waren, hatte man den gro?en rothaarigen Amerikaner nicht mehr gesehen.

Sturm war da, immer in Svadins Nahe, Tag und Nacht, und niemand konnte mit ihm sprechen. Und allmahlich wurde er immer seltener gesehen, wahrend sich Svadin in seinen Raumen verbarg, hinter zugezogenen Vorhangen, und seine Diener aus dem Palast schickte. Er baute eine Stahlwand rings um sich herum, die nur der Zoologe Heinrich Sturm passieren durfte.

Irgend etwas braute sich zusammen hinter jenem Eisenring – etwas, das sich schon langst angedeutet hatte, lange bevor Svadin nach Oaxaca gekommen war, um den goldenen Gott in den Tod zu locken, lange bevor der bartige, bebrillte kleine Wissenschaftler aus Deutschland zum erstenmal an ihn herangetreten war, jener Mann, der nun als einziger sah, der als einziger wu?te, ob Svadin noch am Leben war. Und doch drangen Svadins Befehle aus dem gro?en, leeren Budapester Palast.

Und die Welt begann zu bangen.

Als er von seiner Totenbahre aufgestanden war, hatte Nicholas Svadin das Wissen eines Herrschers und das Genie eines Gottes in sich vereint. Die Menschen hielten ihn fur einen Gott und wurden nicht enttauscht. Er dachte mit diamantener Klarheit, sah kristallklar die Bedurfnisse und die Schwachen der Menschen und der menschlichen Welt. Er gestaltete die Erde zu einem Ort, wo die Menschen glucklich und sicher leben konnten – ohne unerfullte Wunsche, ohne Unannehmlichkeiten – wo sie ein menschenwurdiges Dasein fuhren konnten.

Im Lauf der Monate hatte sich Svadin verandert. Sein Geist wurde gro?er und harter, sein Denken klarer. Wissenschaftler, Okonom, Diktator – er war alles. Die Dinge, die er befahl, die Anordnungen, die die Menschen auf der ganzen Welt befolgten, waren dem Verstand eines Gottes entsprungen – eines Gottes, der der menschlichen Rasse entstammte. Aber zur gleichen Zeit kam ihm die Menschlichkeit abhanden.

Niemals, seit jenem Tag, als die Totenlilien von seiner Leiche gefallen waren, als sich sein steifer Korper in der Sonne Budapests erhoben hatte – niemals mehr seit jenem Tag hatte er seinen Namen ausgesprochen.

Er war Svadin – aber Svadin war nicht mehr derselbe. Er war kein Mensch mehr. Er war eine Maschine.

Angenommen, eine Maschine konnte alle Fakten abwagen, die den Fortschritt der Menschheit oder das Leben einzelner Menschen bestimmten, konnte mit absoluter, mathematischer Fairness beurteilen, welchen Kurs jeder ansteuern sollte, damit das Wohl der Allgemeinheit gewahrleistet war. Wenn das fur einen einzelnen Menschen Tod oder Qual bedeutete, was bedeutete das schon, wenn das Wohl der ganzen Menschheit berucksichtigt werden mu?te? Wenn eine Stadt oder eine Nation vernichtet werden mu?te, um gleichzeitig ein monstroses Ding zu zerstoren, das die Menschheit bedrohte, mu?te Rio nicht glucklich sein, weil es die Gelegenheit erhielt, der gesamten Menschheit eine Wohltat zu erweisen? Kein Mensch wurde diese Frage verneinen. Aber Svadin war kein Mensch. Was war er? Was war aus ihm geworden? Die Liga des Goldenen Kreuzes hatte es sich zum Ziel gesetzt, diese Fragen zu beantworten.

Keine Bewegung ist gro?er als ihre Anfuhrer. Und jene, die das verschlungene Kreuz des Lebens als Abzeichen trugen, wurden angefuhrt von den drei Mannern, zu denen die Welt, abgesehen von Svadin, aufschaute, auf deren gerechtes Urteil sich die Menschheit verlie?, auf deren menschliche Entscheidungen sie baute. Denn Svadin konnte keine menschlichen Entscheidungen mehr treffen. Bevor er von den Toten auferstanden war, hatten jene drei Manner die Welt regiert. Und die hatten die Absicht, erneut die Herrschaft zu ubernehmen.

Keine geringeren Manner als sie hatten Plane schmieden konnen, so wie sie es taten, ohne Svadins Wissen. Niemand anderes als sie hatte alles bis ins kleinste Detail planen konnen.

Da? die Dinge sich anders entwickelten, war nicht ihre Schuld. Es war die Schuld des Wissens, das sie besa?en, oder ihrer Interpretation dieses Wissens.

Noch hatte ich Jim Donegan nicht gefunden. Und ich hatte auch Heinrich Sturm nicht gesehen.

Auf der ganzen Welt ging die Saat der Revolution auf, verbreitete sich weiter als damals unter den kleinen braunen Mannern, die getrieben waren von der Furcht vor dem goldenen Gott. Doch auf der ganzen Welt fiel der Samen der Revolte auf den unfruchtbaren Boden der Angst – der Angst vor einem Mann, der von den Toten auferstanden war, vor einem Mann, der ein Gott war, mit der Macht eines Gottes ausgestattet, mit den Augen eines Gottes, mit der Rachsucht eines Gottes.

Die Menschen, Millionen kleingeistiger, aberglaubischer Menschen, furchteten Svadin mehr, als sie ihn ha?ten. Auf seinen Befehl hin hatten sie Bruder und Vettern getotet, Vater und geliebte Frauen, Freund und Feind. Vernunft und Gerechtigkeit bedeuteten ihnen nichts. Es mu?te eine gro?ere Furcht geben, die sie antrieb – und es war meine Aufgabe, die Quelle dieser Furcht zu finden.

An allen Orten standen Svadins Palaste, uberall hielten seine Soldaten in ihren Panzeruniformen Wache. Ich stellte Nachforschungen an und spionierte, hielt Ausschau nach einem roten Schopf, nach einer unglaublich ha?lichen roten Knollennase. Und es dauerte lange, sehr lange, bis ich Jim Donegan fand.

Svadins Festung ragte aus den von Unkraut uberwucherten Garten am Stadtrand von Budapest. Ich fand alte Manner, die jene Garten angelegt hatten, die Bewasserungsanlagen gebaut und den Grundstein des Palastes gelegt hatte, einen Tag, bevor Svadin das Licht der Welt erblickt hatte. Ich suchte Orte auf, die seit Generationen nur von Ratten frequentiert wurden. Meine Finger tasteten in einem stinkenden Dunkel umher, das seit Jahrzehnten nur Ratten kannte. Die Sprossen langst verrosteter Eisenleitern trugen mein Gewicht. Welke Blatter, die jahrelang auf kleine Gitter gefallen waren, wurden weggeraumt, Licht drang hindurch. Der kleine Agyptische Ankh wurde zum Symbol einer Bruderschaft von Maulwurfen, die unter den Grundmauern von Svadins machtigem Mausoleum die Erde aufscharrten. Und eines Tages fanden meine tastenden Finger, was sie gesucht hatten.

Ich horte ein Klopfen durch den dicken Stein. Ich lauschte angespannt, klopfte, lauschte wieder. Nicht nur Donegan war verschwunden. Viele Manner kauerten in ihren dunklen Zellen, lauschten unseren Fragen, beantworteten sie, so gut sie konnten, wiesen unseren Drillbohrern und Schaufeln den Weg durch das Gestein unterhalb von Budapest. Immer naher kamen wir. Sie hatten Moglichkeiten, ohne Worte zu sprechen, aber wir konnten keinen Kontakt aufnehmen mit dem rothaarigen Amerikaner, von dem uns ihr Klopfen erzahlte. Irgend etwas verhinderte dies – etwas, das sie uns nicht erklaren konnten. Und wir gruben immer weiter, klopften, folgten ihren mageren Hinweisen.

Nun kam eine Zeit, wo wir die Verbindung mit der Au?enwelt verloren. Wir drei waren eine Welt fur sich, wir verga?en, da? es noch ein Drau?en gab, da? es irgend etwas anderes gab als die gro?e Aufgabe, die uns durch Dunkel und Nasse trieb. Wir erfuhren nichts von der Welt – und die Welt horte nichts von uns.

Nasuki wurde ungeduldig, auch der Mann, der Gonzales’ Platz eingenommen hatte. Die Arbeit des Goldenen Kreuzes erzielte Fortschritte, die Revolution gewann immer mehr Anhanger, die Nasuki und Gonzales’ Nachfolger, Rasmussen und Moorehead aufforderten, endlich die Initiative zu ergreifen.

Die brutende Stille, die uber Svadins Palast lag, die harten, kalten Befehle, die er der Welt durch das Sprachrohr Heinrich Sturm erteilte, um die Zivilisation zu formen wie ein Bildhauer seinen Granitblock, trieben die Manner an den Rand des Wahnsinns.

Wieder flammte die Revolution auf – und diesmal stellte sich Bruder gegen Bruder auf der ganzen Welt, Furcht gegen Zorn, Svadin gegen die gro?en Vier. Ich habe Bilder von Svadin gesehen, den die Flamme des

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