Krieges auf den Balkon seines Palastes lockte, der den knieenden Menschenmassen todliche Befehle entgegenschrie. Die Krankheit, wenn es eine Krankheit war, die ihn verandert hatte, schritt rasch voran. Er sah dem Mann, der vor einigen Jahren auf der Totenbahre gelegen hatte, kaum noch ahnlich, dem Mann, in den neues Leben gedrungen war.

Er war riesig, mi?gestaltet, monstros, aber die Angst und die Ehrfurcht der Menschen waren so gro?, da? sie seine Befehle nicht in Frage stellten, da? sie sogar ihre Kinder hinmordeten, so wie sie Getreide mahten.

Das verschlungene Kreuz war ein Emblem des sicheren Todes. Abtrunnige schworen der Liga ab, verrieten andere, die ihr die Treue gehalten hatten. Schlie?lich sturmte eine verzweifelte Schar die Budapester Festung, wurde von Svadins Getreuen aufgehalten.

Und unter ihren Fu?en gruben und klopften wir drei, nicht ahnend, was da oben geschah, gruben und klopften und fanden, was wir suchten.

Ich erinnere mich noch gut an jenen Augenblick, als ich im stickigen Dunkel eines Tunnels kniete, als ich meine Finger in die Felsspalten rings um den massiven Block bohrte. Seit Stunden hatten wir auf das Gestein eingehammert, zwei hatten jeweils geschlafen, wahrend einer arbeitete. Wir hatten die Spalten erweitert, hatten den Block in dem Bett gelockert, in das er vor einem Menschenleben gesetzt worden war. Meine gefuhllosen Finger schienen ein Teil des Steins geworden zu sein.

Dunard zupfte an meinem Armel, bat mich, ihm Platz zu machen. Der gro?e Block bewegte sich in seinem Bett, neigte sich vor, sturzte auf mich zu, und in letzter Sekunde warf ich mich zur Seite. Dann buckte ich mich uber die schleimige Felsmasse, Smirnoffs Taschenlampe in der Hand, starrte in die schwarze Hohle dahinter. Der runde Strahl der Lampe wanderte uber verfaultes Stroh, uber tropfende, von Moos bewachsene Wande, richtete sich auf ein Gesicht mit Knollennase, von rotem Haar umrahmt.

Es war Donegan.

Wir futterten ihn, wahrend Dunard auf die eisernen Hand- und Fu?fesseln einhammerte, die ihn an die Wand ketteten. Als er sich kraftiger fuhlte, begann er zu sprechen, beantwortete meine Fragen, erzahlte von Dingen, die uns nun schrecklich klar wurden im Licht vergangener Ereignisse.

Schlie?lich trennten wir uns. Dunard und Smirnoff kehrten in die Au?enwelt zuruck, um die Bruderschaft des Kreuzes zu verstandigen. Und Donegan und ich brachen in die dunklen Verliese auf, die unter Nicholas Svadins Palast lagen.

Der Wachter an der Zellentur starb so wie die anderen Wachtposten, die wir zuvor getotet hatten. Wir hatten keine andere Wahl. Ich erinnerte mich an die Klopfzeichen jener Verzweifelten, die verborgen waren hinter dicken Mauern. Und ich wu?te, was jene lebendig Begrabenen tun wurden, wenn sie die Gelegenheit dazu bekamen. Und die wollte ich ihnen geben.

Wir waren eine kleine, aber entschlossene Armee, als wir die gro?e Haupttreppe in Svadins Palast hinaufsturmten, den grimmigen Reihen treuer Wachter entgegen. Auf dem obersten Absatz traten sie uns in den Weg – und drau?en, im gro?en Hof vor dem Tor, horten wir das Gewehrfeuer unserer Mitstreiter, die gegen Angst und Ignoranz kampften.

In diesem Augenblick glaubten wir, da? Smirnoff und Dunard bis zu unseren Brudern vorgedrungen waren und unsere Botschaft den Mannern ausgerichtet hatten, die die Flamme der Revolution entzunden konnten. Wir wu?ten nicht, da? unsere beiden Freunde uberwaltigt worden waren, bevor sie unsere Streitkrafte erreichten.

Bewaffnet mit den Schie?eisen, die wir gefunden oder unseren Gegnern entrissen hatten, rannten wir die breite Treppe hinauf, mitten hinein in das feindliche Feuer. Wir sturzten uns auf die Wachter, schlugen sie nieder wie die Bauern mit ihren Dreschflegeln den Weizen, richteten ihr Maschinengewehr auf ihre Rucken, als sie die Flucht ergriffen, streckten sie nieder, so da? sie in einer langen Reihe liegenblieben, auf dem ganzen Korridor verstreut, der zu Svadins Tur fuhrte.

Dann standen wir auf der obersten Stufe, hinter dem Maschinengewehr, starrten auf jene Tur – halbnackt, schmutzig, mit Blut bespritzt. Eine gro?e, atemlose Stille erfullte den Palast, nur durchbrochen vom Larm des Gewehrsfeuers drau?en im Hof, das nur gedampft durch die dicken Mauern drang.

Dann hob Donegan das Gewehr auf, stieg uber die Leiche eines Wachters, die verkrummt auf dem Boden lag. Seine blo?en Fu?e tappten klatschend uber den kalten Steinboden des breiten Flurs, und hinter ihm hallten unsere Schritte von den Wanden wider, in gleichma?igem Rhythmus, trommelten einen Totentanz zu Ehren Nicholas Svadins.

Wir erreichten die Tur, und sie flog auf.

Heinrich Sturm stand vor uns – Sturm, kleiner und gebeugter denn je -Sturm mit Entsetzen in den Augen, mit schreckverzerrtem Gesicht, und aus einer klaffenden Wunde an seinem Hals flo? Blut auf seine Brust hinab. Er stammelte deutsche Worte, halb erstickt von seinem Blut, schwankte, brach zu unseren Fu?en zusammen.

Wir starrten uber ihn hinweg in den gro?en dunklen Raum, auf Svadin, der neben seinem gro?en Himmelbett stand, auf die zehn grausigen Gestalten hinter ihm.

Donegans Maschinengewehr verspruhte seine Ladung, uber den blutenden Korper des Zoologen Heinrich Wilhelm Sturm hinweg. Die Kugeln schlugen in den weichen Leib Nicholas Svadins, in die zehn gespenstischen Wesen, die ihn jetzt umringten. Er bebte, als die Kugeln ihn durchbohrten und sein wei?es Fleisch aufrissen, aber er stand nur da und lachte. Er lachte, wie der Gott des Goldes gelacht hatte, mit einer Stimme, die Tod und Verdammnis fur die Menschheit bedeutete. Er lachte, und dann schritt er auf uns zu, quer durch den Raum, und sein Hollenpack trottete hinter ihm her.

Es gibt eine Furcht, die allen Mut ausloschen kann. Und eine solche Furcht erfa?te uns nun. Wir wandten uns ab und liefen davon – Donegan mit dem Maschinengewehr, das er wie ein Kind in seinen Armen hielt, ich mit dem alten Heinrich Sturm, den ich wie einen nassen Sack hinter mir herschleifte. Und die anderen folgten uns, taumelnd und schreiend.

Wir stolperten uber die Toten im Korridor, rasten die breite Treppe hinab in die Halle, durch das offene Tor hinaus in den Hof. Und dann hielten wir an, zwischen zwei Feuern gefangen.

Hundert Mann waren von der Bruderschaft des Kreuzes ubriggeblieben. Sie hatten sich zu einem wirren Haufen in der Mitte des Hofes versammelt, umzingelt von den Mannern, die der Angst und Nicholas Svadin die Treue hielten. Als wir durch das gro?e Tor in den Hof sturzten, angefuhrt von der hageren, nackten Gestalt des rothaarigen Jim Donegan, richteten sich alle Blicke auf uns – und jede Hand unterbrach fur Sekunden ihr morderisches Werk.

Dann regte sich wunderbarerweise der alte Heinrich Sturm in meinen Armen, schrie mit seiner gurgelnder, vom Blut erstickten Stimme in deutscher Sprache: »Er ist kein Gott! Er kommt aus der Holle – er ist ein Teufel! Ein Vampir! Ein Blutsauger! Er und sein verfluchtes Gezucht!«

Andere Stimmen wiederholten den Ruf, in anderen Sprachen, und er ging rasch von Mund zu Mund.

Alle kannten Heinrich Sturm. Sie wu?ten, da? er Svadins Vertrauter war, Svadins Sprachrohr, der Mann, der Svadins Befehle an die Welt weitergegeben hatte. Alle horten, was Heinrich Sturm gesagt hatte – und dann blickten sie auf Nicholas Svadin, der in der Tur erschien.

Er war nackt, so wie in jenem Augenblick, als die Tur seines Schlafzimmers aufgeflogen und Sturm taumelnd herausgekommen war. Sein Korper war leichenbla?, ubersat mit gelbroten Flecken der Verwesung, aufgeblaht von den Gasen des Todes. Svadin, der Untote, der Unmensch – und rings um seine Beine drangten sich seine zehn zitternden Ebenbilder, zehn teigige, leichenwei?e Monstren, Fleisch von seinem Fleisch.

Er stand da, mit gespreizten Beinen, auf den Stufen vor dem Tor, blickte hinab auf die Menge, in die blutigen Gesichter, und sein Armstumpf schlug gegen die weiche, unbehaarte Brust, uber die sich die Linie der Kugeleinschusse wie ein blutrotes Band zog. Und er schrie mit einer Donnerstimme, die wie das Gebrull eines brunftigen Stiers klang: »Ich bin Nicholas Svadin!«

Und in einem grausigen, spottischen Echo piepsten ihm die zehn Zwergmonstren nach: »Ich bin Nicholas Svadin!«

Heinrich Sturm hing in meinen Armen und starrte auf das Wesen, dessen Sklave er gewesen war, und seine alten Lippen flusterten funf Worte, bevor ihm der Kopf auf die Brust sank, bevor er sein Leben aushauchte. Der rote Jim Donegan horte die funf Worte und schrie sie in die Welt hinaus.

Auch Svadin horte sie, und wenn sein Totengesicht Gefuhle ausdrucken konnte, so spiegelte es jetzt Angst wider. Die dicken roten Lippen teilten sich zu einem Grinsen des Grauens, uber gro?en gelben Fangen.

»Verbrennt ihn! Feuer ist rein!«

Ich warf mir Heinrich Sturms Leiche uber die Schulter und trat zur Seite, wich dem Mob aus, der die Stufen

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