gewordenen Rednerstimme. Er hatte viel Geld dafur bezahlt und den entsprechenden Gegenwert dafur bekommen. Dann begru?te er jeden beim Namen und ku?te im universellen formlichen Begru?ungsritual die Hande. Als er die von Mavra ergriff, stiegen seine buschigen Brauen, auch sie eine Abweichung vom Modell Neue Harmonie, in die Hohe.

»Was fur erstaunliche Fingernagel!«rief er.»Meine Liebe, Sie sehen aus wie eine verfuhrerische Katze!«

»So?«sagte sie, ohne ihre Verachtung zu verbergen.»Ich dachte, Sie hatten auf Neue Harmonie alle Katzen getotet.«

Er grinste verschlagen und ging weiter. Als alle begru?t waren, fuhrte er sie zu dem kleinen, eleganten Terminal hinaus. Die Aussicht war uberwaltigend. Zuerst war es grun — au?erordentlich grun, ein Garten mit hohem, aber sorgfaltig gepflegtem Gras. Zu ihrer Linken befand sich ein gro?er Wald, der sich bis zum scheinbar nahen Horizont zu erstrecken schien; zur Rechten gab es kleine Hugel, die bewachsen waren mit Baumen und Blumen in allen Farben. Und in der Mitte, vielleicht einen halben Kilometer entfernt, stand eine Stadt von einer Art, die sie noch nie gesehen hatte.

Ein Hugel beherrschte die Szene; auf den Wiesenhangen stand ein hohes Gebaude aus poliertem Marmor. Es war riesenhaft, wie ein Amphitheater oder ein Tempel. Unten am Fu? des Hugels gab es eine Reihe stilvoller Gebaude nach altem Modell, ebenfalls aus Marmor, mit gewaltigen romischen Saulen, die machtige Dacher trugen; diese waren geschmuckt mit Skulpturen aus der Mythologie, in den Stein geschnitten. Zu jedem fuhrten breite Marmorstufen hinauf, und manche waren so offen, da? die Besucher weite Innenhofe, geschmuckt mit Blumengirlanden, hohen Statuen und Springbrunnen, sehen konnten. Das Hauptgebaude besa? eine Kuppel und die langste und gro?artigste Freitreppe. Trelig fuhrte sie dorthin.

»Ich lasse hier nur so wenig wie moglich Technologie zu«, erklarte er unterwegs.»Die Diener sind Menschen, Essen und Trinken sind von Hand zubereitet, in manchen Fallen mit der Hand geerntet. Keine angetriebenen Fahrzeuge. Ich mache naturlich einige Konzessionen, wie die Beleuchtung, und die ganze Welt ist unter der Plasmaglocke mit Luftpumpen klimatisiert, aber wir bevorzugen das Rustikale.«

Sie hatten keine Schwierigkeiten mit dem Spaziergang oder der Treppe; die Schwerkraft von 0,7 sorgte dafur, da? sie sich alle hervorragend fuhlten, beinahe so, als konnten sie fliegen, und sie waren von dem Weg weniger ermudet, als wenn sie auf einer 1g-Welt einen Kilometer zuruckgelegt hatten.

Im Inneren des machtigen Gebaudes gab es einen gro?en Saal. Ein Tisch aus echtem Eichenholz war uppig gedeckt; er war niedrig, und sie wurden beim Essen auf weichen Fellkissen sitzen. Unter dem Tischbereich befand sich ein etwas tiefer gelegter polierter Holzboden, wie eine Tanzflache, und das Ganze war von hohen Marmorsaulen eingefa?t. Zwischen den Saulen waren Seidenbehange gespannt, offenbar in Streifen, aber sie verdeckten die Sicht.

Mavra schaute hinauf und sah, da? die Kuppel im Inneren ein kompliziertes Mosaikmuster aufwies. Die Beleuchtung war ausreichend — obschon der Saal au?er im Bereich des polierten Bodens ein wenig duster wirkte —, aber so indirekt, da? man nicht erkennen konnte, woher das Licht kam.

Trelig fuhrte alle zu ihren Platzen und setzte sich an das obere Ende des Tisches. Vor jedem Platz standen Fruchtbecher, echte Fruchte, wie sie alle feststellten. Andere exotische Fruchte schmuckten den Tisch — Goldorangen, Apfelsinen, Ananas. Viele stocherten vorsichtig mit ihren E?stabchen in dem Obst herum; die meisten hatten das Echte vorher noch nie gegessen.

»Versuchen Sie den Wein«, empfahl ihr Gastgeber.»Echt, mit Alkohol. Wir haben hier unsere eigenen Weinberge und bringen sehr gute Lagen hervor.«

Und er war gut, viel besser als die synthetischen, mit denen sie alle aufgewachsen waren. Mavra stocherte im Obst herum. Mit kunstlichen Produkten gro? geworden, zog sie diese dem Echten vor. Aber der Wein schmeckte ausgezeichnet. Dergleichen konnte man zwar uberall bekommen, doch zu Preisen, die fur die meisten Leute unerschwinglich waren.

Trelig klatschte in die Hande, und vier Frauen erschienen. Sie waren alle gebraunt und schwarzhaarig, aber sonst deutlich voneinander verschieden. Gewi? stammten sie von anderen Welten als Neue Harmonie. Sie hatten alle lange Haare, waren stark geschminkt und parfumiert. Au?erdem waren sie barfu? und trugen nur dunne, einteilige Gewander in fremdartigem, aber offenkundig antikem Schnitt. Man konnte beinahe hindurchsehen.

Sie raumten geschickt die Fruchtbecher und Weinglaser ab, ohne am Tisch jemanden direkt anzusehen oder ein Wort zu sagen. Sie waren kaum hinter den Behangen verschwunden, als andere Frauen, die sich mit derselben starraugigen Gewandtheit bewegten, auftauchten. Sie trugen silberne Tabletts auf ihren Kopfen.

»Widerlich«, horte Mavra einen Mann in ihrer Nahe zischen.»Menschliche Wesen, die andere menschliche Wesen bedienen, wenn Roboter das ebensogut konnen.«

Die meisten nickten knapp und zustimmend, obwohl sich Mavra fragte, wie viele der Besucher Kom-Welt- Politiker mit ganzen Sklavenbevolkerungen waren.

So ging das wahrend der ganzen Mahlzeit weiter, jeder Gang zeitlich genau eingeteilt. Wein wurde in gro?er Auswahl und Menge angeboten, und nie durfte ein Glas leer sein. Die Frauen funktionierten wie Maschinen.

Mavra zahlte acht verschiedene Bedienerinnen, und niemand wu?te, wie viele noch hinter dem Vorhang fur sie tatig waren.

Die Mahlzeit war fremdartig, exotisch und au?erordentlich gut. Mavra war aber schon nach dem zweiten Gang satt, und mehrere am Tisch gaben im weiteren Verlauf auf. Der bartige Mann schlang alles, was serviert wurde, hinunter, und Trelig nahm von jedem Gang etwas.

Danach zeigte er ihnen, wie die Polster zu Liegen umgeklappt werden konnten, und sie entspannten sich bei noch mehr Wein und Knabberzeug, wahrend eine kleine Truppe von Musikern und Jongleuren auf der beleuchteten Flache sie unterhielt. Die Festlichkeiten gingen geraume Zeit weiter, und der Abend war tatsachlich genu?reich. Trelig verstand es, ein Bankett zu geben.

Als endlich die letzte Vorfuhrung vorbei war und die Gaste hoflich klatschten, war es Zeit fur Trelig, sie alle fur die Nacht unterzubringen.

»Sie werden dort alles finden, was Sie brauchen, eine komplette, moderne Toilette. Schlafen Sie gut. Wir haben morgen einen erstaunlichen Tag vor uns.«Er fuhrte sie uber die Buhne und durch einen Vorhang, der den Blick auf eine lange Marmorhalle freigab. Ihre Schritte hallten, als sie durch die Halle gingen, die endlos zu sein schien. Schlie?lich bogen sie ab und erreichten einen anderen, scheinbar identischen Korridor. Hier offnete Trelig jedoch eine gro?e Eichentur, die vielleicht zehn Zentimeter dick war, und fuhrte jeden in sein Zimmer.

Die Unterkunfte waren prachtig und individuell eingerichtet. Mavras Zimmer war mit einem dicken Teppich aus irgendeinem Fell, einem Schreibtisch, Frisiertisch, einem Badezimmer, einem Toilettentisch im alten Stil und einem riesigen, runden Bett ausgestattet.

Sie freute sich, das Zimmer zu sehen. Obwohl sie sich etwas darauf zugute tat, Alkohol vertragen zu konnen, war der Wein au?erordentlich stark gewesen, vielleicht mit Absicht. Sie hatte die Wirkung eigentlich erst bemerkt, als sie aufgestanden war. Sie fuhlte sich schwindlig. Zuerst argwohnte sie, im Wein konnte ein Betaubungsmittel gewesen sein, aber dann wurde ihr klar, da? es nur seine Starke war.

Trelig wunschte ihr eine gute Nacht und schlo? die gro?e Tur mit schwerem Schlag. Sie ging sofort darauf zu und druckte die Bronzeklinke nieder.

Sie war abgesperrt, wie sie erwartet hatte.

Als nachstes durchsuchte sie die Raume. Einer ihrer Ohrringe summte schwach, und sie trat in die Mitte des Zimmers unter einen hubschen, aber vorwiegend dekorativen Luster. Sie holte den Stuhl vom Schreibtisch und stieg hinauf. Das Summen wurde sehr laut. Sie nickte vor sich hin. An der Unterseite des Lusters war eine winzige, fast unsichtbare, ferngesteuerte Kamera angebracht, die in jede Richtung gedreht werden konnte und eine Infrarot-Zusatzlinse besa?.

Binnen zehn Minuten fand sie zwei weitere Kameras, eine im eigentlichen Badezimmer, dem einzigen Ort, den die Lusterkamera nicht erreichen konnte, und eine weitere im Duschkopf. Die drei Kameras waren so angeordnet, da? kein Winkel der Raumlichkeiten unerfa?t blieb.

Sie waren gut versteckt, gewi?, aber nicht so geschickt, da? nicht jeder, der danach suchte, sie finden mu?te. Trelig wollte, da? sie entdeckt wurden, wenn jemand sich dafur interessierte; es war eine Demonstration seiner Macht und des Ausgeliefertseins der Besucher.

Sie ging zum Bett. Keine Decke, bemerkte sie. Bei der perfekten Klimasteuerung des Raumes brauchte man sie auch nicht. Allerdings konnte man nichts unter einer Decke verstecken.

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