Sie setzte sich auf die Bettkante, mit dem Rucken zur Kamera, zog die Stiefel aus, den Peitschengurtel uber den Kopf und legte ihn auf die rechte Seite, wo die Kamera ihn nicht erfassen konnte. Dann die Ohrringe auf den Gurtel. Sie griff hinuber zu einem Nachttisch, zog ein paar Papiertucher hervor und griff nach einem kleinen Spiegel. Sie begann, sich teilweise abzuschminken.
Wahrend sie das tat, drehte ihr Fu? einen der Stiefel auf die Seite und hielt ihn dort fest, wahrend der andere Fu? an vier Stellen Knopfe herausdruckte. Die Sohle klappte an winzigen inneren Scharnieren heraus und gab den Blick auf eine Anzahl kleiner Geratschaften frei. Sie zog vorsichtig das Benotigte heraus, umklammerte es mit den Zehen und ergriff ein zweites Werkzeug mit dem anderen Fu?.
Sie stand auf, zog den Pullover aus und streifte das Trikot ab. Als sie sich buckte, um es abzulegen, griff ihre Hand nach den beiden Gegenstanden.
Nackt richtete sie sich auf und drehte sich herum. Die Bewegung sah naturlich aus, aber die Beobachter wurden den naheliegenden Schlu? ziehen: am Korper nichts versteckt. Ihre Finger, die Unerfahrene beim Karten- und Muschelspiel hereingelegt hatten, seit sie klein gewesen war, hielten die beiden Objekte unsichtbar fest. Sie nahm auf dem Bett die Lotoshaltung ein und drehte mit der rechten Hand das Licht ab.
Im selben Augenblick, als das Licht ausging, lie? sie einen der Gegenstande auf das Bett fallen und richtete den anderen auf den Luster, geleitet von einem Lichtstrahl, den wegen der speziellen Kontaktlinsen, die sie trug, nur sie sehen konnte.
Sie traf die Kamera, ergriff das andere Gerat, ein winziges Rechteck, und legte es so hin, da? es auf dem Kissen lag und zur Kamera wies. Befriedigt legte sie den ersten Gegenstand hin und entspannte sich im Lotossitz mit geschlossenen Augen.
Das Ganze hatte keine zehn Sekunden gedauert.
Befriedigt von dem, was sie mit ihren Speziallinsen sehen konnte, offnete sie die Augen und glitt vorsichtig und lautlos vom Bett, bemuht, das kleine Rechteck nicht zu verrucken.
Sie vergewisserte sich, da? es seine Lage beibehalten hatte. Das Gerat war unglaublich kompliziert; sie hatte es erst entdeckt, als es dazu benutzt worden war, sie bei einer kleinen Betrugsaffare hereinzulegen, und viel Geld dafur bezahlt. Was es leistete, war, da? es das erste Bild, das die Kamera aufnahm, erstarren lie? und festhielt. Es gab eine automatische Anpassung von mehreren Sekunden von der normalen zur Infrarotaufnahme, ein wenig langer zur neuen Scharfeinstellung. Sie hatte dann elf Sekunden Zeit, den Ruckkopplungs-Projektor, wie er genannt wurde, auszulosen und in Position zu bringen.
Ruhig, mit der Heimlichkeit und Vorsicht einer erfahrenen Einbrecherin, zog Mavra sich an. Sie begann, in die Stiefel zu schlupfen, besann sich aber anders, als sie an das hallende Echo drau?en dachte. Sie entfernte die Schnalle vom Peitschengurtel und benutzte den Dorn, um ihn unter die Peitsche zu schieben, dann drehte sie den kleinen Peitschengriff, um ihn leicht herausziehen zu konnen, indem sie die fast unsichtbaren Nieten loste.
Sie hatte mit den Papiertuchern nicht ihre Schminke entfernt, sondern sie gleichma?ig uber das ganze Gesicht verteilt und sich auch die Hande damit eingerieben. Nun nahm sie ein kleines Packchen in Schrumpfverpackung aus ihrem linken Stiefel und offnete es, um das winzige Kissen herauszunehmen. Sorgfaltig und methodisch wischte sie damit uber alle entblo?ten Hautflachen. Die schwache Chemikalie reagierte auf eine andere in der Schminke und sorgte dafur, da? sie tiefschwarz wurde. Als nachstes entfernte sie die Spezial- Kontaktlinsen, traufelte mit einer ganz kleinen Pipette zwei Tropfen in ihre Augen, dann nahm sie ein anderes Linsenpaar aus ihrem Packchen und fuhrte sie ein. Sie waren durchsichtig, aber wenn sie die winzige Batterie in ihrer Gurtelschnalle einschaltete, verwandelten sie sich in Infrarotlinsen. Auf Neu-Pompeii gab es nicht nur eine Person mit Katzenaugen.
Sie schaltete auf Infrarot, griff nach dem Spiegel und betrachtete sich. Sie sah naturlich zum Furchten aus, aber die chemische Schwarzung war eine wirksame Abwehr gegen die Warmestrahlung, die von Infrarotaugen wahrgenommen wurde. Sie dunkelte ein paar Stellen nach, bis sie im Spiegel nichts mehr sehen konnte. Ihre Hande prufte sie mit normalem Blick.
Dann kamen die Mini-Ampullen. Sie pa?ten unter ihre langen, scharfen Nagel, und die Injektorspitzen verschmolzen mit den Spitzen ihrer Fingernagel. Sie lud sie alle, nicht immer mit demselben Stoff. Mehr als eines dieser kleinen Gerate hatte ihr schon den Hals gerettet — und war anderen teuer zu stehen gekommen.
Schlie?lich beruhrte sie die zweite Energiekapsel an der Schnalle. Sie speiste das Material in den Chemikalien und in ihrer Kleidung. Warmeortungsanlagen wurden sie ignorieren.
Den Juwelenraub auf Baldash versuchte man noch immer aufzuklaren.
Das gro?e Turschlo? stellte kein Problem dar, aber die vier Sensoren in der Tur. Sie pa?ten fast fugenlos in den Rahmen, und Mavra konnte nur zwei Streifen hineinzwangen. Beim dritten war eine Klinge erforderlich. Obwohl sie kein Messer hatte, diente das speziell behandelte Material in ihrem Stiefel als eines. Der Zehennagel eines gro?en Tieres auf einer fernen Welt, scharf geschliffen, behandelt wie ihre eigenen Nagel. Eine schone, dunne, flache Klinge.
Die anderen Streifen waren leicht hineinzuschieben, und sie offnete langsam und vorsichtig die Tur. Es gab keinen Alarm, und sie schaute hinaus. Der Korridor war dunkel, aber offenbar nicht bewacht. Obwohl Trelig sich so sehr auf Menschen verlie?, benutzte er ein professionelles Sicherheits-Supersystem, und das war sein Fehler. Erfolgreiche Verbrecher — jene, die nicht gefa?t worden waren — hatten sich langst gegen Infrarot und Mikrofone gewappnet.
Mavra trat hinaus und schlo? lautlos die Tur. Auf ihrem Weg zum Bankettsaal begegnete sie niemandem. Dort gab es nur eine Kamera, wie sie beim Essen bemerkt hatte.
Sie naherte sich dem Eingang und starrte durch den Vorhang hinaus. Die Kamera, verbunden mit einem kleinen Lahmungsgerat, rotierte an einer Schiene unten an der Kuppel. Eine einzelne starre Kamera in der Kuppel selbst hatte nicht alles erfassen konnen, was der anderen innerhalb von drei?ig Sekunden gelang. Mavra zahlte mehrmals genau mit, um sich zu vergewissern, da? die Bewegungen zeitlich nicht variiert waren. Der Eingang befand sich nur zwolf Sekunden lang nicht im Kamerabereich, und er war ungefahr neunzig Meter entfernt.
Sie atmete zweimal tief ein. Als die Kamera den genau berechneten Punkt erreichte, raste sie zum Eingang und schaffte es in knapp unter elf Sekunden, etwas, das fur ihre winzige Gro?e nahezu als unmoglich galt.
Aber hier herrschten nur 0,7 g.
Sie kletterte katzenartig zum Gebusch hinunter. Drau?en war es nicht dunkel, aber niemand war zu sehen, und sie war trotz des senkrechten Absturzes schnell.
Das lag an einem winzigen kleinen Blaschen, von dem sie mehrere in ihrem Gurtel trug. Das Blaschen, nicht gro?er als ein Stecknadelkopf, bildete eine unglaublich dunne Sekretion, die, wenn auf den Handflachen verrieben, ungeheure Saugkraft entwickelte. Bei Einbruchen hatte ihr das unglaubliche Erfolge ermoglicht; sie hatte den Stoff selbst entwickelt.
In wenigen Sekunden stieg sie drei?ig Meter hinunter, duckte sich hinter Gebusch, rieb die Hande, wodurch der Stoff fest wurde, sich zu einer Kugel rollte und abfiel. Lange hielt er nicht, aber drei?ig bis vierzig Sekunden lang war er hervorragend.
Sie hatte Dunkelheit vorgezogen, aber unter der spiegelnden Plasmakuppel gab es keine Dunkelheit.
Sie schlich um das Gebaude herum, horte Stimmen und erstarrte. Als eine Art rhythmischer Gesang ertonte, wagte sie sich hinaus und schaute in einen der offenen Innenhofe hinein. Vier Frauen, gekleidet wie die Dienerinnen, vollfuhrten zur Begleitung eines leierartigen Instruments, das eine funfte spielte, einen Tanz. Irgend etwas wirkte seltsam an ihnen.
Sie sind zu schon, entschied Mavra. Unglaublich schon, in ihren Geschlechtsmerkmalen beinahe deformiert, die Art von Traummadchen, von denen liebeskranke Prospektoren sich Bilder kaufen.
Sie schlupfte ins nachste Gebaude, einem niedrigeren, aber immer noch gro?artigen Marmorbau, und prallte fast mit jemandem zusammen. Die junge Frau sah durchschnittlich aus, ein wenig zerzaust, und hatte schmutzige Fu?e. Sie war nackt, und neben ihr stand ein Eimer auf drei kleinen Radern. Sie lag auf den Knien, und Mavra begriff plotzlich, da? die Frau den Marmorboden schrubbte.
Mavra schaute sich um, konnte aber sonst niemanden entdecken. Sie ging auf die Frau zu, die ihr das Hinterteil zuwandte, und streckte den rechten Kleinfinger aus, wahrend sie die anderen ballte. Dadurch erreichte der kleine Injektor die Nagelspitze.
Die Frau bemerkte etwas, bevor Mavra sie erreichte. Als sie sich umdrehte, sah sie die kleine, schwarzgekleidete Frau.
»Hallo«, sagte sie mit schiefem Lacheln.
Mavra blickte sie mitleidig an. Der Ausdruck war schlicht, die Augen sahen stumpf und leer aus. Eine