»Offener Speicher, kein beschrankter Zugriff«, sagte er.»Alle Systeme stillegen, Status Abwehr. Du totest jeden, der von der Mitte der Brucke aus hier einzudringen versucht. Kannst du auf der Brucke Gerausche horen?«
»Ja. Ihr mu?t aber vielleicht schreien.«
»Gut. Dann bleibst du im Abwehrzustand, bis jemand mit hocherhobenen Armen, die Handflachen nach au?en gerichtet, auf die Mitte der Brucke tritt. Ich schie?e eine kleine Markierung in den Boden dort, wenn wir gehen. Dort mu? die Person sagen: ›Es gibt keinen Gott au?er Allah, und Mohammed ist sein Prophet.‹ Hast du das?«
Trelig lachte leise.
»Alte Gewohnheiten wird man schwer los, wie?«sagte er glucksend, aber es gefiel ihm. Leicht zu merken, und trotzdem wurde niemand das je sagen und die entsprechenden Bewegungen dazu machen, der nicht Bescheid wu?te.
Als Zinder zu sich gekommen war, gingen sie hinaus uber die Brucke. Auf halbem Weg stellte Yulin seine Pistole auf volle Starke und scho? auf die Schachtwand. Der Strahl hinterlie? eine deutliche Narbe, die aber anderen als eine der Spuren von der Schie?erei gelten mochte.
Sie gingen weiter, stiegen in die Kabine. Trelig druckte auf die Taste, die Tur schlo? sich, und die Kabine fuhr hinauf.
Wahrenddessen offneten sich in Obie Schaltungen, andere schlossen sich, Energie tanzte, und Obie ging in den Abwehrzustand uber, konnte sich aber nicht erinnern, was er dagegen zu tun vermochte. Das beunruhigte ihn. Als letztes erinnerte er sich an Yulin an der Konsole und an den Tod der Aufseher.
Es war ein unauflosbares Ratsel. Er kehrte schnell zu seiner Hauptaufgabe zuruck, sich von dem gro?en Schachtwelt-Computer zu losen oder, wenn das nicht gelang, eine Art Partnerschaft mit ihm zu bilden.
Es wurde muhsam werden und lange dauern.
Schacht-Welt, sudliche Halbkugel, Teliagin
Mavra Tschang hatte wider Willen ein wenig gedost. Sie wurde aber plotzlich ruckartig wach und schaute sich dumpf um. Nikki und Renard schliefen noch im Gras und schienen sich zu erholen. Sie schaute sich nervos um, versuchte mit allen Sinnen zu erfassen, was vorging.
Ein warmer Wind wehte flauschige wei?e Wolken uber einen blauen Himmel, und sie konnte Baumwipfel rauschen und fremde Vogel und Insekten schnattern und summen horen. Auf dem Grasland waren Tiere in Aufregung. Sie kannte die Anzeichen; jemand kam. Sie schuttelte Renard, der stohnte und sagte:»Hm? Was?«
»Aufwachen!«zischte sie.»Wir bekommen Besuch!«
Sie weckten beide Nikki, die langsamer wach wurde als Renard, und Mavra uberlegte, was zu tun sei.
»Wir mussen weg von hier«, sagte sie,»und zwar sofort. Ich mochte sehen, womit wir es zu tun haben, bevor man uns findet.«
Sie standen auf und folgten ihr in den Wald.
»Wenn jemand wei?, was die Kapsel dort druben ist, wird man uns suchen«, sagte sie.»Aber ich will wissen, was uns erwartet. Bleibt hier und versteckt euch im Dickicht. Ich schleiche zuruck und sehe mich um.«
Sie kroch zur Lichtung zuruck, duckte sich hinter einen Busch und hielt den Atem an. Sie hatte alles mogliche erwartet, aber kaum das, was sie auf sich zukommen sah.
Es war riesengro? — zwischen drei und vier Metern gro?, mit unglaublichen Schultern und wulstigen Muskeln. Brust und Arme waren rotlich und humanoid — also ein menschlich aussehender Muskelmann. Das Gesicht war gewaltig und ha?lich, fast ein Oval mit breiter, platter Nase und gespreizten Nustern und einem zornig aussehenden Mund, aus dessen Winkeln zwei lange, spitze Rei?zahne herausragten. Die Ohren waren gro? und sahen gro?en Meermuscheln ahnlich, wenngleich sie oben spitz zuliefen. Eine Mahne von blauschwarzem Haar bedeckte den Kopf und lief zwischen zwei gefahrlich aussehenden, spitzen Hornern zusammen, die fast einen Meter lang waren.
Aber es war das Auge, das Aufmerksamkeit erregte. Es sah wie ein riesiges menschliches Auge aus, sa? genau uber der Nase und im Mittelpunkt unter der Stirn. Ein zweiter Blick zeigte, da? es in Segmente aufgeteilt war, so, als handle es sich um eine Ansammlung von Augen mit einem einzigen gro?en Lid.
Von den Huften abwarts war das Wesen mit dichtem, wolligem, rostrotem Haar bedeckt, und die machtigen muskulosen Beine endeten in elefantengro?en Hufen. Das Geschopf trug ein einzelnes Kleidungsstuck, eine schmutzigwei?e, kurze Hose um die Lenden, womit das mannliche Sexualorgan, das der Gro?e des Korpers entsprach, kaum verhullt wurde. Das Wesen schien zu knurren und zu murren, wahrend es naher kam.
Es blieb stehen, schien zu schnuppern, drehte sich hin und her. Mavra duckte sich unwillkurlich und spannte die Muskeln an.
Dann sah sie das Seltsamste. Das Wesen hatte ein Band aus einer Art Haut um den linken Arm gewickelt; daran befand sich — es konnte nichts anderes sein — eine riesengro?e, aufziehbare Armbanduhr.
Zum erstenmal begriff Mavra, da? sie eine der beherrschenden Rassen dieses seltsamen Planeten vor sich hatte.
Der Wind drehte ein wenig, und das Geschopf schien die Witterung zu verlieren. Es richtete den Blick wieder auf die Raumschiffkapsel. Es war fast so gro? wie diese und betrachtete das Ding prufend. Dann schien es die offene Luke zu entdecken und versuchte sich hochzuziehen. Das mi?lang ein paarmal, und das Wesen brullte zornig auf und hieb mit einer sehr menschlichen Geste der Enttauschung die rechte Faust in die linke Handflache.
Dann tauchte ein zweiter Zyklop auf und brullte dem ersten etwas zu. Die Laute klangen fur Mavras Ohren tierisch, aber sie wu?te, da? es eine Art Sprache sein mu?te. Tiere gebrauchten keine Armbanduhren.
Der Neuankommling naherte sich, und in der Ferne glaubte Mavra das Gebrull von anderen zu horen. Offenbar waren sie — welch ein Gluck! — nicht in einem dichtbesiedelten Gebiet gelandet, aber zusammen mit Neugierigen erschienen solche, die der Sache nachgingen.
Der zweite Zyklop erreichte den ersten und sprudelte Fauch- und Knurrlaute heraus, begleitet von den entsprechenden Gesten. Der erste, etwas gro?er, antwortete, wies auf die Kapsel und fuchtelte wild herum.
Nach einer Weile erschienen ein dritter, vierter und funfter. Zwei davon waren weiblich, fast einen Meter kleiner als die Manner, also nur drei Meter gro?, und weniger muskelbepackt. Sie wirkten auch ein wenig O-beinig, gedrungener und hatten kleine, steinharte Bruste. Sie besa?en uberdies keine Horner, sahen aber genauso zornig aus wie die Manner und schienen etwas langere Fangzahne zu haben.
Auch eine der Frauen besa? eine Armbanduhr, und zwei der Neuankommlinge schienen Schmuck zu tragen — aus Gebeinen hergestellt —, der von den Ohren und um ihre Halse baumelte.
Der erste Mann brullte so laut, da? die Vogel im Umkreis von einem Viertelkilometer erschreckt davonflogen, und gestikulierte. Sie versuchten zuerst, ihn auf die Kapsel zu hieven, aber die Oberflache war zu glatt fur ihn. Dann gingen sie auf die andere Seite herum und begannen sich gegen die Kapsel zu stemmen, bis sie umkippte. Eine der Frauen hob einen Steinblock auf, der fast so gro? wie Mavra war, und klemmte ihn unter die Kapsel.
Der gro?e Zyklop ging auf die andere Seite und brullte zustimmend. Die offene Luke war jetzt in seiner Augenhohe, und er schaute neugierig hinein. Ein massiver Arm schob sich in die Offnung, und es gab ein schreckliches, knirschendes Gerausch. Die Hand kam mit einem Sitz heraus, der aus seiner Verankerung gerissen worden war, und der Zyklop betrachtete ihn. Einer der Manner buckte sich ein wenig und hielt seine Hand knapp uber das Knie. Mavra konnte sich vorstellen, was gesprochen wurde. Sie versuchten die Gro?e der Wesen zu schatzen, die mit der Kapsel gekommen waren.
Sie schlich zuruck in den Wald. Diese Wesen waren offenbar klug, wenn auch primitiv, und sie wollte sie nicht kennenlernen, solange sie nicht wu?te, was die Riesen zu essen pflegten.
»Mavra! Gott sei Dank!«rief Renard und umarmte sie.»Wir haben das Brullen und Knurren gehort und wu?ten nicht, was geschehen ist!«
Sie berichtete hastig von den Zyklopen, und die beiden anderen horten mit wachsendem Entsetzen zu.
»Wir mussen so schnell wie moglich von hier fort«, sagte sie.»Sie wissen schon, da? wir irgendwo in der