einer Handvoll von ihnen zu tun hatte. Hatte Mrabzil die andere Richtung eingeschlagen, dann ware nicht Sangh der Oberbefehlshaber gewesen, aber Dahbi hatte sich auf dem Marschweg befunden.

»Bakh! Was will der Befehlshaber unternehmen? Wo ist er uberhaupt, verdammt?«

Der zusammengeklappte Dahbi drehte sich um, einem Gespenst ahnlicher denn je, und seufzte.

»Ihre Heiligkeit ist mit dem Cebu-Kommandeur nach Cebu geflogen, als sich die Lage in Ambreza geklart hatte«, sagte er kuhl. »Dort befindet er sich jetzt. Wir haben ein gemischtes Heer von ungefahr funfundzwanzigtausend Mann in Bereitschaft, und weitere Zwolftausend Mann werden zur Zeit von Conforte uber Laibir nach Suffok transportiert. Das sollte genugen, um diesen Weg und die Ellerbanta-Verion-Avenue anzuschneiden. Der Feind ist zur Zeit in drei Armeegruppen gespalten. Der awbrische Teil besteht aus etwa sechstausend Einheimischen und zweitausend anderen. Parmiter bleibt offiziell neutral, aber wir glauben, da? das zum gro?en Teil vom Feind erkauft ist und Parmiter die technologischen Waffen liefern soll, die das awbrische Heer braucht.«

»Warum bombardiert er die verdammten Fabriken von Cebu aus nicht?« knurrte Ortega.

»Wie der Botschafter sicher wei?, ist Parmiter offiziell auf unserer Seite. Verwandeln wir auf den blo?en Verdacht hin, da? einige Parmiter uns schaden — Sie wissen, da? das ziemlich anarchistische Leute sind —, mutma?liche Kollaboration in aktive Gegnerschaft?«

Ortega nickte duster. Verdammt, die Karten waren wirklich ungunstig verteilt.

»Ihr zwingt sie also in Richtung Yaxa-Harbigor-Avenue«, stellte er fest, wahrend er auf die Lagekarte blickte.

»Alle von uns, alle bewaffnet, alle bereit und gut ausgerustet. Wir glauben, da? sie am Meer der Sturme entlang nach Norden gehen werden, um die Hochtech-Hexes moglichst zu meiden. Sobald sie nordlich von Boidol sind, bilden wir eine dichte Mauer, wahrend sie sich in feindlichen Hexagons befinden und die See uberall im Rucken haben. Das wird die Sud- und Ost-Armee praktisch von der in Awbri spalten. Die letztgenannte wird auf breiter Front durch stark verteidigte Grenzstellungen durchbrechen mussen, um die Verbindung herzustellen. Inzwischen werden unsere eigenen Streitkrafte aus dem Gebiet Ellerbanta-Verion vorrucken konnen, um sie abzufangen, und damit ist der Fall erledigt.«

Er studierte die Karte und kam zu dem Schlu?, da? es sich um einen guten, vernunftigen, uberlegten Plan handelte, der auf den neuesten Erkenntnissen beruhte — und er schien vollig narrensicher zu sein. Das machte ihm Sorgen. Die andere Seite las auch Karten und verfugte uber Erkenntnisse, so da? ihr das alles auch bekannt sein mu?te. Je mehr er sich damit befa?te, desto wahrscheinlicher erschien es ihm, da? er irgend etwas ubersah; er wu?te nicht genau, was. Etwas, das nicht hineinpa?te. Etwas, das den Rahmen sprengte.

Er wandte sich an den Chef des Nachrichtendienstes, der an einer Computerkonsole sa?.

»Haben Sie abseits der Fronten irgend etwas, das vom Ublichen abweicht?« fragte er beunruhigt. »Irgendwelche Berichte uber seltsame Vorkommnisse oder Vorsto?e?«

»Nicht viel«, erwiderte der Offizier. »Wir haben das Schiff aufgespurt, das Brazil in Turagin benutzte. Es gehorte ihm — jedenfalls wurde es zu einem sehr hohen Preis erworben, ungefahr fur das Neunfache des Ublichen. Mindestens zwei Wochen vor seinem Eintreffen gekauft und bemannt mit einer netten Besatzung aus Freibeutern und Halsabschneidern vieler Rassen.«

Ortega dachte daruber nach.

»Wo, zum Teufel, nehmen sie nur das viele Geld her?« uberlegte er laut, ubrigens nicht zum erstenmal. Es gab auf der Sechseck-Welt keine gemeinsame Wahrung — in vielen Hexagons wurde Geld uberhaupt nicht verwendet —, und zumeist fand Tauschhandel in gro?em Stil statt.

Der Offizier zuckte mit den Schultern.

»Gold, Diamanten, was Sie wollen — sie haben alles. Sogar Handelsguter, Lebensmittel, Fabrikwaren. Wir konnen das nicht alles verfolgen, aber eines will ich Ihnen sagen: Was sie auch brauchen, sie erbitten es, und bezahlt wird, was man fordert.«

»Ich mochte eine Zusammenfassung der Erkenntnisse fur die vergangenen zwei Wochen«, sagte Ortega. »Irgendwo sitzt hier ein Haken, wo, wei? ich nicht. Irgendwo lacht mich jemand aus, und das behagt mir nicht.«

Mowrey, im Meer der Schatten

»Segel ahoi!«

Auf dem Deck der Brigg sturzten alle durcheinander, um an die Posten zu gelangen.

Es war ein gro?es, gut gebautes Schiff. Obwohl es einen kleinen Hilfsmotor fur Notfalle, etwa Windstille und dergleichen, besa?, war es in erster Linie windgetrieben und fur diesen Zweck gut konstruiert.

Die Besatzung war das ubliche Rassengemisch, verfugte aber uber einen sehr gro?en Prozentsatz einer bestimmten Rasse, von der man im Ozean der Schatten nach Erinnerung aller noch nie etwas gesehen hatte und die auch jetzt keinen Grund hatte, hier zu sein.

Eine junge Frau, Typ 41 menschlich, lief aus dem Ruderhaus zuruck zu den Mannschaftskajuten. Die nackten Sohlen klatschten auf dem Holzdeck. Sie erreichte die erste Tur, zogerte kurz und klopfte an.

Sie horte eine gedampfte Antwort und rief:»Kapitan, da drau?en ist ein Schiff, ein gro?es!«

Wieder horte sie einen undeutlichen Laut, dann schlurften Schritte. Die Tur ging auf.

»Was gibt es, Lena?« fragte Nathan Brazil schlafrig und rieb sich die Augen, um ganz wach zu werden.

»Ein Schiff! Ein Schiff!« sagte sie aufgeregt und zeigte hinuber.

Er seufzte, ging kurz wieder hinein und spritzte sich Wasser aus einer Schussel ins Gesicht.

»Verdammt! Man braucht nur einzuschlafen, schon klingelt das Telephon«, murrte er und trat zu dem Madchen hinaus. Gemeinsam gingen sie zum Ruderhaus.

Am Ruder stand eine riesige, gallertartige Masse, die das Steuergerat scheinbar umhullte. Sie war zumeist durchsichtig, aber von adernartigen Strangen durchzogen, und in der Mitte war eine pulsierende, rosarote Masse zu erkennen.

»Was haben wir da, Torry?« fragte Brazil den Maat.

Zwei Stiele schoben sich oben aus dem Wesen heraus; am Ende bildeten sich augenartige Knoten, und einer richtete sich auf Brazil, der andere auf das Meer.

»Dampfer«, erwiderte der Maat. »Sieht aus wie ein normales Kauffahrteischiff, aber man wei? nie. Das Glas liegt dort druben.« Ein Fuhler quoll aus der Masse und wies auf den Tisch.

Brazil ging hinuber, hob das Fernglas auf und schaute hindurch. Es war immer noch viel zu weit, um vom Schiff viel erkennen zu konnen, aber dem Rauch nach zu schlie?en, fuhr es ihnen eindeutig entgegen.

»Immer auf Kurs bleiben«, befahl er. »Wir scheinen sie zu passieren, so da? alles, was aus dem Rahmen fallt, Verdacht erregen wurde — und wir sind in einem Hochtech-Hex, verge?t das nicht. Einfach das Ubliche. Henny kann wie gewohnt auftreten.« Er ging zu einem der Sprachtrichter, blies hinein und rief:»Henny, komm sofort rauf! Wir erhalten Gesellschaft!«

Bis der gro?e Frachter deutlich zu erkennen war, stand Henny auf Deck und war bereit, obwohl sie nicht wenig schimpfte. Nach ihrer Wache hatte sie sich unter Deck gerade in ihrem Wasserbecken niedergelassen, als der Ruf gekommen war.

Sie war ein riesiges Wesen. Fettwulste hingen nicht nur von ihrem machtigen braunen Korper, sondern auch von ihrem Gesicht herab, soweit ein solches vorhanden war. Aus der Masse guckten zwei winzig kleine schwarze Augen, und man mu?te genau hinsehen, um die ebenso windige schwarze Knopfnase zu finden und zu bemerken, da? einer der Wulste in Wahrheit ein enorm breiter Mund war. Aus ihrem Rucken ragten scharfe Flossen, und sie zog sich mit zwei gigantischen vorderen Schwimmflossen vorwarts, die aus einer Anzahl langer, flacher Greiffinger bestanden — zwei Reihen, um genau zu sein. Sie war das einzige Wesen seiner Bekanntschaft, das sechs Finger und sechs opponierende lange, flache Daumen besa?. Wieder einmal sagte er sich, da? Henny dem Ausdruck ›ha?lich‹ einen neuen Sinn verlieh, obwohl sie behauptete, zu Hause in Achrin gelte sie als echte Schonheit. Er hatte keine Moglichkeit, die Wahrheit dieser Behauptung nachzuprufen.

Sie schaute hinaus, und er wu?te, da? ihre schwachen Augen unterstutzt wurden durch eine Art angeborenen inneren Sonars, das sowohl in der Luft wie im Wasser wirksam war.

»Scheint was Ubliches zu sein«, meinte sie.

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