dieser Umgebung, wo ein Ausrutscher, da? er nicht Brazil war, alles gefahrden konnte. Marquoz hoffte, es wurde spater, wenn die beiden Armeen sich vereinigt hatten, besser werden.

Die anderen brauchten drei Tage, um zu ihm zu gelangen. Er konnte sehen, da? sie von der Verwustung entsetzt waren, aber das hatte sich jetzt beruhigt. Die meisten der Frosche hatten Zuflucht im Meer gesucht, und alles, was man mitnehmen konnte, war geplundert. Mavra und Asam sahen gut aus, wirkten aber beim Anblick Tausender von Kampfechsen nicht wenig nervos.

Er konnte nur die Schultern hochziehen.

»Sie sind von Natur aus Totungsmaschinen und hatten bis jetzt keine Gelegenheit, sich auszutoben. Man kann es ihnen im Grunde nicht verdenken.«

Sie gingen dorthin, wo die Dillianer ihr Kommandozelt aufgestellt hatten, und machten es sich bequem.

»Wo ist — ah — Brazil?« fragte Mavra.

»Ach, der wird gleich kommen«, versicherte Marquoz. »Ich habe Nachricht in sein Lager geschickt. Er ist fern der Kampfzone gut geschutzt gewesen und war nicht einsam. Er hat achtzehn menschliche Frauen bei sich, die ihn fur Gott halten und buchstablich alles tun, was er verlangt.«

Sie lachte leise, aber ohne Humor, und dachte nicht nur an die ungeheuren Zerstorungen ringsum, sondern auch an den kostspieligen Kampf, den sie hinter sich hatten, an die vielen Toten und Verwundeten. So viel Blutvergie?en… und Zigeuner amusierte sich. Sie mu?te das aussprechen.

»Nehmen Sie es ihm nicht ubel«, sagte Marquoz. »Er spielt schlie?lich eine Rolle. Er tut, was Brazil tun wurde, und wir behandeln ihn genauso. Vergessen Sie auch nicht, da? er sich zur Zielscheibe gemacht hat.«

»Das ist richtig«, bestatigte Asam. »Alle Truppen suchen ihn. Ich wette, da? er keine Nacht ruhig geschlafen hat, seitdem er bei Ihnen ist.«

Sie wollte noch etwas sagen, als der Gegenstand ihres Gesprachs hereinkam. Er war ein kleiner Mann, wirkte durch die Gro?e der anderen im Zelt noch kleiner und schaute sich nervos um.

»Ich komme mir vor wie ein Zwerg«, sagte er. »Mann, das kann einem einen Minderwertigkeitkomplex eintragen.«

Sie lachten alle leise, und er atmete auf in dem Gefuhl, das Eis gebrochen zu haben.

»Okay, ich finde, wir sollten im Morgengrauen abrucken«, fuhr er fort. »Die Parmiter sind keine wirkliche Bedrohung. Argere Piraten werdet ihr nicht kennenlernen, obwohl sie wie ublich reagieren werden. Ein Heer von unserer Gro?e werden sie nicht angreifen. Sie sind keine Helden. Wie gewohnt, sichern sie sich gegen alle Seiten ab.«

»Ich entsinne mich«, sagte Mavra trocken. »Einer von den kleinen Halunken hat vor langer Zeit in Glathriel versucht, mich zu entfuhren oder umzubringen.«

Zigeuner Brazil ging nicht darauf ein.

»Na, dort sind wir vor Luftangriffen ziemlich sicher, weil die Cebu das Risiko nicht eingehen werden, in unsere Laserabwehr zu geraten, die dort funktioniert.«

Asam nickte.

»Der Plan ist mir klar, aber er gefallt mir nicht. Bei einem langsamen Marsch sind wir deutliche Zielscheiben.«

»Das sollen wir auch sein«, rief er ihnen ins Gedachtnis zuruck. »Ich vermute, da? Sangh sein Heer dazu benutzen wird, die Yaxa-Harbigor-Avenue zu bewachen. Es wird einfach fur ihn sein, nach Lamotien hinaufzugehen und mit seiner Streitmacht und den Yaxa uns fernzuhalten.«

»Aber da sind die Truppen, die gerade im Westen gelandet sind«, warf Marquoz ein. »Sie sind schon unterwegs.«

Er nickte.

»Ja, und das ist das Problem. Da kommt der Augenblick, in dem wir es entweder schaffen oder nicht. Sie sollen die Ellerbanta-Verion-Avenue bewachen und blockieren. Wenn sie auf Nummer Sicher gehen und sich dort verschanzen, wird es problematisch fur uns. Aber wenn sie beschlie?en, vorzusto?en, um uns den Garaus zu machen, wenn sie uns in die Zange nehmen, dann haben wir Erfolg. Darauf lauft alles hinaus. Darauf und auf ein bi?chen Gluck mit Nathan Brazil.«

* * *

Zigeuner Brazil schaffte das wenige an Habe, was er mitfuhrte, zu den Dillianern und erklarte, abgesehen von Marquoz fuhlte er sich bei ihnen ein wenig besser und sicherer als vorher bei den Hakazit.

Die meiste Zeit und vor allem auf dem Marsch verhielten sie sich steif und korrekt, wie es ihm als Brazil gebuhrte. Die Truppen fuhlten sich geehrt, ihn dabeizuhaben. Vor allem fur die Dillia-Truppen war das eine Art moralischer Aufrustung, weil sie bis dahin nach der Loschung des Rachedurstes im Kampf mehr oder weniger nur ihre Pflicht getan hatten. Nun hatten sie das Gefuhl, da? ihnen etwas Heiliges anvertraut worden war, und sie gedachten ihn nicht im Stich zu lassen.

Aber an den Abenden, wenn sie ihr Lager aufschlugen und zu schlafen versuchten, fand er sich manchmal allein mit Mavra Tschang.

Bei einer solchen Gelegenheit erklarte er:»Sie mogen Nathan Brazil nicht sehr, wie, Mavra? Ich merke das. Jedesmal, wenn Sie den Namen aussprechen, hort er sich an wie ein ganz erbarmliches Fluchwort.«

Sie lachelte schwach.

»Weshalb sollte ich ihn besonders mogen? Was hat er fur mich je getan?«

Seine Brauen stiegen hoch.

»So, wie ich es gehort habe, hat er Sie vor einem schlimmeren Schicksal als dem Tod bewahrt, als Ihre Welt in den Kom-Bereich ubernommen wurde, und er behielt Sie von da an stets im Auge.«

»Schones Auge!« schnaubte sie. »Er hat nicht wirklich Zuneigung fur mich empfunden. Das war in erster Linie eine Gefalligkeit um alter Zeiten willen fur meine Gro?eltern. Wenn ich ihm wirklich wichtig gewesen ware, warum hat er mich dann Makki Tschang uberlassen?«

Er zog die Schultern hoch.

»Vielleicht wu?te er nicht, was er mit Ihnen machen sollte. Er dachte wohl, da? eine Frau, die schon neun Kinder gehabt hatte, alle erwachsen, besser wu?te, wie man Sie aufziehen mu?te.«

»Und als Makki von der Polizei gefa?t wurde und ich im Schmutz ganz allein als Bettlerin leben mu?te, um spater zur Hure zu werden — da hat er mir freilich geholfen!«

»Sie haben sich gar nicht so schlecht herausgemacht«, stellte er fest. »Das hat Sie fur ihr kunftiges Leben auf jeden Fall gehartet. Sie sind vollig unabhangig geworden, geistig blitzschnell reagierend, gefahrlich sogar — aber auf gute Art und Weise.«

»Das habe ich aber nicht eigentlich ihm zu verdanken«, gab sie zuruck. »Das war meine eigene Leistung.«

»Was hatte er denn fur Sie tun sollen? Er kannte Sie nicht, kannte, glaube ich, nicht einmal Ihre Eltern. Also nimmt er Sie und zieht Sie selbst auf. Und was dann? Sollte er Sie an einen reichen Kerl verheiraten? Mavra, er war Ihnen nichts schuldig. Woran hapert es denn?«

Sie dachte daruber nach. Woran haperte es wirklich? An Brazils Stelle, gebeten, das Kind von Kindern alter Freunde zu ubernehmen, hatte sie das naturlich getan. Aber was hatte sie mit dem Kind angefangen? Es selbst aufgezogen? Doch wohl kaum. Das hatte sie behindert, ihre Lebensweise verandert, sie zu sehr beengt. Sie war nicht einmal jetzt richtig dafur geeignet, ein Kind aufzuziehen.

»Ich… ich hasse ihn eigentlich gar nicht«, sagte sie beinahe so, als wolle sie sich entschuldigen. »Ich bin wohl von widerstreitenden Gefuhlen erfullt, was ihn angeht. Ich war ihm einmal sehr zugetan, aber das hat sich im Laufe der Jahre geandert. Ich kann es nicht erklaren.«

»Und wenn Sie es sich nicht selbst erklaren konnen, dann kann ich es Ihnen auch nicht klarmachen«, meinte er. »Fruher oder spater werden Sie schon dahinterkommen, wenn Sie genau in sich hineinsehen. Und wenn Sie es tun, falls Sie es tun, konnten Sie sich uberlegen, da? das doch etwas sein konnte, woran er nie gedacht hatte.«

Sie sah ihn seltsam an.

»Mochten Sie mir das erklaren?«

Er schuttelte den Kopf.

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