beinahe hatten sie sich wegen irgendwelcher obskuren Hinweise und Quellen in die Haare gekriegt, bis ich sie trennte, im Wesentlichen schienen sie aber ubereinzustimmen. So begannen Sie also am Anfang an, von dem sich herausstellte, dass er noch gar nicht der Weg der Verdammnis war.

»Wei?t du«, sagte U-Bahn Ute, »wenn du das alles verstehen willst, dann muss man mit dem Regenbogenweg anfangen.«

»Der Regenbogenweg ist nur ein Begriff oder eine Manifestation der alten Wilden Magie«, sagte Molly. »Ein Rennen gegen Zeit und Schicksal, um die Welt zu retten. Es ist nicht vielen gegeben, es zu versuchen, und noch weniger uberleben es lange genug, um das erfolgreiche Ende der Muhen zu erleben. Ich kenne keinen, der es seit Konig Arthurs Zeiten auch nur versucht hatte. Aber es hei?t, dass jeder, der den geheimen Weg gehen kann und dem Regenbogen bis zu seinem Ende folgt, genau das findet, was er sich von Herzen wunscht. Wenn er stark genug ist; im Herzen, in der Seele und im Willen.«

»Es geht nicht darum, wie schnell man ist«, sagte U-Bahn Ute. »Es geht darum, wie sehr man es braucht. Wie viel man bereit ist, zu ertragen. Es ist nicht jedem gegeben, den Regenbogen entlangzuwandern. Und es gibt Leute, die sagen, das, was man am Ende des Regenbogens findet, nicht unbedingt das sei, was man wollte, sondern das, was man braucht.«

»Der Regenbogenweg ist ein altes Ritual«, sagte Molly. »Es ist … ein Archetyp, etwas Elementares, das Realitaten uberwindet. Ein Ding, das aus Traumen, Ruhm, der Suche nach dem heiligen Gral und erworbener Ehre besteht. Eine letzte Chance, das Dunkel zu besiegen und den Sieg fur das Licht zu sichern. Jedenfalls sagt man das.«

»Wer hat ihn gemacht?«, fragte ich.

»Wer wei? das schon?«, fragte Ute zuruck. »Wir reden hier uber alte Magie. Einige Dinge existieren einfach. Weil sie gebraucht werden.«

»Warum konnen wir dann nicht den Regenbogenweg anstelle des Weges der Verdammnis gehen?«, uberlegte ich.

Molly und Ute sahen sich an. »Weil wir nicht wissen, wie wir ihn finden sollen«, sagte Molly still. »Wir sind nicht … gut genug, nicht rein genug.«

»Der Weg der Verdammnis ist die Ruckseite, der dunkle Spiegel des Regenbogenwegs«, meinte U-Bahn Ute. »Das andere Gesicht einer unvorstellbaren Munze.«

»Schau«, sagte Molly. »Vergiss den ganzen spirituellen Kram und mach es einfach: Die Vielwinkligen, die Hungrigen Gotter, kommen aus einer hoheren Dimension, klar? Nun, wenn es hohere Dimensionen als unsere gibt, dann ist es nur vernunftig anzunehmen, dass es auch niedrigere, tiefere Dimensionen gibt. Die kaputten Universen, wo die Naturgesetze niemals richtig zusammengearbeitet haben. Der Weg der Verdammnis kann uns durch eine solche Welt bringen. Und man rennt dort nicht, man geht. Solange es dauert. Da geht's nicht um Schnelligkeit, sondern um Willensstarke.«

Ich spurte, wie ich die Stirn runzelte. Kein anderer sagte mehr etwas. Alle blickten in meine Richtung. »Wir haben wirklich nicht viel Zeit«, sagte ich. »Trumans Turm ist so gut wie fertig und wahrscheinlich aktiviert er ihn schon, wahrend wir hier sprechen. Die Hungrigen Gotter konnten jederzeit durchkommen.«

»Und du hast keine andere Moglichkeit, in Trumans Basis zu kommen«, sagte Molly. »Seine Verteidigungen werden alles drau?en halten, au?er dem Weg der Verdammnis.«

»Zeit hat in den niederen Universen eine andere Bedeutung«, sagte U-Bahn Ute. »Theoretisch sollten wir genau zu dem Zeitpunkt in Trumans Basis rauskommen, in dem wir hier weggegangen sind.«

Ich spurte, wie sich die Runzeln auf meiner Stirn vertieften. »Klar, das hat beim Zeitzug richtig gut funktioniert.«

»Das war Wissenschaft, das hier ist Magie«, sagte Molly schnell. »Der Weg der Verdammnis folgt alten Regeln, die ins Fundament der Realitat selbst gemei?elt sind.«

»Ach, was soll's, zum Teufel«, sagte ich. Ich musste aufhoren, mit der Stirn zu runzeln, ich bekam schon Kopfschmerzen davon. »Wir mussen zu diesem Turm und ich sehe keine andere Moglichkeit.« Ich sah zu den anderen hinuber: Mr. Stich, der Seneschall und Giles Todesjager. »In Anbetracht der unsicheren Natur dessen, was wir da tun wollen, fande ich es falsch, euch die Teilnahme zu befehlen. Ich wurde nicht gehen, wenn ich nicht uberzeugt war, dass ich muss. Also, das hier ist definitiv nur was fur Freiwillige. Jeder, der Nein sagt, oder sogar zum Teufel … Nein - ich wurde es verstehen.« Ich sah von einem zum anderen, aber alle starrten ruhig zuruck. Giles sah aus, als wolle er gleich loslegen, wie immer, der Seneschall sah aus, als ware er bereit zum Kampf und Mr. Stich sah aus … wie immer.

»Also los«, sagte ich. »Wieder mal Zeit, die Welt zu retten.«

Es stellte sich heraus, dass man, um den Weg der Verdammnis zu betreten, erst einmal hinunter musste. Ganz hinunter. Molly und U-Bahn Ute wirkten zusammen an einer alten Magie, wiegten sich hin und her und intonierten einen alten Gesang in einem Kreidekreis. Der Waffenmeister sah aufmerksam und fasziniert zu. Giles Todesjager sah es mit geschurzten Lippen, als ob er nicht erwarte, dass sich irgendetwas tate. Ich war nicht sicher, was man erwarten konnte, aber selbst so war ich uberrascht, als ein handelsublicher, sehr gewohnlicher Aufzug langsam vor Molly und Ute aus dem Boden fuhr. Das Ding pingte wichtig, um seine Ankunft anzukundigen und dann glitten die Turen auf und enthullten das gewohnliche Interieur eines Aufzugs. Ich ging ein paar Mal um die Tur herum. Von vorn war es ein wartender Aufzug. Von hinten war er nicht da. Giles ging ebenfalls ein paar Mal drum herum und murmelte etwas von Subraummechanik und Taschendimensionen. Was auch immer ihn glucklich machte.

Martha starrte den Aufzug geradezu bose an, der da in ihrem schonen, normalen Lageraum aufgetaucht war. »Warum hat dieses Ding da unsere Alarmanlagen nicht ausgelost?«

»Weil es so gesehen gar nicht hier ist«, erwiderte Molly. »Ich meine, es ist ein magisches Konstrukt, das nur wie ein Aufzug aussieht, weil das ein Konzept ist, mit dem unser begrenzter Verstand fertig wird.«

»Eure Sinne sind nicht ausgerustet, um Dinge wie dieses zu erkennen«, sagte U-Bahn Ute. »Also zeigen sie euch das Nachstbeste.«

»Genau!«, erwiderte Molly. »Das ist wirklich alte Magie, erinnert ihr euch? Wilde Magie, aus einer Zeit, in der wir alle noch auf Baumen lebten.«

»Ich sehe immer noch nicht ein, warum es so aussehen muss wie ein Aufzug«, norgelte ich, ein bisschen beleidigt daruber, dass ich damit uberfordert war.

»Verstandestechnischer Gruppenkonsens«, sagte Molly kurzangebunden. »Seien wir dankbar. Es hatte auch als Rolltreppe erscheinen konnen. Die Dinger hasse ich.«

Ich seufzte tief und bedeutungsvoll. Dann trat ich vorsichtig in den Aufzug. Der Stahlboden war fest unter meinen Fu?en und die verspiegelten Wande zeigten, dass ich schon wieder die Stirn runzelte. Ich versuchte angestrengt, das nicht mehr zu tun, damit ich die Truppen nicht demotivierte. Sie folgten mir, mit unterschiedlich hohem Vertrauen, und wir alle fullten das Ding von Wand zu Wand, mit kaum Platz, uns zu bewegen, au?er jemand holte gerade tief Luft, um zu atmen. Molly druckte absichtlich ihre Bruste an mich, wofur ich im Stillen dankbar war. Die Turen schlossen sich bedachtig, und ohne Hinweis oder Warnung ging der Aufzug nach unten.

Es schien, als ging es lange, lange Zeit hinunter. Ich konnte die Bewegung fuhlen, spurte sie in meinen Knochen und im Urin, auch wenn der Aufzug kein Gerausch machte und keine Kontrollen oder Anzeigen aufwies. Es wurde langsam hei?er, bis jeder von uns Schwei?ausbruche hatte und vergeblich versuchte, vom anderen abzurucken. Und dann verschwand die Hitze einfach, war innerhalb eines Augenblicks verschwunden und die Temperatur in dem begrenzten Raum sackte ab. Es wurde kalter und kalter und wir alle druckten uns eng aneinander, um unsere Korperwarme zu teilen. Und dann war das auch verschwunden und ich fuhlte weder Hitze noch Kalte, als ob wir solch lebendige Dinge hinter uns gelassen hatten.

Dann die Gerausche. Von au?erhalb der Stahlwande kam Larm, erst von ganz weit weg, dann kam er unerbittlich naher. Brullende Wut, Heulen und Kreischen, dann etwas, das ganz so klang wie ein Lachen, aber unwirklich. Einfache, primitive Emotionen bekamen eine Stimme, ohne die Last oder die Gebundenheit an bewusste Gedanken. Das waren schrecklich leere Stimmen, wie jene, die wir in unseren kindlichen Albtraumen gehort haben; Stimmen von Dingen, uber die wir wussten, sie wurden uns wehtun, wenn sie uns nur fanden … Aus den Stimmen sanken Worter, und das war schlimmer, als ob Seuchen oder das Schicksal oder das Bose gelernt hatten, zu sprechen. Sie kreisten um den sinkenden Aufzug, kamen erst von der einen, dann von der anderen Seite, rauschten heran und wieder fort, drohten und bettelten, spotteten und flehten, versuchten, uns zu uberzeugen, die Aufzugturen zu offnen und sie hereinzulassen. Ich kann mich nicht genau daran erinnern, was sie

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