Schulstunden aufgepasst hast. Ja, ›Eindringlinge‹. Definitiv Plural. Und die umgebenden Glyphen lassen den Schluss zu, dass es sich hierbei um eine Beschworung handelte, um diese Eindringlinge in unsere Welt zu bringen. Ich denke, wir mussen annehmen, dass die Prasenz, die du auf der anderen Seite von dem Nazca-Portal gespurt hast, nur eine von vielen war. Was umgekehrt den Schluss zulasst …«

»… dass es andere Nester geben muss«, sagte ich. »Mehr Portale, die von den Abscheulichen gebaut werden, um eine ganze Invasionsarmee dieser Wesen heruberzuholen.«

»Oh, Schei?e«, sagte Molly. »Es war schwer genug, eines von ihnen zu Fall zu bringen. Wie viele konnte es geben?«

»Das wei? wohl keiner«, meinte der Waffenmeister. »Hunderte, Tausende, Hunderttausende? Nester, die in aller Herren Lander, in der ganzen Welt gebaut werden, und die ganze Menschheit bedrohen? Eine Bedrohung, von der wir nichts gewusst hatten - wenn du diese Attacke auf die Abscheulichen nicht losgetreten hattest, Eddie.«

»Das ist wirklich eine vollig neue Liga«, sagte Molly. »Die ganze Welt bedroht? Was sollen wir tun?«

»Wir halten sie auf«, meinte ich. »Das ist es schlie?lich, was die Familie so tut. Onkel Jack, mussen wir wieder den Armageddon-Kodex aufmachen?«

»Sicher nicht«, sagte der Waffenmeister entschieden. »Ich habe den Kodex einmal fur dich geoffnet. Und das war einmal mehr, als ich in meinem Leben jemals habe sehen wollen. Nein, diese Art Superwaffen sollten nur als letzter Ausweg benutzt werden, wenn die Realitat selbst bedroht wird. Und die Dinge sehen nicht so schlecht aus. Noch nicht.«

»Aber wenn die Welt kurz vor einer Invasion von andersdimensionalen Wesen steht …?«

»Nein, Eddie. Die Familie kann das bewaltigen. Das haben wir schon fruher getan. Lies die Chroniken. Ich schwore, wir bringen euch nicht mehr genug Familiengeschichte bei. Die Kodex-Waffen sind fur den Fall, dass alles andere, einschlie?lich Tranen, Schwuren und Gebeten, versagt hat. Nicht einfach nur, um deinen Stolz zu retten, weil du eine Niederlage im Feld erlitten hast.«

»Du warst nicht da«, sagte Molly scharf. »Du hast nicht gesehen, was wir gesehen haben. Gefuhlt, was wir gefuhlt haben - und es war ubel, wirklich ubel. Was auch immer das war, das sich einen Weg in unsere Realitat erzwingen wollte, es war schlimmer als alles, was ich bis dahin erlebt habe. Und ich bin schon mit allen moglichen Damonen und Teufeln fertiggeworden, mit Machten uber und unter unserer Realitat, aber diese Invasoren … Sie haben mir richtig Angst eingejagt. Erinnerst du dich, Eddie, du hast gesagt, es gabe zwei Arten von Feinden: Damonen und Gotter. Nun, die Abscheulichen sind vielleicht Damonen, aber was auch immer sie beschworen wollten, war es ganz definitiv nicht.«

»Die Familie kann damit fertig werden«, sagte der Waffenmeister unbeirrt. »Ich habe Waffen entwickelt, die schlimmer sind als eure schlimmsten Albtraume. Du hast keine Ahnung, Molly, was den Droods moglich ist, wenn es wirklich einmal zum Krieg kommt. Wir haben zu lange herumgetrodelt und uns in alten Siegen gesonnt. Es wird Zeit, dass wir uns wieder einmischen und uns die Hande schmutzig machen. Wir waren mal Krieger und das werden wir auch wieder sein.« Der Waffenmeister lachelte. Doch seine sonst so freundliche, etwas geistesabwesende Art war verschwunden und war durch eine kalte und konzentrierte Boshaftigkeit ersetzt. Ich hatte nie vergessen durfen, dass dieser Mann zu der kaltesten Zeit des Kalten Krieges ein erstklassiger Frontagent gewesen war, beinahe so gelobt wie sein beruhmter Bruder James.

Mit der Lizenz zum Toten, hei?- oder kaltblutig, und so lange der Job getan werden musste.

Der Waffenmeister drehte sich zu Molly um und war auf der Stelle wieder sein altes, schroffes Selbst. »Mach dir keine Sorgen, meine Liebe, alles wird gut. Du wirst schon sehen. Also, Eddie, wie kamst du mit dem neuen Kurzstrecken-Teleportationsarmband zurecht, dass ich dir gegeben habe? Hat es gut funktioniert? Gab's Probleme?«

»Ah«, sagte ich. »Naja … um ehrlich zu sein, die Schlacht war so heftig und es war so viel los … ich hab irgendwie vergessen, dass ich es bei mir hatte.«

Der Waffenmeister seufzte schwer. »Beug dich mal vor, Eddie.« Ich tat es und er gab mir eine feste Kopfnuss.

»Hey! Verdammt, Onkel Jack, das hat wehgetan!«

»Gut. Vielleicht erinnerst du dich dann beim nachsten Mal. Ich gebe dir dieses Zeug, um dir einen Vorteil in einer Schlacht zu verschaffen! Um dich am Leben zu erhalten! Ich erwarte, dass du es benutzt. Ich erwarte, dass du …« In der Nahe begann beharrlich eine Kom-Konsole zu piepsen und der Waffenmeister unterbrach sich. »Was ist? Ich habe zu tun!«

Das Gesicht des Seneschalls erschien auf dem Monitor. Er nickte dem Waffenmeister kurz zu und sah dann an ihm vorbei Molly und mich an. »Ich dachte mir schon, dass ihr in der Waffenmeisterei untertaucht. Ich berufe den Inneren Zirkel ein, im Sanktum. Jetzt sofort. Wir mussen dringende Dinge besprechen.«

»Ach ja?«, fragte ich. »Und seit wann hast du die Autoritat, den Inneren Zirkel zusammenzurufen?«

»Sei punktlich«, erwiderte er. »Oder wir fangen ohne dich an.«

Er unterbrach die Verbindung, bevor ich antworten konnte. »Es ist immer was los«, sagte Molly. »Und ich dachte, meine Familie ware schlimm.«

»Deine Familie?«, fragte ich.

»Frag besser nicht.«

Molly und ich verlie?en die Waffenmeisterei und gingen ins Sanktum. Ich hatte uns beide mit Merlins Spiegel dorthin bringen konnen, aber ich hatte es ausnahmsweise nicht eilig. Ich wollte Zeit haben nachzudenken, und planen, was ich sagen wollte. Der Waffenmeister hatte gesagt, er wurde gleich nachkommen, und ich hoffte wirklich, dass Jacob sein Geistergesicht diesmal zeigen wurde. Ich wusste, dass ich bei diesem Treffen alle Unterstutzung gebrauchen konnte, die aufzutreiben war. Und dann blieb Molly ganz plotzlich wie angewurzelt stehen und verkundete, dass ich ohne sie weitergehen musste.

»Tut mir leid, Eddie. Aber ich kann nicht mehr langer in diesen bedruckenden vier Wanden bleiben. Ich kann einfach nicht. Ich muss raus an die frische Luft, bevor ich anfange, zu vertrocknen.«

»Aber … das ist eine Sache des Inneren Zirkels, Molly. Das ist wichtig. Ich brauche dich da, neben mir.«

»Das kann ich nicht andern. Ich muss hier raus, bevor ich anfange zu schreien. Du hast keine Ahnung, was dieser Ort mir antut, Eddie. Du kannst ja kommen und mich drau?en im Park suchen, wenn ihr fertig seid. Ich brauche Zeit fur mich, um meine Batterien wieder aufzuladen und die Krafte wiederzuerlangen, die ich auf der Nazca-Ebene verbraucht habe. Im Moment habe ich keinen Funken Magie mehr in mir. Und so kann ich nicht leben.«

Ich packte sie an beiden Schultern und zwang sie, mich anzusehen. »Ich brauche dich dieses Mal wirklich, Molly. Sie werden mich da drin kreuzigen. Ich kann ihnen nicht allein gegenubertreten.«

»Doch, du kannst. Du brauchst mich nicht annahernd so sehr, wie du denkst. Du bist starker als du glaubst, Eddie. Starker als du dir selbst erlaubst. Ich sehe dich spater.«

Sie entzog sich meinem Griff und hastete den Korridor hinunter in Richtung des Haupteingangs und der Freiheit des Parks. Ich rief ihr nach, aber sie sah sich nicht einmal um. Also ging ich allein ins Sanktum und fragte mich, was zum Teufel ich sagen sollte.

Als ich dort ankam, hatte der Waffenmeister es irgendwie fertiggebracht, vor mir dort zu sein. Er hob eine Hand, um sein Teleportarmband zu zeigen und winkte mir damit bedeutungsvoll zu. Ich ignorierte ihn absichtlich und sah mich um. Im sanften Leuchten von Seltsam waren Penny, der Seneschall - und Harry versammelt. Er verschrankte die Arme vor der Brust und lachelte mich selbstzufrieden an. Der Seneschall stand neben Harry, um seine Unterstutzung fur ihn zu demonstrieren. Penny sah mich nachdenklich an. Von Jacob war nichts zu sehen. Das scharlachrote Gluhen von Seltsam fuhlte sich nicht annahernd so besanftigend an wie sonst. Ich erwiderte die Blicke der anderen so fest ich nur konnte.

»Na, das ist ja eine Uberraschung. Harry Drood bei etwas, das eine private Versammlung meines Inneren Zirkels sein sollte. Was machst du hier, Harry?«

»Ich bin eingeladen worden«, sagte er leichthin. Seine Lippen waren von dem Schlag immer noch angeschwollen und gerissen. Er hatte das leicht heilen konnen, aber so war es jetzt nutzlicher: ein sichtbarer Beweis meines Temperaments und meiner Brutalitat. Es hinderte ihn zumindest nicht daran, mich triumphierend anzulacheln.

Вы читаете Krieg der Wachter
Добавить отзыв
ВСЕ ОТЗЫВЫ О КНИГЕ В ИЗБРАННОЕ

0

Вы можете отметить интересные вам фрагменты текста, которые будут доступны по уникальной ссылке в адресной строке браузера.

Отметить Добавить цитату