Seite stehen.«

Ich sagte nichts. Was hatte ich sagen sollen? Er hatte recht.

Harry wandte mir seinen Rucken zu und ging fort. Molly lie? mich endlich los und zog etwas aus einer versteckten Tasche.

»Ich habe das hier gefunden, in den Trummern des Turms. Es ist so voll von machtvoller Magie, dass es mich geradezu angeschrien hat. Erkennst du es wieder?«

Ich drehte es in meinen Handen wieder und wieder langsam um. Es war ein Amulett von einer bestimmten Art, mit tief eingravierten kandarianischen Symbolen. Ich konnte nur ein Wort ubersetzen.

»Eindringlinge«, sagte ich.

»Na prima«, sagte Molly. »Die Marsmannchen kommen.«

»Nein«, sagte ich, zu mude, um zu lacheln. »Ich bin ziemlich sicher, dass das ein Teil der Beschworung war. Eine Anrufung, um … das herzubringen, was auch immer wir aufgehalten haben. Nur … das hier ist Plural. Eindringlinge … nicht nur einer.«

»Ich konnte kotzen«, sagte Molly. »Alles, was wir mitgemacht haben, um einen - was eigentlich? - aufzuhalten?«

»Etwas von der Anderen Seite«, sagte ich. »Eine Invasionsflotte, von etwas wesentlich Schlimmerem als Seelenfresser. Geh mal beiseite. Ich glaube, ich muss auch kotzen.«

»Eindringlinge«, sagte Molly. »Von den Abscheulichen gerufen. Hei?t das … mehr Nester, mehr Turme, irgendwo in der Welt?«

»Mit Sicherheit«, sagte ich. »Vielleicht in jedem Land der Welt. Das hier war nur der Anfang.«

»Mann, du kannst einem manchmal sowas von auf den Sack gehen!«, sagte Molly.

»Das macht der Job«, sagte ich. »Lass uns nach Hause gehen.«

Kapitel Acht

Familienangelegenheiten

Wir kamen in den Blackhawkes nach Hause. Diesen wundervollen, eleganten und stillen Flugzeugen. Nichts ging schief mit ihnen. Aber sie schienen schrecklich leer zu sein, denn sie brachten nur ein paar von uns nach Hause. Wir waren nur noch elf Droods mit Torques und mussten uns uber die Flugzeuge verteilen, damit wir unentdeckt durch die fremden Flugraume fliegen konnten, uber einer Welt, die nicht einmal wusste, wovor wir sie gerettet hatten. Keiner der anderen Droods sah mich uberhaupt an, als wir alle in unterschiedliche Flugzeuge kletterten. Molly sa? den ganzen Ruckweg neben mir, hielt meine Hand und sprach leise mit mir, aber ich konnte Ihnen nicht wiedergeben, was sie gesagt hat. Alles, woran ich denken konnte, war das, was wir in den den Gepackraumen der Flugzeuge untergebracht hatten. All die toten Droods.

Die Nachrichten eilten uns voraus. Das tun schlechte Nachrichten immer. Als die Blackhawkes endlich auf dem Flugfeld hinter dem Herrenhaus landeten, schien sich die ganze Familie versammelt zu haben, um zuzusehen. Und als ich und die schrecklich wenigen Uberlebenden meiner ersten katastrophalen Mission aus den Flugzeugen stiegen, taten wir das in absolutem Schweigen. Vor Reihen von schockierten Gesichtern und anklagenden Augen. Ich hatte sie anschwindeln und ihnen sagen konnen, dass ich spater ein offizielles Statement abgeben wurde. Ich hatte einfach durch sie hindurch ins Haus gehen konnen. Aber ich tat es nicht. Ich stand da und wartete mit jedem anderen, wahrend die Leichen aus den Gepackraumen geladen wurden.

Wir hatten nicht alle retten konnen. Die meisten der Leichen auf der Ebene waren entweder von dem fallenden Turm zerquetscht oder so vom Kampf zerstort gewesen, dass wir nicht wussten, wer wer war oder was zu wem gehorte. Von einigen gab es nur noch Einzelteile. Also hatten wir von denen nur die Kopfe mitgebracht. Wir hatten Stunden unter der hei?en Sonne verbracht, uns durch das Durcheinander gewuhlt und dieses Schlachtfest, das Blut und die Innereien und den Gestank sortiert, aber am Ende hatten wir weniger als die Halfte nach Hause gebracht. Die versammelte Menge machte leise, erschrockene Gerausche, als die ersten Leichen auftauchten. Sie hatten nie so viele tote Droods gesehen. Das hatte keiner. So eine Tragodie, so ein hoher Verlust an Leben in einer Operation war noch nie dagewesen. Einige Mitglieder der Familie schrien auf beim Anblick bekannter Gesichter, gebrochen und verzerrt und verschmiert mit getrocknetem Blut. Einige Leute wollten nach vorne sturzen, aber der Seneschall war da mit seinen Leuten und wahrte die Ordnung. Die Wurde der Familie muss immer gewahrt bleiben.

Die Familienarzte und -schwestern hatten bald keine Bahren und Tragen mehr, obwohl sie die Leichen in der Leichenhalle einfach nur hinlegten und dann so schnell wie moglich wiederkamen. Also improvisierten sie und brachten Tische und Teewagen und andere flache Oberflachen an. Was die Korperteile und -stucke und die abgetrennten Kopfe anging, luden die Arzte sie einfach in schwarze Abfallsacke, um sie spater zu sortieren. Die Menge schien das nicht zu mogen, aber die Entscheidung musste getroffen werden, um die Leichen so schnell wie moglich aus den Flugzeugen und aus der Sicht der anderen zu bringen. Meine Entscheidung war es allerdings nicht. Ich konnte an nichts anderes denken als daran, wie sehr ich die ganze Sache vermasselt hatte. Nein, ein einziger des Inneren Zirkels hatte weiter gedacht und die Entscheidung fur mich getroffen. Sehr vorausschauend von ihnen. Auch wenn es hier naturlich nicht darum ging, wie ich mich fuhlte, sondern ob das alles gut fur die Familie war.

Ich stand im Schatten meines Flugzeugs und zwang mich selbst, schweigend zuzusehen, bis auch die letzte Leiche ins Herrenhaus getragen worden und endlich zu Hause angekommen war. Das waren meine Pflicht und meine Strafe. Molly stand die ganze Zeit neben mir und hielt meine Hand. Ich hielt mich an ihr fest wie ein Ertrinkender und hatte ihre Hand so fest umklammert, dass es ihr wehgetan haben muss, aber sie lie? keinen Klagelaut horen. Ich sagte gar nichts, nicht einmal, als die Familie mich ansah, mit feuchten, hei?en Augen und kalten vorwurfsvollen Gesichtern. Was hatte ich auch sagen konnen, au?er: »Es tut mir leid. Es tut mir so leid.«

Nachdem die letzten Bahren und die letzten paar Plastiksacke drinnen verschwunden waren, ruhrte Molly sich endlich und lehnte sich zu mir. »Habt ihr keine Leichensacke?«, fragte sie still. »Fur Katastrophen und Notfalle wie diese?«

»Es hat noch nie so eine Katastrophe wie diese gegeben«, sagte ich. »Wir haben nie Leichensacke gebraucht, weil wir noch nie so viele Leute verloren haben.«

»Wir haben die Schlacht nicht verloren«, sagte Molly. »Wir haben das Nest und den Turm der Abscheulichen zerstort. Wir haben verhindert, dass das Bose durch das Portal kommt. Verdammt, wir haben die Welt gerettet, Eddie.«

»Wenn das ein Sieg ist, dann will ich nicht wissen, wie eine Niederlage aussieht«, erwiderte ich. »Welchen vorlaufigen Sieg wir auch errungen haben, wir haben mit unserem Blut dafur gezahlt. Diese Leute sind mir in eine Schlacht gefolgt, weil sie an mich geglaubt haben. Sie waren die Auserwahlten, die ihren Platz durch ihre Leistung und harte Arbeit verdient hatten. Ich habe ihnen einen Sieg und Ruhm versprochen und eine Chance, Helden zu sein. Das hier … das hier sollte eine Demonstration der Macht der Droods werden. Es sollte keiner verletzt werden. Jetzt sind die meisten dieser mutigen Seelen tot und die Familie wird verwundbarer denn je erscheinen.«

»Also … was wirst du tun?«, fragte Molly.

»Ich habe keine Wahl mehr. Jeder Drood muss einen Torques bekommen, und die Rustung, die dazu gehort. Ob ich nun glaube, dass sie sie verdienen oder nicht. Die Familie muss beschutzt werden. Wenn es sein muss, sogar vor mir und meinen verruckten Ideen.«

»Tu das nicht!«, erwiderte Molly scharf. »Fang nicht damit an, dein Urteil infrage zu stellen, nur weil eine Schlacht schiefgelaufen ist. Du hast alles richtig gemacht. Es gab keine Moglichkeit, alles uber diese anderen Damonen zu wissen, die im Turm versteckt waren.«

Sie brach ab, als Harry auf uns zukam. Er hielt seinen Kopf hoch und schritt wie ein Soldat daher, jede seiner Bewegungen strotzte nur so von der Arroganz eines ganz und gar Selbstuberzeugten. Er wusste, dass die ganze Familie zusah. Er blieb mit einem Ruck vor mir stehen, nahm eine verurteilende Pose ein und hob seine Stimme, sodass jeder ihn horen konnte.

»Das ist alles deine Schuld, Edwin. Alles. Ich habe dir gesagt, dass deine Angriffstruppe nicht gro? genug war. Ich habe dir gesagt, dass wir alle Rustungen brauchen, wenn wir die Abscheulichen besiegen wollen. Aber nein, du wolltest nicht horen, du wusstest es besser. Du musstest dich selbst als Fuhrer beweisen. Und jetzt sind

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