getotet?«

»Sag, was du willst, keiner wird dir glauben«, sagte ich. »Eine Drohne wurde alles sagen, jede Luge erzahlen, um die Familie zu untergraben.«

»Warum bist du dann hier?«, fragte Sebastian. »Hoffst du vielleicht auf eine Heilung? Verschwende nicht deine und meine Zeit. Es gibt keine. Wenn einmal einer zu uns gehort, dann ist er fur immer einer von uns.«

»Du konntest dir selbst einen Gefallen tun«, sagte ich. »Dir eine bessere Behandlung verdienen, wenn du mir ein paar Fragen beantwortest.«

»Und verschwende deine Zeit nicht mit Lugen«, warf Molly ein. »Ich wurde es wissen.«

»Ja«, sagte Sebastian. »Das wurdest du. Also gut, fragt.«

»Wer war der ursprungliche Verrater?«, fragte ich. »Wer hat die Familie uberzeugt, die Abscheulichen wieder herzuholen, damals 1941?«

»Ich habe keine Ahnung«, sagte Sebastian frohlich und lehnte sich mit vor der Brust verschrankten Armen gegen das Stahlglas. »Und falls ihr glaubt, ihr konntet mich mit Wahrheitszaubern oder einem elektrischen Stachelstock zum Viehantreiben oder was auch immer sonst bei modernen Verhoren ›in‹ ist, zum Reden bringen - ja, ich wei?, wir haben einen Verstand, aber wir sind strikt in Abteilungen geordnet. Jede Drohne wei? nur, was sie wissen muss und wann sie es wissen muss. Grundlegende Sicherheit. Ich hatte vielleicht erfahren konnen, wer der Verrater war, aber im Moment bin ich von diesem Bereich des Wissens abgeschnitten. Oder - um genau zu sein, von jedem Wissensbereich, der euch helfen konnte. Das gilt auch fur alle anderen Drohnen hier.«

»Es gibt Wege, wie man die Wahrheit ans Licht holen kann«, sagte ich. »Alte Wege. Naturlich sind sie sehr zerstorerisch, sowohl korperlich als auch mental.«

»Du liebe Zeit«, sagte Sebastian und grinste breit. »Drohungen mit Tod und Folter einem hilflosen Gefangenen gegenuber? Sind die Droods so tief gesunken?«

»Die Sicherheit der Welt geht vor«, erwiderte ich.

»Oh, ja ja, das tut sie. Aber kannst du die Welt retten, indem du dich selbst verdammst? Konnt ihr die Monster bekampfen, indem ihr selbst zu Monstern werdet?« Sebastians Stimme klang unverhohlen hohnisch, auch wenn sein Gesicht vollkommen ausdruckslos war. Er schien sich nicht mehr die Muhe zu geben, menschlich wirken zu wollen. »Die Hungrigen Gotter kommen, Eddie, und es gibt keine verdammte Moglichkeit, uns aufzuhalten. Keiner hat uns je aufgehalten …. - Hallo, Freddie.«

Molly und ich wirbelten herum, als Freddie unsicher auf uns zukam. Er nickte Molly und mir kurz zu, aber seine Aufmerksamkeit war auf Sebastian gerichtet. Ich erkannte Freddie kaum wieder. All seine typische Extravaganz und sein Glamour waren durch die Ereignisse zerstort worden. Er sah kleiner aus, nach weniger, und er starrte Sebastian mit angewiderter Faszination an.

»Hallo, Seb«, sagte er schlie?lich. »Bist du noch Seb? Erinnerst du dich an mich? Erinnerst du dich daran, mein Freund zu sein?«

»Naturlich erinnere ich mich an dich, Freddie. Ich habe mich nicht geandert, nicht wirklich. Ich bin nur ehrlicher zu mir uber das, was ich bin. Ich erinnere mich an unsere Freundschaft, an all unsere guten Zeiten; sie interessieren mich nur nicht mehr. Das haben sie eigentlich nie getan. Das war alles Teil der Aufgabe. Du warst nur ein Mittel zum Zweck, furchte ich, ein einfacher Weg, um ins Herrenhaus zu kommen. Ich wusste, es wurde einfacher sein, wenn ich dich dabei hatte, um fur mich zu sprechen. Eddie hatte vielleicht die Vogelfreien wieder heimgeholt, aber er hatte guten Grund, mir nicht zu trauen.«

»Warst du damals schon infiziert?«, fragte ich.

»Das werde ich dir nicht sagen. Und jetzt sei still, ich rede mit Freddie. Ich konnte nicht glauben, dass du gleich wieder abhaust, Freddie, gleich, nachdem ich dich hierhergebracht habe. Ich brauchte dich und deine extreme Personlichkeit, um die Leute von mir abzulenken. Deshalb habe ich so einen Aufstand gemacht, um dich wieder zuruckzuholen und dich zu einem Berater Harrys zu machen. Du hattest in deinem ganzen Leben nie einen nutzlicheren Gedanken als diesen in deinem hubschen Kopf. Aber ich habe dich verfuhrt um sicherzugehen, dass du diesmal bleibst. Du bist derart schillernd, dass mich nie jemand ansah, wenn du in der Nahe warst.«

»Hast du jemals etwas fur mich empfunden?«, fragte Freddie beinahe flusternd.

»Ach, ich wei? nicht«, sagte Sebastian. »Vielleicht. Manchmal. Ab und zu … Ich bin mal mehr, mal weniger menschlich. Aber es macht keinen Unterschied. Das ist jetzt alles vorbei. In der Welt, die kommt, werden menschliche Gefuhle keinen Platz mehr haben. Ihr werdet uns lieben, weil wir euch dazu zwingen werden, um den Ubergang zu erleichtern. Aber wir werden uns nichts daraus machen. Wir sind die Hungrigen Gotter, die Vielwinkligen. Und ihr seid nur Nahrung.«

Freddie wandte sich ab, als hatte Sebastian ihn geschlagen und ging dann langsam wieder weg. Er blickte nicht zuruck.

»Das war grausam«, sagte ich zu Sebastian.

»Man muss grausam sein, um freundlich sein zu konnen«, sagte Sebastian kurz. »Und jetzt geht. Ich habe euch nichts mehr zu sagen. Wenn ihr noch mehr daruber wissen wollt, wie es ist, eine Drohne zu sein, dann fragt Molly. Naturlich werdet ihr kaum sicher sein konnen, dass sie die Wahrheit sagt - je langer es dauert.«

Er lachte uns aus. Ich nahm Molly am Arm, zog sie von der Kabine weg und wir gingen durch die Isolierstation fort. Alle Drohnen kamen diesmal nach vorn und starrten uns durch das Stahlglas eindringlich an. Ihre Mienen waren jetzt alle gleich und sie sahen Molly an, nicht mich. Sie blickte starr geradeaus, gedankenverloren und ich denke, sie bemerkte das veranderte Verhalten gar nicht. Ich hoffte es jedenfalls.

»Ich wusste gar nicht, dass Sebastian und Freddie schwul sind«, sagte sie endlich.

»Ich denke nicht, dass Freddie je so wahlerisch war«, erwiderte ich, froh uber ein anderes Thema reden zu konnen. »Er wurde sein Ding auch in Schlamm stecken, wenn der sich nur genugend bewegte. Und Sebastian wurde wahrscheinlich tun, was er fur notig halt. Freddie war schon immer ein notorischer Romantiker und hat es nie ausgehalten, keine Beziehung zu haben. Egal mit wem. Sebastian hat das nur benutzt, damit er Freddie als Tarnung verwenden konnte. Armer Idiot.«

»Sebastian wei? von meinem Zustand«, sagte Molly. »Fruher oder spater wird er es jemandem sagen. Wenn er glaubt, es ist fur ihn von Vorteil. Und fruher oder spater wird jemand darauf horen und es glauben. Das wei?t du.«

»Bis dahin dauert es noch etwas«, sagte ich. »Und wir haben nur drei, vier Tage, bis die Eindringlinge kommen. Die Familie wird zu beschaftigt sein, um sich um Sebastians Tiraden zu kummern.«

Wir hielten inne, als eine der bewaffneten Wachen auf uns zukam. Molly spannte sich und griff nach meinem Arm und ich tat mein Bestes, um unbesorgt und wie immer auszusehen.

»Wir haben eine Meldung von dem Mann, der Sebastian bewacht«, sagte die Wache. »Anscheinend hat er euch doch noch etwas zu sagen. Etwas Wichtiges. Aber er will es nur euch beiden sagen.«

»Vielleicht ist das nur ein Trick«, sagte Molly. »Er will uns mit falschen Informationen in die Irre fuhren.«

Ich konnte mir denken, wie gerne sie aus der Isolierstation herauswollte, aber ich konnte nicht einfach gehen. Sebastian wusste etwas; es gab immer die Chance, dass er mehr verriet, als er eigentlich wollte, wenn man ihn nur reden lie?. Also gingen wir zu seiner Zelle zuruck. Molly ging steif neben mir her. Als wir ankamen, lachelte er uns su?lich zu und lehnte lassig an der schweren Stahlglaswand.

»Ich bin schon vor langer Zeit infiziert worden«, sagte er, diesmal ohne sich mit Hoflichkeiten aufzuhalten. »Ihr habt keine Ahnung, wie es sich anfuhlt, wenn der Wechsel wirklich anfangt, sich auszuwirken. Es ist, als ware man Teil von etwas Gro?erem, etwas wesentlich Wichtigerem und Bedeutenderem. Ich fuhlte, dass auf einmal alles einen realen Sinn, ein Ziel hat, das erste Mal in meinem Leben. Menschlich zu sein ist so begrenzt. Warum sollte ich bedauern, das hinter mir zu lassen, wenn ich so viel mehr sein kann? Wenn die Hungrigen Gotter durchkommen, werde ich ein Teil von ihnen sein und uber eure Vernichtung jubeln.«

»Aber du verlierst dich selbst«, sagte ich. »Du gibst alles auf, was du aus dir selbst gemacht hast. Das hat dir doch immer so viel bedeutet, Sebastian.«

»Ich wusste nie, wie klein ich eigentlich bin, bis ich von den Gottern beruhrt wurde«, antwortete er. »Warum soll ich eine Raupe bleiben, wenn ich ein Schmetterling sein kann?«

»Schmetterlinge toten normalerweise niemanden sonst in der Wiese«, wandte Molly ein.

Sebastian lachelte ihr zu. »Sie wurden, wenn sie konnten. Und du wirst das auch tun, Molly.«

»Du sagtest, du hast uns noch etwas Wichtiges mitzuteilen«, unterbrach ich ihn. »Raus damit oder wir sind weg.«

»Ach ja. Du warst sehr clever, Eddie, dass du die Drohnen bei Nazca entdeckt und eingekesselt hast. Aber

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