Stimme war sanft. »Hier bin ich.«
Durch die Flammen sah er eine dunkle Gestalt, die bewegungslos wie eine Statue auf der anderen Seite des Hofs stand und zu ihm heruberstarrte. Der dunkle Schemen ignorierte das Kampfgetummel um ihn herum. Er starrte Chris gebannt an. Es war Robert de Kere. »Chris. Wei?t du, was ich will?« fragte de Kere. Chris antwortete nicht. Nervos hob er das Schwert und spurte das Gewicht in seiner Hand. De Kere sah ihm nur zu. Er kicherte leise. »Willst du gegen mich kampfen, Chris?« Und dann kam de Kere auf ihn zu.
Chris atmete tief durch, er wu?te nicht, ob er bleiben oder da-vonrennen sollte. Plotzlich sprang eine Tur hinter dem Festsaal auf, und ein Ritter in voller Rustung, doch ohne Helm, kam heraus und brullte: »Fur Gott und den Erzpriester Arnaut!« Chris erkannte ihn sofort, es war Raimondo, der gutaussehende Ritter. Dutzende Soldaten in Grun und Schwarz stromten in den Burghof und verwickelten Olivers Manner in hitzige Gefechte.
De Kere kam immer noch auf ihn zu, doch nun blieb er stehen, anscheinend verunsichert von dieser neuen Entwicklung. Plotzlich packte Arnaut Chris am Hals und hob sein Schwert. Er zog ihn zu sich und rief: »Oliver! Wo ist Oliver?« Chris deutete zu der entfernten Tur. »Fuhrt mich hin.«
Chris ging mit Arnaut uber den Hof und durch die Tur. Eine Wendeltreppe fuhrte nach unten, und sie kamen zu einer Reihe unterirdischer Kammern. Es waren gro?e und dustere Raume mit hohen Gewolbedecken.
Keuchend und mit blutunterlaufenem Gesicht lief Arnaut nun voraus. Chris hatte Muhe, mit ihm Schritt zu halten. Sie kamen durch eine zweite Kammer, die leer war wie die erste. Aber jetzt horte Chris Stimmen. Und eine davon klang wie die des Professors.
Die computergenerierten Feldlinien auf dem Monitor im Kontrollraum zeigten seit einiger Zeit Zacken. Kramer nagte an der Unterlippe und sah zu, wie die Zacken hoher und breiter wurden. Sie trommelte mit dem Finger auf den Tisch. Schlie?lich sagte sie: »Okay, la?t uns wenigstens die Tanks fullen. Mal sehen, was sie machen.« »Gut«, sagte Gordon mit erleichterter Miene. Er nahm das Funkgerat zur Hand und fing an, den Technikern unten im Transitbereich Anweisungen zu geben.
Stern sah auf dem Videomonitor zu, wie dicke Schlauche zum ersten der leeren Schilde gezerrt wurden. Manner legten Leitern an die Tanks und stiegen mit den Schlauchen hinauf. »Ich glaube, das ist das Beste«,
sagte Gordon. »Wenigstens konnen —«
Stern sprang plotzlich auf. »Nein«, sagte er. »Tun Sie es nicht.«
»Was?«
»Fullen Sie die Tanks nicht.«
Kramer starrte ihn an. »Warum nicht. Was kann -«
»Tun Sie es nicht!« sagte Stern. In dem kleinen Kontrollraum klang es fast wie ein Schrei. Auf dem Monitor sah man, wie die Manner die
Hahne uber die Einla?offnung hielten. »Sagen Sie ihnen, sie sollen aufhoren! Kein Wasser in den Tank! Nicht einen Tropfen!«
Gordon gab den Befehl uber Funk weiter. Die Techniker sahen
uberrascht hoch, aber sie hielten inne und kletterten mit den Schlauchen wieder zu Boden.
»David«, sagte Gordon sanft. »Ich glaube, wir mussen —« »Nein«, sagte Stern. »Wir fullen die Tanks nicht.«
»Warum nicht?«
»Weil das Wasser den Kleber ruiniert.« »Den Kleber?«
»Ja«, sagte er. »Ich wei?, wie wir die Tanks verstarken konnen.« Kramer sagte: »Im Ernst? Wie?«
Gordon wandte sich dem Techniker zu. »Wieviel Zeit noch?« »Funfunddrei?ig Minuten.«
Er wandte sich wieder an Stern. »Nur noch funfunddrei?ig Minuten, David. Wir haben keine Zeit mehr, um noch irgendwas zu tun.« »Doch, haben wir«, sagte Stern. »Die Zeit reicht gerade noch. Wenn wir uns sehr beeilen.«
Kate lief hinunter in den inneren Burghof von La Roque und zu der Stelle, wo Chris eben noch gestanden hatte. Aber Chris war verschwunden. »Chris?«
Aus ihrem Ohrstopsel kam keine Antwort. Und er hat die Keramik, dachte sie.
Uberall auf dem Hof lagen brennende Leichen. Sie lief von einer zur anderen, um zu sehen, ob Chris darunter war.
Ihr Blick fiel auf Raimondo, der ihr zunickte und winkte — und dann erschauderte sie. Einen Augenblick lang dachte sie, es liege an den Hitzewellen der Flammen, aber dann drehte sich Raimondo um, und sie sah, da? er aus der Seite blutete. Ein Mann stand hinter ihm, der mit seinem Schwert immer wieder auf ihn einhackte, auf den Arm, die Schulter, den Oberkorper, die Beine. Jeder Hieb war kraftig genug, um tiefe Wunden zu schneiden, aber nicht, um zu toten. Heftig blutend taumelte Raimondo ruckwarts. Der Mann ruckte, weiter auf ihn einhackend, vor. Raimondo sank auf die Knie. Der Mann stand jetzt uber ihm, doch er schlug weiter auf ihn ein. Schlie?lich kippte Raimondo nach hinten, und der Mann zerschnitt ihm das Gesicht, zog sein Schwert diagonal uber Lippen und Nase, so da? Fleischfetzen davonspritzten. Das Gesicht des Angreifers war durch die Flammen nicht zu sehen, aber Kate horte ihn bei jedem Hieb »Bastard, Bastard, Bastard« rufen. Er sprach modernes Englisch. Und dann wu?te sie, wer der Mann war. Der Angreifer war de Kere.
Chris folgte Arnaut tiefer in das Verlies. Irgendwo vor ihnen hallten Stimmen. Arnaut bewegte sich jetzt vorsichtiger, druckte sich an den Wanden entlang. Schlie?lich konnten sie in das nachste Gewolbe sehen, das von einer gro?en Grube im Boden beherrscht wurde. Uber der Grube hing ein schwerer Metallkafig an einer Kette. Der Professor stand darin mit ausdruckslosem Gesicht, wahrend der Kafig von zwei Soldaten, die an einer Winde drehten, in die Grube hinabgelassen wurde. Marek wartete mit gefesselten Handen und von zwei Soldaten bewacht an der gegenuberliegenden Wand.
Lord Oliver stand am Rand der Grube und sah lachelnd zu, wie der Kafig in die Tiefe sank. Er trank aus einem goldenen Kelch und wischte sich das Kinn. »Ich habe Euch mein Versprechen gegeben«, sagte er, »und ich halte es auch.« Zu den Soldaten an der Winde sagte er: »Langsamer, langsamer.«
Den Blick starr auf Olvier gerichtet, knurrte Arnaut wie ein Hund und hob sein Schwert. Dann drehte er sich kurz zu Chris um und sagte: »Ich
ubernehme Oliver. Ihr konnt die anderen haben.«
Die anderen, dachte Chris. Es waren vier Soldaten in dem Gewolbe.
Aber er hatte keine Zeit zu protestieren, denn mit einem wutenden
Aufschrei sturmte Arnaut bereits voran und rief: »Oliverrrrr!«
Den Kelch noch in der Hand, drehte Lord Oliver sich um. Mit einem hohnischen Grinsen sagte er: »Aha. Das Schwein zeigt sich.« Er warf den Kelch beiseite und zog sein Schwert. Die beiden sturzten sich aufeinander.
Chris lief jetzt auf die Soldaten an der Winde zu, aber er wu?te nicht so recht, was er tun sollte. Die Soldaten neben Marek hatten ihre Schwerter erhoben. Oliver und Arnaut kampften erbittert, ihre Schwerter klirrten, wilde Fluche flogen zwischen den beiden Erzfeinden hin und her.
Alles geschah jetzt sehr schnell. Marek rempelte einen der Soldaten neben ihm an und erstach ihn mit einem Messer, das so klein war, da? Chris es gar nicht sah. Der zweite Soldat drehte sich zu Marek um, aber Marek trat ihn so kraftig, da? er ruckwarts stolperte und die beiden Manner an der Winde beiseite stie?. Unbewacht begann die Winde sich schneller zu drehen. Sie funktionierte offenbar mit Hilfe eines Ratschenmechanismus, der einigen Larm verursachte, aber der Kafig sank deutlich schneller als zuvor. Chris sah, wie er mitsamt dem Professor unter Bodenhohe sank und langsam in der Grube verschwand.
Inzwischen hatte Chris den ersten der Soldaten erreicht, der ihm den Rucken zukehrte. Der Mann drehte sich um, aber Chris schlug mit dem Schwert nach ihm und verletzte ihn schwer. Noch ein Hieb, und der Mann sturzte zu Boden.
Jetzt waren nur noch zwei Soldaten ubrig. Marek, dessen Hande noch immer gefesselt waren, wich zuruck, um der zischenden Klinge des einen zu entgehen. Der zweite Soldat stand an der Winde. Er hatte sein Schwert gezogen und war bereit zum Kampf. Chris schwang seine Klinge, aber der Mann parierte muhelos. Doch dann stie? Marek, der im Kreis vor seinem Angreifer zuruckwich, gegen den Soldaten, der sich kurz umdrehte. Marek rief: »Jetzt!«, und Chris erstach den Soldaten mit seinem Schwert. Der Mann brach zusammen. Die Winde drehte sich immer noch. Chris packte die Kurbel, sprang dann aber zuruck, als das Schwert des vierten Soldaten klirrend den Mechanismus traf. Der Kafig sank immer tiefer. Chris wich zuruck. Marek streckte ihm die gefesselten Handgelenke hin, aber Chris war sich nicht sicher, ob er mit dem Schwert prazise genug zielen konnte. »Tu's einfach«, schrie Marek, und Chris holte aus. Das Seil zerri?, und dann war der vierte Soldat uber ihm. Er kampfte mit der Wut eines in die Enge Getriebenen, und Chris wurde beim Zuruckweichen am Unterarm getroffen. Er