merkte, da? er in Schwierigkeiten war, als sein Angreifer plotzlich entsetzt nach unten sah: Die blutige Spitze eines Schwerts ragte aus seinem Bauch. Der Soldat sturzte zu Boden, und Chris sah Marek mit dem Schwert in der Hand. Chris rannte zu der Kurbel, packte die Winde und schaffte es, den Kafig zu stoppen. Jetzt sah er, da? der Kafig schon tief in das olige Wasser gesunken war; der Kopf des Professors ragte gerade noch uber die Oberflache. Noch eine Umdrehung der Winde, und er ware ganz untergetaucht gewesen.

Gemeinsam kurbelten Chris und Marek den Kafig wieder hoch. Chris fragte: »Wieviel Zeit noch?«

Marek sah auf seinen Timer:»Sechsundzwanzig Minuten.« Unterdessen kampften Arnaut und Oliver weiter; sie befanden sich jetzt in einem dunklen Winkel des Verlieses, und Chris sah nur die Funken ihrer klirrenden Schwerter.

Triefend stieg der Kafig in die Hohe. Der Professor lachelte Chris an. »Ich habe mir gedacht, da? du es rechtzeitig schaffen wurdest«, sagte er.

Die schwarzen Stangen des Kafigs waren glitschig in Chris' Handen, als er den Kafig von der Grube wegzog. Schlamm und schwarzes Wasser tropften auf den Lehmboden und hinterlie?en kleine Pfutzen. Chris kehrte zu der Winde zuruck und drehte gemeinsam mit Marek die Kurbel, um den Kafig zu Boden zu lassen. Der Professor war triefna?, aber er schien erleichtert, wieder auf festem Boden zu sein. Chris wollte ihn befreien, mu?te aber feststellen, da? der Kafig verschlossen war. Ein schweres Vorhangeschlo? von der Gro?e einer Mannerfaust hing an der Tur.

»Wo ist der Schlussel?« fragte Chris, an Marek gewandt.

»Ich wei? es nicht«, sagte Marek. »Ich lag auf dem Boden, als sie ihn hineinsperrten. Ich konnte nicht sehen, was passierte.«

»Professor?«

Johnston schuttelte den Kopf. »Ich bin mir nicht sicher. Ich habe dorthin geschaut.« Er nickte zu der Grube.

Marek schlug mit dem Schwert auf das Schlo?. Funken flogen, aber das Schlo? war solider Stahl, das Schwert zerkratzte es kaum. »Das funktioniert nicht«, sagte Chris. »Wieviel Zeit noch?« »Funfundzwanzig Minuten.«

Kopfschuttelnd ging Chris zu dem ersten toten Soldaten und fing an, ihn zu durchsuchen.

Im Kontrollraum sah Stern zu, wie die Techniker eine blasse Gummimembran in einen Eimer mit Klebstoff tauchten und sie, noch triefend, in die Offnung des Glasschildes schoben. Dann befestigten sie einen Pre?luftschlauch an der Offnung, und der Gummi begann sich auszudehnen. Kurz konnte man erkennen, da? es sich um einen Wetterballon handelte, aber dann dehnte er sich immer weiter aus, der Gummi wurde dunner und transparenter und nahm die Form des Schildes an, bis er jeden Winkel des Behalters erreicht hatte. Dann verschlossen die Techniker die Offnung, druckten auf eine Stoppuhr und warteten, bis der Kleber getrocknet war. Stern fragte: »Wieviel Zeit noch?«

»Noch einundzwanzig Minuten.« Gordon deutete zu den Ballons. »Es ist zwar ziemlich schlicht, aber es funktioniert.«

Stern schuttelte den Kopf. »Es ging mir die ganze letzte Stunde nicht mehr aus dem Kopf.«

»Was?«

»Platzer«, sagte er. »Ich habe mir immer wieder gedacht, was versuchen wir hier zu vermeiden? Und die Antwort ist, da? die Dinger platzen. Wie bei einem Auto, wenn ein Reifen platzt. Ich habe die ganze Zeit an Reifenplatzer gedacht. Und das kam mir komisch vor, weil die inzwischen nur noch selten vorkommen. Bei neuen Autos so gut wie gar nicht mehr. Weil die neuen Reifen eine innere Membran haben, die selbstabdichtend ist.« Er seufzte. »Ich habe mich gefragt, warum mir so was Ausgefallenes in den Sinn kommt, und dann habe ich bemerkt, da? es genau darum geht: wie man auch fur diese Tanks eine Membran herstellen kann.«

»Aber die ist nicht selbstabdichtend«, sagte Kramer.

»Nein«, sagte Gordon. »Aber sie verstarkt das Glas und verteilt die

Belastung.«

»Genau«, sagte Stern.

Die Techniker hatten alle Tanks mit Ballons ausgekleidet und verschlossen. Gordon sah auf die Uhr: »Noch drei Minuten, dann sind alle trocken.«

»Und dann wie lange fur jede Tankfullung?«

»Sechs Minuten. Aber wir konnen zwei Tanks auf einmal fullen.«

Kramer seufzte. »Achtzehn Minuten. Das wird knapp.«

»Wir schaffen es«, sagte Gordon. »Wir konnen das Wasser auch schneller hineinpumpen.«

»Aber belastet das die Tanks nicht noch starker?«

»Schon. Aber wir konnen es machen, wenn es sein mu?.«

Kramer schaute auf den Monitor mit den schwankenden Linien. Die

Zacken waren nun nicht mehr so deutlich ausgepragt. Sie fragte:

»Warum verandern sich die Feldanomalien?«

»Das tun sie nicht«, sagte Gordon, ohne hinzusehen.

»Doch«, sagte sie, »das tun sie. Die Zacken werden kleiner.«

»Kleiner?«

Gordon kam zum Monitor. Er runzelte die Stirn, als er sich den Bildschirm ansah. Erst waren vier Zacken zu sehen, dann drei, dann zwei. Dann kurz wieder vier. »Ihr durft nicht vergessen, was wir hier sehen, ist in Wirklichkeit eine Wahrscheinlichkeitsfunktion«, sagte er. »Die Feldamplituden spiegeln die Wahrscheinlichkeit wider, da? ein Ereignis stattfinden wird.« »Fur einen Normalsterblichen?«

Gordon starrte den Bildschirm an. »Irgendwas mu? bei denen schiefgegangen sein. Und was es auch ist, es hat die Wahrscheinlichkeit ihrer Ruckkehr verandert.«

Chris schwitzte. Achzend drehte er die Leiche des Soldaten auf den Rucken und durchsuchte sie weiter. Zwanzig Minuten lang hatte er verzweifelt die kastanienbraunen und grauen Uniformen der beiden toten Soldaten nach dem Schlussel durchsucht. Ihre Uberwurfe waren lang, und darunter trugen sie wattierte Hemden, alles in allem eine Menge Stoff. Nicht, da? der Schlussel sehr leicht zu verstecken gewesen ware; Chris wu?te, da? das Vorhangeschlo? einen gut zehn Zentimeter langen, eisernen Schlussel erforderte. Aber Chris fand ihn nicht. Nicht beim ersten und nicht beim zweiten Soldaten. Fluchend stand er auf.

Auf der anderen Seite des Verlieses kampfte Arnaut noch immer mit Oliver; unaufhorlich war das Klirren ihrer Schwerter zu horen, ein stetiger metallischer Rhythmus. Marek ging mit einer Fackel an den Wanden entlang und suchte in den dunklen Winkeln nach dem Schlussel. Aber auch er schien keinen Erfolg zu haben.

Chris konnte in seinem Kopf beinahe die Uhr ticken horen. Er schaute sich um und fragte sich, wo hier ein Schlussel versteckt sein konnte. Und er mu?te sich eingestehen, da? er fast uberall sein konnte: auf einem Nagel in der Mauer, auf der Wandbefestigung eines Fackelhalters. Er ging zu der Winde und suchte den Mechanismus ab. Und dann fand er ihn — einen gro?en Eisenschlussel, am Sockel der Winde. »Hab ihn!«

Marek hob den Kopf, und wahrend Chris mit dem Schlussel zum Kafig eilte, schaute er kurz auf seinen Timer. Der Schlussel lie? sich muhelos ins Schlo? stecken, aber nicht drehen. Zuerst dachte Chris, da? im Mechanismus irgend etwas klemmte, aber nach drei?ig qualenden Sekunden des Ausprobierens mu?te er sich ein-gestehen, da? es wohl doch nicht der richtige Schlussel war. Hilflos und wutend warf er den Schlussel auf den Boden. Dann wandte er sich dem Professor zu, der noch hinter den Stangen eingesperrt war.

»Tut mir leid«, sagte Chris. »Tut mir wirklich leid.«

Doch der Professor lie? sich, wie immer, nicht aus der Ruhe bringen.

»Ich habe daruber nachgedacht«, sagte er, »wie alles genau abgelaufen ist.«

»Mh-mh.«

»Und ich glaube, Oliver hatte ihn«, sagte der Professor. »Er selber hat mich eingeschlossen. Ich glaube, er hat den Schlussel behalten.« »Oliver?«

Am anderen Ende des Gewolbes kampfte Oliver noch immer, obwohl jetzt immer deutlicher wurde, da? er der Unterlegene war. Arnaut war der bessere Schwertkampfer, und Oliver war betrunken und au?er Atem. Mit einem grimmigen Lacheln und prazisen Hieben trieb Arnaut ihn zum Rand der Grube. Dort lehnte sich Oliver keuchend und schwitzend ans Gelander. Er war zu erschopft zum Weiterkampfen. Arnaut druckte Oliver sanft die Spitze seines Schwerts an den Hals. »Gnade«, keuchte Oliver hervor. »Ich flehe um Gnade.« Aber man sah deutlich, da? er keine erwartete. Arnaut verstarkte langsam den Druck auf seine Kehle. Oliver hustete.

»Mylord Arnaut«, sagte Marek und trat vor. »Wir brauchen den

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