einem hilft. Aber er hat keine neue Technologie entwickelt. Das hatte er nie vor. Hat einfach gelogen, wie er es immer tut. Mein verdammtes Gesicht.« Er griff sich an die Narbe, die mitten durch sein Gesicht lief. »Tut die ganze Zeit weh. Irgendwas mit den Knochen. Tut
Chris spurte die Spruhdose in seinen Fingern. Aus welcher Entfernung wurde das Gas noch wirken? Sicher nicht auf Schwertlange. Aber es gab keine Alternative.
Chris holte einmal tief Atem und spruhte. De Kere hustete, eher verargert als uberrascht, und trat einen Schritt vor. »Du Arschloch«, sagte er. »Du haltst das wohl fur eine gute Idee, was? Wirklich raffiniert. Ein raffinierter Junge.« Er stupste Chris mit dem Schwert an. Chris wich zuruck. »Dafur schlitze ich dir den Bauch auf und lasse dich zusehen, wie deine Gedarme herausquellen.« Er schwang das Schwert nach oben, aber Chris konnte dem Hieb muhelos ausweichen. Offenbar zeigte das Spray doch Wirkung. Er spruhte noch einmal, dichter vor de Keres Gesicht, und duckte sich dann, als er das Schwert wieder auf sich herabsausen sah. Es verfehlte ihn, warf eine der Schalen um und klirrte zu Boden. De Kere wankte, aber er hielt sich noch auf den Beinen, auch als Chris ein drittes Mal spruhte. Erneut holte de Kere aus, das Schwert zischte; Chris wich ihm aus, aber die Klinge schlitzte ihm knapp uber dem rechten Ellbogen den Arm auf. Blut quoll aus der Wunde und tropfte auf den Boden. Die Spruhdose fiel ihm aus der Hand. De Kere grinste. »Tricks funktionieren hier nicht«, sagte er. »Das hier ist das wirkliche Leben. Und jetzt pa? mal auf, Kumpel.« Wieder hob er das Schwert. Er war noch etwas unsicher, kam aber offenbar schnell wieder zu Kraften. Chris duckte sich, als de Kere ausholte, das Schwert rauschte uber seinen Kopf hinweg und grub sich in einen der Pulversacke. Graues Pulver flirrte durch die Luft. Beim Zuruckweichen spurte Chris, wie sein Fu? gegen eine Schale auf dem Boden stie?. Er wollte sie beiseite kicken, bemerkte aber plotzlich, wie schwer sie war. Es war keiner der Morser, es war ein Gefa? mit einer dicken, schweren Paste. Die ziemlich scharf roch. Den Geruch erkannte er sofort: Atzkalk.
Was bedeutete, da? die Schale voll war mit automatischem Feuer. Chris buckte sich schnell und hob die Schale auf. De Kere hielt inne. Er wu?te, was es war.
Chris nutzte dieses kurze Zogern und schleuderte die Schale auf de Kere. Sie traf ihn an der Brust, die braune Paste spritzte ihm auf Gesicht, Arme und Korper. De Kere knurrte.
Chris brauchte Wasser. Wo war hier Wasser? Er sah sich verzweifelt um, aber er kannte die Antwort bereits: In diesem Raum gab es kein Wasser. De Kere grinste. »Kein Wasser?« fragte er. »Zu schade, du raffinierter Junge.« Er hielt das Schwert horizontal vor sich und ging auf Chris zu. Chris spurte die Mauer in seinem Rucken und wu?te, da? dies das Ende war. Vielleicht schafften es wenigstens die anderen.
Er sah zu, wie de Kere langsam und siegessicher auf ihn zukam. Er konnte seinen Atem riechen; er war so nahe, da? Chris ihn anspucken konnte.
In dem Augenblick, da Chris das dachte, spuckte er de Kere auch schon an - nicht ins Gesicht, sondern auf die Brust. De Kere schnaubte angewidert: Dieses Burschchen konnte ja nicht mal richtig spucken. Doch wo die Spucke die Paste traf, begann diese zu rauchen und zu knistern.
De Kere sah entsetzt an sich herab. Chris spuckte noch einmal. Und noch einmal.
Das Knistern wurde lauter. Die ersten Funken spruhten. Jeden Augenblick wurde de Kere in Flammen ausbrechen. Hektisch versuchte er, die Paste mit den Fingern wegzuwischen, verteilte sie aber nur; jetzt knisterte und zischte es auch an seinen Fingerspitzen, wegen der Feuchtigkeit seiner Haut. »Jetzt pa? du mal auf, Kumpel«, sagte Chris.
Er rannte auf die Tur zu. Hinter sich horte er ein Krachen, als de Kere in Flammen ausbrach. Chris schaute sich um und sah, da? der ganze Oberkorper des Ritters lichterloh brannte. De Kere starrte ihn durch die Flammen hindurch an.
Und Chris rannte weiter. Er rannte, so schnell er konnte. Nur weg von der Munitionskammer.
Am mittleren Tor sahen die anderen ihn auf sie zurennen. Er winkte. Sie verstanden nicht, warum. Sie standen in der Mitte des Tors und warteten auf ihn.
Er schrie: »Weg, weg«, und bedeutete ihnen, um die Ecke zu verschwinden. In diesem Augenblick sah Marek, da? aus den Fenstern der Munitionskammer Flammen loderten.
»Los!« rief er und schob die anderen durch das Tor und in den nachsten Hof.
Chris kam durch das Tor gerannt, und Marek packte ihn am Arm und zog ihn genau in dem Augenblick in Deckung, als die Munitionskammer explodierte. Ein riesiger Feuerball wuchs uber die Mauer, der ganze Hof war in feuriges Licht getaucht. Soldaten, Zelte und Pferde wurden von der Druckwelle zu Boden geschleudert. Uberall war Rauch und Verwirrung.
»Verge?t die Brustwehr«, sagte der Professor. »Los geht's!« Und sie rannten uber den Hof. Direkt vor sich sahen sie das letzte Tor.
Geschrei und Jubel erfullte den Kontrollraum. Kramer hupfte auf und ab. Gordon klopfte Stern auf die Schulter. Der Monitor zeigte wieder Feldfluktuationen. Deutlich und kraftig. »Sie kommen heim!« schrie Kramer.
Stern schaute zu den Videobildschirmen, die die Tanks im
Transitbereich zeigten. Die Techniker hatten bereits die meisten mit
Wasser gefullt, und die Schilde hielten. Bei den restlichen naherte sich der Wasserstand schon dem oberen Rand.
»Wieviel Zeit noch?« fragte er.
»Zwei Minuten zwanzig.«
»Wie lange, bis die Tanks voll sind?«
»Zwei Minuten zehn.«
Stern bi? sich auf die Lippen. »Schaffen wir es?« »Und wie wir das schaffen«, sagte Gordon.
Stern wandte sich wieder den Feldfluktuationen zu. Sie wurden starker und deutlicher, die Falschfarben schimmerten auf den Zacken. Der eben noch instabile Berggipfel wurde stabil, nahm Gestalt an. »Wie viele kommen zuruck?« fragte er. Aber er kannte die Antwort bereits, weil der Berg sich in drei verschiedene Gipfel teilte.
»Drei«, sagte der Techniker. »Sieht aus, als wurden drei zuruckkommen.«
Das au?ere Tor war geschlossen, das schwere Fallgitter herabgelassen und die Zugbrucke hochgezogen. Funf Wachen lagen tot auf dem Boden, und Marek konnte das Gitter gerade so weit anheben, da? die anderen hindurchkrabbeln konnten. Aber die Zugbrucke blieb hochgezogen. »Wie kriegen wir die auf?« fragte Chris.
Marek sah sich die Ketten an, die im Wachhaus verschwanden. »Von da oben«, sagte Marek und deutete hinauf zum Obergescho?, wo ein
Windenmechanismus zu erkennen war.
»Ihr bleibt hier«, sagte Marek. »Ich mache das.«
»Aber komm gleich zuruck«, sagte Kate.
»Keine Angst. Das mach ich ganz bestimmt.«
Er humpelte eine Wendeltreppe hoch und kam in einen schmalen, kahlen Raum, der ganz von dem Windenmechanismus der Zugbrucke beherrscht wurde. Hier sah er einen alten, wei?haarigen Mann, der, zitternd vor Angst, eine Eisenstange festhielt, die zwischen den Gliedern der Kette steckte. Die Stange hielt die Brucke geschlossen. Marek stie? den alten Mann beiseite und zog die Stange aus der Kette. Die Kette rasselte und die Zugbrucke senkte sich. Marek sah zu, wie sie nach unten sackte. Dann schaute er auf seinen Timer und stellte erschrocken fest, da? er 00:01:19 meldete. »Andre.« Er horte Chris in seinem Ohrstopsel. »Komm endlich.« »Bin schon unterwegs.«
Marek wandte sich zum Gehen. Plotzlich horte er schnelle Schritte. Es waren Soldaten, die uber das Dach des Wachhauses liefen und jetzt herunterkamen, um nachzusehen, warum die Zug-brucke geoffnet wurde. Wenn er den Raum jetzt verlie?, wurden sie die Zugbrucke sofort wieder anhalten.
Marek wu?te, was das bedeutete. Da? er noch bleiben mu?te.
Unten sah Chris zu, wie die Zugbrucke sich mit rasselnden Ketten senkte. Durch die Offnung konnte er dunklen Himmel und Sterne sehen.
»Andre, komm«, sagte er.
»Hier sind Soldaten.«
»Na und?«