Gordon.
»Aber wie wollen Sie die zum Reisen benutzen? Man kann einen Menschen doch nicht durch ein so kleines Loch schicken. Man kann uberhaupt nichts durchschicken.«
»Vollkommen richtig«, sagte Gordon. »Man kann auch kein Blatt Papier durch eine Telefonleitung schicken. Aber man kann ein Fax schicken.« Stern runzelte die Stirn. »Das ist ganz was anderes.« »Warum?« fragte Gordon. »Man kann alles ubertragen, wenn man nur eine Methode hat, es zu komprimieren und zu verschlusseln. Oder etwa nicht?«
»Theoretisch ja«, erwidert Stern. »Aber Sie reden davon, die
Information fur ein ganzes menschliches Wesen zu komprimieren und zu verschlusseln.«
»Richtig.«
»Das geht nicht.«
Jetzt lachelte Gordon amusiert. »Warum nicht?«
»Weil die vollstandige Beschreibung eines menschlichen Wesens — all die Milliarden Zellen, wie sie untereinander verbunden sind all die Chemikalien und Molekule, die sie enthalten, ihr biochemischer Zustand - aus viel mehr Informationen besteht, als irgendein Computer verarbeiten kann.«
»Es sind nur Informationen«, erwiderte Gordon mit einem Achselzucken.
»Ja.
»Wir komprimieren sie, indem wir einen verlustfreien fraktalen Algorithmus verwenden.« »Trotzdem ist es eine gigantische -«
»Entschuldigen Sie«, warf Chris dazwischen. »Wollen Sie damit sagen, da? Sie einen Menschen komprimieren?«
»Nein, wir komprimieren die Information, die einem Menschen entspricht.«
»Und wie geht das?«
»Mit Kompressionsalgorithmen — einer Methode, Daten in einem Computer so zu verdichten, da? sie weniger Platz wegnehmen. Wie JPEG oder MPEG fur Bilddaten. Sind Sie vertraut damit?« »Ich habe Software, die so was verwendet, das ist alles.« »Okay«, sagte Gordon. »Alle Komprimierungsprogramme funktionieren nach der gleichen Methode. Sie suchen nach Ahnlichkeiten in den Daten. Angenommen, Sie haben das Bild einer Rose, aufgebaut aus einer Million Pixel. Jedes Pixel benotigt Informationen uber zwei Ortskoordinaten und eine Farbe. Das sind drei Millionen Informationen — eine Menge Daten. Aber die meisten dieser Pixel sind rot, umgeben von anderen roten Pixeln. Das Programm sucht deshalb das Bild Zeile um Zeile ab und pruft, ob nebeneinanderliegende Pixel dieselbe Farbe haben. Wenn es solche Gruppen findet, schreibt es eine Anweisung an den Computer: Mache dieses Pixel rot, und die nachsten funfzig Pixel in der Zeile ebenfalls. Dann schalte auf Grau und mache die nachsten zehn Pixel grau. Und so weiter. Es speichert nicht die Information fur jeden einzelnen Punkt. Es speichert nur Informationen fur die Wiederherstellung des Bildes. Und so wird die Datenmenge auf ein Zehntel der ursprunglichen reduziert.«
»Trotzdem«, sagte Stern, »Sie reden nicht von einem zweidimen-sionalen Bild, Sie reden von einem dreidimensionalen lebendigen Wesen, und dessen Beschreibung erfordert so viele Daten —« »Da? man massive Parallelverarbeitung braucht«, sagte Gordon mit einem Nicken. »Das stimmt.«
Chris runzelte die Stirn. »Was ist Parallelverarbeitung?« »Man verbindet mehrere Computer miteinander und teilt die Arbeit unter ihnen auf, damit es schneller geht. Ein gro?er parallelverarbeitender Computer hat etwa sechzehntausend miteinander verbundene Prozessoren. Ein wirklich gro?er zweihundertdrei?igtausend. Wir haben
Stern beugte sich vor. »Das ist unmoglich. Auch wenn man nur versuchen wurden, einen zu bauen...« Er starrte zur Decke und rechnete. »Sagen wir, einen Zoll Abstand zwischen den Haupt-platinen ... das ergibt einen Stapel von ah... zweitausendsechshundert ... das ergibt einen Stapel von achthundert Metern Hohe. Auch rekonfiguriert zu einem Wurfel ergibt das ein riesiges Gebaude. Sie konnten die Maschine nie bauen. Sie konnten sie nie kuhlen. Und sie wurde nie funktionieren, weil viele von den Prozessoren zu weit entfernt liegen.« Gordon sa? da und lachelte. Er sah Stern abwartend an. »Die einzige Moglichkeit, so viel Verarbeitungsleistung zu erreichen«, fuhr Stern fort, »ware, die Quantencharakteristika von Elektronen zu nutzen. Aber dann wurden wir hier von einem Quantencomputer sprechen. Und noch niemand hat je einen gebaut.« Gordon lachelte nur. »Haben Sie?« fragte Stern.
»Ich will Ihnen erklaren, wovon David spricht«, sagte Gordon zu den anderen. »Gewohnliche Computer rechnen, indem sie zwei elektronische Zustande benutzen, die man Null und Eins nennt. So funktionieren alle Computer, indem sie Nullen und Einsen herumschieben. Aber vor zwanzig Jahren regte Richard Feynman an, da? es moglich sein konnte, einen extrem leistungsstarken Computer zu bauen, indem man alle zweiunddrei?ig Quantenzustande eines Elektrons benutzt. Viele Labors versuchen inzwischen, diese
Quantencomputer zu bauen. Ihr Vorteil ist ihre unvorstellbar gro?e Leistungsfahigkeit - so gro?, da? man damit tatsachlich ein lebendiges Wesen als einen Informationsstrom beschreiben und komprimieren kann. Genau wie ein Fax. Diese Kette von Elektronen kann man durch ein Wurmloch im Quantenschaum in ein anderes Universum schicken. Und genau das tun wir. Es ist keine Ouantenteleportation. Es geht nicht um verschrankte Quantenzustande der Teilchen. Es ist eine direkte Ubertragung in ein anderes Universum.«
Die Gruppe starrte ihn nur schweigend an. Der Landcruiser fuhr auf eine Lichtung, wo eine Reihe zweistockiger Gebaude aus Ziegeln und Glas stand. Sie sahen uberraschend gewohnlich aus. Es hatte irgendeines dieser kleinen Gewerbegebiete sein konnen, wie sie sich uberall in den Au?enbezirken amerikanischer Stadte finden. »Und das ist ITC?« fragte Marek.
»Wir versuchen, so unauffallig wie moglich zu bleiben«, sagte Gordon. »Und diesen speziellen Ort haben wir gewahlt, weil es hier eine alte Mine gibt. Gute Minen sind inzwischen schwer zu finden, weil so viele Physikprojekte sie benotigen.«
Etwas abseits waren einige Manner zu sehen, die im grellen Licht von Scheinwerfern einen Wetterballon zum Start vorbereiteten. Der Ballon ma? knapp zwei Meter im Durchmesser und war fahlwei?. Sie sahen zu, wie er sich, mit einem kleinen Instrumentenbundel an der Unterseite, schnell in die Luft erhob. »Wozu ist das gut?« fragte Marek. »Wir kontrollieren jede Stunde die Wolkendecke, vor allem wenn es sturmisch ist. Das ist ein laufendes Forschungsprojekt; wir wollen herausfinden, ob das Wetter Interferenzen produziert.« »Interferenzen womit?« fragte Marek.
Das Auto hielt vor dem gro?ten Gebaude. Ein Wachmann offnete die Tur. »Willkommen bei ITC«, sagte er mit einem breiten Lacheln. »Mr. Doniger erwartet Sie bereits.«
Doniger ging schnellen Schritts mit Gordon den Gang hinunter. Kramer folgte ihnen. Im Gehen uberflog Doniger ein Blatt Papier mit Namen und Hintergrundinformationen zu jedem der Besucher. »Was fur einen Eindruck machen sie, John?«
»Einen besseren, als ich erwartet habe. Sie sind in gutem korperlichem
Zustand. Sie kennen die Gegend. Sie kennen die Zeit.«
»Und wieviel Uberredungsarbeit wird notig sein?«
»Ich glaube, Sie sind bereit. Du mu?t nur vorsichtig sein, wenn du uber die Risiken sprichst.«
»Willst du damit andeuten, da? ich nicht vollig ehrlich sein soll?« fragte Doniger.
»Du mu?t nur aufpassen, wie du es formulierst«, sagte Gordon. »Sie sind sehr intelligent.«
»Wirklich? Na, dann wollen wir mal sehen.« Und er stie? die Tur auf.
Kate und die anderen sa?en in einem sachlichen, sparlich moblierten Konferenzraum - ein zerkratzter Resopaltisch und Klappstuhle. An einer Wand hing eine gro?e, mit Formeln vollgekritzelte Tafel. Die Formeln waren so lang, da? sie die gesamte Breite der Tafel einnahmen. Fur Kate waren sie vollig unverstandlich. Sie wollte eben Stern fragen, was diese Formeln bedeuteten, als Robert Doniger in den Konferenzraum rauschte.
Kate war uberrascht, wie jung er war. Er sah nicht viel alter aus als sie und ihre Begleiter, vor allem, da er Turnschuhe, Jeans und ein Quicksilver-T-Shirt trug. Obwohl es mitten in der Nacht war, schien er voller Energie zu sein; er ging schnell um den Tisch her-um gab jedem die Hand und begru?te ihn mit Namen. »Kate«, sagte er und lachelte sie an. »Freut mich, Sie kennenzulernen. Ich habe Ihren
Zwischenbericht uber die Kapelle gelesen. Sehr beeindruckend.«
Sie war so uberrascht, da? sie gerade noch »Danke« herausbrachte,
aber Doniger hatte sich bereits dem nachsten zugewandt.
»Und Chris. Freut mich, Sie wiederzusehen. Mir gefallt, was Sie mit dieser Muhlenbrucke machen. Die Herangehensweise mit der