Grad unter Null. In der zweiten Augusthalfte konnten die Arbeiten im Freien wieder aufgenommen werden, die Fallen, Schlingen und Netze wurden untersucht, die Beute nach French- den gebracht. Zwischendurch wollte Briant den Kameraden einen besonderen Spa? erlauben. Da der See noch fest zugefroren war, schlug er eine Schlittschuhpartie vor. Mit einem langlichen Holzklotzchen und einer eisernen Klinge gelang es dem enorm fingerfertigen Baxter mehrere Paare Schlittschuhe herzustellen. Die Jungen-kannten diesen Sport von Neuseeland her und freuten sich riesig darauf. Am 25. August gegen 11 Uhr verlie?en Briant, Gordon, Doniphan, Webb, Cro?, Wilcox, Baxter, Service, Jenkins und Jacques French-den, wahrend Moko die - Zuruckgebliebenen, Iverson, Dole und Costar uberwachte. Briant hatte vom Schoner ein Nebelhorn mitgenommen, um seine kleine Truppe zusammenrufen zu konnen, wenn sich der eine oder andere zu weit auf den See hinauswagen sollte. Alle hatten gefruhstuckt, bis zum Mittagessen wollten sie wieder zuruck sein. Selbstverstandlich, wie konnte es auch anders sein, hatten Doniphan und Wilcox ihre Gewehre mitgenommen, um bei dieser Gelegenheit gleich etwas Wild zu erlegen. Briant und Gordon selbst beteiligten sich nicht, sie wollten nur dabeisein um aufzupassen. Doniphan, Cro? und Jacques waren die bei weitem besten Laufer der Kolonie. Was sie zeigten, grenzte schon an Eiskunstlauf. Bevor jeder tun und lassen konnte was er wollte, ermahnte Briant zu gro?ter Vorsicht.
»Aufpassen, da? sich keiner zu weit von hier weg entfernt! Macht keine zu argen Faxen auf dem Eis, denn wie leicht hat man sich das Bein oder den Arm gebrochen. Gordon und ich erwarten euch an dieser Stelle, wenn ich ein Signal mit dem Horn gegeben habe.«
Danach schweiften die Schlittschuhlaufer in langen Bogen hinaus auf den See.
»He, Cro?, da drau?en sehe ich ein paar Enten«, rief Doniphan.
»Ja, ich erkenne sie!«
»Hast du deine Flinte, wir jagen sie!«
»Briant hat aber untersagt. .. «
»La? mich doch zufrieden! Vorwarts!«
»Wohin wollen sie?« fragte der am Ufer stehende Briant Gordon.
»Sie werden da drau?en Enten jagen, das hattest du dir ja denken konnen.«
»Immer dieser Doniphan, der nicht horen kann, was man ihm sagt!«
»Aber la? doch, dabei passiert schon nichts.«
»Wer wei?, Gordon! Sich zu weit hinauszuwagen, ist immer gefahrlich!«
Doniphan und Cro? waren jetzt nur noch 2 sich schnell entfernende Punkte am Horizont.
»So ein Dreck!« fluchte Briant plotzlich. »Jetzt zieht auch noch Nebel auf.«
Sehr schnell war der See von einer dichten Nebelwand verhullt.
»Das habe ich befurchtet, als ich sie ermahnte, nicht von hier wegzufahren!«
»Gib doch ein Hornsignal, damit sie zuruckkommen!«
Dreimal blies Briant in sein Horn. Aber kein Flintenschu? gab Antwort. Der Nebel hatte sich merklich verdichtet. Wer sich in Sichtweite befand, wurde an Land gerufen.
»Was nun?« fragte Gordon.
»Wir mussen alles versuchen, um sie so schnell wie moglich zuruckzuholen. In diesem englischen Nebel kann man sich ja kaum noch zurechtfinden, und sie haben ja keinen Kompa? dabei.«
»Ich werde sie suchen!« meldete sich Baxter.
»Kommt nicht in Frage, ich werde selbst hinausfahren«, erwiderte Briant.
»Nein, Bruder, la? mich fahren«, sagte Jacques ruhig, »ich finde sie sicher sofort.«
»Also gut! Und achte darauf, ob du einen Schu? horst. Hier, nimm das Signalhorn mit!«
Einen Augenblick spater war Jacques mit weiten Zugen im Nebel verschwunden. Eine halbe Stunde spater war weder von Jacques noch von den beiden anderen etwas zu sehen.
»Wenn wir nur Waffen da hatten, dann konnten wir Zeichen geben«, klagte Service.
»Schu?waffen? Wir haben doch welche in French-den. Los, la?t uns keine Minute verlieren!«
Briant, Gordon und die anderen rannten zur Hohle und kamen nach 30 Minuten mit einigen Flinten und Revolvern wieder zum See. Wilcox und Baxter luden durch und schossen zweimal in die Luft.
Keine Antwort! Kein Schu? vom See her!
»Holt die Kanone!« rief Briant aufgeregt.
Die kleine Bordkanone der
»Stopfen wir etwas eingefettetes Gras ins Rohr, das erhoht den Knall!«
Der Schu? krachte hinaus in den Nebel. Dann spitzten alle die Ohren. Aber wieder kam keine Reaktion aus dem dichten Nebel uber dem Family- lake.
»Weiter feuern, bis sich die 3 melden!« befahl Briant. Endlich, kurz vor 17 Uhr, es war mittlerweile schon recht duster geworden, horten die Kinder 2 Flintenschusse.
»Das sind sie!« rief Service freudestrahlend. Sofort antwortete Baxter mit einem neuen Schu?, der weithin hallte. Einige Minuten spater wurden 2 Schattengestalten im Nebel erkenntlich, die schnell naher kamen. Es waren Doniphan und Cro?. Jacques blieb verschwunden. Briants Bruder hatte die beiden nicht finden konnen, sie hatten auch keine Hornsignale gehort. Als Jacques nach Osten gefahren war, befanden sich die beiden Jager bereits im sudlichen Teil des Sees. Briant machte sich jetzt bittere Vorwurfe, nicht selbst hinausgefahren zu sein.
»So lange weiter feuern, bis Jacques auftaucht!« befahl er. Inzwischen war die Nacht hereingebrochen. Uber dem See lag undurchdringliche Finsternis.
»Entzunden wir ein gro?es Feuer, vielleicht hilft das!«
Das Fernrohr vor den Augen, starrte Gordon unbeweglich hinaus. Plotzlich zuckte er zusammen.
Er glaubt, einen Punkt wahrgenommen zu haben. Jetzt griff Briant nach dem Fernrohr.
»Ja, das mu? er sein!« Der Punkt bewegte sich rasch dem Ufer zu.
»Was ist das?« fragte Briant aufgeregt.
»Hinter ihm bewegt sich etwas. Wird er etwa verfolgt?«
»Ja, es sieht tatsachlich aus, als kame er nicht allein.«
»Konnt ihr erkennen, ob es Menschen sind?« fragte Baxter Gordon und Briant.
»Ich wurde die Punkte eher fur Tiere halten.«
»Raubtiere?« fragte Doniphan.
Sofort zog er seine Schlittschuhe wieder an und eilte Jacques mit der Flinte im Anschlag entgegen. Niemand konnte ihn zuruckhalten. Die am Ufer stehenden Kinder horten kurz darauf 2 Schusse. Einige Zeit spater tauchten Doniphan und Jacques auf.
»2 Baren«, sagte Doniphan trocken und nicht ohne Stolz. »Das ist ja ganz neu! Komisch, da? wir von ihnen bisher keine Spuren entdecken konnten!«
»Jedenfalls zeigt das mal wieder, wie wenig wir doch uber unsere Insel wissen. Sicher gibt es hier noch ganz andere Geheimnisse«, orakelte Doniphan.
20
Es war wieder Fruhling. Eine leichte Brise krauselte den See, uber dem die letzten schwachen Sonnenstrahlen lagen.
6 Wochen nach jenen Ereignissen, am 10. Oktober gegen 17 Uhr, erreichten 4 der Jungen die sudliche Spitze des Family-lake. Doniphan, Cro?, Webb und Wilcox, die sich im Streit von ihren Kameraden getrennt hatten, sa?en um ein kleines Lagerfeuer herum und grillten ein paar Enten zum Abendessen. Dann hullten sie sich in ihre Decken und schliefen ein.
Wahrend der ersten Wochen ihres zweiten arktischen Winters auf der Insel Chairman waren die Beziehungen zwischen Briant und Doniphan zusehends gespannter geworden. Die Streitereien hauften sich, weil Doniphan, ohnehin sauer uber den Wahlausgang, sich den Befehlen und Anordnungen des jetzigen Oberhauptes nicht beugen wollte. Seit der Schlittschuhpartie auf dem zugefrorenen See, wo Doniphan die Ermahnung Briants in den Wind geschlagen hatte, wuchs dessen Verargerung.
Bisher hatte Gordon von Briant verlangt, er solle sich so gut wie moglich zuruckhalten und jedem Streit aus
