ob Walston noch auf der Insel sein Unwesen treibt.«
Kate fugte sich den Bedenken der Jungen. Man versuchte deshalb, andere Moglichkeiten durchzuprobieren. Wiederholt waren Doniphan, Briant und Moko bei Dunkelheit mit der Jolle auf den Family-lake hinausgerudert, ohne aber auch nur ein Feuer oder eine Rauchsaule entdecken zu konnen, geschweige denn die Schurken selbst. Briant grubelte Tag und Nacht uber eine Moglichkeit nach, sich uber den Verbleib der Gangster Gewi?heit zu verschaffen. Plotzlich kam ihm eine verwegene Idee, die er anfangs gar nicht auszusprechen wagte. Viele Male hatten sich einige der Kinder zum Gipfel des Auckland-hill begeben, jedesmal ohne den geringsten Erfolg. Man mu?te sich irgendwie noch hoher erheben konnen, um eine bessere Sicht zu haben. Wir wissen, da? das Drachenprojekt seinerzeit unterbrochen worden war. Die Jungen hatten nach der Auffindung Kates auf dieses Unternehmen verzichtet, denn ein solcher Apparat ware ja weithin sichtbar gewesen. Wie aber, wenn man diesen Drachen fur kurze Zeit als Aussichtsplateau benutzte?! Briant erinnerte sich, in einer englischen Zeitschrift gelesen zu haben, da? gegen Ende des letzten Jahrhunderts eine Frau so kuhn gewesen war, sich mit einem Drachen in die Lufte hinaufzuwagen. Konnte man das nicht auch probieren? Da? es ein lebensgefahrliches Unternehmen war, kummerte ihn augenblicklich nicht. Das Risiko war gegenuber den moglichen Erfolgen verschwindend gering. Man mu?te eben nur alle moglichen Sicherheitsvorkehrungen zuvor treffen, dann wurde dieser tollkuhne Versuch gelingen. Briant zweifelte nicht an seinem guten Stern. Der Start mu?te nachts erfolgen, so konnte man vielleicht mit dem Fernrohr den Schein eines Lagerfeuers ausfindig machen. Briant setzte also seine Kameraden von seiner Idee in Kenntnis. »Ich mochte den Drachen, den wir vor einiger Zeit gebaut haben, benutzen.«
»Was meinst du damit?« fragte Wilcox kopfschuttelnd. »Ich setze voraus, da? wir ihn zu diesem Zweck angefertigt haben!«
»Am hellichten Tag willst du den Drachen steigen lassen?«
»Nein, Baxter, naturlich nachts, damit ihn Walston nicht erkennen kann.«
»Wenn du eine Laterne dran hangst, wird er ihn aber wahrnehmen.«
»Dann hange ich eben keine Laterne dran.«
»Wozu denn das Ganze?« fragte Gordon unruhig. »Ich mochte wissen, ob die Mannschaft vom
Briant erlauterte nun sein Projekt. Seine Kameraden horten aufmerksam zu, keiner fand diese Idee komisch oder zu wagemutig, sie wu?ten, da? sie in einer so deprimierenden Lage zu ausgefallenen Dingen greifen mu?ten. Au?erdem lebten sie seit uber einem Jahr in permanenter Gefahr!
»Wie steht es aber mit dem Gewicht eines von uns im Vergleich zum gebauten Drachen?«
»Wir werden ihn vergro?ern mussen, das ist klar.«
»Kann denn der Luftwiderstand so gro? sein?«
»Sicher!«
»Das ist bewiesen. Ich habe von einem solchen Projekt gelesen, damals schwebte eine Frau in den Luften. Alles hangt von den Gro?enverhaltnissen des Apparates und von der Windstarke ab.«
»Ich habe es grundlich satt«, entrustete sich Service plotzlich, »hier in French-den festzuhocken, nur weil ein paar Wildwesthelden hier gestrandet sind. Machen wir uns an das von Briant erdachte Projekt!«
»Service hat recht, ich mochte endlich wieder einmal mit der Flinte schie?en, sonst verlerne ich es noch, wenn es darauf ankommt.«
Als Briant mit Gordon allein war, wurde er von ihm gefragt : »Ist denn das dein Ernst?«
»Gordon, ich will es versuchen!«
»Und wer setzt dabei sein Leben aufs Spiel?«
»Wird sich zeigen!«
24
Der erste Versuch bewies, da? der Drachen in seiner jetzigen Gro?e einen 20 Pfund schweren Sack aufhob. Eine von der
»Um die Gefahr eines moglichen Absturzes zu verringern, machen wir den Aufstieg am besten uber dem See. So bricht sich wenigstens der mutige Flieger nicht die Knochen.«
»Und er kommt leicht wieder an Land!«
»Wie halt sich der Flieger eigentlich fest?«
»Wir bauen eine Gondel aus dem ublichen Rohrgeflecht, das halt das Gewicht gut aus.«
Am Morgen des 5. hatte man die Arbeit begonnen, am Nachmittag des 7. war sie beendet. Noch am Abend sollte ein Probeaufstieg stattfinden.
Wahrend der letzten Tage hatte sich die Lage der Kolonie nicht verandert. Wiederholt waren einige Jungen stundenlang am Steilufer gelegen,
um die Umgegend besser beobachten zu konnen. Aber sie konnten nichts Verdachtiges wahrnehmen, keine Rauchsaule, keinen Flintenschu?. Hatten sich die Gangster doch verzogen? Hatten sie die Schaluppe ausbessern konnen?
»Bevor wir unseren Ballon steigen lassen, mu? noch eine wichtige Frage geklart werden: wie kann der Flieger sich mit den anderen unten im Notfalle verstandigen?«
»Ein Lichtsignal ist ausgeschlossen, das kann man sehen!«
»Ich hab's«, sagte Briant, »wir fertigen einen Bindfaden mit einer Bleikugel an; wenn der Flieger etwas entdeckt hat, la?t er die Kugel einfach nach unten sausen, dann wissen die anderen Bescheid. Das alles geht lautlos und sicher vor sich!«
»Einverstanden!«
In der Mitte der Sport-terrace war eine Winde von der
»Achtung!« rief Briant.
»Wir sind fertig!« antwortete Doniphan.
»Los!«
Der Apparat stieg langsam hoch, er knarrte ein wenig unter dem Druck des Windes und neigte sich bedrohlich zur Seite.
»Nachlassen! . . . Schnur nachlassen!« rief Wilcox.
Der Drachen stieg weiter in die Hohe. Obwohl es eine fahrlassige Unklugheit war, schrien die Kleinsten doch vor Freude uber den gegluckten Probeflug. Langsam verschwand der Drachen in den niederhangenden Wolken.
»La?t die Schnur ganz abrollen!« befahl Briant.
Nach einigen Minuten empfahl Briant, man solle den Drachen wieder herunterholen. Auch die Landung, sonst immer schwieriger als der Start, klappte gut. Der Drachen legte sich sanft und ohne an einer Stelle zu brechen auf den Boden. Am folgenden Tag, dem 8. November, sollte der richtige bemannte Start erfolgen.
»La?t uns zuruck nach French-den gehen«, schlug Gordon vor.
»Einen Augenblick«, antwortete Briant, »ich habe einen Vorschlag!«
»Schnell, wir mussen zuruck, bevor es Mitternacht ist.«
»Wir haben den Drachen eben ausprobiert! Alles hat geklappt, die Windverhaltnisse sind ausgezeichnet! Wissen wir aber, wie das Wetter morgen ist? Deshalb schlage ich vor, die Gunst der Stunde zu nutzen, und schon heute nacht, jetzt gleich, den bemannten Versuch zu starten.«
Die Kameraden stimmten zu.
»Wer wird aufsteigen?«
»Ich!« rief Jacques sofort.
»Ich!« . . . Ich!«
