Von allen Seiten kamen die Angebote.
»La? mich es wagen, Bruder, mir kommt diese schwere Aufgabe am ehesten zu, du wei?t es!«
»Und warum?« wollte Doniphan wissen.
»Weil es meine Pflicht ist! « stie? Jacques hervor.
»Deine Pflicht, was hei?t das!«
»Nun also, Bruder, wie steht es?« drangte Jacques, der den Fragen seiner Kameraden ausweichen mu?te.
»Antworte, Briant«, sagte Doniphan, »wie kommt es, da? Jacques behauptet, ein Recht auf diesen Flug zu haben? Was hat er getan, da? er so redet?«
»Was ich getan habe?« antwortete Jacques zaudernd. »Was ich getan habe, das . . . will ich euch . . .«
»Jacques, ich bitte dich!« rief Briant, aber er konnte das Gestandnis seines Bruders nicht mehr verhindern.
»Gordon, Doniphan, ihr alle, die ihr hier auf der Insel gefangen seid, es ist meine Schuld . . . wenn ihr eure Eltern nicht mehr wiedersehen werdet ... ich habe es getan . . . da? die
Danach brach er zusammen; sofort bemuhte sich Kate um ihn.
»Jacques, du hast deinen Fehler gestanden«, sagte Briant ruhig, »und jetzt willst du alles daran setzen, ihn wieder etwas wettzumachen.«
»Das hat er schon langst getan«, mischte sich da Doniphan ein, »hat er nicht mehrmals sein Leben fur uns alle aufs Spiel gesetzt? Jetzt verstehe ich dich auch, Briant, da? du deinen Bruder immer vorgeschickt hast, wenn es um die Erledigung eines besonders heiklen Unternehmens ging. So wagte sich Jacques seinerzeit auch auf den dicht vernebelten See hinaus, um Cro? und mich zu suchen!«
Jetzt also wu?ten es alle! Der lustigste Junge der Pension Chairman hatte die Taue gelost, er war dafur verantwortlich, da? sie sich seit uber einem Jahr hier in dieser Einode befanden! Aber keiner dachte augenblicklich daran, Jacques mit Vorwurfen zu uberschutten, sie druckten ihm lange die Hand und vergaben ihm von ganzem Herzen. Jacques selbst war uberglucklich uber die spontane Reaktion seiner Kameraden. Er stand wieder auf, wischte sich die Tranen aus den Augen und sagte :
»Ich werde nach oben steigen!«
»Nein, Jacques, ich werde steigen, ob dein Vergehen durch dich oder deinen Bruder Briant wettgemacht wind, das ist egal.«
Ohne sich auf weitere Debatten uber dieses Thema einzulassen, bestieg Briant die Gondel und gab unverzuglich Befehl zum Aufsteigen.
»La?t diesen Kasten los!« Der Apparat erhob sich langsam vom Boden. Baxter, Wilcox, Cro? und Service bedienten die Winde, Garnett hielt den Signalbindfaden.
Nach 10 Sekunden war der Drachen im Dunkel der Nacht verschwunden. Diesmal begleitete kein Hurraruf die Fahrt. Briant hatte den Kindern befohlen, ganz still zu sein. Der Drachen stieg langsam, aber stetig hoher hinauf. Die Brise uber dem See wehte gleichma?ig. Briant verhielt sich vollkommen ruhig. Unter ihm war alles dunkel. Mit der einen Hand hielt er den Bindfaden mit der Kugel, mit der anderen hielt er das Fernrohr vor die Augen. See, Walder und Steilufer bildeten nur eine verschwommene Masse, Einzelheiten waren nicht zu unterscheiden. Die Umrisse der Insel hingegen konnte er noch genau erkennen. Er bedauerte jetzt, da? er solche Manover nicht bei Tage ausfuhren konnte, vielleicht sah man von hier oben das moglicherweise benachbarte amerikanische Festland oder aber eine der Inseln im Umkreis. Im Westen, Norden und Suden war der Himmel zu bewolkt. Nur im Osten war die Sicht einigerma?en frei. Briant schreckte plotzlich zusammen. »Dort! Das ist der Schein eines Feuers! Aber nein! Der Punkt war viel zu weitweg, er gehorte wahrscheinlich gar nicht mehr zur Insel. Aber was konnte es dann sein?«
Briant fiel ein, da? er damals einen wei?lichen Punkt von der Deception-Bai aus wahrgenommen hatte.
»Ja, die Richtung stimmt, es war dort drau?en. War dieser Fleck ein Gletscher? Dort im Osten mu? Land sein, und zwar ziemlich nahe der Insel Chairman!«
Briant druckte sein Fernrohr fester ans Auge. Kein Zweifel, da drau?en befand sich ein Vulkan!
Neben dem damals gesehenen Gletscher lag ein tatiger Vulkan. Die Entfernung konnte nicht mehr als 45 km betragen. In diesem Augenblick bemerkte Briant noch einen zweiten Lichtschein, der jedoch wesentlich naher lag. Dieser Schein stammte von dieser Insel!
»Jetzt steht es also fest: Walston und die anderen sind noch da, und zwar in der Nahe des Bear-rock.«
Briant durfte keine Minute langer oben bleiben, denn der Wind hatte merklich aufgefrischt. Er spannte den Faden und lie? die Kugel hinabsurren. Einige Sekunden spater spurte er, wie der Drachen eingeholt wurde. Noch einmal erkannte er weit drau?en eine Eruption des Vulkans, und weit naher den Schein des Lagerfeuers im Wald um den Bear- rock.
Die Kameraden warteten unten bereits mit gro?ter Ungeduld, 20 Minuten war Briant in der Luft geblieben. Doniphan, Baxter, Wilcox, Service und Webb zogen mit vereinten Kraften an der Winde, sie mu?ten wegen des aufgekommenen Windes vorsichtiger sein als zuvor bei der Probefahrt. Plotzlich gab es einen Ruck! Die Kinder wurden zu Boden gerissen.
»Briant! . .. Briant!« schrien alle durcheinander.
Wenige Minuten spater tauchte Briant am Ufer des Family-lake auf. Er war unverletzt. Aber der Drachen war von einer steifen Brise nach Nordosten geweht worden.
25
Fur diese Nacht hatte Moko die Wache ubernommen. Die anderen schliefen sehr lange, das gestrige Abenteuer hatte sie uberma?ig ermudet. Nach dem Fruhstuck setzten sich die Gro?en zu einem Gesprach uber die Lage zusammen.
»Walston ist also noch da, ich habe es deutlich am Schein des Feuers gesehen!«
»Ihnen fehlen die notigen Werkzeuge zum Reparieren der Schaluppe, sonst waren sie schon weg.«
»Aber so kaputt erschien mir die Schaluppe gar nicht«, sagte Doniphan. »Ware unsere
»In keinem Fall denkt Walston daran, sich hier festzusetzen, das durfte klar sein. Also wird er die Insel durchstreifen, um nach Werkzeugen und Material Ausschau zu halten.« »Und dann sind wir dran!«
»Sicher! Sie werden French-den finden.«
»Ich habe doch seinerzeit einen wei?lichen Fleck von der Deception-Bai aus wahrgenommen«, unterbrach Briant diese Debatte, »als ich oben in der Gondel war, habe ich diesen Fleck wieder gesehen. Au?erdem brach etwas daneben gerade ein Vulkan aus, ich sah es ganz deutlich am Widerschein der Wolken. Ich erklare mit
Entschiedenheit, da? nach Osten hin in nicht allzu gro?er Entfernung Land liegt.«
»Wilcox und ich haben damals aber nichts dergleichen gesehen!« unterbrach Doniphan.
»Moko hat ihn auch gesehen«, beharrte Briant.
»Gut, gut! Du meinst also, da? wir nahe des Festlandes sind?«
»Der Lichtschein ruhrte von einem tatigen Vulkan her, der sich auf dem Festland befindet. Ich bin sicher, da? die Matrosen der
»Klar! Hier haben sie ja auch nichts verloren!«
»Halten wir es jedenfalls wie bisher«, sagte Briant entschieden, »die Ausfluge bleiben prinzipiell untersagt, kein Schu? darf abgefeuert werden.«
»Auweia, da kann auch der starkste Mann Angst bekommen. Walston braucht nur dem East-river bis zum See folgen, dann um ihn herumgehen, schon steht er vor unserer Tur. Ich werde kein Auge mehr zumachen konnen!«
