Jahren nach Australien ausgewandert. Unauffindbar, seit er England verlassen hat. Alter zweiunddrei?ig Jahre, Gro?e einsfunfundsiebzig, glattrasiert, Haare braun, gerade Nase, Haarfarbe hell, Augen grau. - John St. Maur. Kunstlername, richtiger Name unbekannt, vermutlich geburtiger Londoner, seit der Kindheit beim Theater. Stellte Personen der Gesellschaft dar, seit drei Jahren verschollen, Alter zirka dreiunddrei?ig Jahre, Gro?e einsfunfundsiebzig, schlanke Erscheinung, blaue Augen, Haarfarbe blond. -

Austen Lee. Kunstlername, Familienname Austen Foly, angesehene Familie, hatte stets Vorliebe fur Darstellungskunst und zeichnete sich diesbezuglich in Oxford aus. Ausgezeichnete Kriegsdienst-Beurteilung. Spielte in...« (Es folgte die ubliche Zusammenstellung der Rollen.) »Bewahrte sich hauptsachlich als Darsteller von Kriminalrollen, hatte vor dreieinhalb Jahren infolge eines Autounfalles einen schweren Nervenschock und ist seitdem nicht mehr auf der Buhne aufgetreten. Anhaltspunkte uber jetzigen Aufenthalt fehlen. Alter funfunddrei?ig, Gro?e einsdreiundsiebzig, Gesichtsfarbe bla?, Augen blau, Haare braun. - Claude Darrell. Vermutlich richtiger Name, Abstammung unbekannt, spielte hauptsachlich Charakterrollen, scheint keine intimen Freunde gehabt zu haben, lebte im Jahre 1939 in China, kam nach Amerika und spielte dort einige Rollen in New York. Erschien eines Abends nicht mehr zur Vorstellung, man spricht von geheimnisvollem Verschwinden. Alter zirka dreiunddrei?ig Jahre, Haare blond, blasse Gesichtsfarbe, graue Augen, Gro?e einsfunfundsiebzig. Au?erst interessant«, sagte ich, den Bogen niederlegend. »Und dieses ist nun das Ergebnis von monatelangen Nachforschungen; wen hast du im Verdacht?« Poirot zuckte verlegen mit den Achseln.

»Im Moment ist die Frage noch ganzlich offen, mon ami, ich mochte lediglich darauf hinweisen, da? Claude Darrell in China und Amerika war - eine nicht zu ubersehende Tatsache. Jedoch darf ich es mir keinesfalls erlauben, daraus voreilige Schlusse zu ziehen - es mag ein reiner Zufall sein.«

»Und was gedenkst du als nachstes zu tun?« drangte ich. »Die Sache ist bereits in vollem Gange; taglich werden sorgfaltig abgefa?te Inserate in den Tageszeitungen erscheinen. Freunde oder Bekannte des einen oder anderen werden darin gebeten, mit meinem Rechtsanwalt in Verbindung zu treten. Schon heute konnen wir - ah, das Telefon lautet! Wahrscheinlich wie gewohnlich eine falsche Verbindung, und man wird bedauern, uns gestort zu haben, aber - es konnte auch sein, da? sich etwas Neues ereignet hat.«

Ich lief zum Apparat und nahm den Horer auf. »Ja, hier ist Monsieur Poirots Wohnung. Jawohl, hier spricht Hauptmann Hastings. Oh, Sie sind es, Mr. McNeil?« (McNeil und Hodgson waren Poirots Rechtsanwalte.) »Ja, ich werde es ihm sagen, und dann werden wir sofort zu Ihnen hinuberkommen.« Ich legte den Horer auf die Gabel zuruck und wandte mich Poirot zu; meine Augen leuchteten vor Erregung. »Es ist eine Frau aufgetaucht, Poirot, die mit Claude Darrell befreundet war; ihr Name ist Flossie Monro. McNeil bittet uns, ihn unverzuglich aufzusuchen.«

»Da werden wir auch keine Sekunde verlieren«, rief Poirot, verschwand in seinem Schlafzimmer und erschien gleich darauf mit dem Hut auf dem Kopf.

Ein Taxi brachte uns in kurzester Zeit an unseren Bestimmungsort, und wir wurden sogleich in Mr. McNeils Privatburo gefuhrt. In einen Armsessel zuruckgelehnt, dem Rechtsanwalt gegenuber, sa? eine auffallend geschminkte, nicht mehr ganz junge Dame. Ihr Haar hatte einen unnaturlich gelben Farbton und krauselte sich kunstvoll uber die Ohren; uber den Augenlidern lagen dunkle Schatten, auch hatte sie nicht versaumt, Rouge auf Wangen und Lippen dick aufzutragen. »Ah, da kommt Poirot!« sagte McNeil. »Monsieur Poirot, dies ist Miss - hm - Monro, die so freundlich war, bei uns zu erscheinen, um uns einige Informationen zu geben.«

»Oh, das ist au?erordentlich freundlich!« erwiderte Poirot. Mit gro?er Herzlichkeit ging er auf die Dame zu und druckte ihr warm die Hand.

»Mademoiselle ist eine Blute in diesem Buro voller Akten-staub«, fugte er hinzu, ohne McNeils diesbezuglichen Empfindungen Beachtung zu schenken. Die ubertriebene Schmeichelei verfehlte ihre Wirkung nicht. Miss Monro errotete verlegen lachelnd.

»Oh, ubertreiben Sie nicht, Monsieur Poirot!« sprudelte sie hervor .»Ihr Franzosen seid euch alle gleich.«

»Mademoiselle, wir sind eben nicht unempfindlich gegen Schonheit wie die meisten Englander. Ubrigens bin ich kein Franzose - sondern Belgier, wenn es Ihnen nichts ausmacht.«

»Oh, ich bin auch schon in Ostende gewesen«, sagte Miss Monro. Die Angelegenheit wickelte sich vollig reibungslos ab -wie Poirot stets zu sagen pflegt.

»Also Sie sind in der Lage, uns uber Claude Darrell zu berichten«, fuhr Poirot fort.

»Ja, ich war einst sehr gut mit ihm bekannt«, erwiderte sie. »Ich sah Ihre Anzeige in der Zeitung, und da ich im Moment keine Bindungen habe und uber meine freie Zeit beliebig verfugen kann, sagte ich mir: Da will jemand etwas uber den guten armen Claudie wissen - und noch dazu Rechtsanwalte -, vielleicht wartet ein Vermogen auf seinen rechtma?igen Erben; da gehe ich am besten gleich hin.« Mr. McNeil erhob sich.

»Nun, Monsieur Poirot, darf ich Sie zu dieser kleinen Unterredung mit Miss Monro allein lassen?«

»Oh, Sie sind zu liebenswurdig, doch bleiben Sie bitte, mir kommt da gerade ein Einfall. Es ist gleich Zeit, einen kleinen Imbi? zu nehmen; Mademoiselle, wurden Sie mir die Ehre erweisen, mit uns zu speisen?«

Miss Monros Augen leuchteten auf. Ich hatte den Eindruck, da? sie in sehr bescheidenen Verhaltnissen lebte und ihr die Gelegenheit einer Einladung zum Essen hochst willkommen war.

Einige Minuten spater sa?en wir in einem Taxi, auf dem Wege zu einem der vornehmsten Restaurants. Dort angekommen, bestellte Poirot sogleich ein reichhaltiges Menu und wandte sich dann seinem Gast zu.

»Und welchen Wein wurden Sie bevorzugen, Mademoiselle?

Was meinen Sie zu einem Glaschen Champagner?« Miss Monro schwieg entzuckt. Das Essen verlief sehr zufriedenstellend. Poirot fullte das Glas der Dame immer wieder mit aufmerksamer Beharrlichkeit und gelangte schlie?lich vorsichtig zu dem Thema, welches ihm am Herzen lag. »Der arme Darrell! Wie schade, da? er nicht bei uns sein kann.«

»Ja, in der Tat«, seufzte Miss Monro. »Armer Junge, ich mochte gern wissen, was aus ihm geworden ist.«

»Es ist wohl lange Zeit her, da? Sie ihn gesehen haben, nicht wahr.«

»Oh, schon eine ganze Ewigkeit - seit dem Kriege nicht mehr. Er war ein komischer Junge, unser Claudie, in allen Dingen sehr zugeknopft, niemals sprach er auch nur ein Wort uber sich selbst. Aber naturlich, wenn er der Erbe eines Vermogens ist. Handelt es sich etwa um einen Adelssitz, Monsieur Poirot?«

»Weit davon entfernt, nur eine unbedeutende Erbschaft«, log Poirot, ohne zu erroten. »Aber Sie werden verstehen, es handelt sich zunachst darum, ihn zu identifizieren. Das ist auch der Grund, warum es notig ist, jemand zu finden, der ihm wirklich nahegestanden hat. Sie kannten ihn doch wahrscheinlich sehr gut, nicht wahr, Mademoiselle?«

»Ich brauche Ihnen diesbezuglich nichts zu verheimlichen, Monsieur Poirot. Da sind Sie - ein Gentleman und wissen sogar, wie man ein Menu fur eine Dame zusammenstellt - was mehr ist, als diese jungen Burschchen heutzutage vermogen. Sie als Franzose werden fur meine Erklarungen das richtige Verstandnis haben. Oh, ihr Franzosen, alle seid ihr Schwerenoter!« Sie drohte ihm mit dem Finger in einem Anflug von Schelmerei. »Nun, so war es zwischen mir und Claudie, wir waren jung - was konnte man anderes erwarten? Und immer noch habe ich sehr freundschaftliche Gefuhle fur ihn, obgleich ich gestehen mu?, da? er mich gar nicht gut behandelt hat - nein, ganz und gar nicht. Nicht so, wie es eine Dame erwarten kann.

So sind sie aber alle, wenn es ums liebe Geld geht.«

»Aber bitte nicht, Mademoiselle, sagen Sie so etwas nicht«, protestierte Poirot, indem er nochmals das Glas nachfullte. »Konnten Sie mir Mr. Darrell etwas naher beschreiben?«

»Er war gar nicht so sehr ansprechend«, sagte Flossie Monro. »Weder gro? noch klein, aber recht gut gewachsen, sehr gepflegt und mit graublauen Augen. Ziemlich helles Haar, soweit ich mich erinnern kann. Aber, welch ein Kunstler! Ich habe niemals jemand gesehen, der in seinem Beruf an ihn herangereicht hatte. Bestimmt hatte er sich einen Namen machen konnen, wenn er nicht so eifersuchtig gewesen ware. Oh, Monsieur Poirot, die Eifersucht... Sie werden es kaum glauben, wie wir Kunstler unter der Eifersucht zu leiden haben. Ich erinnere mich da speziell eines Falles in Manchester...« Wir taten unser Bestes, einer langen und komplizierten Darstellung geduldig zuzuhoren, die das niedertrachtige Benehmen eines Hauptdarstellers zum Inhalt hatte. Dann lenkte Poirot langsam das Gesprach wieder auf Claude Darrell zuruck. »Alles, was Sie uns da uber Mr. Darrell erzahlt haben, war sehr interessant fur uns. Frauen sind so wunderbare Beobachter - sie sehen alles und merken sich Kleinigkeiten, die uns Mannern leicht entgehen. Ich habe einmal erlebt, da? eine Frau einen Mann aus einem Dutzend anderer identifiziert hat - und wissen Sie, auf welche Art? Sie hatte beobachtet, da? er die Gewohnheit hatte, sich die Nase zu reiben, wenn er erregt war. Wurde jemals ein Mann auch nur daran denken, etwas wie

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