Aber naturlich war es fast vierhundert Jahre her, seit die ersten Zeitreisenden aufgetaucht waren. Das ganze Phanomen war seit Generationen in Vergessenheit geraten. Nur die Tatsache, da? die Reisenden aus dem
Er dachte uber andere Aspekte des Problems nach.
Angenommen, einige Zeitreisende hatten sich gut eingewohnt, sich niedergelassen und Menschen aus der neuen Epoche geheiratet. Nicht wie Martin Backhouse, der ein Madchen seiner eigenen Zeit nahm, sondern Menschen, deren Zeitlinien vier oder funf Jahrhunderte vor den eigenen begannen. Wie leicht war es moglich, da? sie ihre eigenen Urururgro?mutter geheiratet hatten und damit Vorfahren und Nachkommen zugleich waren! Wie wirkte sich das auf die Erbfaktoren aus?
Oder: Ein Mann landet im Jahre 2050, gerat in Streit mit dem erstbesten Mann, totet ihn im Kampf und mu? entdecken, da? er einen seiner direkten Vorfahren umgebracht hat. Quellen brummte der Kopf. Angenommen, der Tater horte auf zu existieren, als sei er nie geboren worden? Gab es Aufzeichnungen von solchen Fallen? Das mu?t du notieren, sagte er sich. Du mu?t diese Dinge von allen Seiten beleuchten.
Er glaubte nicht, da? so etwas moglich war. Er hielt an dem Gedanken fest, da? man die Vergangenheit nicht verandern konnte. Denn die Vergangenheit war ein geschlossenes Buch. Sie war bereits geschehen. Jede Manipulation, die ein Zeitreisender vorgenommen haben konnte, war bereits aufgezeichnet.
Und das macht uns zu Marionetten, dachte Quellen duster. Er war am Ende seiner Folgerungen angelangt. Angenommen, ich ginge zuruck in das Jahr 1772, um George Washington zu toten? In allen Geschichtsbuchern steht, da? Washington bis zum Jahre 1799 lebte. Ist es dadurch unmoglich gemacht worden, ihn 1772 umzubringen?
Er runzelte die Stirn. Solche Uberlegungen machten ihn ganz schwindlig. Abrupt wandte er sich wieder der Arbeit zu. Er mu?te einen Weg finden, um den verbotenen Strom in die Vergangenheit aufzuhalten. Er mu?te es schon tun, um die Tatsache zu erfullen, da? nach 2491 keine Zeitreisenden mehr in die Vergangenheit gekommen waren.
Einen Punkt gab es, an dem er einhaken konnte.
Viele der Zeitreisenden hatten das Datum zugegeben, an dem sie den Sprung gewagt hatten. Dieser Martin Backhouse zum Beispiel. Er hatte die Reise am 1. November 2488 gemacht. Dagegen konnte jetzt nichts mehr unternommen werden. Aber wenn sich unter den Entdeckten einer befand, der am 4. April 2490 aufgebrochen war? Das ware nachste Woche. Wenn man so einen Menschen unter Bewachung stellen konnte, lie?e sich ein Weg zu dem Unternehmen finden. Vielleicht konnte man den Mann sogar davon abhalten, die Reise zu machen …
Quellens Mut sank. Wie konnte man jemanden davon abhalten in die Vergangenheit zu gehen, wenn jahrhundertealte Dokumente sagten, da? er dennoch angekommen war? Wieder ein Paradoxon. Es konnte die Struktur des Universums erschuttern, wenn ich eingreife, dachte Quellen, wenn ich einen Menschen aus seiner Lebensmatrix rei?e …
Er suchte die endlosen Reihen der Zeitreisenden durch. Mit dem verstohlenen Vergnugen eines Menschen, der genau wei?, da? er etwas Gefahrliches tut, suchte Quellen nach der Information, die er brauchte. Es dauerte eine ganze Weile. Brogg hatte die Namen der Zeitreisenden alphabetisch geordnet und nicht darauf geachtet, in welchem Verhaltnis die Abreisedaten zueinander standen. Au?erdem hatten sich viele der Ankommlinge geweigert, das Datum anzugeben.
Aber nach einer halben Stunde geduldigen Suchens hatte er den Mann, den er brauchte:
Das genaue Datum stand nicht da, aber es wurde genugen. Wahrend des kommenden Monats wurde man Clark Radant genau uberwachen. Mal sehen, ob er dann noch in die Vergangenheit fliehen kann, dachte Quellen.
Er druckte auf einen Komputerknopf und wahlte die Personalaufzeichnungen.
»Ich brauche Auskunft uber Clark Radant, geboren am 14. Mai 2458«, sagte er.
Der gro?e Komputer, der sich irgendwo in der Tiefe des Gebaudes befand, war so konstruiert, da? er unmittelbar antworten konnte. Aber die Auskunft, die Quellen erhielt, war alles andere als brauchbar.
»KEINE AUFZEICHNUNGEN UBER CLARK RADANT, GEBOREN AM 14. MAI 2458«, lautete die Antwort.
»Keine Aufzeichnungen? Hei?t das, da? die genannte Person nicht existiert?«
»JAWOHL.«
»Das ist unmoglich. Er wird in den Listen der Zeitreisenden gefuhrt. Das kann man nachprufen. Er tauchte am 12. Mai 1987 in Brooklyn auf.«
»DAS STIMMT. CLARK RADANT BEFINDET SICH UNTER DEN REISENDEN DES JAHRES 2490 UND KAM IM JAHRE 1987 AN.«
»Na also! Du mu?t also irgendeine Information uber ihn haben. Weshalb …«
»VERMUTLICH HAT DER MANN EINEN FALSCHEN NAMEN EINGETRAGEN. UNTERSUCHEN SIE DIE MOGLICHKEIT, DASS DER NAME RADANT NUR EIN PSEUDONYM IST.«
Quellen bi? sich auf die Lippen. Naturlich! Dieser Radant hatte einen falschen Namen angegeben, als er im Jahre 1987 landete. Vielleicht waren alle Namen auf der Liste der Zeitreisenden falsch. Vielleicht riet man ihnen vor der Abreise, die Namen abzuandern, oder man brachte sie dazu, da? sie sie verga?en. Der ratselhafte Clark Radant war acht Tage lang verhort worden, hie? es, und doch hatte er keinen Namen angegeben, der im Geburtenregister stand.
Quellen sah seinen kuhnen Plan zu einem Nichts zerflie?en. Aber er versuchte es noch einmal. Nach funf Minuten stie? er auf eine neue Spur:
Hoffentlich hatte Donald Mortensen vor vierhundert Jahren ein schones Weihnachtsfest erlebt. Quellen befragte wieder den Komputer. Er machte sich schon darauf gefa?t, da? er nichts uber den Mann erfahren wurde.
Statt dessen gab ihm der Komputer genaue Auskunft — uber Beruf, Stand, Adresse und Gesundheitszustand Donald Mortensens. Nicht einmal eine Personenbeschreibung fehlte.
Schon. Es gab also einen Donald Mortensen. Er hatte sich nicht die Muhe gemacht, einen falschen Namen zu wahlen, als er vor vierhundert Jahren an Weihnachten in Boston auftauchte.
Quellen erkannte, da? diese funf Kinder wiederum eine Menge Nachwuchs gehabt haben mu?ten. Tausende von Menschen der Jetztzeit konnten von ihnen abstammen, auch er selbst oder ein Mitglied der Hohen Regierung. Wenn Quellen nun verhinderte, da? Donald Mortensen am vierten Mai auf die Reise ging …
Er zogerte. Das Gefuhl kuhner Entschlossenheit, das ihn noch vor Sekunden erfullt hatte, verlie? ihn, als er an die Konsequenzen seines Tuns dachte.
Vielleicht sollte ich zuerst mit Koll und Spanner daruber sprechen, dachte er.
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