dachte an das Gobelinbild, das in dem Zimmer hing, das nun ihres war: ein Portrait Rustys, aus Kreuzstichen, unter dem die Worte standen: EIN HEIM OHNE EINE KATZE MAG VIELLEICHT EIN PERFEKTES HEIM SEIN — ABER WIE KANN ES SEINEM NAMEN GERECHT WERDEN? Bird Alyn stellte sich eine ganze Welt vor, erfullt von Musik und bevolkert von lebenden Wesen, kein fruchtloser Traum, sondern Realitat. Die Art von Welt, die Lansing gewesen sein mu?te, in einer Zeit, die sie niemals erlebt hatte; die Art von Welt, die es nie wieder sein konnte.
„Ich dachte, Rusty sucht nach dir“, murmelte Shadow Jack verlegen. „Ich mochte wetten, wenn zehn Tiere an Bord waren — jedes einzelne wurde mit dir zusammen sein wollen.“
Zogernd begegnete sie seinem Blick und verga? alles um sich herum im Zauber seines Lachelns.
Flaggschiff Einheit (Diskanisches Hoheitsgebiet)
+ 300 Kilosekunden
Raul Nakamore, Hand der Harmonie, legte sich zuruck in die gepolsterte Beschleunigungscouch, schwerelos, gehalten von Gurten. Er schob den leichten Drahtkopfhorer in ein Fach an der Instrumentenkonsole. Vorbei der Funkkontakt, vorbei die Streitereien mit seinem Halbbruder Djem. So verschwendete er die Ressourcen der Gro?en Harmonie… riskierte sein Leben… riskierte die Mannschaften dreier Schiffe auf der Jagd nach einem Phantom. So lie? er Schnee-der-Errettung ungeschutzt vor einer Attacke des Demarchy, um ein Schiff zu suchen, das die Schiffe der Gro?en Harmonie weit hinter sich zurucklie?, selbst dieses uberragende, deltaformige Kriegsschiff. Ein Schiff von au?erhalb… ein beschadigtes Sternenschiff, ein Schiff, das eine winzige Menge Spuren seines Schubs und Anzeichen menschlicher Uberbleibsel hinterlassen hatte. Ein Schiff, dem es einmal gelungen war, ihrem Griff zu entkommen, was ihm aber kein zweites Mal gelingen wurde. Es war diesen hohen Einsatz wert.
Irgendwo, funftausend Kilometer unter ihm, eine schwache Silhouette gegen die silberne Pracht der diskanischen Ringe befand sich Schnee-der-Errettung, das die Hauptdestille der Gro?en Harmonie barg. Es war unter Mithilfe des Demarchy erbaut worden und unentbehrlich fur das Uberleben der Harmonie wie auch des Demarchy. Sein Bruder hatte die Verantwortung fur Schnee-der-Errettung und wurde alles tun, um dessen Sicherheit zu gewahrleisten. Aber wenn das Demarchy sich zu einem Angriff hier in den Ringen entschlo?, konnte selbst seine „Geheimwaffe“ es nicht daran hindern, fatale Verwustungen anzurichten. Doch entgegen dem Glauben vieler Offiziere der Streitkrafte wurde das Demarchy einen solchen Angriff niemals riskieren. Djem wurde niemals in der Lage sein, das zu erkennen, doch Raul wurde seine Karriere dafur aufs Spiel setzen —
„Sir.“ Sandoval, der kahle Schiffskapitan, unterbrach seine Gedankengange schuchtern. „Alles ist bereit fur die Zundung. Auf Ihren Befehl…“
Raul nickte. Angesichts der au?ergewohnlichen Warme im Kontrollraum knopfte er seine dicke Jacke auf.
Sandoval sank in seinen eigenen Sitz zuruck und sprach Befehle, die von den beiden anderen Schiffen koordiniert wurden, in sein Kehlkopfmikrofon. Es fand keine Videokommunikation statt; diese wurde nur verwendet, um den Feind zu beeindrucken. Raul studierte die Komplexitat des Kontrollraums. Gewaltige Instrumentenblocke zogen sich an den Wanden um ihn herum hoch. Das meiste davon waren Computerartefakte aus der Zeit vor dem Krieg, installiert, um diesen Schiffen im Fall eines Kampfes eine gro?ere Manovrierbarkeit zu verleihen. Sie bildeten einen Teil der au?erordentlichen Verteidigungskraft der Gro?en Harmonie, speziell entworfen, speziell ausgestattet mit einem Treibstoff-zu-Masse-Verhaltnis von tausend zu eins. Obwohl Raul Nakamore sich in den hochsten Ebenen der Streitkrafte bewegte, hatte er ihre Existenz doch immer als sinnlose Vergeudung lebenswichtiger Rohstoffe angesehen; aus diesem Grund war er auch bis zum heutigen Tag noch niemals an Bord eines dieser Schiffe gewesen. Aber nun hatte dieses Sternenschiff seine Einstellung verandert, wie es die gesamte Zukunft verandern konnte.
Er wurde heftig in die Polster des Sessels gepre?t, als die Flussigtreibstoffraketen zundeten und die Schwerkraft auf konstante zwei Grav anstieg, mehr als nur ein wenig schmerzhaft fur sein Knochengerust. Er uberprufte das Chronometer auf dem Pult. Der Druck wurde dreizehnhundert Sekunden lang anhalten, wahrend sie mit einer Geschwindigkeit von sechzehn Kilometern pro Sekunde dahinschossen… und in dieser Zeitspanne siebentausend Tonnen Treibstoff verbrauchten, fur die Hauptantriebe der drei Schiffe selbst, dazu fur sieben Fernlenkraketen. Und trotzdem wurden sie mehr als zwei Megasekunden benotigen, um Lansing zu erreichen
Er hatte in seinem Buro gesessen und endlose Schiffstabellen studiert, als der vertrauliche Bericht ihn erreichte. Ein unbekanntes Schiff von unbekannter Herkunft hatte die Bahn einer Flottenpatrouille gekreuzt… und eines ihrer Schiffe zerstort, ehe es entkommen konnte. Lange Zeit hatte er den Bericht gelesen, die Warme des Methanofens hinter ihm hatte ihn liebkost, vor ihm ausgebreitet lag die kalte Stille von Himmels Zukunft. Und dann hatte er gemerkt, da? ein Treffen einberufen worden war, seine Anwesenheit wurde erbeten.
Er verlie? sein Buro und ging durch die endlosen, na?kalten, leicht rauchverhangenen Korridore des Flugels der Handelsmarine. Der Regierungskomplex machte den gro?ten Teil des Tunnel- und Vakuolenkomplexes aus, der das Innere des Asteroiden Harmonie durchzog, welcher in der Zeit vor dem Burgerkrieg der Asteroid Perth gewesen war, vor der Grundung der Gro?en Harmonie. Die Kalte begann sich einen Weg durch den dicken Stoff seiner braunen Uniformjacke zu fressen; er steckte eine Hand in die Tasche, mit der anderen stie? er sich von den Wanden ab. Er war ein kleiner Mann, kaum einen Meter neunzig gro?, und ziemlich stammig fur einen Gurtelbewohner. Ein Hauch der Unverwundbarkeit umgab ihn, und es hatte eine Zeit gegeben, da hatte er die Kalte besser als die meisten anderen ertragen. Doch er war ein Berufssoldat und hatte den gro?ten Teil seines Lebens als Erwachsener in Raumschiffen im All zugebracht, wo eine adaquate Warme nur das kleinste Problem darstellte. In den vergangenen sechzig Megasekunden seit seiner Beforderung war er ein Administrator gewesen und hatte gelernt, da? das einzige spezielle Privileg, das ein Administrator wirklich hatte, eine doppelte Arbeitslast war.
Er ging durch gewaltige Zimmer, in denen Regierungsangestellte tatig waren, in weitere Hallen und Gange, identisch mit denen, die er gerade verlassen hatte, schlie?lich in noch mehr Zimmer und Sale — wie immer beschlich ihn das Gefuhl, er gehe im Kreis. Unbewu?t wahlte er einen Kurs, der ihn durch das Computerzentrum fuhrte, geleitet von den Gewohnheiten der Vergangenheit, wahrend er uber die Zukunft nachdachte. Vergangenheit und Gegenwart uberraschten ihn, als er sich seiner Umgebung bewu?t wurde: dichtgedrangte Reihen junger Gesichter, die mit Berechnungen beschaftigt waren und manchmal aufsahen, wenn er voruberging.
Er sah hinuber zum fernen Ende des Zimmers. Fast erwartete er, sein eigenes Gesicht zu sehen, das sich uber einen mit verdrehten Buchstaben gefullten Papiersto? beugte. Er hatte vor etwa zwolfhundert Megasekunden in diesem Raum gearbeitet, noch ein Junge, hatte seine Karriere als ein Computer vierter Klasse begonnen. Ein Computer im altesten Sinn, denn die komplizierte Maschinerie, die den Diskanern die Burde der endlosen Datenspeicherung abgenommen hatte, ging wahrend des Krieges verloren. Nach dem Burgerkrieg hatte die Gro?e Harmonie die bittere Erkenntnis schlucken mussen, da? sie ohne prazise Daten uber die sich fortwahrend andernden internen Beziehungen zwischen den gro?eren Planetoiden nicht uberleben konnten. Und so war man zuruckgesunken auf menschliche Computer; man verwendete das Unvollkommene, aber Vorhandene, um das Vollkommene, aber Nichtexistente zu ersetzen, wie man das in so vielen Fallen tun mu?te.
Ein intelligentes Kind konnte lernen, einfachere Berechnungen durchzufuhren, und so verwendete man auch solche Kinder, was die anderen soweit entlastete, da? sie sich komplizierterer Arbeit zuwenden konnten. Raul erinnerte sich, wie er auf einer Bank gesessen hatte, dicht zusammengedrangt mit einem anderen Jungen und einem Madchen, damit sie sich gegenseitig warmen konnten. Seine Nase hatte getropft, seine Lippen waren rissig und aufgesprungen, er hatte neidisch auf den Rucken seines Halbbruders Djem gestarrt, der einhundertfunfzig Megasekunden alter als er selbst und ein Computer zweiter Klasse war. Je hoher man stieg, desto naher durfte man am Ofen in der Mitte des Raumes sitzen… Zu der Zeit, als Djem zur ersten Klasse gesto?en war, hatte Raul